Ne alle KMuMr MMHMe. Als in der Frühe des 3. Juni 1914 mit dem Abbruch der alten Brücke begonnen wurde, konnte niemand ahnm, daß ihr Neubau dereinst ein wahres Schmerzenskind für Frankfurt werden sollte. Frerlich setzten die Schwierigkeiten nicht erst nach Beginn d-r Bau tätigkeit, sondern schon erheblich früher ein, hatte es doch langer Jahre erregter Kämvfe bedurft, ehe man sich über das ^ Aus führung bestimmte Projekt notdürftig einigte. Wer sich noch der Baugeschichte erinnert, weiß, daß die im Winter 1911 gefällte Ent scheidung deg Preisgerichts über die Wettbewerbsentwürfe zu"N Brücken-Ncuüau von Künstlern, Kunstzelehr^n und Publikum heftig Kugefochten wurde, daß daraufhin die Träger des ersten Preises, 'die Architekten FranZ Heöerer und H. v. Hoden ihr Projekt einer- Umarbeitung unterzogen, und schließlich gemeinsam mtt dem inzwischen verstorbenen hochbegabten Architekten Leon- hardt, dem Träger des zweiten Preises, dessen Lösung allgenün vor der ihrigen den Vorzug gefunden hatte, auf veränderter Grund lage einen KompromißenLwmf schufen, den die Stadtverordneten- VersanmÄu'üg, nachdem noch einige Mängel abgeändert worden waren, im Dezember 1913 endgültig genehmigte. Die Kriegszeit brächte naturgemäß eine weitgehende Verzögerung der baulichen Arbeiten mit sich; hinzu kam die mehrfache Überschwemmung der Baugruben durch Hochwasser, die weitere Verschleppungen, heroor- rief. Bald nach dem Krieg mußte die Tätigkeit ganz eingestellt werden und so ist denn heute erst ein geringer Teil des großen Weckes vollendet Die Kaimauern sind hochgeführt, ein paar Brückenpfeiler ragen über den Wasserspiegel hervor — das ist alles Nur der Gedanke, daß hier trotz der Ungunst der Verhält nisse früher oder später eine Brücke ersteht, die sich im Einklang - mit dem historischen Stadtbild befindet, und kommenden Geschlech tern von dem künstlerischen Verantwortungsbewußtsein uns^r Zeit Zeugen wird, vermochte bisher immer über drn melancholisch stimmenden Anblick der Notbrücke, des Steingerölls, wie überhaupt des ganzen unfertigen,, chaotischen Zustandes in jenem einst so an heimelnden Mmnwmkol hinwegzuhelfen. Wie es scheint, soll uns auch dieser letzte geringe Trost noch Genommen werden» In verschwiegenen Amtsstuben des Tiefbau-, Muts hat man dem Vernehmen nach im Einverständnis mit der BrückenbwckommM Verschwörung angezettelt, die auf nichts Geringeres als auf die Ersetzung des ursprünglich geplanten Brücken - Neubaues in rotem Sandstein durch eine Brücke in Eisenkonstruktion abzielt. Soviel bereits durchgesickert ist, liegen mehrere Projekte vor, von denen eines eine reine Eisenbrücke Vorsicht, während ein anderes nur den mittleren Teil der Drücke in Eisenkonstruktion anmmmt. Zum großen Teil sind es sicherlich finanzielle Swlmerigleiten, die Veranlassung zur Ausar beitung dieser neuen Projekte gegeben haben. Die ursprünglich über Millionen vorveranschlagte Bausumme der Brücke, zu der MriZenZ-der Staat IMMO Mk- hetzusteuern^erjtzrschsn hatten soll sich unter den gegenwärtigen Verhältnissen etwa um das Fünf zehnfache erhöhen und zudem: die recht baufällig gewordene Not brücke, die schon heute ansehnliche Reparaturkosten verschlingt, kann nur noch einige Jahre hindurch erhalten werden. So denken wohl die Behörden am ehesten dadurch über den Berg Zu kommen, daß sie der Ausführung der Brücke einfach einen Entwurf zugrunde legen, der, wenn er auch nicht gerade allen ästhetischen Ansprüchen Genüge leistet, so doch Zum wenigsten den Vorzug verhältnismäßiger Bil ligkeit hat. Ohne sich dem Schwergewicht materieller Notwendigkeiten leichthin Zu