Nicht an diesen Rednern liegt es, wenn oben geäußert werden durste, daß bei der Tagung die Krisis des deutschen Katholizismus selber, wenn auch verschleiert, sich kundgetan habe. Vielmehr an jenen wenigen anderen, die eine größere Aufgeschlossenheit der Welt gegenüber bezeugten und nicht von vornherein auf den Boden einer katholischen Gesamtkultur sich stellten, die keinen Boden heute hat. Ihnen mag der Tübinger Universitätsprofefsor Paul Simon beigerechnet werden. Rügte er auch schärfer noch und genauer als Switalski die ministeriellen „Richtlinien", so erklärte er doch mit hinreichender Deutlichkeit, daß er an diese Kritik die Forderung der Konfessionsschule nicht angeknüpft wissen wolle. Er schloß mit der Frage, ob der Katholizismus, der seit langem keinen schöpferischen Bildungsgedanken in die Welt gesetzt habe, aus eigenen Kräften heute eine höhere Schule errichten könne. Indem er seine Antwort verschwieg, eröffnet« er sie. WaS bei ihm zwischen den Zeilen stand, holte der Kölner Studenten-Seelsorger Dr. Robert Grosche iw' Andeu tungen hervor. Er stellte freimütig als seine Ueberzeugung Fadi kiLOlr Lür 80LL0L0KLS. Bine mterKstis Kais LsmmiANF. Band 2, LsrksrMs, i?. Brsrm. Z6S Leiten. 22 Das dahrbuek. kür ZoLiologw, ein nach langer Vorbereitung von RroL. Ootttrisd 8 a 1 omon (krank- kurt) ksrausgegsbener Lammelband, ist, ein inter nationales Onternshmen; es vereinigt — rum ersten Ual auk diesem Oediete — Abhandlungen einer Reihe europäischer und amerikanischer belehrter von Rang. Berücksichtigt man die BcLvüerigkeiten» die kiek einem solchen Zusammenwirken gerade in nerkalb des sociologischen ^Vissensehaktsbereiehs und gerade naoh dem Lrieg entgegenstellen mullten, so dar! man das >Verk aus einem doppelten brande als ein Versprechen bezeichnen. Nickt nur, dnÜ es den Verständigungswillen demonstraidv bekundet, es ermöglicht auch den BinbUck in die korsekungL- weiss und die Diteratur der versckisdenen linder, ist also selber ein denkbarer Vorwurk der boÄologie. kr.Lt alle Richtungen der besellsehaitswissensehait sind in ihm dargeboten: von der erkenntnistkeors- tiscben an, die sieb um BsgriZsbestimmung. ^bgren- sung und Methode bemüht, bis su den materialen, die sieb, historisch oder aktueU-politisek. mit dem konkreten 8toK selber belassen; von der mehr pkänomsnologiseken Betrachtung bis Tu der induktiv verfahrenden, die sich tiek in die LinLelwiLsenschaf- ten erstreckt, ^.uck den veltanschauliohsn Aspekten ist einiger Raum gegönnt. Der grollte Enteil ent- källt auk die Deutschen; Oarl Lrinkmann, kranZ Oppsndsimer, Hermann LantoronieL, Lurt RrevLig. kerdinend Ion nies, Dudnig 8tein, Robert ^Vübrandt haben Beiträge gelieiert, Zumeist solche, aus denen sich ihre typische Haltung erkennen lallte e st erreich vird durch Aax ^dlsr und Bans IretM, Ne -Schweiß durch Karl doel, Robert Nickels und 8. D. Duprat vertreten. ^.ullerdem ent hält das -lahrbuck Untersuchungen bekannter k r a n- 2ösisob er, amsrikan iseh er, italie ¬ nischer Oelskrter; genannt seien nur die biamev von Okarles dides, Okristian Oornolisssn. ^Ikred Ricekoro. Okarlss Mlvood. — Die Oebrecksn, an denen die 8ammlung leidet, ergeben sich zm einem I'eil aus der 8ituation der Boaiologie. Mw andern sind sie an Umstände lokalerer btatur geknüpft. Da die LoÄologie infolge ihrer 8tellung mischen den empirischen ^Visssnsohaften und der Region der all gemeingültigen Rrksnntnisss eins kMe von Ge sichtspunkten Mällt^ deren gegenseitiger Ausgleich durch den Nengel an testen Nallstäben der Beur teilung erschwert vird, ist des unvermittelte Keben- einander der Rrobleme und ihrer Dösungen unauk- kebbar. 80viele Abhandlungen, sovisle Terminolo gien; ihre Verschiedenheiten in den vorletzten 8ehiokten sträuben sich gegen die Iranskormierung. Bher abLukelken ist der Dückenkaktigkeit der ^us- v^akl. die im Dank der lakre rum vollständigen Beberblick ergänzt werden mag. Tuck gedenkt der Rerausgeber, in Tukunkt Beiträge über gevüsse Iksmen durch ^veehselseitigen Austausch aufein ander abrustünmen: vomit immerhin eine frucht bare Diskussion erö^net vürde. Der demnächst er scheinende 2^veite I'eil des ersten Bandes vürd ver mutlich schon einen kortsckritt nach dieser Rich tung bin aukveisen, R r- lisches Wesen auch Weltgeöffnetheit fordere, nicht aber dem Fraktionsger st huldigen heiße. Hinter dem offiziellen, nach außen gewandten Gesicht einer Tagung verbirgt sich mitunter ein zweites, dem die rechten Konturen noch fehlen. Es war zum Glück vorhanden, man konnte eS fassen. Opposition regte sich nicht nur in den Korri dor-Gesprächen, sie trat auch verhalten in einigen Diskussions reden als Warnung vor zu großem