er nicht die Verhältnisse, in die er einzugreifen trachtet, unter schätzt ihre Eigenkraft und sucht tastend wie ein Blinder ver geblich nach einem Punkt, an dem er seinen Hebel ansetzsn kann. Indem sein utopischer Glaube ihn teilweise das schon als vorhanden annehmen läßt, was doch erst geschaffen werden soll, täuscht er ihn über nicht zu beseitigende Hindernisse hin weg, raubt ihm das Verständnis für die Beschaffenheit und innere Wucht der ihm feindlichen Mächte und macht ihn in stinktlos in bezug auf Menschen und Zustände. Seine edlen Absichten verkehren sich ihm unter der Hand in ihr Gegen teil und die Massen, die vielleicht einen Augenblick von ihm fortgerissen worden sind, verketzern ihn bald, niedergezogen von ihrem eigenen Schwergewicht. Er erscheint als Phantast und erleidet das Martyrium. Der reine Realist hinwiederum versinkt in der Wirk lichkeit, während er sie politisch zu gestalten meint. Zwar weiß er genau Bescheid um die Struktur der Gesellschaft, um die ganze Skala menschlicher Eigenschaften und Charaktere und um die verschiedenen das Gemeinwesen durchflutenden gei stigen Strömungen, aber es fehlen ihm dre Ideen, denen gemäß ! die politischen Verhältnisse umzuwandelu sind. Er besitzt tau send Fertigkeiten, .ohne sie recht eigentlich anwenden zu können: statt den sozialen Organismus nun wirklich aus einem niederen in ein höheren Zustand zu überführen, flickt und bastelt er bloß an ihm hemm und alles bleibt im großen und ganzen so, wie es vorher schon war. So nützliche Dienste er auch etwa als Ere- kutor in einem geordneten Staatswesen leisten mag, an führen der Stelle und in Zeiten der Krise muß er notwendigerweise versagen. Die Welt des Bestehenden hält ihn bei sich fest, er dreht sich letzten Endes immer im Kreise und wird zum Macher, ' wo er Schöpfer sein sollte. Die Grundhaltung des echten politischen Führers hat weder mit der Haltung des reinen Idealisten noch mit der des -einen Realisten etwas gemein, ebensowenig läßt sie sich leicht hin als irgend ein Kompromiß zwischen diesen beiden typischen Einstellungen, ja nicht einmal als deren Synthese begreifen Am deutlichsten tritt sie zunächst vielleicht im Gleichnis zu Tage Wenn der große Führer die Gesellschaft umsormt und eine nese Ordnung einrichtet, so beschreitet er damit «inen Weg, der das Gemeinwesen einer idealen Verfassung näher bringt. Ganz an dem Endpunkt dieses Weges verweilt der Idealist, der, da er immer um die fernen höchsten Ziel« um- schwärmt, die lang« Strecke bis zu ihnen hin nicht zurücklegen kann. Der Realist ist an den Anfangspunkt des Weges ge bannt, auch er unfähig dazu, ihn zu durchwandern, weil er die Richtung nicht kennt, in der er voran dringen soll. Des FührM SeÄe dagegen umspannt Anfang WhHW Zugleich, fein eigentümlicher Bereich ist der Weg selber, er ist der Mei - > st er deSWegs. Wie bietet sich die Welt ihm dar, wie muß sie sich ihm darbieten, damit er zu diesem seinem Beruf tauglich wird? Nun, wenn er wirklich «in politischer Führer ist, so bleiben ihm Zwei Sphären immer verschlossen, wenigstens erlebt er sie nicht von dem Mittelpunkt seines Wesens aus. Niemals kristal lisiert er aus der Fülle der Geschehnisse das zeitlos« utopische Ideal an sich heraus, um, wie der eigentliche Idealist, in Sehn sucht nach ihm zu entbrennen und es zur alleinigen Richt schnur für sein Handeln zu machen. Niemals auch erscheint ihm, wie dem Realisten, die politisch-sozial« Wirklichkeit an sich als eine nach strengen Gesetzen zusammenhängend« und