Sehnsucht auf eine Künstlergeneration richtet, „welche als höchstes und würdigstes Thema ihres Schaffens das Seelen leben der positiv EnlwMungseinz'gen wählen wird". Diese Vergötznng des Genies, die übrigens, trotz dez fortwährenden Geredes von Differenzierung, unbedenklich den Religionsstif ter mit dem Künstler, den Heiligen mit dem Forscher verkop pelt, wird auch durch die wie immer rührende Tatsache nicht aus der Welt geschafft, daß dem panidealistischen Gewissen „alle Leuchten lieb und wichtig" sind. Ueber dasReligiZs« schließlich werden Herr Dr. Astrow und ich uns schwerlich einigen. So wenig er meine Aussage anzunehmen geneigt ist, daß Religion in der Kuliur nicht auf- und untersetzt, ebenso wenig kann ich mit seinen Sätzen etwas anfangen, daß Panideal einer „Vergeistigung der reli giösen Gefühle" gelte und für Holzapfel „die Religion und ihre Entfaltung das höchste Ziel des geistigen Lebens" sei. Die Inhaltslosigkeit, um nicht zu sagen Phrasenhaftigkeit dieser Sätze und der anderen für Holzapfels Religiosität herange zogenen Belege ergibt sich bündig, wenn man sie mit der in meiner Kritik behandelten panidealistischen Seelenforschung konfrontiert, die dadurch, daß sie die Wirklichkeit des Gebets, oder der UnsterblichkeitSsehnsucht ins Psychologische auslöst, in eine der Religion genau entgegengesetzte Richtung weist. Herr Dr. Astrow hat den Widerspruch garnicht bemerkt, und es ist bei solcher Unorieniiertheit nicht weiter verwunderlich, daß er die Anerkennung letzter religiöser Gegebenheiten mit AutoritätS- gläubigkeit verwechselt und meinen dem Panideal gegenüber gewiß sehr notwendigen Hinweis auf die Grenze des Mensch lichen einfach als QuietiSmus mißversteht. Ich habe also doch wohl nicht eine Fikt'on statt des Werkes bekämpft, sondern allenfalls das W e rk selber als Fiktion ent hüllt. Damit erledigt sich zugleich die Behauptung Herrn Dr. Astrows, der nicht leicht ein Kenner unserer Geistesgeschichte beipflichten dürfte: daß Panideal von „außerordentlicher Neu heit" sei und in „alte Denkgewohnheiten wie e'n frischer See wind" hereinbrause. Neu mag es lediglich insofern sein, als es — woran kein Seewind Schuld trägt — jene alten Denk- gewolmheiten in bisher ungeahnter Weise durcheinander rüttelt und e'ne Fülle barocker Wucherungen treibt, wie sie nur End erscheinunsen mitunter eignet. - ! MWWMe am Ssigsien. i Pros. Aufhaufer von der Universität München sprach auf Einladung des Vereins für das Deutschtum im Aus land über dre^ Eindrücke, die er auf seiner Weltreise von November 1922 bis Ende 1923 empfangen hatte. Er fuhr mit d^m Dampfer „Weser", einem der ersten Danwfer des Nord- heutschen Lloyd, die eine Kombination von Fracht- und Päfsa- gierdampfer sind. Bei feinen Ausführungen, die sich im wesent lichen auf den asiatischen Kontinent beschränkten, hob er vor allem das Verhalten der verschiedenen Nationen und Länder zu den Deutschen hervor- In Aegypten stieß er überall auf Sympathie für das deutsche Volk. Die Zollbehörden versicherten ihm, wie froh sie seien. Deutsche wieder im Land zu sehen, und der Eisenbahnminister, bei dem er persölnchi Audienz erhielt, ge währte ihm ohne Anstanh eine- beträchtliche Ermäßigung des Fahrpreises. In Ober-Aegypten sprach der Redner auch einfache Neger, die von dem Heldenmut des deutschen Volkes