verbanden. Lr. Sucht man Ziele und feste Punkte in dem aus Atmosphäre ge wobenen Raum, ste finden sich nngesucht. Gardone di sopra schon gewinnt an einem Vormittag Gestalt. Zwischen Gärten, ver wahrlosten und sorglich gepflegten — Gärten, in denen der Lor beer blüht und Pilaster streng geschnittene Schatten werfen — an niederen Mauern vorbei, die den Eidechsen als Tummelplatz dienen, und über gewundene Sonnenwege gelangt man zu den zerstreuten Hausyruppen mit ihren tiefen Höfen und all dem treppenreichen Gewtnkel. Gabriele d'A nnunzio bewohnt hier eine stattliche Villa, deren lapidare Inschrift dem Besucher Schwei gen anbefiehlt, bis die Pforte sich öffne. Da der große Mann in seinem Heim zur Zeit poetischen Pflichten stch widmet, schweigt man eben und zieht vorüber. Trödelt hinan nach der Kirche S.Michele, oder fährt im Motorboot nach der Punta San Vigilio, deren Lob Photos und Ansichtskarten mit gutem Grunde verkünden^ Verstaubte grau-grüne Oliven und Cypressen mit obligater Bubi Frisur begleiten die Strasse, die an dem Vorgebirge vorbei nach Garda Zu sich senkt, dunkelblauer Bucht entgegen, die der schmale weiße Uferstreif vornehm begrenzt. Auf der Rückfahrt grüßen die Jugendstil-Kurven des Kaps von Manerba und Isola di Garda mit dem Schloß der Fürstin Borghese, dessen Baustil zwischen venetianischem Palazzo und Synagoge die ungefähre Mitte wahrt. Lr nur die Originalzeichnungen Henrich Hoers, denen man ent nehmen mag, daß die Schloßbauten zu Saarbrücken, Ottweiler, Philippsbronn, Homburg und Neunkirchen mit ihren an die Plassenburg erinnernden Arkadenhöfen allesamt eine großzügige Anlage aufwiesen und an Gestalt einander ziemlich glichen. Es verdient angemerkt zu werden, daß ihrer in den kultur geschichtlichen Kompendien selten Erwähnung getan wird. In der Barockzeit dominiert der Baumeister Joachim Stengel. Zu seinen Hauptwerken zählt die Protestantische Ludwigskirche und das Schloß zu Saarbrücken, das nur bis zum zweiten Geschoß noch steht. Ein altes Oelgemälde berich tet von seinem Schicksal während der französischen Revolution; es wurde damals aus Gründen humaner Gesinnung unter der Parole „Friede den Hütten, Krieg den Schlössern" von den Franzosen glorreich in Brand gesteckt. Auch der Klassizismus schließlich hat seine architektonischen Spuren im Saarland hinterlassen. Auf Befehl Friedrich Wil Helms IV. errichtete hier SHinke! auf hochragendem Felsen m der Klause bei Serrig eine Kapelle, die als Begräbnisstätte Königs Johann des Blinden von Böhmen diente. Architekto nisch und historisch eine sehr romantische Angelegenheit, die durch eine Zeichnung und einen Originalbrief SHinkels in der Ausstellung dokumentiert wird. Zu den Werken der Baukunst gesellen sich noch etliche andere Belege des vergangenen Lebens: eine Gruppe von Grab- mäl er n der Barock- und Renaissancezeit, eine Abteilung bür g etlicher Porträts von einem gewissen Dryander (Saarbrücken), der um 1800 wirkte und außer einheimischen Physiognomien auch die jungen französischen Revolutionsgene räle in selbstgefälligen Stellungen abkonterfeite, und am Ende im Kurfürstsnsaal eine Fülle päpstlicher, kaiserlicher und fran- zöstschre Urkunden. Auf diese kunstreich beschriebenen und m:t großen Staatssiegeln versehenen Papiere, deren Tert nicht immer erquicklich ist, blicken die Bildnisse historischer Persönlich keiten herab, unter denen etwa der Begründer der Saarberg werke, Wilhelm Heinrich von Nassau-Saarbrücken (Mitte des 18. Jahrhunderts) und der Bürgermeister Heinrich Böcking zu nennen wären, der 1814 das Saarland zu Preußen brächte Nun ist man mitten in der leidigen Gegenwart. Ueber die Wnstlerischen Vorkommnisse in ihr mag man sich durch die im Erdgeschoß aufgebaute „Sonderausstellung saar-. Zenseils des Brenners. Bozen schon, das heute die Bezeichnung Bolzano tragen muß, ist in jene Helle getaucht, die von nun an dauernd umfängt. Man stürzt aus Dolomitenhöhen herab, vom Karersee etwa, wo man genug