LsiverfilSl «nd Geifteslebe». Von Dr S. Kraeauer. Die deutsche Universität ist heute, wie sich nicht gut mehr Leugnen laßt, an den Rand des geistigen Lebens der Nation abgerückt. Sie hat dem Volke in dieset Zeit der Not so gut wie keinen führenden Mann geschenkt, kaum ein großer und fruchtbringender Gedanke ist von ihr ausgegangen. Wenn sie auch auf dem Gebiete der exakten Naturwissenschaften und auf den verschiedensten Gebieten der Spezialforschung und der Technik die unbestrittene Vorherrschaft behauptet, in allen den Bereichen, die Fragen der Welt anschauung betreffen, versagt sie doch nahezu völlig So rühren z. B. die bedeutenderen, über das Fachinteresss hinaus rUchenden philosophischen Leistungen unserer Zeit sicherlich mehr als in früheren Epochen von Männern her, die außerhalb des UniversitätsbeLriebes stehen. Und man kann wahrlich nicht sagen, Laß etwa die Auseinandersetzung der Inhaber geisteswissenschast- Licher LehrsLühle mit dem Werke Spenglers einen allzu günstigen Eindruck von dem gegenwärtigen Stande der UmveMätsphilosophie erweckt hätte Natürlich soll nicht verkannt werden, daß auch an der Universität Denker von Rang wirken, deren Lehren die GeLsteshaltung breiter Schichten in dem einen oder anderen Sinne maßgebend beeinflussen. Aber — und das ist entscheidend — diese Lehrer und Forscher bestimmen nicht die geistige Verfassung der Universität selber, um die, als um einen fragwürdig gewordenen Gesamtorgamsmus, es sich hier allein handelt. , Die Gründe für das geradezu erschütternde Versagen der Universität liessen tief. Man rührt noch nicht einmal an sie, wenn ruan sie nur in der Unzulänglichkeit oder rückständigen Gesinnung einer Anzahl von Professoren sucht, wenn man sie rein in der augenblicklichen Ungunst der wirtschaftlichen Verhältnisse und den aus ihr sich ergebenden Notwendigkeiten zu finden glaubt, wenn man überhaupt der Ansicht ist, es -sei ihnen lediglich durch organisatorische Maßnahmen schon erfolgreich zu begegnen. Wer so urteilt, dringt gar nicht bis zu ihnen selber vor, sondern bleibt bei ihren wkundär-m Auswirk^aen sieben D^e eigenttiche Schuld an dem Elend der Universität trägt der Verfall jener Welt anschauung, die vor mehr als hundert Jahren die Universität empsr- ' getrieben und zur überragenden geistigen Einheit zusammen- gefchmoLzen hat. Verfolgt man die Entfaltung des deutschen in diesem Zeitraums, so wttd maneiner «ewigen ( ntlastrmg der' Universität geführt. Weder darf man sie dafür mrantwortlich machen, daß im Verlaufe der Entwicklung die Prinzipien problematisch geworden sind, auf deren Grundlage sie sich erhebt, noch kann man ihr, streng genommen. Vorwerken, daß sie Licht von sich aus bereits einen Um- und Neubau au? anderen und besseren Fundamenten vollzogen bat Da die Universität nickt der . alleinige Quell des geistigen Lebens einer Natron, ja nicht einmal s^Mmer Ausfluß ist, wird man es jedenfalls schon von- vornherein begreiflich finden, daß ihr eigenstes Wesen wie ihre Be deutung für das Ganze des Daseins von Umständen abhängen mag, an deren Eintritt sie unschuldig ist. Als zu Beginn des 19 Jahrhunderts Fichte, Schelling, Schlerermacher, Hegel, W. v. Humboldt den heute noch Wtigen Typus der Universität schulen, war der nachkantishe deutsche Idealismus eine Lebensmachü die zum mindesten die ganze Mldrmgsschicht durchdrang. Aus dieser idealistischen GeistesrichLung, die, gesättigt von dem Pathos der Be freiungskriege, nicht nur als abseitige Philosophie, sondern als lebendige Gesinnung in den Menschen Wurzel ' gefaßt hatte, erwuchs die Universität als freie, wissenschaftliche An stalt; um der Freiheit der Lehre willen mußte sie sich, wie Eduard Sprang er in seiner 1913 erschienenen Broschüre: „Wandlungen im Wesen der Universität seit-hundert Jahren" hervorhebt, in politischer Hinsicht naturgemäß mit einem national gefärbten Liberalismus verbinden. So sehr auch die spekulativen Systems in jener Blütezeit der idealistischen Philosophie im einzelnen vonein ander abwiwen, sie teilten doch den Glauben an den Sieg der auto nomen Vernunft und an die höhere Einheit aller wissenschaftlichen Bestrebungen. Gewiß war also damals die Universität eine Pflege stätte freier Forschung, aber der WissenschafLsbegrifst auf dem sie beruhte, verlieh dieser Freiheit einen ganz bestimmten Sinn, er strahlte von einer Weltanschauung aus. die einfach deshalb den barmonUcken Aufammenklang der vomuZfetzunqSLos betriebenen Wissenschaften noch verkünden durste, weil äs iacto ihr Geist selber es war/ der alle Forscher gleichmäßig erfüllte und ihr Denken in an nähernd dieselben Bahnen zwang. Der Werdegang der Universität in der durch den Sieaeszug des Materialismus bedingten positiviskischen GeistesepoKe läßt sich an Hand der erwähnten Broschüre Sprangers vortrefflich verfolgen. Bedeutsamer als die Tatsache, daß sich die Universität immer mehr in erne B'ldnngsanstalt für