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Bibliographic data

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Manuscript

Persistent identifier:
BF00043388
Title:
H:Kracauer, Siegfried/01.11/Klebemappe 1932 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]
Shelfmark:
H:Kracauer, Siegfried/01.11/Klebemappe 1932
Document type:
Manuscript
Collection:
Holdings and special collections
Year of publication:
1932
Copyright:
Deutsches Literaturarchiv Marbach

Full text

4) ,1. AAngw 
den) nurschöpfepischen, zivilisationsfreien Provinz 
zu flüchten. Berlin ist als Zustand heute im fern 
sten Provinzler wirksam und real; und es muß 
als ein Stück Realität, der wir nicht entrinnen 
können, ohne Ressentiment und Romantik vom 
deutschen Leben verarbeitet und bezwungen werden.“ 
Flucht aus Berlin? Die Antwort Ullmanns lautet: 
Nein 1 . Er erteilt sie in der Gewißheit, daß Berlin 
„der Ausdruck des deutschen Schicksals und seiner 
Verwirrungen“ ist, und verknüpft sie mit der Er 
wartung, daß sich unter dem Druck der Not in 
der Reichshauptstadt endlich eine führende Schicht 
bilden werde, die wirklich Elite heißen darf. Auch 
wer nicht in allen Begründungen und Forderungen 
mit ihm übereinstimmt, wird doch die Haltung be 
jahen müssen, aus der heraus er, der Kritiker 
Berlins, sich von dieser vielgehaßten Stadt nicht 
abkehrt, sondern sie, einem Liebenden gleich, erst 
recht ans Herz drückt. 
Berlin in Deutschland. 
Von S. Kracauer. 
Ein wichtiger Beitrag zur wachsenden Literatur 
über die Reichshauptstadt ist das Buch Hermann 
Ullmanns: „Flucht aus Berlin?“ (Eugen 
Diederichs Verlag, Jena. 120 Seiten. Geh.2.60). 
Es empfiehlt sich rein schon als eine sichere Dar 
stellung der für die Wirklichkeit Berlins entschei- 
■ denden Züge. Indem Ullmann diese Wirklichkeit 
von verschiedenen Seiten aus betrachtet — nicht 
ohne die heutigen Tatbestände durchweg histo 
risch zu unterbauen —, übt er zugleich an ihr 
schonungslose Kritik. Eine Kritik, die nicht auf 
mehr oder’ weniger zufälligen Impressionen, son 
dern auf einer fundierten Anschauung der gesamt 
deutschen Verhältnisse beruht. 
Hassende und auch Liebende haben die Reichs 
hauptstadt zu schildern versucht, und Ullmann ist 
nicht ihr Entdecker. Er muß aufnehmen, was 
andere nicht minder scharf beobachtet haben: die 
Geschichtslosigkeit dieser Stadt, die formlose Un 
ruhe, von der sie beherrscht wird, die Vermittler 
rolle, die sie zwischen dem deutschen Osten und der 
westlichen Zivilisation spielt. Und gewiß ist man 
ches tiefer erfaßt worden, als es hier geschieht; so 
etwa die fragwürdige Beziehung Berlins zum Boden, 
die Ernst Bloch erst unlängst in seinem großartigen 
Aufsatz: „Berlin, von der Landschaft gesehen“ 
(vergl. Reichsausgabe vom 7. Juli) erforscht 
und gedeutet hat. Aber das Schwergewicht der Be 
trachtungen Ullmanns liegt doch auf der Analyse 
eines Phänomens, das bisher meines Wisens noch 
nicht so grundsätzlich angegriffen worden ist. Ich 
meine das Phänomen der Berliner Ober 
schicht. 
Diese Gesellschaft, die keine ist — Ullmann 
leitet ihr Parvenutum aus ihrer Entstehungsart ab. 
„Die industrielle Gründerzeit hat ganz Europa ver 
wüstet, aber sie hat überall allmählicher eingesetzt 
und mehr Zeit zur Anpassung gelassen als in 
Deutschland und zumal in Berlin. In diesen un 
seligen Jahrzehnten ... ist die Stillosigkeit des 
Parvenus geradezu der Stil Berlins geworden ... 
Und wenn auch der Parvenu überall den Ton an- 
zugeben begann: in Berlin war er nahezu mit sich 
allein. Weder eine alte Gesellschaft noch ein 
starker, einflußreicher Untergrund von Volkstum 
trat ihm entgegen und hemmte ihn.“ So mußte 
freilich nach dem Zusammenbruch eine Oberschicht 
übrig bleiben und weiter gedeihen, die noch viel 
ungehemmter war und aller Voraussetzungen zur 
Gesellschaftsbildung ermangelte. Man traf sich zu 
technischen Zwecken, ohne sich zum Miteinander 
leben zu verstehen, und tauchte in zahllosen Klün 
geln unter, die nur den Mangel eines allgemeineren 
Consensus bewiesen. Kurzum, die Oberschicht war 
und ist alles andere eher als eine wirkliche, zur 
Führung berufene Gesellschaft. Und mit Recht, 
wenn auch nicht ohne Uebertreibung, wird die 
Frage aufgeworfen: „Die Ohnmacht der Zentralen, 
der politischen, bürokratischen, verwaltungstechni 
schen, der Meinungszentralen, die in Berlin gehäuft 
sind ... dieses völlige Versagen der Selbst- und 
Staatsverwaltung gegenüber den Riesenaufagben der 
Krise — wo hat das alles seine Wurzeln, wenn 
nicht in dem Fehlen einer geschulten Schicht, einer 
Elite? ... Oder vielmehr: muß diese Apparatur 
nicht versagen, wenn der geistige Ausgleich, die 
seelische Beziehung zwischen denen stockt, die sie 
bedienen?“ 
Dringt Ullmann auch nicht zu den letzten Grün 
den der von ihm beschriebenen Zustände vor, so 
wertet er doch seine Einsichten mit einer guten 
Besonnenheit aus. Sie wird dort zur außerordent 
lichen Tugend, wo sie nicht aus Kompromißlust 
hervorgeht, sondern aus - dem Wunsch, umfassend 
zu urteilen. Ullmann erkennt genau, daß die Schä 
den, die sich in Berlin besonders drastisch dar 
bieten, gesamtdeutsche Schäden sind, und 
lehnt alle Versuche ab, die Berlin gewissermaßen 
zu einem Geschwür am deutschen Volkskörper stem 
peln wollen. Und die eigentliche Bedeutung seines 
Buches besteht aber darin, daß er aus seiner Kritik 
nicht die üblichen Schlüsse zieht, zu denen die 
Widersacher Berlins in Berlin selber und in der 
Provinz gelangen. „Nein, die bloße Negation »Ber 
lins 4 tut es nicht. Berlin . . . als soziologische Tat 
sache, als irgendwo in Deutschland vorhandener 
Zentralenapparat und damit als Zustand und Pro 
blem wird immer bestehen. Es ist ohne Zweifel ver 
dienstlich, gegen die Ueberwertung der Maßstäbe, 
die aus »Berlin 4 stammen, zu kämpfen. Aber es 
ist weder tapfer noch fruchtbar, vor jenem Problem 
als solchem in das Idyll und das romantisch über 
steigerte Ideal einer (nie und nirgends bestehen
	        

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