Von Dr. Siegfried Krasemeru Ernst WegaM- Verlag, Leipzigs 1913 Philosophie" will nun Scheler u. a. das eigentümliche Wesen des naturlich-relM Aktes sowie das Wesen des ihm Zugeordneten Gegenstands gebietes objektiv herausarbeiten und gleichzeitig Gesetze des religiös Richtigen und Falschen entwickeln. Wenn die schulreform ist un ¬ bedingt wertvoll und notwendig, solange man sich mit ihr nicht gegen gegenwärtigen geistigen Situation mit einer gewissen Not wendigkeit entspringt. Zunächst einige Begriffsbestimmungen, die für die folgenden Ausführungen unerläßlich sind! Scheler unterscheidet zwischen positiver und „natürlicher" Religion und versteht unter dieser die naive Gotteserkenntnis, die jeder vernunftbegabte Mensch auf Grund des religiösen Aktes zu jeder Zeit erwerben kann die Jdes der Universität versündigt und nicht der verkehrten Ansicht huldigt, durch Umorgcmisation allein ließen sich Wandlungen er zielen, zu denen man erst im Stillen heranreifen muß. Gerade auf dem Gebiete des Geistes kann man nur verhältnismäßig wenig ..machen" Vergegenwärtigt man sich recht, daß in dieser Zeit der Vorbereitung die Universität das Schicksal, ein Notbehelf zu sein, mit beinahe allen Gshildm des Daseins teilt, hält man sich ferner vor Augen, daß ihre Zukunft nicht ausschließlich von den Vorgängen innerhalb ihres BaNnbereiches selber, sondern in erster Linie von, der Entwicklung unseres gesamten geistigen Lebens ab- hängt, so wird man lernen, dsn Kampf für ihre Neugestaltung mit dem nötigen Weitblick und ein wenig Geduld zu führen und ange-- sichts des zunächst dem Willen Unerreichbaren sich zu bescheiden, ohus deshalb in dsr Bemühung UM das Erreichbare irgendwie nachzulassen. die heutige UmversiW, sondern die „Universität" als solche an und möchte letzten Endes an ihre Stelle die als UüiverWtssrsatz gänz lich ungeeignete Volkshochschule setzen. Folgt nun aus alledem, daß man die Hände m dsn Schoß legen soll? Mit Nichten! An konkreter, wahrlich nicht zu Unterschußender Kleinarbeit bleibt genug zu tun, und auch H VK „Schriften zm'Kulturpolitik". — .Ueber den Nutzen der Universitäten für die VoWgesam-Heit und die Möglichkeit ihrer Reformation/ Jena, Eugen Diedmchs, 1920, - Religion durch die „natürliche Offenbarung", die im Gegensatz zu spontaner Erkenntnis die im natürlich-religiosLn M erfahrbare SelbstmitLeilung von WesensLatsachen ist, also nicht gleich der positiven Offenbarung sich an Sein und Lehre bestimmter Personen knüpft. Bei der Erörterung des Begriffs der natürlichen Religion Zeigen sich nun schon jene verhängnisvollen Unklarheiten, die das ganze Buch durchziehen. Einmal nämlich eMpfäWt man den Eindruck, als ob Scheler eine allen Menschen gemeinsame natürliche Religion annehme, das andere Ma! wird erklärt, daß die „natürliche Religion in allen Religionen" von der jeweiligen natürlich-geschichtlichen Weltanschauungsform aü-^ hänge, d. h. doch wohl innerhalb der verschiedenen Kulturkreise verschieden geartet sei. Es leuchtet ein, daß im Zweiten Fall von einer allgemeingültigen natürlichen Religion nicht mehr die Rede sein bann. Setzt man sich über dieses befremdende Schwanken vorerst hinweg, so wird man weiter zu fragen haben, in welcher Be ziehung die natürliche Gotteserkenntnis Zu den auf meta physischem Wege erworbenen Einsichten steht. In systema tischen, an sich äußerst verdienstlichen Untersuchungen kritisiert Sheler die verschiedenen Bestimmungen, die in der Geschichte unseres Denkens hinsichtlich des Verhältnisses zwischen Philo sophie und Religion getroffen worden sind und gelangt selber zu einer scharfen Abgrenzung der metaphysischen Vernunft erkenntnisse von den im natürlich-religiösen Akt zu gewinnenden religiösen Erkenntnissen, einer Abgrenzung, die allerdings