leitet werden sollen. Das historische Geschehen wird vorwie gend aus der jeweiligen Gesellschaftsordnung und den Zeit kräften erklärt. Da die Kinder in der Gemeinschaft leben, können sie, so denkt man sich, das Gehörte ihrem eigenen Er fahrungsbereich leicht etngliedern, und da ihnen der Stoff nicht nach der früher üblichen autoritativen Methode geboten wird, stehe ihnen der Weg zu^iner vorurteilslosen, objektiven und selbständigen Erforschung Der Geschichte offen. Diese Anschau ungen, in denen sich marxistischer Geist mit einer gewissen seichten „AuMrung" mengt, find reichlich dilettantisch und geben der Jugend gerade das nicht, dessen sie am dringensten bedarf: die gestalthasten Vorbilder. Zudem ist eine derartige Sozialgeschichte notwendigerweise genau so einseitig und so wenig objektiv wie eine Heroengeschichte, die aber immerhin ihrer geringeren Abstraktheit wegen den Bedürfnissen des ju gendlichen Alters besser entspricht. Will man schon selbständige Individualitäten erziehen, so darf man auch die großen Indi viduen aus der Geschichte nickt ausschalten. Daß man mehr als bisher die kulturelle Entrvwlung zu berücksichtigen trachtet, ist natürlich zu billigen. (Dr. Kawerau hat seine Ideen über diesen Gegenstand aus geführt in der Schrift: „Sozio logischer Ausbau des Geschichtsunterrichts", Verlag N-eueS Vaterland in BeÄin.) In Übergangszeiten gleich den unsrigen mag eine Be wegung wie die der Schulreformer schon als Bewegung ihr Daseinsrecht haben. Man muß sich aber klar darüber sein, daß ihre Lösungsversuche mit inneren Mängeln behaftet und dämm skeptisch zu beurteilen sind. Es wird schon stimmen, was der Bundesvorsttzende während der Tagung sagte, daß sich die Aufgabe der Bewegung darin erschöpft, an den Schlaf der Welt zu rühren. ___ 8. Lr. Spiritistische Phänomene und ihre ErMruZ^. Daß in einer Zeit, rn der breite Schichten des Volkes sich dem Spiritismus Zu-' wenden, der Frankfurter Bund für VolLsLildung eine VortragK- folge über Geheimwissenschaften Veranstalter, ist sehr zu begrüßen, vermag doch einzig wissenschaftliche Aufklärung der bedrohlich ge wordenen unkritischen Hingabe an den Okkultismus Einhalt Hu tmu Die Leiden Vertrage, die Dr. Bappert w dem Rahmen dieses Lehrgangs hielt, beschäftigten sich in besonders gründlicher Weise mit den verschiedensten spiritistischen Phänomenen und brachten Erklärungsversuche für sie bei, die jeden Einsichtigen davon überzeugen mußten, daß es sich bei ihnen jedenfalls nicht um Erscheinungen von übernatürlicher Art handelt. Zunächst ging Dr. Bappert auf die physikalischen Phänomene des Spiritismus ein und zwar hauptsächlich auf die sogenarmren Mate rialisaiions Phänomene, denen Pros, w Schrenck-Notzing ein freilich nicht allzu kritisch gehaltenes Werk vor dem Krieg gewidmet hat. Der Redner besprach die Bedingung gen, unter denen Schrenck-Notzing experimentierte, und führt« > Lichtbilder von sogenannten Materialisationserschemungen vor, die von dem Experimentator während der Sitzungen mit Blitzlicht ausgenommen waren. Man sah da Gesichtsmasken und stoff- ähnliche Gebilde, die sich von dem Medium losgelöst haben sollen, niemals aber hat eigentlich, wie der Redner zeigte, Schrenck- Notzing den schlüssigen Beweis erbracht, daß es dem Medium an jeglicher Gelegenheit fehlte, durch geschickte Manipulationen der artige Dinge auf ganz natürliche Weise erscheinen Zu lassen. Da gegen besteht mehr als ein Verdachtsmoment, daß tatsächlich solche Manipulationen vorgen worden sind, und die Wahrschein ¬ lichkeit spricht somit dafür, daß man sie auch in den bisher uner«- klärten Füllen angewandt hat- Genau so wenig wie die Ma terialisation ist das Tisch rücken auf Geister zurückzuführen. In Wahrheit wird das Klopfen durch die Gedanken der Anwesen den veranlaßt, deren Erwartungen und Befürchtungen sich mittels unwillkürlicher Bewegungen auf den Tisch übertragen und ihn etwa zum Rotieren bringen. Solche Bewegungen können eine, große Kraft auslösen, wie schon das Beispiel eines Kindes zeigt, das eine schwere Glocke in Schwingung Zu setzen veMag. Met unter erschallen auch bei solchen Sitzungen Klopf töne, die aus dem Tisch selber hervorzukommen scheinen Das ist jedoch eine Täuschung, erklärbar aus der falschen Lokalisierung von Ge- rauschen, die das Medium mit seiner Zehe leicht hervorrufen kaum. ! Keinem einzigen dieser Experimente wohnt wirklich Üeberzen- gungskraft nme, da sie zumeist auf unkontrollierbaren Voraus setzungen beruhen. Um ein Verständnis für die sogenannten, intellektuellen oder psychischen Phänomene des Spi« ritismus Zu gewinnen, wird man zu berücksichtigen haben, daß schon bei Nichtmedien übernormale Leistungen der Sinnesorgane - vorliegen können. Gesichts- oder Gehörssinn sind etwa in be sonders hohem Maße entwickelt, Eigenschaften, von denen der, landläufige Gedankenleser Gebrauch macht. Diese Steigerung der Leistungen wird auch durch die Hypnose bewirkt, die manche seelische Funktionen einschränkt, um die ganze Kraft auf die Aus übung anderer Zu konzentrieren. Derart erklärten M die Meisten Mpathischen Phänomene, Hellsehen, MusLelM usw., wie der Redner, unterstützt durch Lichtbilder, irr eiWeheuherr AusWrmrgM dMegt^ Las Msen des politisches IWxers. Von Dr. Siegfried Kraeauer. Wenn Kriege und Revolutionen ein zerrüttetes, der Auto rität bares Gemeinwesen hinterlassen, in dem der Kampf der Weltanschauungen weiter schwelt und jeden Augenblick schwere innere Unruhen zu entfachen droht, wenn hohlwangiges Elend sich in chiliastischen Wahnträumen wiegt und unaufhaltsame Korruption die letzten Bande des Vertrauens zerfrißt, dann be schwört heißeste Sehnsucht die Gestalt des großen volitischen Führers herauf, von dem eine bedrängte Menschheit sich einzig Rettung verspricht. Die Phantasie des ganzen Volkes schwärmt dem Erwarteten entgegen, noch ehe er leib haftig erschienen ist, sie sucht sich über das Wesen dessen, der dem Chaos ein Ende bereiten soll, schon im voraus Gewiß heit zu verschaffen. Je nach oer Richtung, die in solchen Epochen seelischen und politischen Wirrwarrs das Denken der Menschen einschlägt, spiegelt aber das Bild, das man von dem künftigen Hellsbringer entwirft, bald die Züge des reinen Idealisten, bald die des reinen Realisten wieder. Während die hochstrebende Hoffnung der einen sich den Erschauer der Ideen, den utopischen Menschen zum Führer erkiest, klammert die Ohnmacht der andern sich an den nüchternen Kenner der Wirklichkeit, der Menschen und Verhältnisse so nimmt, wie sie .nun einmal sind und genommen werden wollen. Tieferer Einsicht offenbart sich indessen beider Unzulänglichkeit zum Be ruf des politischen Führers. . Mag es sich nun um die politisch wirksamen Wiedertäufer »der um ein« der Gestalten aus unserer jüngsten Vergangenheit handeln, das Wesen des reinen politischen Idealisten ist immer von gleicher Beschaffenheit. Ueber die mit tauseno Mängeln behaftete Gegenwart hinaus schweift sein Blick dem Seinsollenden zu, dem allein höhere Notwendigkeit eignet. Je unbedingter die Forderungen sind, die er