Dir großen gedanklichen Leitmotive, die, mamngfach abgewandelt, in allen Vorträgen wiederkehrten, wurden gleich während der sonntäglichen Eröffnungsfeier in der Festrede des Abtes Jldefons Herwegen angeschlagen. Zsiuml für,den Außenstehenden war diese Rede ausschluß reich; ihn dicht bis an die geheime Mitte katholischen Wesens heranfuhrend, enthüllte sie ihm, ohne irgend theoretisch ent- hullen zu wollen, jene Grundkategorien katholischen Denkens, dre recht eigentlich dessen Stärke ausmachen, und von der Kirche, freilich nicht von ihr allein, mit gutem Rechte wider die Kategorien des noch durchweg säkularisierten idealistischen werden dürfen. Ein Meisterstück der Architektonik und geschliffenen Eloqenz, wi« es Tradition von Jahrhunderten geschulte katholische ri " yervorzubringen vermag, gründete sie das Nicht genug damit, daß der Abt von Maria-Laach dtv Wurzeln und den Sinn katholischen Gemeinschaftslebens austvies, er zeigt« auch, daß ein so gegründetes Leben im Handeln und Erkennen notwendig einer guten Ordnung der menschlichen Beziehungen und der Dinge zuführt. Seins Rede rundete sich zu hymnischer Fülle, als er die Gliederung der zur Lebenseinheit verbundenen Gemeinschaft aus der Teilnahme an den Sakramenten ableitete und, die Breite der Welt Lurchmessend, jedem Stand und Mer Tätigkeit den gebührenden Rang innerhalb des vräo zubilligte, ohne an der Klippe einer unzulässigen Starrheit zu stranden, die sich im Ziehen hart« Gvenzen msiloS erschöpft. Auch hier wieder tritt unstreitig «i« Unterschied des katholischen Denkens gegenüber dem der Mitte und ih«r Spannung entglittene reis autonome Denken zutage. Dieses hat die Fähigkeit zur summa verloren und vermag von sich aus nicht jenen Begriff der Ordnung zu fassen, der von der Kirche gehegt und in bestimmter Weise verwirklicht wird. Angegeben selbst, daß katholische Philosophie, wenn sie über die poli tischen Zustände reflektiert, häufig restaurative Neigungen bekundet, so ändert das doch nichts daran, daß ihre beste» Vertreter der modernen Staatsphilosophie, die entweder einer schlechten Autoritätsgläubigkeit verfällt oder im Uebev- schwange jede autoritative Bindung überhaupt verwirft, Li« richtigen, weil in der Beziehung zum Uebernatürlichen ver wurzelten Begriffe von Autorität und Ordnung entgegenzu- setzen wissen. Daß «ine solche Ordnung der Gefahr der Der« festigung, der Ablösung vom Leben unterliegt, duldet keine» Zweifel; ebenso gewiß ist aber, daß sie, wenn sie nur den genügenden Tiefgang hat, sich immer wieder aus sich selber heraus verjüngen kann. Die Rede des Abtes Jldefons Her wegen schien ein Beweis dieses Regenerationsvermögens, sie schien es vor allem deshalb, weil sie das Mysterium wie das aus ihm unmittelbar erwachsende Sich-Bewäbren in die „Mitte der Wirklichkeit des wirklichen Lebens' stellte und der art auf die Quelle hindeutete, die den ja keineswegs in sich beruhenden oräo stets erneut speisen muß, damit er nicht Mysterien, insbesondere auf die Eucharistie, die sie gleich den anderen Mysterien, gleich dem ganzen Kirchenjahr als ein Mitleben des göttlichen Lebens zu begreifen lehrte. Verall gemeinert man diese Bestimmung, was vielleicht bis zu einem gewissen Grad« gestattet ist, so besagt sie jedenfalls unter anderem azrch, daß das Leben der Menschen nur dann ein wirkliches Leben heißen kann, wenn seine Hast im Uebernatürlichen hat. Merdings ist hiermit das gemeinte Leben der Wirklichkeit noch nicht hinreichend umgrenzt. Soll es sich wahrhaft «Wen, so muß es nicht nur teil haben am Uebernatürlichen, sondern auch seiner Kreatürlichkeit stets eingedenk bleiben, es muß gleichsam hingespannt sein aus dem Bedingten in das Unbedingte, es gewinnt, anders aus gedrückt, Wirklichkett und Konkrethett allein als ein Leben der Mitte (genauer: der provisorischen Mitte), das weder den Himmel an dis Erde verrät, noch je seine irdische Ab kunft zu verleugnen sucht. Diese sehr fragmentarische Ueber- setzung spezifisch katholischer Begriffe in eine wenn auch fragwürdige Allgemeinsprache bringt zum mindesten den Vor teil mit sich, daß sie die sichere Position des Katholizismus in der modernen Welt und seine daraus