! streiten, daß, entgegen der Lberlutherischen Verdcutschungs- tendenz, die Eigennamen auf Hebräisch eingesetzt we-den: Eszaw (Esau), Ribka (Rebekka), Jirmejahü (Jere- mias) der Künde r. Die nationalen Belange fordern, vielleicht, ihr erdvölkisches Recht. Ist auch ihre Wirklichkeit nicht projektiert, so bleibt zu ver muten nur übrig, daß das ästhetische Interesse dazu ver leitet habe, in die rein deutsche Umwelt die exotische Vegetation der hebräischen Nomenklatur einzupflanzen. Dieses Interesse wäre freilich dem auf Wirklichkeit gerichteten entgegen; in dessen, mag es zugrunde liegen oder nicht, Anlage und Sprache des Werks scheinen zuletzt doch von ihm bestimmt. Ihre wie immer fragwürdige ästhetische Wirkung bestätigt indirekt, daß ihre Wirklichkeit nur eine ästhetische ist. Sie sinkt aber dort gerade in die Ohnmacht des Aesthetifchen zurück, wo sie am entschiedensten als Realität gelten möchte. Der Verzicht auf den Kommentar, der den Sinn haben soll, die Wahrheit der Schrift unverstellt darzubieten, ruft den Eindruck hervor, als sei er um der künstlerischen Reinheit willen geleistet. Die sprachlichen Zeugungen, in der Absicht einer Wiedererweckung der Schriftgehalte geschaffen, kommen im nachempfundenen Rhythmus — Borchardt könnte ihn besser — gar nicht wesen haft daher, sondern zwängen sich angestrengt in ihn hinein und betonen geflissentlich ihre Schöne, so verblichen sse ist. Richt gründet auf die Wirklichkeit hier sich die Kunst, in dem Künstlerischen vielmehr verflüchtigt sich jene. (Schluß folgt.) ist, sind beabsichtigt oder unfreiwillige Stabilisterungsversuche' des herrschenden Gesellschaftszustands. Daß sie Verdrängungs erscheinungen sind, nimmt ihnen das Gewicht. Die Wahrheit läßt sich in diesen Sphären unmittelbar nicht mehr finden. Mit ihr ist die Sprache abgewandert. Mochte Luther sich zutrauen dürfen, die Bibelsprache der des Volks zuzuführen, mochten Klassik, Romantik und Idealismus eine Sprache ge brauchen, die darum legitim von dem Geist her bestimmt und von dem zwischen Transzendentalsubjekt und Persönlichkeit schwankenden Ich getragen werden konnte, weil die teilweise Ab hängigkeit ihrer Anschauungen und Ideen von der äußeren Struktur der profanen Gesellschaft noch verborgen war: mit dem Offenbarwerden der entscheidenden Rolle des Materiellen verlieren diese Sprachbildungen ihre fordernde Gewalt. Sie sind nicht untergeoangen schlechthin. Historifüsche Gesinnung be wahrt sie, und, von Traurigkeit gezeichnet, stehen sie nun im ästhetischen Raum; noch reden ihre Satzperioden und Konfi gurationen von dem selbstverständlichen Einvernehmen mit der lang schon flüchtig gewordenen Dingwelt. Nicht in ihnen ist die Wirklichkeit, wenn auch die Schönheit sich bei ihnen verzögert. Sie ist, dem Zug der Wahrheit folgend, in eine Sprache ein- ! gegangen, deren Form und Kategorienmaterial das Bewußt-! sein ausdrückt, daß die wesentlichen Ereignisse heute auf profanem Boden sich abspielen. Wie enthaltsam und negativ diese Sprache auch sei, sie allein hat die Notwendigkeit für sich, denn sie allein bildet sich an dem Punkt, an dem die Not ge wendet werden kann. Folgerichtig durchaus, daß zum Unter schied von ihr Sprachgestaltungen, die durch die unbeschwerte Beschlagnahme der fragwürdig gewordenen positiven Bedeu tungen ihre Nichtachtung der aktuellen Situation beweisen, der angemaßten ontologischen Kraft entraten und subjektiver Will kür überantwortet sind. Die Vulgarisierung der dem Bezirk des innerlichen und gehobenen Daseins entnommenen Begriffe ist so wenig ein zufälliges und abstellbares Ereignis wie der schnelle Substanzverlust jeder Sprache, die gegenwärtig sakral und esoterisch sich gebärdet (so der Prosa des George-Kreises). Sich in diese verlassenen Sprachsphären begeben, heißt der Wirklichkeit sich entschlagen. « Die Uebersetzung Bubers und RosenzweigS erhebt den Anspruch, die Wirklichkeit der Schrift rein zu erneuen. Man spürt in der Tat — dies ist anzuerkennen und zu achten -— die Begierde, dem Text die Kraft zurückzuerstatten, die ihm aus der Wahrheit zuteil geworden ist. Prägungen wie die von WrahamSS^chs« „in gutem Greisentuw" werden gefunden;, logischen Betrieb und der altertümelnden Neuromantik des ausgehenden 19. Jahrhunderts, die von der nach geistiger Rückendeckung bedürftigen gebildeten Mittelschicht getragen wurden, und damals, infolge ihrer Angemessenheit an die soziale Situation, eine gewisse Realität besitzen mochten. Daß sie inzwischen zu Ruinen am Weg verfallen sind, lehrt der Ver gleich mit dem Luther-Deutsch, das geblieben ist. Das sprachliche Hinterland, das diese abhanden ge kommenen Wörter abstecken, wird von