an seine verderbte Zeit stellt, um so mehr wird ihm der gegenwärtige Weltzustand xu einem bloßen Hemmnis, das überwunden werden muß, m einem nichtigen TeusÄsspuk, der zur Unwirklichkeit verblaßt neben der Wirklichkeit seiner Visionen. Wer zu diesen Visionen, diesen sozialen und politischen Utopien sich ausschwingt, der kümmert sich kaum noch um die plumpe Tatsächlichkeit der Dinge, ja, er darf sich nicht um sie kümmern, wenn er überhaupt des Ideals in seiner Vollkommenheit teilhaftig werden will. W« sollte er auch sich ihm anders nähern können als durch den kühnen Sprung über das Seiende hinweg? Indem er etwa die auf Brüderlichkeit gegründete Gemeinschaft der Freien und Gleichen postuliert, verschließt er M M Bedingtheiten WnA- ! lichen Zusammenlebens gegenüber und dringt ohne Rücksicht ! aus die Welt, wie sie zur Zeit noch ist, stürmisch der ersehnten utopischen Zukunft entgegen. Immerfort in dem Reiche' der Ideale verweilend, verliert er aber derart die Wirklichkeit aus den Augen, ihre Notwendigkeiten werden von ihm aufgehoben, sofern sie der Erfüllung seiner Forderungen im Wege stehen, oder diese Forderungen selber verwandeln sich ihm zum min desten aus einer endlichen in eine unendliche Aufgabe: kurz um, es bleibt ihm stets eine- schattenhafte Wirklichkeit zurück, der gestaltender Wille beinahe jede Form verleihen kann. Der reine politische Realist seinerseits fühlt sich ganz in die Gewalt der bestehenden Verhältnisse verstrickt. Er erkennt, daß nicht nur die tote Natur, sondern auch das lebendige Leben Gesetzen von unumstößlicher Gültigkeit gehorcht, die schlechter dings keine Uebertretung dulden. Statt die Gegebenheiten des sozialen und politischen Daseins ohne Prüfung durch ein Sollen zu überhöht», fragt er in erster Linie ihrer Notwendig- krit nach, statt Ansprüche an die Dinge zu stellen, die ledigli-b innerem Drang und subjektiven Bedürfnissen entwachsen, strebt er vor allem danach, die objektive Jnsichgeschlossenheit der Welt zu begreifen. Die Einsichten, die solches Bemühen zeitigt, führen ihn zu der bestimmten Ueberzeugung, daß die Realität (das heißt in unserem Falle die politisch-soziale Wirklichkeit) den Forderungen des Idealisten vielfach einen Widerstand leistet, der in der Beschaffenheit der Realität selber gelegen ist Er entdeckt, daß innerhÄb jeder größeren Gemeinschaft Kräfte am Werk sind, die im Verein mit den tief eingewurzelten uns darum dauernden Triebfedern menschlichen Handelns einen steten Fortschritt in der Richtung auf das Ideal zu verhindern, und es entschleiern sich ihm alle jene Unzulänglickkeiten unseres Daseins, die früher«, theologisch denkend« Jahrhunderte als Folge der .Erbsünde' hingenommen haben. Erfüllt von der brutalen Macht des Tatsächlichen, hält er es für ein eitles Be ginnen, dessen Existenz zu übersehen und die Gesetze, nach denen die Welt sich bewegt, Willkürhast umstoßen zu wollen. Dadurch aber, daß er ewig bei dem verharrt, was ist und sein muß, versperrt er sich schließlich jeglichen Zugang zu dem Reich der Ideen; die eherne unangreifbare Wirklichkeit lastet so sehr auf ihm, daß «r nicht zu entrinnen vermag, um sie aus dem Erlebnis visionär erschauter ZiÄe heraus schöpferisch zu ge stalten. Aus dem Wesen beider Menschheitsthpen läßt sich ihr Ver halten Äs politische Führer erschließen, und historisch« Er fahrung bestätigt durchgehends di« so gewonnenen Einsichten. Der reine Idealist zerschellt an der Wirklichkeit, wenn er sie ' Miste«, will. Da er ihr Mir von seinem Ideal her naht, kennt