verschließen, wird man doch dieses geplante Attentat auf das Frankfurter Stadtbild im vor aus recht kritisch beurteilen müssen. Zunächst befremdet es eini germaßen, daß das Liefbauamt, wenn es schon an die Vorberei tung einiger den jetzigen Zeitumständen besser angepaßter Pro jekte ging, es offenbar nicht für nötig befunden hat, von Anbe ginn an die Architekten hinzuzuziehen, die mit der Bearbeitung des ursprünglich genehmigten Entwurfs betraut gewesen waren. Da man bisher nur um das Vorhandensein dieser in den Schub fächern der Behörde ruhenden Projekte weiß, kann man zu ihrem Aussehen noch keine Stellung nehmen. Schon jetzt aber mu^ gesagt werden, daß die Behörden infolge der Art und Weise, in der sie seit Langem künstlerische Fragen behandeln, es sich selber zuzuschreiben haben, wenn heute die Öffentlichkeit, und Zumal die Künstler-schaft, gegen ihr eigenmächtiges Vorgehen und dessen etwaige Ergebnisse berechtigtes Mißtrauen hegt. Wie liegt denn der Fall in Wahrheit? Die Weiterführung des Brückenbaues nach dem unter so vielen Mühen Zustande gekommenen Projekt der Vorkriegszeit Läßt sich der hohen Kosten halber angeblich nicht mehr ermöglichen. Das Bauwerk nun, um das es sich hier handelt, ist dazu bestimmt, unserem Stadtbild auf Jahrhunderte hinaus seinen Stempel aufzudrücken, und erhebt sich, wie man weiß, an einer Stätte von historischer Bedeutung, an die sich für jeden Frankfurter Bürger, ja für jeden Deutschen ewig denk würdige Erinnerungen knüpfen. Hieße es da nicht viel eher den Schwierigkeiten ausweichen als versuchen, über sie Herr Zu werden, wenn man sich kurzer Hand dazu entschließen wollte, den Main dort, wo einst die alte Brücke stand, durch irgend welche Eisenkonstruktionen zu überspannen? Der Gedankf daß zwischen den ältesten Teilen Frankfurts und Sachsenhausens eine Eisenbrücke sich dehnen solle- macht schaudern, würde doch ein derartiger Zweckbau erbarmungslos den ganzen wundersamen Dust der Schönheit zerstören, den Natur und Leben der Ver gangenheit um jenen Ort gewoben haben. Stellt es sich jetzt als notwendMD seinerzeit genehmigte Projekt nmzustoßen, Gefetzt, daß einzig Persönlichkeiten der hier geschildertes Wesensbeschaffenhelt zur Führerschaft, d. h. zur Gestaltung der spezifisch politischen Wirklichkeit auserlesen sind, welch» Aufgaben fällen dann dem reinen Realisten und dem reine» Idealisten zu? Der Schwerpunkt Beid« liegt, wenn man i« diesem Zusammenhang die Berufung des utopischen Mensche» zur religiösen Tat außer acht läßt, ersichtlich in der Sphäre des Erkennens und nicht, wie ein verblendet« WidismuS glaubt, in der des politischen Handelns. Die scheinbar einleuch tende Theorie, der zufolge dem geistigen Vortrupp eines Lan des ohn« weiteres auch die Befähigung zur Leitung d« StaaE» geschäste eignet, ist ein Irrwahn, d« sich zumal in Zeiten des Umschwunges als verhängnisvoll erweist. Das hat vor allem Goethe tief empfunden, dem häufig genug Mangel an politi scher Aktivität zum Vorwurf gemacht worden ist. „Ich Hass» alle Pfuscherei wie die Sünde*, so äußert er leidenschaftlich erregt zu Eckermann, „besonders aber die Pfuscherei in Staats angelegenheiten, woraus für Tausende und Millionen nichts als Unheil hervorgeht* Faßt man ab« die beiden Type» des extremen Idealisten und Realisten ihrer wahren Bedeutung für das politische Leben nach als Erkennende auf, so ist ihre, wenn auch vielleicht nur der Idee nach mögliche Verschmelzung zugleich ihre höchste Aufgipfelung; d. h. sie vollenden sich, wenn sie in der Gestatt des Weisen zusammenklingen, des Weisen, der das Seinsollen nicht eher verkündet, als