stark be eindruckt schienen. Die wichtigsten Entscheidungen in Aegypten liegen übrigens immer noch in Händen der Engländer. Für Deutsche ist es nach wie vor sehr schwierig, eine dauernde Ein reise-Erlaubnis nach Aegypten zu erhalten: nur die Schwestern dürfen wieder von ihren Anstalten Besitz nehmen. Die Deutschen, die früher in Ceylon anwesend waren — längst nicht so viele wie in Aegypten —, arbeiteten hauptsächlich in den Plantagen- Der Redner traf Singhalesen,'die ihm er klärten, daß sie die Deutschen mit offenen Armen aufnehmen wollten. In den holländischen Besitzungen Javas haben die Deutschen auch "während der KriegsM gearbeitet. Heute halten sich einige Tausend dort auf, die sn Regierungsstellen oder auf Privatplantagen tätig sind. Da in Holland Arbeitslosigkeit herrscht, bat freilich die Regierung wohl oder übel manchen Deutschen die Verträge kündigen müssen. Schon aus diesem Grunde ist nicht daran Zu denken, daß eine große Blenge Deutscher dort unter kommen kann. In China ist die KriegZWmrmnq langst verrauscht und eine starke Bereitschaft gibt sich kund. Deutsche Zu allen kulturellen Ar beiten heranzuzielM. Das Hauptproblem in China ist heute die Schule. Man huldigt mvdernen Bestrebungen und ermuntert die europäischen und amerikanischen Missionen Zu Gründungen von Schulen. Zumal das höhere Schulwesen soll neu organisiert werden. Von deutscher Seite sind schon vor dem Krieg verschie dene Anstalten geschaffen worden, so die Chinesenschule in Schanghai, die hauvtsächlich technische Bildung vermittelte. Alles in allem eröffnen sich für uns Deutsche günstige Chancen, auf „die freilich Engländer und Amerikaner nicht wenig eifersüchtig sind. Auch im Import und Export ist deute in Schanghai, Tientsm usw- wieder eine AwZahl von Deutschen tätig» Der Redner kenn» Zeichnete dann in rveniger. Andeutungen die hochstehende ethische Kultur der Chinesen, verweilte kurz bei der Schilderung des Räuber-Unwesens und mancher primitiven Züge, die sich im Volke noch lebendig erhalten haben und ging schließlich auf das gespannte Verhältnis Zwischen Japan und China ein. Den Japanern rühmte er hierbei nach, daß sie das von ihnen inzwischen geräumte Tsingtauin ausgezeichnetem Zustand erhalten hätten. Die SadL sei sogar von ihnen nach den von den Deutschen hinter lassenen Plänen weiter ausgebauL worden, allerdings durchaus im Sinne japanischer Kultur In Iapa n selber ist die Stellung des Deutschtums aus ver schiedenen Gründen schwieriger als in China. Das japanische Volk hat eine ganz ausgeprägte Nationalgesinnung. Trotz der Industrialisierung hat es ferner in die neue Zeit den Gedanken des Kaisertums hinübergerettet, der ein stark konservatives Element darstellt. Hinzu tritt die heute besonders gefestigte Ueberzeugung, daß die japanische Kultur hoher stehe als die europäische. Japan, das sich immer mehr als geistiger Führer in Ostasien fühlt, will sich bewußt frei von Europa und Amerika halten; man bringt deshalb auch dem PrmZregM einiges Mißtrauen entgegen, der in Europa war und manchen Europäerrs Einfluß schenkt. Den Handel zumal möchte Japan selbst beherrschen, nicht nur bei stch. sondern auch in China, wo es allerdings auf zähen Widerstand stößt. Die Deutschen, die in den letzten fünfzig "Jahren in Japan lebten, waren zum großen Teil Männer der