56 — Schwalb' und Krähe, Ent' und Gans baden ihr Gefieder; wonnig in der Wellen Glanz taucht das Ross die Glieder. Was da lebt in Flur und Au, kennt der Reinheit Segen; Blümlein baden sich im Thau und der Baum im Regen. Überallher tönt der Ruf: „Ohne Fleck und Fehle! Kindlein, bleib, wie Gott dich schuf, rein an Leib und Seele!“ Löwenstein. 76. Das Kätzchen und die Stricknadeln. Es war einmal eine arme Frau, die gieng in den Wald, um Holz zu sammeln. Als sie mit ihrer Bürde auf dem Rückwege war, sah sie ein krankes Kätzchen hinter einem Zaune liegen, das kläglich schrie. Die arme Frau nahm es mitleidig in ihre Schürze und trug es nach Hause. Auf dem Wege kamen ihre beiden Kinder ihr entgegen, und wie sie sahen, dass die Mutter etwas trug, fragten sie: „Mutter, was trägst du?“ und wollten gleich das Kätzchen haben; aber die mitleidige Frau gab den Kindern das Kätzchen nicht, aus Sorge, sie möchten es quälen, sondern sie legte es zu Hause auf alte, weiche Kleider und gab ihm Milch zu trinken. Als das Kätzchen sich gelabt hatte und wieder gesund war, war es mit einemmale fort und ver— schwunden. Nach einiger Zeit gieng die arme Frau wieder in den Wald, und als sie mit ihrer Bürde auf dem Rück— wege an der Stelle war, wo das kranke Kätzchen gelegen hatte, da stand eine ganz vornehme Dame dort, winkte der armen Frau und warf ihr fünf Stricknadeln in die Schürze. Die Frau wußsste nicht recht, was sie denken sollte, und es dünkte ihr diese absonderliche Gabe gar gering; doch nahm sie die Stricknadeln und zeigte sie ihren Kindern und legte sie des Abends auf den Tisch. Aber als die Frau des andern Morgens ihr Lager verließ, siehe, da lag ein Paar