entspringende An ziehungskraft auf so viele Intellektuelle in mancher Hinsicht verständlich macht. Aus eben jener wie immer paradoxen „Mitte', die von der Kirche anerkannt und innerhalb ihres Bannbereichs der Intention nach eingehalten wird, hat sich ja gerade das neuzeitliche Denken entfernt. Der Spannung zwischen Natur und Uebernatur sich entwindend, ist jhm nur mehr die Wahl geblieben, entweder in grobschlächtige Stofs- gläubigkett herabzusinken oder zu spekulativen Abstraktionen sich zu verflüchtigen und so beide Male der richtigen Mitte ! verlustig zu gehen. Erst heute, da dieses Denken der selbst- erzeugten Leere inne wird, beginnt es eigentlich wieder der Bedingungen zu achten, unter denen ein wirkliches Leben überhaupt möglich ist, bemerkt wieder den Ort, an dem sich die gestaltete Welt in ihrer Konkrethett erschließt. Und in dem es aus der Hastlosigkeit zurückbegehrt, muß es entdecken, daß die Kirche das Wissen um die von ihm verlassene Mitte weniger eingebüßt hat und in der.Gegenwart sich doppelt M, ihre Schwabens vorgesehen worden sein, mit der die Tammo ihren Abschuß fand. Ulm, das den Rahmen hergab, war mehr als nur Rahmen. Es gehört zu jenen gewachsenen Städten Süddeutschlands, die nach den Worten Pros. Guardinis ganz von innen her ge formt sind. In der Mitte das Münster mit der« allüber ragenden Turm, nach der Donau zu, die kleinen Kanäle um lagernd, Aas Gewimmel der alten Quartiere mit ihren un- bestimnibaren Gerüchen, ihren südlich Hellen Plätzen, den vom Schattendunkel verschlungenen Gaffen, den vielen Brück- chen und den tief in das Hausgewinkel eingeschnittenen Hosen, sann die gar nicht blaue, sondern viel eher heiter grüne Donau selber, deren flacher kalkweißer Strand bedeckt ist mit lauter Badenden, die, eine Unzahl dünner Striche, sich unaufhörlich durcheinanderbewsgen, dem Flußlauf sich anvertrauen und mit ihm unter weitgespanntem Brückenbogen bald zwischen Gebüsch in der nahen Ferne entschwinden, darüber von Zeit zu Zeit die Klänge der Münsterglocken und! das Ganze eingeschmiegt den sanften HSHenzügen rundum — das ist Ulm. Eine begrenzte Welt, die wohl Heimat! fern kann und auch den Fremden freundlich umfängt. M r^W ÄR WÄMN MHMtsT. Mr Wm, 10. M 16. AuglO. LA MMe Wrgufi M Nlm vemnstaltete vierte reli- g4Ss-wissenjschaftlichs Losung des Verbands katho- KWer Akademiker, einer noch jungen, im Wachsium befind lichen Gründung, die binnen weniger Jahre bereits in vielen deutschen Städten Ortsgruppen gebildet hat, bezeugte dem RüHtkacholiken nicht allein die heute wieder neu hervor- Lrechende Lebenskraft der Kirche, sie Keß ihn auch, mehr rKÄÄchi als manchen Katholiken selber^ die besondere Bedeu tung deS 'jungkathoiischen Denkens und Seins gevade für unsere Zeit erkennen. Außer den zahlreichen deutschen Mitgliedern und Freunden des Bundes, unter denen man eine Reihe von Rheinländern bemerkte, hatten sich Teilnehmer aus Oestev- re^, aus der Schweig, Böhmen, Holland und Italien ein- gefimden. Welch« Beachtung man in kirchlichen Kreisen dem Kongreß schenkte, bewies die Entsendung des päpstlichen Seyens durch Dr. Davids, den Rektor vom Osinpo 8nnto und die Anwesenheit hoher geistlicher Würdenträger. Die bei nahe überreichlich bemessenen Veranstaltungen, die sich in EinzÄvorträge, Kurse und Gemeinschaften (mit beschränkter Teilnehmerzahl) gliederten, erstreckten sich auf ungefähr alle Gebiets der Wissenschaft und des Lebens, von der Theologie an Äs zu den aktuellen Foagen der Politik und Wirtschaft- Daß diese Vielheit der Gegenstände einheitlich angegriffen und be- wAtigt wurde, daß überhaupt nirgends das übliche Kongreß bild eines babylonischen Wirrwarrs der letzten Ueberzeugungen mch vorletzten Meinungen sich bot, dafür sorgte derselbe katho lische Geist, dessen Richtung auf die Welt hin solche allseitige D^chirringung des Gegebenen ftrderte. Zu dem anstrengenden Tagmrerk t«r Kurse, t«ren Abhaltung führende GeistlüA und namhafte Gelehrte — beide nicht selten in einer Person ver einigt — übernommen hatten, gesellten sich tägliche kirch lich« Feiern, damit nicht nur gemeinsam gehört, sondern auch gemeinsam gelebt werde. In gleicher Absicht mochte die