Wissenschaft. Auch heute noch ist dies der Fall. Da die Amerikaner in rege Konkur renz mit den Deutschen getreten sind, ist es für diese ungemein schwer, sich durchzuschen. Bei den deutschen Gelehrten, die mach Japan berufen werden^ handelt es sich "vorwiegend um Mediziner. Eine gewisse Zentralisaiion der deutschen Bestrebungen ermöglicht der ostastatische Verein in Tokio, der auch den Japanern Gelegen heit gibt, sich über Deutschland zu informieren» Zum Schlüsse gedachte der Redner noch des Deutschtums in Amerika, das dadurch sehr gefährdet sei, daß schon die Kinder der Einwanderer sich nicht wehr als Deutsche fühlen. Er zeigte sodann eine große Menge von Lichtbildern, die seine, inter essanten Darlegungen gut veranschaulichten und in willkommener Weise ergänzten. Lr. Tiere und Menschen. Im National- Theater wird ein wnerikanifcher Film: „Der Herr der Steppe" vorgesührt, in dem ein Hengst die Hauptrolle spielt. Die Begebenheiten sind primitiv und dienen nur dem einen Zweck, die Fähigkeiten des Hengstes ins rechte Licht zu setzen. Was dieses schöne Tier leistet ist aber auch wirklich erstaunlich. In der Steppe ist es kraft des ihm verliehenen Charisma der selbstverständliche Führer der wilden Mustangherde, und in gefangenem Zustand weiß es Freund und Feind sehr wohl Zu unterscheiden. Es trampelt, nachdem es M mit List befreit hat, seinen Peiniger zu Tode, bem braven Cowboy Tom jedoch bewahrt es ein Wohlwollen, das sich später noch in Taten auswrrkL. Wieder in die Steppe Zurückgekehrt, weiß es sich allen Verfolgungen zu entziehen und nur Tom, dem es sich gerne beugt, wird feiner Meister. Es rettet ihn in der Stunde der Not und entführt ihn den grimmigen Gegnern, die nach seinem Leben trachten. Ein Mädchen, das natürlich Toms Braut wird, tritt auch mit Edelmut in Erscheinung. Gibt man die Fabel preis, die des Karl May würdig wäre, so bleiben die guten Tier aufnahmen und die prachtvollen Szenerien aus dem Nevada- Gebirge. Das Beiprogramm bringt noch eine amerikanische Groteske: „Dods als Chauffeur", in der Dsdo seine Ver wandtschaft mit Chaplin eindrucksvoll bekundet. Ein magere? und bekümmerter Bursche, dem das Hantieren mit den Gegenständen unsägliche Mühe bereitet. Wer sein Ungeschick ist nur der komische Ausdruck für eine ungemeine Behendigkeit, die ihn im letzten Augenblick immer wieder aus per Hast der feindlich gesinnten Dinge und Menschen errettet. Der Film ist reich an Tricks und ss un wahrscheinlich wie nur möglich. rae. , 2.6 - Als AntimMaristin in Sowjet-Rußland. Auf Einladung des Frankfurter Mutterschutzes und der Internationalen Frauenliga für Friede und Freiheit sprach Montag abend Frau Helene Stöcker über ihre Eindrücke in S o w j e t - R u ß l an d, das sie iw Oktober und November des vorigen Jahres bereist hatte. Die Vortragende, die AntimMaristin ist, erlebte in Rußland den Konflikt, daß sie das Ziel einer neuen und besseren Gesellschaftsordnung wohl an« erkennen mußte, ohne aber die Methoden durchweg billigen zu können, die zu dem Ziele hinführen. Bei allen Vorbehalten, Ne sie gegen die Anwendung von Gewalt in Rußland machte, ver kannte sie aber nicht, daß auch für den Idealisten die Notwendig keit bestehe, mit der Realität zu rechnen und daß überhaupt die ! Kluft zwischen Politik und Ethik nicht so leicht Zu Überdrücken sei.