Es ist nicht so, daß allein die Sache erregte und ihre Gestaltung im Film. Etwas anderes tritt noch hervor, eine ungewohnte Er scheinung: die selbstverständliche Verbindung Zwischen Menschen und Technik. Bei uns scheinen die Sphären getrennt. Wo man in „Innerlichkeit" macht, dort verachtet man das Maschinelle. Wo man sich technisch gebärdet, dort wird man von geistigen Dingen nicht eben betroffen. Die Autos fahren durch den geogra phischen Raum, die Seele wird in der guten Stube gepflegt. Dieser Film kennt eine solche Scheidung nicht. Während die Mannschaft zwischen unentwirrbaren Gestängen hantiert, verrichtet die Menge ihre Andacht vor dem Zelt des toten Matrosen. Keine Kluft ist zwischen den Aeußerungen der Ehrfurcht und der An wendung technischer Fertigkeiten. Das Volk, das zu der rechten Sache ein rechtes Verhältnis hat, setzt die Dinge ohne Zaudern an ihren gehörigen Ort. In diesem einen fruchtbaren Augenblick zum wenigsten, in dem es sich handelnd hier darstellt. Eine unge wohnte Erscheinung. Der Film durchläuft jetzt die deutschen Städte, in denen man immer noch ein Theater spielt, das mit uns nichts mehr zu tun hat; auch in den Filmpalästen. Wird man merken, worin er sich von den Fridericus Rex-Filmen, den seelischen Interieurs und dem schönen Zeitvertreib unterscheidet? Wird man erkennen, an welche Bedingungen diese Kunst geknüpft ist? Erkennte man es: die Jupiterlampen könnten weiter brennen. Hegen wen? D u p l i k. Von Dr. Siegfried Kraeauer. E^gen wen richtet sich die Erwiderung? Gegen den Rezen senten ? Aber niemals hat der Rezensent bestritten, was die Autoren mit dem Ausgebot ihrer Nachweise belegen: die treue Wiedergabe des Textes. Er hat, im Gegenteil, zu Beginn seiner Darlegungen versichert und anerkannt: „Die Verfasser streben die wörtliche Uebersetzung und rhythmische Treue an", und auf Grund des Urteils unterrichteter Hebrai- sten gerne bestätigt, daß die Autoren hierbei „sachkundig und gewissenhaft" verfahren seien. Gegen wen also der Anmarsch solcher Bildung? Unbeteiligt, ein Zuschauer nur, verfolgt der Rezensent das philologische Bombardement, das zu demonstrativen Zwecken sich abzuspie- len scheint, da in der Nähe und Ferne kein Widersacher sich bietet. Doch die Autoren, ihren vorangestellten Goethe ab ¬ ! wandelnd, finden vielleicht, daß es immer gut sei, sein Wissen ! zu zeigen. Ueber dem Bedürfnis nach seiner Entfaltung haben sie jedenfalls die Einwände vergessen, denen zu erwidern gewesen wäre. Nicht gegen eine willkürliche Behandlung des hebräi schen Textes, wohl aber gegen das Unternehmen seiner kom mentarlosen wörtlichen Uebersetzung kehrt sich die Rezension. Hat der Rezensent bezweifelt, daß der allüber den Wassern brütende Braus Begriff für Begriff des Originals nachzubil- den suche? Sind die gehöhten Hochgaben oder der Walter du, über uns Malter, von ihm einer Mißachtung der hebräischen Worte verdächtigt worden? Er hat sie und die anderen Bei spiele als deutsche Sprachfügungen gewürdigt und in einem Teil von ihnen postume Sprößlinge der Bayreuther Dicht kunst erkannt. Daß sie in der von den Autoren beliebten Zu sammenstellung den archaischen Klimaten der bürgerlichen Neu- romantik entstammen, ist ein Geburtsmakel, den die wie immer penible Berufung auf ihren früheren Gebrauch gewiß nicht zu tilgen vermag. Um den historischen Bedeutungswandel der Worte zu er messen, wird man freilich auch ihre soziologische Be dingtheit Mit berücksichtigen müssen. Die Autoren lehnen der gleichen nicht ohne Verachtung ab. So geschieht es ihnen, daß sie die Alliterationen mit dem Anspruch auf aktuelle Ver bindlichkeit übernehmen; daß sie den Luther-Satz über dse „Schloß- und Hofwärter" zu ihren eigenen Gunsten auslegen, während in Wirklichkeit Luthers Vordringen