des Lichtes hatte eines Lichtes jedoch, das nicht als Hülle sich um die Dinge legte, sondern mit Kulissen und Horizonten spielte, sodass das Raumgefühl sich verwirrte und man körperlos über grasgrünen Flächen und Gipfeln in klarer, sicherer Unendlich keit zu schweben meinte — durch das Eggental zwischen Fels bastionen und Tannenwäldern kommt man hier angetaumelt und findet sich mitten in blendender Hitze, die man nur immer lieb kosen möchte, um sich der Gegenwart zu versichern. Es ist Spät nachmittag, und der Rosengarten löst sich zu einem bloßen Schim mer auf, zu irisierenden Arabesken von ungeahnter Erfindung die für eine kurze Weile an diese Welt sich verschwenden, ehe auch ste dann verblassen» Böschungen und Gassen sangen jetzt ein. Schein Waden mit unechten Sgraffitoftiefen schwingen hinter Gärten, die noch ein wenig künstlich und schüchtern sind, und durch das Gemenge der vielen militärischen Figurinen und Passanten drän gen die Autos sich durch. Fremde aller Nationen überwiegen: die Italiener und Franzosen reich an Gemeinsamkeiten äußerer Haltung, die Deutschen sachlich und ungelenk wie früher mit Ruck sack und wallender Feder am Lodenhut, die Engländer gering nur dosiert. Zwei Kategorien insgesamt lassen stch unterscheiden — solche, die Unterkunft suchen, und solche die schon gefunden haben. Jene ringen verzweifelt mit Portiers ohne Gemüt, werden nach Gries verschickt und landen schließlich weit draußen am Ende der Welt und der Tram, diese lustwandeln bei Schrammlmuflk bis in die Nacht hinein auf dem Waltherplatz, den das Denkmal des Minnesängers immer noch schmückt. Die Peripherie ist italianiflert. die Stadt ist deutsch im Her zen. Man schlendert durch den gesättigten, tosenden Tag nach dem Obstmarkt, der Goethe schon entzückte, und alle Sinne verstricken sich in der Trauben- und Pfirstchpracht. Man ergeht sich in den alten Lauben mit ihren gediegenen Läden und kaust hier oder dort, durch eine Auslage verlockt. Man steht auf moosbewachsenem Pflaster'in einem Renaissancehof, sitzt nachchem Lunch unter Hotel- Palmen und fährt auf einen der Berge, die unmerklich vom Him mel sich lösen. Es ist zuletzt nicht wichtig, was man tut und daß man es tut. Müßig sein und stille und ohne Begehren, es wäre genug. Die Bahn nach Riva führt durch KriegsgebieL. Hinier Rove- reto mehren sich zerschossene Ruinen und durchlöcherte Kirchtürme, und statt der üblichen Steinmauern säumen Stacheldrähte die Felder ein. Von dem Zerstörten heben die vielen Neubauten stch ab, die fast ebenso schlimm wie die Ruinen sind. Es scheint zum mindesten zweifelhaft, ob das fascistische Dekret Erfüllung finden könne, das die Tilgung aller Kriegsspuren binnen Jahresfrist fordert. Erschreckender noch als die menschlichen Verwüstungen' sind die der Natur selber, die. hier chaotisch und anorganisch ficht gebärdet. Das Hochtal zwi.chen Mori und Arco ist mit Geröll und Felsblöcken übersät, als hätten mythische Wesen in dieser' Gegend sich Entscheidungskämpfe geliefert. Drohend starren die' unwirschen Halden auf die weiche Fläche des Gardasees, der! allein dem befreundeten Himmel entgegenglänzt. Seme blaue Schönheit wäre zu sündhaft vollkommen vielleicht, wenn nicht Natur aufstünde wider Natur, und gewaltige Unfruchtbarkeit die Fragwürdigkeit auch des Schönen entlarvte. Man hat stch eingeschifst und läßt eine romantisch-heroische Landschaft vorübergleiten. Da sind sie alle leibhaftig, die Motive, die in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts deutsche Maleraugen beglückten: schwindelnde Felsschluchten, verfallenes Gemäuer mit bizarr gekrümmten Olivenstämmen, Siaffageftguren, so viel man begehrt, und immer der DoppelspieM von Himmel und See. Die Bilder jener Maler sind längst verschollen, doch das vollendet durchkomponierte Original ist jung und frisch wie vordem. Solche Reife der Natur spottet künstlerischer Wieder holung überhaupt, und will das Kunstwerk ste einholen, so muß es von dem