aus deren Leben sie erwachsen. Was wäre ein Zirkus, in dem nicht die Tiere als Hauptdar steller agierten, Auch fle benehmen sich anders als gewöhnlich vereinen sich, Kraft guter Dressur und hoher Intelligenz, mit ihren Herren und Herrinnen zu einem Tun, Wer das vermutlich ihre in Freiheit herumlaufendsn Brüder befremdet den Kopf schütteln würden. Richtige BÜren z. B. fahren Rad und trinken aus Flaschen und ein kleines Hündchen in Tirolertracht stolziert unnatürlich selbstbewußt durch die Manege. Man fragt sich wirk lich, ob nicht die Schöpfung eines Tages aus ihren Fugen geben kann, wenn solche Dinge geschehen- Dann ist da die Berbe'r - l o w e n-Familie, die mit ihrem Dompteur allerlei praktische Tätig keiten verrichtet. Man hockt etwa aus Schemeln, blickt starr vor lich hin, oder ringt mit dem Dompteur und liebkost ihn dann- Wenn auch das Löwenjunge manchmal knurrt und die Mama nicht eben angenehm gelaunt scheint, so ist doch dir Familie im allge meinen ganz uneuropäisch friedlich gesinnt; der Löwenvater zumal ist ein die Ruhe liebender älterer Herr, der mit dem Dompteur aus gutem Fuße stehh unh in ihm offenbar den Gentleman ehrt. M Mm. . Vor dem Tor, auf der Oftendstraße, dort, wo die häßlichen Bachtemgebaude der Landwirtschaftlichen Hallen stehen, staut sick irr der Dämmerung die Menge. Dahinter, das weiß sie verbirgt sich Las Geheimnis, eine fremde Welt öffnet sich hinter dem Zaun, die schlechthin anders ist als das ewige Einerlei auf den grauen Straßen. Man Passiert die Kontrolle, die jedem Unbö- rusenen den.Zutritt streng verwehrt, und steht nun unmittelbar vor dem Geheimnis. Wagen breitet sich neben Wagen eine aanzc Wagenburg bedeckt die Mache, lauter kleine fahrende Häuser deren manche von innen erleuchtet sind, und da ist auch das Riüsenzclt, das die vielen Wunder umschließt. Helliakeit blendet dis Em- tretenden, die Kinder brechen in Rufe des Entzückens aus und die Erwachsenen staunen wie die Kinder, alle sind hier einander gleich. Man sollte es nicht glauben: zwei Manegen enthält dieses irnwchrscheinliche Zelt, zwei große Rings, die von den ansteigen den Zuschaucrtribünen gleichmäßig umfaßt werden; in der Mitte, wo sich der Eingang befindet, ist es leicht eingebuchtet, und gegen über dem Eingang tut sich ein schwarzer Schlund auf der bald d'.s verborgenen Herrlichkeiten aus seinem Dunkel entlassen wird. Masten tragen schwer und bedächtig ihre ZeMast, Strickleitern und Taue, dis irgendwo in den oberen Regionen befestigt sind, hängen lose im Raum und harren ihrer Bestimmung. Dann spielt die Hauskapelle, während dis Tribünen allmählich sich füllen, ihre Märsche und Tanz-weisen auf. unter den Klängen der Musik quellen 'aus dem geheimnisvollen Schlund zwei Reihen aalonlerter Zirkus diener hervor, die feierlich Aufstellung nehmen und die Akteure tän zeln eilig in die Manegen. , Man müßte überall Augen haben, um alles wahrnshmen zu können, was gleichzeitig in 'den beiden Manegen sich vollzieht Die Darbietungen, um die es sich hier und dort handelt, sind zwar einander stets fehr ähnlich, aber stets sind auch Abweichungen vorhanden, die man für sein Leben gern genau beobachten möchte. Das geht nun nicht, denn man kann ja nur das richtig erfassen, was in der Näh- im eigenen Ring vorgeführt wird; und so er greift die Uebernrugi-rigen ein eigentümliches Schwindelzefühl, sie drehen und wenden sich und geraten in einen Taumel, der die Dinge noch illusionärer macht, als sie eS an sich schon sind. ^chrMiches Segibt sich in der Manege. Gitterartige Holz wände sind aufgerichtet, dis zu einem Ridsenkäfig sich runden. In diesem Käfig kreist ein Mann auf dem