MtLerschastskülender", ein wildes Prachtstück aus dem Jahre 1770 dem Todesjahr des Rokoko. Nun kommt „Oours sei^e" das mit '^ bracht. XI X X X 1^ u röntgenhafter Blick dringt unter die Haut und prüft die Menschen auf Herz und Nieren. Die Körper der Kranken sind seine eigentlichen Privatgemächer; in sie zurückgezogen, vergißt er die Außenwelt, an die ihn nur noch der Wall der Assistenten und Schwestern erinnert. Die Maler sind überall daheim, ausgenommen in ihrer Wohnung. Sie ist ihnen ein Gegenstand oder eine Galerie. Jenes, weil sie voller Schatten- und Lichtwirkungen ist; dieses, weil sie Wände enthält, die mit Bildern und Skizzen bedeckt werden können. Es ist nicht einzusehen, warum die Maler sich in ihrer Häuslichkeit anders verhalten sollten als auf Plätzen oder in der Natur. Be- trachte^ sind ^überall, und ein Reflex hat für sie Beweisführung ab, die Taschentuchwimpel sind hoch gezogen, weil der Gerichtssaal- unsichtbar ihn umgibt. Selbst in seinen Träumen erringt er dialektische Siege. Auch zu Hause verläßt ihn die Korrektheit nicht, in deren Schein er sich hüllt; eine imaginäre Gesellschaft ist bei ihm stets zu Besuch. Der Chirurg hat sein Heim in den Hör- und Operationssälen aufgeschlagen. Jedenfalls ist er an diesen Stätten häufiger zu erreichen als zu Hause, wo er immer fortgerufen werden kann. Unbewaffnet tritt er überhaupt nicht auf; führt er kein Messer mit sich, so sichert er sich zum mindesten durch ein Hörrohr, um gegen die inneren Organe jederzeit gerüstet zu sein. Angriffs- lustig hat er den Gummihandschuh übergestülpt, der Arbeitskittel dünkt ihm wohnlicher als der Smoking. Sein „Der Irrgarten der Leidenschaft." Ein Irrgarten ist es ge rade nicht, der in diesem Film sich auftut. Oder kann man sich in der Seele einer Revuetänzerin verlaufen, die ihren armen Bräu tigam einem Fürsten opfert, dessen Mailreffe sie wird? Ihre Freun din ist dafür ein Muster des Anstands, und irrt sie sich auch zu nächst in dem Mann, der ihr erkoren, so begeht sie doch gewiß keine Verirrung. Im Gegenteil, die Tugend wird belohnt, und sie kriegt am Ende den Bräutigam der andern, die ihrer Unmoral wegen ins Unglück gerät. Begebenheiten, die öfters geschehen und Uotz ihrer Verzierung mit oberitalienischer Landschaft und einem Stück gestellten Afrikas viel zu schleppend aufgezogen sind. Durch gutes Spiel und einige hübsche Episoden wird immerhin das Niveau einigermaßen gehalten. — Das Beiprogramm der Saal burg-Lichtspiels bringt noch zwei Grotesken, deren eine das rechte amerikanische Tempo hat. Aismus des „Negence-SLiles" ist. Gute Beispiele: Ein immer währender Kalender" in gedämpften Tönen und der „Rheinncke " Eigentlich sind sie gar nicht zu Hause, die berühmten Männer, sie sind viel zu berühmt, um ein Gesicht zu tragen, das in die vier Wände paßt. Am heimischsten zeigt sich noch der Astronom, der am fernsten weilt. Im Vergleich mit der Oeffent- lichkeit des Weltalls verschwindet ihm die der Straße; und da er, um in jene zu gelangen, die Studierstube nicht verlassen muß, kann er die Miene friedlicher Abgeschiedenheit wahren. Auf seinem Stuhle sitzend, pflegt er mit der Venus Verkehr, ein Blick durchs Fernrohr versetzt ihn ans Ufer der Marskanüle. Der Verteidiger hingegen hält auch im Boudoir seine Plädoyers. Ist er allein, so prozessiert er gegen Unbekannt; die leblosen Möbel sind ihm ein Forum. Sein Scheitel ist ein Argument wider den Staatsanwalt, das Lächeln schließt die v^8 ckHIjSMMDL von SIMM, MKUtt Am Kinde gesündigt. Dieser Fox-Film, den die Drexel-- Lichtspiele zeigen, gehört Zu den realistischen, amerikanischen ! Filmwerken, die das Gegenstück der Grotesken sind. Eine primitive , Handlung, reich an Sentimentalitäten wird darin eingefangen: i das Schicksal einer Mutter, die ihren ältestem Sohn zu sehr ver wöhnt, und gerade durch ihn enlauscht werden muß. Weil ihm ihr Herz zugewandt ist, verlassen die anderen Kinder sie..Zuletzt sind sie es natürlich, die der Verarmten und Hilflosen sich an nehmen und auch den endlich geläuterten Aeltesten ihr wieder Zufuhren. Getragen wird diese Familiengeschichte durch chaE/Sch der Mary Carr. Sie beißt im Text, geschmacklos genüg, die „beste Mutter-Darstellerin , aber sie hebt in der Tat als Mütter die triviale Begebenheit in die Sphäre der Kunst. Zärtlichkeit, Milde und Würde: diese Worte, die selten nur rechtmäßig wenden sind, hier wird Wirklichkeit ihnen zuteil. Gestaltet ist, zu mal der