eingeborenen Lichte stch nähren, statt an dem äußeren, nicht zu erlangenden sein Genüge zu finden. Je weiter man nach Süden dringt, desto weiter rückt man in der Kunstgeschichte vor. Die weißen Pfeiler der Zitronenhaine leuchten vom Ufer herüber und Zypressen und Pinien man glaubt erst allmählich an ihre natürliche Existenz —- stehen in Reih und Glied. Es wird böcklinisch, toteninselhaft, und am Ende fetzt der Impressionismus stch durch, über den hinaus hier nicht zu gelangen ist. Dis Berge treten zurück die Konturen sänf- Ligen stch, und die anfängliche Festigkeit des Gefüges lockert stch zu einem Miteinander unbeschreiblich zarter Farbwerte, denen es an jeder Körpersuöstanz gebricht. Kein Einzelmotiv herrscht mehr vor, sondern alles Einzelne geht unter, als sei es garnicht vor handen, es zerstiebt, und waS bestehen bleibt, ist eine unbeständige, ausgedehnte Seifenblase, für deren Dauer man die ernstesten Be fürchtungen hegt. Das spielt und schillert, und gewiß, das platzt einmal, denn es ist zu dünn und luftig, um nicht lautlos zu vergehen. Nur das massive und schmutzige Schiff, dessen Nichtsein schlechterdings unglaubhaft ist, überzeugt von der Konsistenz auch des Lichtgebildes, und erst recht das Publikum, gewöhnlicher Mit telschlag mit Reiseführern und FlitterwoGengebärden, wie er überall zu sehen ist, ohne daß er von der Welt etwas sähe. In Gardone endlich wird man seiner ledig. Unmittelbar am Wasser entfaltet stch die langgestreckte Pracht der Hotels, deren kitschige Erscheinung dem unsoliden südlichen Zauber durchaus angemessen ist. Ei siamo e ei. reLteremo. In und auf dem Wasser verbringt man die Stunden, um deren Länge oder Kürze der Uhrzeiger nur weiß. - Der Kahn wiegt sich ziellos auf dem Widerschein leichten Gewölks, das von der Sonne modelliert wird, die zum Versinken stch schickt. Nur Blau und Rola ringsum, die Hänge hin gehaucht wie in Pastell, und eine Lauheit, die wohlig erschlafft. Man vergißt zu fragen und einer Antwort bedarf es nicht, - Heiterkeit des SMW, viel leicht, doch nicht im Sinne Nietzsches, der diese Heiterkeit miß verstand, weil er ste als Befreiung von deutscher Schwere allzu naiv unterstrich. Sie ist weder Erlösung noch Lösung, ihr Ge heimnis vielmehr ist die Melancholie. Das Glück der schönen Sichtbarkeit, der Charme des Sinnlichen: diese romanische ssrsmtLs kann nur gelebt und erfahren werden, wenn der Grund des Wesens verschlossen und traurig ist. Brüche er auf, er sprengte den schmalen und festen Reif, den das Geformte, Heitere um die Seele legt. Man muß verzichtet haben und gebrochen sein um in der Erscheinung weilen zu dürfen, deren Zärtlichkeit ganz nur dem Hoffnungslosen sich gibt. Der Kahn treibt weiter inmitten der Farben und Düfte, aber es ist, als vernähme man ein Weinen, das dem Tag unhörbar bleibt, den es melancholisch sich träumt. ländi scher Künstler" unterrichten lassen, auf die an dieser Stelle ausdrücklich hingewiesen sei. In der Kunstmesse selber begegnet man an Graphik und OelgemÄden nur wenigen Proben, die nicht eben glücklich ausgewählt sind. Das Mett- lacher Geschirr scheint Zeitgemäße Formen noch zu verschmähen, und- aus den Abbildungen einer modernen katholischen Kirche in Saarbrücken, die Ewald mit Plastiken schmücken soll, ist Ent scheidendes nicht zu ersehen. Am besten schneiden die Indu strie w e r k e ab. Die jetzt in französichem Besitz befindlichen' Staats gruben, die „Nluss Doraaviales äe 1a Karre" haben sich mit vielen Abbildungen eingefunden, die Kunde bringen von den mächtigen Neubauten der letzten Jahre. Daneben prangen, gleichfalls im Treppenhaus, Ansichten der deutschen Völklinger Hütte, deren gewaltige Schlacken- pyramiden die ägyptischen Monumente an Höhe gewiß über treffen. Eine Bestätigung gegenwärtigen deutschen Wirkens im Saargebiet ist Zuletzt auch die Neins Gedächtnisausstellung für den zu früh verstorbenen Frankfurter Architekten Fritz Voggenberger, den bauliche Aufträge mit der Saar eng