in sich ruhende Mannigfaltigkeit, die keine idealen Forderungen aus sich herausgehen läßt. Sein Grunderlebnis ist vielmehr eine ganz bestimmte historische Realität, die in einem ganz be stimmten Sinn« gestaltet zu werden verlangt. Gegebenes und Gefälltes treten für ihn nicht auseinander, um hinterher erst künstlich verbunden zu werden, sondern ste verschmelzen sich ihm Hon vornherein zu einer unzertrennlichen Einheit, die er als ven Drang einer lebendigen und konkreten Zeitwirklichkeit zu einem ebenso konkreten Zeitideal hin erlebt. Wie der Bildhauer in dem ungefügten Marmorblock bereits die Umrisse einer Ge stalt erschaut, die er gerade nur aus diesem einen Block heraus meißeln kann, so spürt der wahre Führer mit jeder Faser seines Wesens, welchen besonderen Zielen sein Volk unbewußt zu- strebt und welche Kräfte zur Stund« erweckt, bezw. gebändigt werden müssen, damit das dumpfe Streben Erfüllung findet. An einem absoluten Ideal ist ihm genau so wenig gelegen wie ' an einem absoluten und unveränderlichen Sein; für ihn gibt es nur eine Wirklichkeit, die sich von einem individuellen Sein zu einem individuellen Sollen bewegt, und er lebt diesen Prozeß mit, er ahnt und meistert seine Richtung. Die Ideale, die er gewahr wird, schlummern vorgeformt schon in der durch ihn zu gestaltenden Welt, und die Welt, die ihm als vorhanden ent- gegentritt, hat schon einen eindeutigen Bezug aus die Ideale. Die politische Situation, in die er hineinwächst, ist ihm kein Zustand, der sich nach freiem Ermessen umwandeln läßt, oder dem man sich einfach unterwerfen muß, sondern sie ist ihm, den geheimnisvolle Fäden innig mit dem Gemeinschaftsgeist ver binden, der Hinweis auf ein bestimmtes Schicksal, als dessen, Vollstrecker «r sich fühlt. Wenn der Strom des Geschehens weiter! flutet, ändern sich auch die Schicksalsnotwendigkeiten und neu«^ Ziel« tauchen am Horizont auf; sie mit nachtwandlerischer Treffsicherheit erspähend, gräbt der Führer diesem Strom bald ! «in enges Bett, bald räumt er ihm all« Hindernsse beiseit«, erf lenkt ihn oder vertraut sich ihm an, wie der Augenblick es M ÄttKN Wahrend der JMinkflos« wähnt, es berge jede poliüfche Situation unzählige Möglichkeiten in stch, kommt für immermur eins einzige Möglichkeit inSetracht, eben dreiemge, deren Verwischung in den von ihm voraus- EÄ*" ^chickialsweg Aneintreibt. Weder d« utopische Realist vermögen seine Taten wi« über- W h a N c M ht d« V g e a c n h zs AK H M a e ltun u g nd v d E i/ z v u ic w k ü n rdi L ae t n -n ^en L -e f r te «in« - ^mernfchast nienmis unmittelbar erfahren hat, will schnm- auf s«m Ideal zueilen und glaubt darum, daß der zuruckwercht, wo er doch bloß einen Anlauf nimmt od^ A ein Kompromißler ist, wenn er zur Erreichung noch ins »Dmckel gehüllter Ziele unerläßliche Zugeständnisse macht .D M ie E se E r numg V ekeer h h ä rt l , t n i d f sere s h ic i hnanuisewmaagls t Übae h rn t denn ^ Bann L k Z reuis d A er ., Sichrer.sich eigentlich bewogt und erschrickt darum über die un- oegreiflichen und gewaltigen Forderungen, die er stellt. Dem einen allzu sehr an der Wirklichkeit hastend, dem andern sich s« erhebend leitet der Führer sein Voll ^deen, dre, wenn sie auch «in Erzeugnis seines Geistes sind so doch aus der Wirklichkeit selber hsrvorgeholt zu sein scheinen' sich aus der von ihm zu verrichtenden Aufgaben. Der ! poliüfche Führer großen Stils gleicht darin dem Künstler daß formlosen Stoff innerlich erschaute Gestalt 'EkA- Der Stoff aber, an