bis « di« Bezirks des bloß Seienden durchwandert hat. Seine Misston ist «S, die Gesetze der Wirklichkeit zu entschleiern und zugleich die Ideale aufzuweisen, denen die Menschheit zustreben muß. Wie er in Epochen der Verderbnis die Geister aufrüttelt und die Re volution vorbereicet, so wirkt er in anderen Epochen auf die einmal entflammten Geister dadurch mäßigend ein, daß er ihnen die Schranken zeigt, die ihrer Leidenschaft gezogen sind. Ihm als dem Denker liegt es ob, den Führer zu be raten, bszw. ihn durch die unsichtbaren Kanäle d« öffentlichen Meinung mittelbar zu beeinflussen; er erst «zeugt jenen nach Verwirklichung begierigen Gemeinschaftsgeist, der sich dem Führer entgegendrängt, um von ihm zur politischen Realität gestaltet zu werden. Derart ergänzen sich der Weis« und d«! Führer, und wenn nur ein jeder von beiden sich in den ihm zugewiesenen Bereichen hält, der eine die letzten Ziele er schauend und den Weg ersehnend, der anders den Weg be- schreitend und ihn meisternd, so ist damit der Sache Gottes t» dieser uMM WW jMM. daß fast sein ganzes gelebteS Dasein der Erreichung seiner Ziele dient und dienen muß. Sein Tun und Reden, seine Freundschaften und Feindschaften: alles wird schließlich Mit tel zum Zweck, nichts, bis zur geringsten Geste hinab, geschieht unbefangen und absichtslos. So verzehrt und verbrennt er sich selber — und nicht nur sich selber allein — in Erfüllung seiner Aufgabe und nutzt sich zuletzt ab wie nur irgend ein Werkzeug, das man fortwirft, weil es stumpf und untauglich geworden ist. Und wenn wenigstens das Werk zur Vollkom menheit geriete! Wer dieses Werk ist ein lebendiges Gebilde, das niemals ganz gemeistert werden kann. Die Schöpfung des Künstlers «HM sich ewig in der Form, die ihr Zeug« der spröden Materie aufgepreßt hat, die Schöpfung des Führers dagegen entwickelt sich nach ihren eigenen Gesehen zu Gestal tungen weit«, die oft genug den ursprünglichen Ideen des Führers Widerstreiten. Viel schon, wenn er den Fluß des Ge schehens hie und da eindämmt und für eine Wegstrecke weit seinen Lauf richtet; irgendwann und irgendwo ist er im üb rigen stets zur Rolle des Zuschauers verdammt und muß es am Ende nicht selten «leben, daß Kräfte sich seines Werks bemächtigen, die dessen eigentlichen Sinn verfälschen. Das von ihm Geschaffene bleibt imm« Bruchstück, und wie dieses nie vollendbare Fragment sich nun auswächst, ob zum Bösen, ob zum Guten, das hängt nicht mehr von ihm ab. Das Verhältnis des Führers zu den Menschen und zu seinem Werk «zeugt aber in seiner Seele eine Einsanckeit von grauenerregender Tief«. Da er seine eigentlichen Pläne und heimlichsten Wünsche nicht frei offenbaren darf, und da zur Verwirklichung dieser Pläne die Menschen gebraucht und verbraucht, statt mit ihnen zusam men zu leben, findet er zwar Anhänger, jedoch keine Gefährten, eine unsichtbare Scheidewand trennt ihn von denen selbst, die ihm am nächsten stehen. Niemand als er allein ermißt dir zwingende Notwendigkeit des großen Spiels, das er wagt, die andern, die ihm blindlings folgen, vertrauen bestenfalls seinem Stern, sie glauben, wo er zweifelt und zweifeln, wo er weiß In diesem ungeheueren leeren Raum um ihn her erlebt er seine Enttäuschungen — wer ab« ist reicher als er an Enttäuschun gen? — und hadert er mit seinem Volk, das sich von ihm ab- kehrt und sich gegen die höhere Einsicht feines Erweckers em pört. Sobald er vor die Menschen tritt, ist er ganz Oberfläck und keiner von ihm» ahnt auch nur den Jubel und das Schlucht > zen dessen, der hinter tausend Masken die Verantwortung für ihrer MrSchicksslMfstHnimO.».