Staatsbeamte verwandelte, ist die andere Tatsache, daß die Me'aphvsik sich von den Lehrkanzeln ver flüchtigte und die Pflege der exakten Naturwissenschaften so über ! wucherte, daß die in ihnen herrschenden Denkmethoden sebr zum Unheil auch auf die GListeswiffenschasten Übergriffen. Was besagte in Wahrheit? ED besagt — und von hier an Liegt dieser Gedankengang von der Auffassung Sprangers ab — daß der die Einheit der Wissenschaften verbürgende und damit dre Universität tragende Weltanschauung - FdeaLis- mus mit infolge des Einflusses übermächtiger wirtschaft licher Entwicklung aLgedankt hatte Was übrig Sl'eb war anarchisches Spezialistentum voraussetzunaslss . zwar, aber eben deshalb auch ungeachtet Daß man sich diesen Wandel nicht ein- gestchsn wollte, daß man vielmehr hartnäckig an der Meinung fch- brelt, der Idealismus von ehedem unterbaue auch weiterhin das chaotisch gewordene Wissenschastsgetriebe. gehört zu den Mimmlten, heute lang^noch nich^überwundener^Selbsttäuschungen der Vor-- Irankturier Angelegenheiten. Rat füt künstterlsche Angelegenheiten. Gestern fand eine Vollversammlung des Rates für künst lerische Angelegenheiten stat:, die durch einen Bericht des Qb- rnatrnes Baum über die Tätigkeit des Rates im abgelausenen Sommerhal-chahr eingeleitet wurde. Der Referent hob zu Be ginn hervor, daß die Erfüllung der Kulturausgaben des Rats durch die nützliche Finanzlage der Stadt bsgreifUcherw<ise mehr und mehr erschwert wende. Im Verlauf seiner Ausführungen teilte er u. a. mit, datz der Rat, nicht immer ganz zu seiner Freude die Bildung der Theatergemeinden gefordert habe und erwähnte hierbei, daß die Thcaterleitung selbst sich mit der Absicht trage, die verschiedenen Gemeinden zu einer einzigen großen i Theatecgemeinde Zusammenzufassen, wie dies z. B. m / Leipzig schon mit Erfolg geschahen sei. Hoffentlich gelinge es dann endlich auch inbezug auf die Theaterpreise Gleichberech tigung von Arbeiterschaft und Mittelstand zu erzielen. Was die Pflege des Städte bilds betrifft, so 'haben die Bemühungen des Rats hie und da einen kleinen Er folg gezeitigt. Weder sei jedoch der Rat bisher mit seiner Forde- stmg eines Generalbcbauungsplanes durchgedrungen chch babe er trotz aller seiner AnstrmMngen die Verschandelung de§ schönen Platzes am Taunuslor durch das demnächst dort Zu errichtende Dankfmus verhindern können. Der Redner drückte bei dieser Gelegenheit den Wunsch aus, es mochten die städtebau lichen Fragen in Zukunft mehr vom künstlerischen Standpunkt aus angrpackt werden. Im Abschluß an seine Erörterungen, die noch die schwebenden Verhandlungen über die Zusammenlegung der Kunstschulen und Fragen der Musikpflege berührten, wurde nach kurzer Aussprache eine den zuständigen Behörden und vor allem dem Polizeipräsidium zu übermittelnde Resolution gefaßt, in der dre Versammlung Protest gegen die durch den Vankneuöau am Taunustor zweifellos herbeigeführte Verunstaltung d^s Siädtebildcs erhebt ReLtSanwalt Dr. Eisner berichtete sodann über die Zukünf tige Gestaltung der Vergnügung § steuer, die gemäß den vom Reichsrat beschlossenen neuen Mantclbestinrmungen erfolgen soll. Diele Bestimmungen, die für Frankfurt ab 15. Dezember in Kraft treten, sehen gegenüber der bisher in Fransurt üblichen Besteuerung gewisse Erleichterungen vor. Veranstaltungen, die ausschließlich der Jugendpflege und Volksbildung dienen, sind steuerfrei; auch kann bei künstlerisch hochwertigen und zugleich volksöildenden Darbietungen Ermäßigung bis Zur Hälfte gewährt werden. Der Rat wird im Interesse der Künstler und des Publikums dafür Zu sorgen haben, daß die Stadt nun auch wirklich die ihr durch die neuen Bestimmungen gezogenen Gren zen einhält. Herr Baum beZe'chnet>s cs als einen ^Kultur- skandal". daß die Stadt das so schwer bedrängte Hoch stift mit 32 000 Mark besteuere, und gedachte des Bedauerns weiter Kreist über solche Diskreditierung einer Kultureinrichtung. A-s letzter Redner erstattete Herr Fronemann über die Tätigkeit des Ra^s im Dienste der Jugendpflege Bericht. Nachdem er mttgetM hatte, daß der Kampf gegen die Schundlitera tur in Zukunft gemeinsam mit dem „Jugendring" geführt werden solle, besprach er eine bevorstehende Verfügung, die eine Rege lung des Kinobesuchs Jugendlicher durch ein-n Ausschuß im JuFendamL Vorstehhund einen anderen Ausschuß Zu positiver Be handlung der ganzen Kinosrage ermächtigt. Zum Schluß.wies bö Redner auf die erfreulichen Erfolge der Vereinigung: K u n s und Jugend hin, deren Veranstaltungen bcrsiis in vielen ar^ deren .Städten Nachahmung finden, und erörterte das Programm 'für das nächste Quartal, das dank der von einem Freund bei Jugend gewährten geldlichen Unterstützung auch gute Thcaterau^ führmMn durch die städtischen Bühnen in sich begreift. Die Bev samMmg betraute dm Referenten mit dcr Abfassung eimr Ne- solulion, in der baldiger Erlaß der die Kmofrügr erledigendes VerfÜMg gefordert wird. *