dem er sich betätigt, ist nicht die oder irgend ein« Reihe von Vorstellungen, «r Se- steht vreunehr aus Gruppen, Vollern, wie aus Sozkalaebilden AI von entscheidender Bedeutung für das ^erstandnis des Führers, daß man ihn als Bewältig« dieses Stosses auffaßt. Aus «in« solchen Auffassung er-was seine Beziehungen zu den Men- -chen anlangt. nicht wie ein« Privatperson mit Privatpersonen A Mnschen, auf die stch sein Ein- Mß erstreckt, in irgend welcher Hinsicht immer ein Objekt sind, da-, geprägt werden muy, daß er überall dort bewußt bandelt wo M ihm meist unbewußt folgen. Der praktische Erzieher' '7^ ?« ^^vbudung selbständiger Einzelpersonen obliegt, ent- umso besser, je schneller «r guten Gk- E „der Hand geben darf. Der politische . <pchr-Är mdeffen kann, folang« wir noch von der Berwirk- tüchung einer mopischen Gemeinschaft weit entfernt sind sö- lmM demnach PMck überhaupt notwendig ist, auf MioMatid« I Leitung nimmermehr verzichten, da « ja wesentlich zur For mung sozialer Ganzheiten, zur Gründung umfassender Ord nungen und nicht zur Erziehung Einzelner berufen ist. Der Stoff, in dem «r sich auswirkt, find laut« übermdividiMe Ge- ! bild«, d. h. die Menschen treten ihm M Atome von Mchsen, als Glieder von Parteien und Nationen, als Verfechter mächtiger Tendenzen entgegen. Er bewegt stch also in einem Bereich, in dem «r es kaum je mit dem ausgeprägten Einzelmenschen als solchem zu tun hat, in einem Bereich, den eigentlich nur er kraft sein« besonderen Intuitionen bewußt beherrscht. Wenn er nun den diese politische und soziale Welt erfüllenden Stoff gestalten will, so muß « notwendigerweise auch nach den Mitteln grei fen, di« «ine solche Gestaltung allererst ermöglichen. Die Grup pen aber, in denen die durch ihn zu formenden geistigen Kräfte (srziale Ideen, politische Bestrebungen usw.) ihr« Verkörperung finden, entfalten sich gleichsam über die Köpfe der ihnen ange hörigen Menschen hinweg nach einer ihnen eigentümlichen Logik. Um sie zu lenken, sie entzweien und mit einander versöhnen zu können, kommt «s deshalb darauf an, sie so zu beeinflussen, wie «S dieser ihnen eingeborenen Logik entspricht; unmöglich ihre Bewegungen zu leiten, wenn man die Mensche« rein als für sich seiend« Individuen begreift und ausschließlich nach der». Grundsätzen zu verfahren trachtet, di« für die Beziehungen ! Mischen den Einzelgliedem ein« Gemeinschaft maßgebend sind. ES ließ« stch am Ende zeigen, daß dem währen, die großen Schickfälsziel« verfolgenden Führer, allerdings auch nur ihm, mitunter erlaubt, oder besser: geboten ist, was im Verkehr vom Ich zum Du als verwerflich gilt. Die besondere Natur fein« Aufgabe und seines Stoffes kann ihn etwa zur Anwendung des technischen Kunstgriffes der Verstellung, zur Demagogie! und zu furchtbarer Härte zwingen, sie kann ihm Handlungen! aufnötigen, die niemand außer ihm überhaupt zu verantworten und zu ertragen vermag. Er handelt dann ab« nicht so als Privatmann gegen Einzelmenschen, sondern als Wegbereiter feines Volles gegen die Angehörigen von Gruppen und Vor kämpfer von Mächten, die das Beschreiten des Von ihm ringe- schlagenen Wegs zu verhindern suchen. Ahnt man die Tragödie des politischen Führers? Eben dies, daß ihm weniger denn sonst irgend einem Menschen ein Privatleben gegönnt ist, macht sei« Schicksal aus. Während jedem Anderen Bereiche offen stehen, in denen er reine Mensch lichkeit entfalten und ohne Neben- und Hintergedanken frei M Ausströmen lasse« darfst es für ihn gerade bezeichnend.