auch, aus hier nicht zu erörternden Gründen, recht bedenklich erscheint. Philosophie und Religion stellen nach ihm zwei durchaus selbst- ständige, gleichberechtigte Mbereiche dar, die in keiner Weiss aus einander abgeleitet werden dürfen. Die Aufgabe, die diesen beiden getrennten Sphären entfließenden Erkenntnisse jeweils Zur höheren Einheit zusammenZuwsben, wird der „natürlichen Theologie" zugewiesen, die hiermit endlich in Aktion tritt. kriegszeit. Hatte früher ein naiver, verhältnismäßig lebensnaher Idealismus die Einheit der Universität erzeugt, so mußte jetzt ein Llutleemr, rein theoretischer Idealismus^ (der freilich dem echten, klassischen Idealismus denknotwendig entsprang, aber nicht dieselbe LeLensbedeutung besaß) die verloren gegangene Einheit vortäüschen. Was einstens tragende Weltanschauung gewesen war, verwandelte sich in einen fadenscheinigen ideologischen Ueberbau. Aus dem Zerfall ursprünglicher Einheit, der sich natürlich auf die ganze BildungswelL erstreckte, den Begriff der Bildung über haupt fragwürdig machte und durch eine den Spezialwissenschaften nachhirckende Philosophie höchst mangelhaft verschleiert wurde, er klärt sich indessen noch nicht hinreichend die gegenwärtig nur mehr provinzielle Bedeutung der Universität im Reiche des Geistes. Man versteht diese Wendung erst, wenn man in Rücksicht zieht, wie sehr sich der Schwerpunkt unseres geistigen Lebens seit der Welt katastrophe offenkundig verschoben hat. Im stillen schon längst vor bereitet, ist der Aufstand des wieder religiös bedürftigen Menschen gegen das seelenlose Maschinenzeitalter und die ihm entsprechende - positivistische Wissenschaft erfolgt. Der Idealismus selber, der doch die Grundvoraussetzung unserer modernen Universität bildet, wird von einer nicht mehr auf die Selbstherrlichkeit der Vernunft ver trauenden Menschheit in seiner Bedingtheit und Problematik emp funden, der Wert des Wissens an sich wird von einer Jugend, die sich vor allem nach Glaubsnserneuerung sehnt, aus einem leider viel fach allzu überschwenglichen AnLi-JntellekuLalismuS heraus ange zweifelt. Darf man aber erwarten, daß die Universität Bedürfnisse befriedigt, die sie gemäß ihrer innersten Natur gar nicht befriedigen kann? Daß sie sich ohne weiteres in einem Sinne wandelt, der ihrem bisherigen Aufbauprinzip stracks zuwiderläuft? Man begreife end lich, daß die heute bewußt oder unbewußt erhobene Forderung einer Neubegrenzung leerschwingenden Wissensdranges durch die Bannkrast religiösen Glaubens und neuen Menschentums im Kerns den idealistischen Wissenschaftsbegriff verneint und derart sich nicht nur geg-n einzene an dsr Universität herrschende Uebelstände richtet, sondern deren Fundamente selber ins Wanken bringt. Die politisch reaktionäre Haltung so vieler Dozenten entspringt sicherlich mm guten Teile dem unausgesprochenen Wunsche nach (künstlicher) Wiederbssestigung jener Weltanschauung, an die, als an eine un erläßliche Bedingung, ihr wissenschaftliches Wirken wie der^ Be stand der heutigen Universität geknüpft, ist Die Frage steigt allerorten auf. was zu geschehen hat, damit die' Universität aufs neue zum Mittelpunkt des geistigen/Lebens werde Man sollte vielleicht zunächst besser fragen« ob überhaupt in solcher Absicht allzu viel geschehen kann. Der an sich nicht ein- . wsndfreie Man einer Gründung von „WeLtanscha u ungs - Universitäten" zur Rettung entschwundener Einheit, von dem rMrmd des Krieges ein bekannter Professor der Philosophie dem Verfasser dieser Zeilen berichtete, ist durch die Zeitereignisse wohl überholt. Ashnliches gilt auch für den kürzlich aufgetauchtsn Vorschlag einer «H umänist LrÄeKFakultLt", der ja nahezu einstimmig Ablehnung gefunden hat. Diese Fakultät wäre bei der gegenwärtigen Zerklüftung