Nad, von einem Knaben gefolgt, dis Wände hinan; beide rasen immer höher, immer im Kreii: herum, ganz horizontal wirbeln sie durch den Käfig, dann senken sie sich mählich herab und begrüßen, als sei gar Nickis ge schehen, mit lässiger Gebärde das jubelnde Publikum. Wir an dern gehen senkrecht über die Straße und denken, das müßte so Mn« weil die Gesetze der Schwerkraft es angeblich gebieten. Aber was haLen^i^e Gesetzs noch viel zu besagen! Der Mann in dem Holzring hebt sie einfach auf, auf einem Rad, ja sogar auf . einem Motorrad äfft er die sogenannte Wirklichkeit und knattert i über ihre Gesetze hinweg Wände empor in anders Bezirke, in denen die gewohnten Bestimmungen nicht mehr gelten. Viel, sehr viel muß sich überhaupt diese unsere so vertraute Welt hier gefallen lasten, alles, was sie trägt und im Gleichgewicht erhält, scheint hier ganz und gar umgestürzt. Junge Damen mit zi-Michen Sonnenschirmen tanzen auf dem Drahtseil, das doch gewiß kein Parkettboden ist, einen Step, der sich wahrlich sehen lasten kann. Hüte, drei, vier, fünf an der Zahl, fliegen weit fort durch den Raum und kehren gehorsam wieder in die sie aus werfende Aand zurück, hoch oben in der Lust sitzt ein Herr gemüt lich auf einem Stuhl, raucht seine Zigarette und liest bei dem Licht der Bogenlampe die Zeitung, Spiralen, aus Menschenkör pern gebildet, winden sich Zur Decke empor, man weiß nicht, wo sie eigentlich befestigt sind, Luftschaukeln dienen als unsolide Grund lage für nock unsolidere Kletterkünsts, Herkulesse treiben mit unge- - heuren Stahlfedern und Zentnerlasten ihre gewichtigen Späße, , ein Fakir verspeist mit dem größten Appetit Flammen wie Butter brote und das alles geht vielfach gleichzeitig vor sich. Der Kopf dreht sich einem förmlich, man glaubt selber auf dem Kopf zu stchen. «.Leipziger Merlri", sagt der lange Emil. Der lange Emil, der Neins Fritze und der werßgepuberte CorLy sind ein besonderes Kapitel. Ihre Kleidungsstücks sitzen^ > entschieden nicht so, wie es sich gehört, die Weste ist zu lang, die Hose zu kurz, das Hemd zu weit und die fuchsroten Haare des langen Emil sträuben sich ruckartig und ganz unwahrscheinlich gräß lich, sodaß der winzige Fritze erschreckt hintorkolt und drollige Purzelbäume schlägt. Auch gehen die drei durchaus anders wie anders Leiste, sie stoßen überall an und unnennbare Schwierig keiten bereitet es ihnen etwa, die niedere Manegen,-Schranke zu überschreiten. Während des Aufräumens feuern sie die Diener zur Arbeit an, sparen nirgends an lehrhaften Ermahnungen und be eilen sich sogar, selber zu helfen, aber freilich das ist nicht so ein fach, der gute Wille allein tut es nicht, unsichtbare oder im Eilen selbst bereitete. Widerstände verhindern jede nützliche Tätigkeit, man kann eben nicht, wie man gern möchte, und treibt nur, was man nicht treiben will. Einsam und ernst verfolgen die Drei alle Darbietungen und versuchen hinterher auch ihr Glück — daß es nicht glückt, ist sicherlich nicht ihre Schuld, denn sts strengen sich ordentlich mit Verbissenheit an; Schuld daran, daß ihr ehrlicher Ernst so lächerlich wirkt, tragen stets kleine, fatale Umstände, oie alle ihre. Bemühungen vereiteln. Die richtige n Akteure heben die Bedingungen des uns gemäßen Lebens auf, der lange Emil und seine Freunde, zu denen übrigens auch ein faWcker Eng länder auf Rollschuhen und noch manche anderen merkwürdigen ! Typen gehören, heben wiederum durch ihren abseitigen Ernst die 'Unwirklichst jener Akteure auf — man sollte meinen, daß sie selber nun wieder die normale Wirklichkeit herstellten aber weit gefehlt, sie sind nur Karikatur der Karikatur, man glaubt in einem