Optimismus hinsichtlich der Konfessionsschule hervor und äußerte sich lauter in dem Beifall, der den Zweiflern an der Tragfähigkeit des katholi schen Bildungsgedankens gespendet ward. Im Interesse des deutschen Katholizismus selber möchte man wünschen, daß die Kreise, aus denen die Opposition stammt — so der um Ernst Michel oder der bei der Tagung leider unvertretene München- Gladbacher, der wirklich Positives leistet — einen stärkeren Einfluß erlangten. Geschieht es nicht, so erscheint eine Zu nahme der Erstarrung, eine Vergrößerung der Kluft zwischen Kirche und Welt, unausweichlich. Als Nachtrag noch: dem Kongreß waren Arbeitsge meinschaften angegliedert, die erweisen sollten, wie vom katholischen Gesichtspunkt aus die verschiedenen Unterrichts fächer zu durchdringen seien. erziehen; die nur formvolle Prosa Guardinos und die verblaßte ästhetizistische des auch zitierten George ermutigen nicht zu solchem Versuch. Im Mittelpunkt der von zahlreichen Philologen besuchten Tagung standen die Vorträge und Aussprachen ü .er die Kon fessionsschule. Auf ausdrücklichen Beschluß hin — warum diese idealistische Enthaltsamkeit? — wurde von schul- poMschen Erörterungen abgesehen; dennoch hielt es nicht schwer, aus den grundsätzlichen Darlegungen die praktischen Schlüsse zu ziehen. Der Gedanke der konfessionellen höheren Schule beherrschte den Kongreß. Ihm verliehen von Amts wegen, die Bischöfe von Münster und Osnabrück Ausdruck. Ihm sprach als einer der Hauptredner der in der katholischen Schulorganisation führend tätige Jesuitenpater Dr. Schrö- te l e r das Wort. Gestützt auf die üblichen Argumente des traditionalistischen katholischen Universalismus verneinte er Len durchgreifenden Anspruch des modernen weltlichen Staates -auf Bildungsvermittlung, deren er seiner Natur nach nicht fähig sei, und wies ihm etwa die Rolle eines Mäzens an, von dem man die Bekenntnisschule im höheren Schulwesen und die ausgiebige Subventionierung entsprechender Privatschulen fordern müsse. Bekenntnisschulen, wie billig, auch für die übrigen Weltanschauungsgruppen, denen ein subjektives Recht auf sie zustehe, wenn auch nicht das objektive der Kirche. Immerhin gewährte der Redner dem Staat einen gewissen Spielraum: er dürfe ein Mindestmaß von Bildung verlangen und Schulen auch von sich aus gründen. Das Bedenken seiner möglichen Gefährdung durch die Privatschulen wurde mit dem Hinweis zu entkräften gesucht, daß gerade Unterrichtsfreiheit die nationale Einheit fördere; wobei nur zweifelhaft ist — oder vielmehr nicht zweifelhaft — welchen nationalen Par teien jene Freiheit hier faktisch zu gute käme: kaum zu er wähnen nötig, daß Schröteler gegen die Simultanschule protestierte. Er tat es im Namen der Bildung, die lediglich innerhalb des katholischen Bannbereichs Einheit, Tiefe, Frei heit und Stetigkeit erhalte. Auch in diesem Falle wieder eine These, die dem realen Zustand den ideologischen unterschiebt und allein unter der Voraussetzung des Fortbestands der mittelalterlichen Universalkultur sich erwägen ließe. Da in dessen die Voraussetzung unzutreffend ist, wird man schon die Simultanschule gelten lassen müssen und der Ansicht des Red ners, daß die Konfessionsschule das „Morgenrot der Freiheit" bedeute, die Zustimmung verweigern. Pros. Switalski (Braunsberg), der etwas zurückhal tender formulierte, mündete am Ende in das gleiche Ergebnis wie Schröteler ein. Er wandte sich vor allem wider den neudeutschen Idealismus, der den „Richtlinien" des preußischen Kultusministeriums zugrunde liege. Als Gegengift gegen die idealistische Verklärung menschlichen Schöpfertums befürwortete er die Aufrichtung eines theozen- trischen Idealismus, der den sich allseits von Gott abhängig fühlenden Menschen in die Mitte rücke. Was die Konfessions schulen betrifft, so unterstrich er, daß sie allen profanen An forderungen gewachsen sein müßten. .hin, daß es ein eindeutiges, programmatisch festzulegendes ! katholisches Bildungeideal nicht gebe. Der einzelne Katholik müsse daher als Einzelner in die profan« Welt hinein steigen, um in ihr, ein in paulinischem Sinn erneuerter Mensch, zu wirken. Versteife er sich dagegen auf die Behauptung einer katholischen Eigenkultur, so schaffe er nur ein neues Gh etto um sich her. Daß die Sätze GroscheS von offizieller Seite nicht un widersprochen blieben, war zu erwarten. Seiner Auffassung mit ihrer Spitze gegen die Konfessionsschule — sie ist den jüngst in der „Rhein-Mainischen Volkszeitung" erschienenen Ausführungen Ernst Michels über den gleichen Gegenstand verwandt — schloß sich noch der bekannte Pfarrer Laros an. Er fühlte sich zu betonen genötigt, daß wahrhaft katho-