den Uebersetzern weidlich kultiviert — ein Vorgang, der um so belastender ist, als beide die Sprache mit Ehrfurcht traktiert wissen möchten und Wil helm M i ch e l von Buber melden kann, daß er „in die erste Reihe der deutschen Sprecher der Gegenwart" gehöre. Ihr Glaube an die zeitenthobene ontologische Gewalt des von ihnen erzeugten Deutsches lockt sie aus dem domestizierten Bezirk des Wortes „Altar" auf die wilde „Schlachtstatt" van bannen, gibt ihnen für Luthers vulgäres „alle Welt" oder „alle Lande" das pseudo-schollenhafte „Erdvolk" «in. Aber statt daß diese urdeutschen Ausdrücke die starre Ferne der Schrift vergegenwärtigten, ziehen sie die Schrift in das Urdeutsch vor einigen Jahrzehnten herein. Ein Racheakt der Sprache, den sie gegen die Zumutung verübt, dort eine Wirklichkeit darzu- stellen, wo sie keine mehr ist. So verkannt wird ihr heutiger Mangel an Konsistenz, zumal in den über das Jnnerweltliche hinausweisenden Sphären, ihre aus der Funktionalisierung des Gegenständlichen zu erklärende Untauglichkeit zur Be nennung vieler Wesenheiten, daß man seit Jahrhunderten überlieferte Begriffe entschlossen in ihr neutönt. (Gut nur, daß das ontologisch Gemeinte sich mitunter unfreiwillig als Plane Funktionalisierung entpuppt; so die Verwandlung von Luthers „Geschlecht" in „Zeugungen"). Aus den Büchern der Chronik sollen, wie der Verlagsprospekt kündet, die der „Begeben heiten", aus den Propheten die „Künde r" werden; nicht so sehrdemMenTestament als Georges „Stern des Vundes"scheint die Originalprägung entnommen, der eine Einbürgerung kaum sich künden läßt, da sie bereits der Vergangenheit, wenn auch einer bürgerlichen, angehört Es ist unwahrscheinlich, daß durch solche und andere Verdeutschungen, die in einer wesent lich historistisch eingestellten Zeit ihrer eigenen geschichtlichen Bedingtheit nicht achten, jene „Tendenz zur Verwirklichung" sich bewahrheite, die in Wilhelm Michels Schrift: „Martin Buber. Sein Gang in die Wirklichkeit" (Rütten u. Loening, Frankfurt) von Buber behauptet wird. Oder die erreichte Wirklichkeit zeigte sich der von völkisch e r Romantik geplanten bedenMch MMaWtG' Dem müßte nich^ die hebräische Rhythmik möchte im fremden Idiom auferstehen. Das Vertrauen zum deutschen Wort ist unbegrenzt wie bei Luther nur. Trägt es die Dolmetscher hinüber zur Schrift? Unter dem Druck ihres Werks, den sie freiwillig auf sich ge kommen haben, sind sie an einer Sprachform gestrandet, die gewiß nicht von heute ist. Wer auch aus biblischen Zeiten schallen ihre Klänge nicht, obwohl die Autoren dorthin die Szene verlegen möchten. Wo zwischen Gegenwart und Alter tum sie ausgebaut ist, läßt sich aus einigen Proben ermitteln. Jene endgültige Lu Her-Fassung: »und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser", die in der Zunzschen Ausgabe der Schrift die dünne, aber saubere und reale Form erhält: „und der Geist Gottes schwebend über der Fläche der Wasser", ver wandelt sich bei unseren Uebersetzern in das Tönende: „Braus Gottes brütend allüber den Wassern". Welcher Zeitgeist den Braus ausgebrütet hat, wird aus der Tatsache deutlich, daß sie Hochgaben Höhen, Wolken wölken, und Schlachtvieh schlach ten, während Luther den Noah Brandopfer opfem läßt, Wol ken über die Erde führt und, schlicht gesagt, schlachtet; daß sie den Luther-Text: „Und der HERR roch den lieblichen Ge ruch" zu dem Edeldeutsch Höhen: „Da roch ER den Ruch der Befriedung". Nicht der Bibel entsteigt der Ruch dieser Alli terationen, eher den Runen schon, wie sie Richard Wagner begriff. Auch die höchsten germanistischen Ansprüche des Nibelungenrings dürften durch die rhythmische Frage: „König wärst wohl gern, bei uns du König? Oder Walter du, über uns Walter?" befriedigt sein, und der Gebrauch der restaurierenden Ausdrücke „Weihbuhle" (für Luthers „Hure" und Zunzens polizeiliche „Beischläferin") und „Malstatt" (Luther: „Mal") entspricht der Redeweise der musikdramatischen Götter und Recken ebenso sehr wie die Aufforderung: „Besetze dein Same dasHochtor seiner Hasser!" (Luther: „und dein Same besitze die Tore seiner Feinde.") Von den heroischen Hochgefilden Wagners führt eine ausgetretene Straße zu den nahebei gelegenen Flachländern Felix Dahns und Gustav Frey tags herab, in die etwa die Wort« „ohnemaß" und „fürwahr" oder die mit der aufgeregten Interpunktion versehene Butzenscheiben-An- rede: „Mit Verlaub, mein Herr!" flugs versetzen. Genug, die Sprache ist auf lange Strecken hin archai sierend. Aus Rücksichten, die ihre Wirkung nicht be stimmen, bedient sie sich genau jener nun freilich ganz ent rechteten „Schloß- und Hofwörter", die Luther bewußt ab- > MWmmen. dem mHtzs-f