Spiegelkabinett Zu weilen aus dessen hintereinander befindlichen Spiegeln dem Beschauer das Ägene Antlitz immer verzerrter ent- gsgenleuchtet. » Jn der Pause ist Stallbesichtigung. Löwen, Bären und andere Ungetüme sitzen, selber jetzt Zuschauer, brav und gesittet hinter ihren Gittern und die schön aufgezäumten Pferde und Ponys lassen sich, von dem stolzen Attila an bis herab zur Keinen Liest, geduldig von vielen taufenden Händen streicheln. Direktor Straßburg er benutzt die Pause, um ein wenig von seinen Unternehmungen zu plaudern. Seine Besitztümer mit den Tierparks und Dressuranstalten liegen in Strehlen bet Breslau. Der eine seiner drei Zirkusbetriebe ruht jetzt völlig, der zweite, von seinem Schwager geführt, durchreist die Tschechoslowakei und mit dem dritten befindet er selber sich unterwegs. Zwei Loko motiven dampften dem Wer 40 Wagen starken Sonderzug voran der Truppe und Menagerie mitsamt all den wilden Tieren aus dem zahmen Darmstadt hierher beförderte, wo man nun annähernd vier Wochen bleiben will. Lü E°tlR VE stehen unter dem ° n den folgenden Aufsätzen dialektisch duvchMführt. Gogarteu stellt in einer längeren Hum Teil polemisch gefärbten Betrachtung der Ethik des Gewissens die Ethik der Gnade gegenüber, Kar! Barth erörtert aus dem gleichen neformatonifchen Geiste heraus in dialektisch sehr Mgespitzter Weise das Problem der Ethik in der Gegenwart, und Eduard Thurneyj en schließlich sucht zu zeigen, warum 'das Christentum bisher dem SeziaUs- mus gegenüber; versagte urcd wie es sich mit ihm, wenn es richtiges Christentum Ware, auseinandersetzen müßte. Ein und dersewe Grundgedanke zieht sich durch alle diese Aufsätze hin-- dürch: der Gedanke, daß kein menschliches Tun, auch nicht das ethische, von sich aus beanspruchen darf, zu Gott hinzuleiten, und daß darum gerade das ethische Hartdeln am verwerflichsten und recht eigentlich „gerichtet" ist, wenn es solchen Anspruch erhebt. Nicht vom Menschen zu Gott, sondern nur von Gott zum Menschen führt der Weg, und eben die Dialektik dieser Er kenntnis fordert, daß der sittlich am höchsten stehende Menfch ferner Ohnmacht am tiefsten inne werde. Der Glaube allein, der Glaube an die Botschaft des Evangeliums trägt aus dem Abgrund empor, in den so alles Menschliche gestürzt ist. Wer in ihm lebt, der wird nicht mehr in titanischer VermessenheiL wähnen, daß eigene Schöpfertat Hm die Verbindung mit dem Göttlichen gleichsam garantiere, er wird vielmehr alles Ethische unter den nötigen Vorbehalt stellen und die begrenzte, nur relative Bedeutung der menschlichen Ordnungen nach Gebühr ein? schätzen. Durch diese Nelativierung der Welt aus der Spannung des Glaubens heraus erhält freilich jedwedes welthafte Wirken einen neuen Akzent, es wird seiner über die menschliche Be-; dingth^t hinausgveisenden Ansprüche entkleidet und in einem ganz bestimmten Sinne zum „Spiel"; darum aber, und hierauf weisen die Verfasser nachdrücklich hin, bleiben doch die Förden rungen der Welt als Forderungen gleich fehr für uns bestehen, und nichts von ihrem Ernst geht ihnen verloren, nichts von der Kraft unseres Strebens nach ihrer Verwirklichung büßen wir ein, wenn sie auch vor Gott eben nur ein „Spiel" sind und der Glaube ihre Nelativierung heischt. — Mit der Andeutung dieser paulinisch - lutherischen Gedanken wag es hier fein Bewenden haben. Ihre Paradoxie tmrd in den Aufsätzen auf die Spitze getrieben und bewundernswert entfaltet. Es sind freilich Ge danken, die sozusagen auf des Messers Schneide stehen und bei der leichtesten Vergröberung eine unnennbare Gefahr bedeuten. Viel, ja alles hängt davon ab, wie sie sich in denen auswirken,