unseres Geisteslebens schon von Anbe ginn an eine Totgeburt gewesen, unfähig dazu, auf Grund brüchiger Fundaments das Chaos durch einen neuen Sinn zu üöerhöhen; vermutlich hätte sie sich zu einem Tummelplatz für Dozenten mit Literarischen Ambitionen erweitert. Die Sehnsucht nach einer Vet- lebendigung lebensfremden Mssenschaftsbetriebes, nach einer Ein beziehung der Universität in die Gebundenheit volklichen Lebens hat auch nicht selten zur fälschlichen Gleichsetzung der Ziele einer Volkshochschule mit denen der Universität geführt. Wer solche Gleichsetzung annimmt, verkennt indessen völlig, daß er damit eins dem Wesen jeder Universität überhaupt widerstreitende Forderung ausstellt. Diese muß durch den Logos von oben her Einheit und Richtung erhalten, nicht aber vermag sie aus dem bloßen Volksleben heraus, also von unten her, Sinn und Be grenzung zu finden. Gegenüber einer derartigen, wie immer aus ¬ staffierten und maskierten „Lebsnsphilosophie" bleiben die Vertreter des reinen, theoretischen Wissenschafisgedankens stets im Recht. Nicht minder anfechtbar erscheint schließlch aus den genannten Gründen der Reformvorschlag von Richard B e n z?), der eine Auflösung der bisherigen Universität in Fachhochschulen u^d größtenteils aus privaten Mitteln sich erhaltende Akademien Vorsicht und die geistige Führung neuen Anstalten anvertrauen will, bis dsn „Erfordernissen wahrer Volkskultur" besser entsprechen. Auch er greift nicht nur Das jüngste Werk des Kölner Philosophen Max Scheler: ^Vom Ewigen im Menschen" (U Band: „Reli ¬ giöse Erneuerung", Leipzig, Verlag: Der neue Geist, Dr. Peter Uemhsld) umfaßt in seinem kürzlich erschienenen ersten Band, der, wie schon sein Untertitel andeutet, der religiösen Erneuerung dienen will, eine Reihe von Aufsätzen, die bereits in der Kriegszeit veröffentlicht oder als Vorträge gehalten worden sind- neu hinzugekomwen ist nur die umfang reiche Abhandlung über „Probleme der Religion". Diese An lage des Buchs, die ein Nebeneinander verschieden gerichteter -Gedankenzüge Zuläßt, macht es einigermaßen schwierig, bis zu dem gemeinsamen geistigen Fundament der teils rein philo sophischen, teils mehr kulturpolitischen Betrachtungen vsrzu- Lringem Bei einem Autor von dem Range SHelers trägt aber lediglich eine prinzipielle Auseinandersetzung Frucht, und gilt es denn weniger, auf den Inhalt der nach allen Seiten hm sich verzweigenden Aufsätze selber einzugehen, als den Ge- Lankenkern herausMchälen, dem die wesentlichsten Ergebnisse 'des Buches entwachsen. - In dsr Vorrede'kennzeichnet Scheler die Aufgabe, die er sich in dem rslimEsphilchsphisch Hauptteil seines Buches gestellt hat. Er will „die ersten Fundamente des systematischen Baues einer natürlichen Theologie" freilegen und durch ihm. Darbietung gleichsam eine Plattform schaffen, auf der die Anhänger verschiedener Bekenntnisse sich begegnen und über die positiven GlarMnsgegensätze hinweg Zu einer Einigung -gslanFen können. Die natürliche Gstteserkenntnis, so fährt er fort, wird diese Aufgabe nur erfüllen, „wenn sie den Kern ^eZ TuMtmisnMS von^inen zeitgsschW Hüllen befreit und mit den Gedankenmitteln der phäuo m enslogischen Philosophie neu und tiefer begründet". Man sieht,'der Ver fasser hat sich zwei Ziele gesteckt: ein philosophisches und ein ?vonn nun auch, um das hier gleich vorweg- Zunehmen, sein Versuch einer Herausschälung der „natürlichen" MauöenS'^Ls und -gebalte fshlgeschlagen ist^ so wird man bei Met - berechtigten- Kritik doch stets der Größe dieses Versuchs . eümcdenk bleiben muffen und die Kraft der Intuition anMer- kenrmn r der Schwer sich in die Welt der religiösen Phänomene versenkt. Die IrrtümeriSchelers ergeben sich aus seiner ganzen Fragestellung, die ihrerseits wiederum unserer