zum „altvolkstüm lichen Wortgut" eine der ihren entgegengesetzte Wendung zum Profanen gewesen ist. Man erinnert sich der bekannten Stelle im „Sendbrief vom Dolmetschen": „Denn man muß nicht die Buchstaben in der lateinischen Sprachen fragen, wie man soll deutsch reden, wie diese Esel thun; sondern man muß die Mutter im Hause, die Kinder auf der Gassen, den gemeinen Mann auf dem Markt drumb fragen und denselbigen auf das Maul sehen, wie sie reden und darnach dolmetschen. Es wäre gut, etwas von soziologischen Dingen zu wissen. Gegen wen also richten sich die Einwände der Rezension? Gegen die deutsche Sprachform der Uebersetzung und damit gegen ihre Absicht. Wenn die wörtlich getreue Einholung des Textes Sprachgewächse wie „Schlachtstatt" und „Weih buhle" reifen läßt, so ist die Absicht seiner wörtlich getreuen Einholung fragwürdig in dem von der Rezension aufgewiese nen Sinn. Diese „treue" Wiedergabe ist gar nicht treu, wer sie Worten und sprachlichen Konfigurationen, die nur noch Zeichen eines bestimmten Abschnitts unserer Vergangenheit sind, die ungebrochene Gewalt des Originals verleihen mochte. Der Rezensent stimmt mit den Autoren in der Meinung über- ein: Sprache müsse „ganz Gegenwart, ganz für das heute, ganz — gesprochen sein". Wer weder ist „ohne Maß" ein „heutiges Wort", noch sind etwa die Sinndeutungen de Namen (Jaakob^Ferfehalt) von restaurativen Bestrebungen frei. Den Autoren ist das Anachronistische ihrer Uebersetzung entgangen. Sie befinden sich offensichtlich in so glücklicher Un abhängigkeit von der Zeit, daß sie die besonderen Erfordernisse unserer gegenwärtigen „metaphysischen und soziologischen" Situation — die Adjektiva, mit Verlaub, sind von den Autoren geprägt — glauben übersetzen zu dürfen. Ihre Zeitent- hobenheit mag es auch verschulden, daß sie die ästhetische Wir- Lwg ihres UebersetzungsWerks nicht fassen können und seinem reaktionären Sinn gegenüber stch verschließen, den der Rezensent der Verdeutschung in voller Kenntnis der literari schen und sonstigen Tätigkeit ihrer Autoren zugesprochen hat. Es wäre gut, etwas von seiner Zeit zu wissen. Erwidert die Erwiderung auch nichts, so ist sie doch des Nutzens nicht bar. Unfreiwillig unterstützt sie den Rezensen- Len mit einer Zuvorkommenheit, deren er sich nimmer versehen hätte. Sie ist in der Skizze ein Kommentar, der, als Kommen tar, über die Gabe des Exorzisierens verfügt. Indem er das in und mit den Begriffen Gemeinte erläutert, treibt er die dünkelhaften Geister aus den von ihnen besessenen Worten aus. Die „wörtliche" Uebersetzung, die den Text darstellen möchte, verstellt die Aussicht auf ihn; die philologische Exegese, die für WeihLuhle besser schon „Hierodule" setzte, eröffnet den Zugang zu seinem Verständnis. Hat der Rezensent die Berechtigung eines Kommentarwerks geleugnet? Hat er nicht viel mehr umgekehrt den Schluß gezogen, daß neben der Lutherbibel heute einzig eine textkritische Ausgabe möglich sei, „die etwa den Kautzsch auf den Stand der modernen jüdischen Schriftforschung brächte"? Niemand wäre den Autoren für die Bescheidung bei der nüchternen wissenschaftlichen Arbeit dank barer gewesen als der Rezensent. Denn auch er findet, daß es gut sei, etwas zu wissen. Zum Schlüsse künden die Autoren mit erhobener Stimme, daß dem „Wort" eine jede Zeit feindlich gegenüberliege. Aber der von ihnen der Lästerung geziehene Rezensent hat nichts anderes behauptet. Er hat nur freilich außerdem erwogen, wie das Wort in unserer Zeit beschaffen sein müsse, um als Instrument der Wahrheit das Bestehende anzugreifen. Wird das jüngst verschollene Deutsch der Uebersetzung solche Kräfte^bewähren? Der Rezensent enthält sich der Antwort. Er möchte nicht in den Verdacht kommen, ein ägyptischer WahrschreiLer zu sein. —