Rebergang ins Alter, der Zustand' zslne Szenen reden unmittelbar: jene, in der die Mutter sich in ihre Räume zurückzieht, weil der Sohn, der Gesellschaft gibt, ihrer sich schämt; dann ihr Gang an dem versteigerten Mobiliar vorbei; ihre Suche nach Arbeit und ihr Wiedersehen mit dem Mißratenen. Gesicht und. Gesten lassen nichts schuldig, das Spiel gibt Gelebtes. Um dieser Darstellerin willen sollten viele den Film sehen. Auch , das Beiprogramm ist übrigens gut. Hinter dem Titel: „Der Schrei nach dem Kinde" verbirgt sich eine lustige Monty Banks- Eroteske, in der wieder einmal auf tolle Weise verfolgt wird. Auch treffliche südamerikanische Naturaufnahmen werden ge schönen TiÄrl- und Umschlagblättern, oder e'ine mit dem ^Taschen- buch der DentwüridgkeiLen des schönen Geschlecht" vertreten ist. Das Drängen nach der Antike, die man als Natur im Sinne Noufseaus begriff, hatte nach der französischen Revolution sehr Angenommen. In Deutschland tritt ihm die Romantik zur Seite mit naturalistischen Einschlägen untermischt. Das Ornament des 19. Jahrhunderts weist demgemäß eine Reihe historisierender Tendenzen auf, in denen mittelalterliche Motive stark hervortreten. Zum Schluß streifte die Rednerin kurz die Entwicklung der Mode vom 18. Jahrhundert an. Sie würolgte vor allem die Verdienste des braven und fleißigen Chodoviecki, der in un zähligen Modekupfern auf diesem Gebiet Erstaunliches geleistet Hat. Ihre Ausführungen zeigten. Laß die jeweilige Mode einer Zeit genau im Einklang mit dem Ornament und den übriger: Auswirkungen des Stilgefühles steht. s Der Mathematiker der Frankfurter Universität, Pros. Paul Epst ein, gewährte einen Einblick in die astronomische Grundlage der Kalender. Der erste natürliche Kalender war von jeher der Lauf des Mondes. Daneben bot sich als andere gleich wichtige Einteilung der jährliche Lauf der Sonne an. Da er schwre- riger zu beobachten ist, sind fast alle Kalender anfänglich reine Mondkalender, wie heute nur der mohammedanische Kalen der noch. Der durch Hillel emgefühcte jüdische »ratender berück sichtigt das Sonnenjahr insofern, als er im Verlauf von neunzehn Sonnenjahren die sieben Monate, um die hinter jenen die nsuu- zchn Mondjahre Zurückbleiben, in regelmäßigen Abständen ein- fügt. Bei unserem Kalender kommt als Einteilungsprinzip noch dts Woche hinzu. Sie ist wohl semitischen Ursprungs um, hat historisch soziale Gründe. Die Namen der Wochentage gehen auf die Astro logie Zurück; jede Stunde des Tages hat einen der sieben Planeten Zum Regenten, und zählt man die Stunden ab, so kommt jeder Planet einmal als Regent eines Wochentages in Befracht. Die wahre Umlaufszeit der Sonne ist 365^ Tage, weniger elf Minu ten und vierzehn Sekunden. Nun geht unser Kalender auf die Reform von Julius Caesar im Jahre 46 zurück. Caesar hat das Jahr auf 365 Tage festgelegt und in jedem vierten Jahre einen Schalttag einöezogen. Die damit gegebene Ungenauigkeit läuft in 128 Jahren zu einem Tage auf. Eine Schweirigkeit bei unserem Kalender erwächst aus den kirchlichen Belangen, oie für die Beibehaltung der Mondrechnung sind, nach der sich die beweglichen Feste regeln. Diese Bedürfnisse bringen es mit sich, daß der Sonnenkalender durch den Mondkalender gleichsam über lagert wird. Pros. Epstein legte im Folgenden dar, wie in unserem Kalender die Osterrechnung und die Bestimmung der Wochentags fich V.MZichb Zum Geschichtlichen bemerkte er noch, daß der Fehler des Julianischen Kalenders bis zum Ende des 16. JahrhunoeNs auf Zehn Tage angeschwollen sei (der Frühlingsanfang wäre also damals bereits auf den 10. März gefallen). Darum wurde schon um 1580 durch eine von dem Papste eingesetzte Kommission die Gregorianische Kalenderreform beschlossen. "Dank ihrer seitdem gültigen Bestimmungen ist der Fehler jetzt auf zwölf Sekunden herabgemindert wodden; das hoißt: erst nach dreitausend Jahren beträgt er jeweils einen Lag. Auch die Mondrechnung wurde durch die Kalenderreform in Ordnung gebracht. Als letzter Redner fügte Privatdozent Dr. Spam er einige „kurze Fuß- und Randnoten" an, die einen fesselnden kultur historischen Überblick gaben. Seine Ausführungen bewegten sich in ähnlicher Richtung wie seinerzeit der Eröffnungsvorirag von Herrn Moritz Sondheim, über den wir damals im „Stadt Blatt" vom 23. Februar eingehend berichtet haben. -- Den drei Rednern ward durch Herrn Paul Hirsch in einem kurzen Schluß wort der Dank der Zuhörer zuteil. lO.