Meerphantasie wird wirklich hie und da eingehott. raaa. loben. Die aus einfachen Reparaturen geschöpften Ansichten Miecklowicz' über schwierige Detailfragen setzen ihn in berechtigtes Erstaunen. Er verspricht, bei dem nächsten Schneiderkongreß vor stellig zu werden. Zum Abschied streichelt er den Zentimeter, der ihn dankbar umwickelt. Miecklowicz" Geschick nimmt nun seinen Höhenflug. Sogleich nach Fertigstellung des Kongresses — seine Frau hat gerade das Hungertuch zernagt — wird er zum großen Schneider ernannt. Auch erhält er einen besonderen Ausweis, der ihn zum Besuch der Ge heimarchive ermächtigt. Die Zeitungen bringen sein Bild; ihm zu Füßen Hulda, die mit der neu angestrichenen Schlange spielt. Unter den Gratulanten, die auf der Wendeltreppe anstehen, findet sich als einer der ersten der Tanzanzug ein. Miecklowicz, wortlos verzeihend, bügelt ihn auf. Ueber kurze Frist wird ihm die Dach kammerpoesie zu eng. Er siedelt samt ganz Monaco in ein Keller lochatelier um, wo er ein großes unterirdisches Reich errichtet. Schmucke Tänzer mit Revers und Galons strömen täglich dort ein und aus. Nicht von dem ^-rel allein geht hier die Bezauberuna aus; vielmehr von dem Wesen, das ist. Es tritt auch ohne die Stimme -hervor. Es drückt sich in dem Verhältnis der Stirn zur Nase aus, es stellt sich im Gehen dar, im Lauf durch den Garten. Die Ge stalt schon redet, noch ehe geredet wird. Sie birgt die Gegensätze ineinander. Das Gesicht ist naiv und verderbt zugleich, jung und alt, fraulich und knabenhaft. Dieses Unbestimmbare des Wesens ist es recht eigentlich, dessen Bild erregt. Das Wesen weist über das Geschlecht hinaus. Darum auch mag die Bergner sich gern in Hosenrollen zeigen. Sie wird dann zur Mignon, jenseits von Mann und Frau. Denn das ist entscheidend: als Junge ist sie nicht männlich, als Mädchen nicht nur Weib. Damit ist aber keineswegs gesagt, daß ihr Sein zwischen Frau und Mann seine Stelle habe; geprägt wird es von einem geistigen Bereich aus, der oberhalb der Unterscheidung von männlich und weiblich liegt. Das Androgynenhafts verleiht der Bergner jene Zweideutigkeit, die nirgends eine Grenze finden läßt und ihre Gestatt zum Geheimnis macht. (Bei Gelegenheit der Frankfurter Erst-Aufführung des Ufa Films „Der Geiger von Florenz"). raca. Der Hochtwrrat v-m Panmrur. Die Marinefilme sind durch den „Panzerkreuzer Potemkln^, so scheint es, in Mode ge kommen. Dieser Panama-Film, den die Neue LichtLühne und die Kammer-Lichtstziele zeigen, ist zum mindesten ein pompöses Marinestück mit spannender Handlung Sein Held ein Kapitän der amerikanischen Flotte der von dem Geheimdienst des Marineamts in Washington beauftragt wird, die Spione und Sendlinge feindlicher Mächte unschädlich zu machen, die den Panama-Kanal in die Luft sprengen wollen. Er hat eine schwere Ausgabe übernommen, in deren Verfolg er es schweigend erdulden muß, daß man ihn aus der Flotte ausstößt, damit die Gegner ein umso größeres Vertrauen zu ihm fassen. Diese Einzelheiten sind interessant, sie veranschaulichen das Verfahren, nach dem der Ge heimdienst, unabhängig selbst von den offiziellen Marinestellen, seine Zwecke zu erreichen sucht. Zum Schlüsse schürzt sich der Knoten drama tisch: die Spione wollen die Minen sprengen und im letzten Augen blick erst gelingt es dem Kapitän, die Admiralität von dem An schlag zu verständigen und so die Zerstörung der Flotte zu ver hindern. Er wird gebührend gefeiert und gewinnt der amerikani schen Flotte die begehrte Popularität. Die Ausnahmen sind groß zügig und geben eine Reihe guter Bilder aus dem Leben der! amerikanischen Marine: Fragmente des Kadettendaseins, Kreuzer-; Evolutionen, Tätigkeit der Zentrale. Auch die Frauen spielen übrigens als Spioninnen und Familienmütter in diesem Männer film ihre Rolle. — Das Beiprogramm ist gleichfalls amerikanisch. Man sieht wieder einmal Dodo, wie er, traurig und klein, über- die grobe Gewalt der Sachen und Menschen zuletzt doch triumphiert. Ferner einen Fox-Film, der unter und über dem Wasser spielt und durch seine submarinen Plänkeleien mit unwahrscheinlichen Fischungetümen drollige Wirkungen erzielt. r?ca. — Hermy Porten doppelt. Der Film: „Wehe, wemn sie tosgelassender in den Ufa-Lichtspielen läuft, zeigt sie als Dame und Küchenfee. Da man nicht recht weiß, was man dem Publikum vorsetzen soll, hat man wieder einmal die Nora aus dem Schubkasten geholt und laßt Henny-als unver standene Blondine Unfug anrichten. Zu einer Zeit, in der die Mehrzahl der Frauen im Erwerbsleben steht, emanzipiert sie sich so antiquiert und töricht, als ob es Frauenberufe gar nicht gäbe. In ihrer wunderschönen Villa mit der Mechten Badeeinrichtung freilich mag sie dergleichen nicht gewahr geworden sein. So läuft sie ihrem Mann, dem großfabrikantenhäften Bruno Kastner, schnurstracks davon, um in Tätigkeiten hinein zu geraten, die sie nicht versteht. Stellt sich Lei einem Friseur schlecht an, geht — natürlich — zum Film, wo sie auch versagt. Das süße Frauchen, das arme Frauchen, von allen verstoßen, übernachter sie in einem Lrambahnhäuschen bei stürmendem Regen. Als Dienstmagd ver kleidet, um auch diese Seite des Lebens auszuprobieren, kehrt sie dann in ihr trautes^Heim zurück. Der GroßfabriLant, ein rechter Petrucchio, schindet sie ein bißchen — keine Sorge, es tut 'nicht weh -- und feiert zuletzt mit seiner gezähmten Widerspenstigen Leim Sekt ein erneutes Eheglück. — Warum die Handlung fo fad sein muß, damit Henny Porten eine entzückende Doppelrolle spielt, ist nicht. recht einzusehen. Das Groteske liegt ihr übrigens dieses Mas besser als das Frauliche, die Magdmanieren gelingen ihr waschecht. Ein kleines Meisterstück ist Kurt Bois' östlicher Jung-, ling, stets in Geldnöten, schmierig und seelenvoll. Wie er frißt und tanzt: es ist gesehen, ist in Berlin gesehen. Einige Szenen gehen ihrer Situationskomik wegen zum Lachen, das Filmtechnische ist vorzüglich bewältigt. —- Das Beiprogramm bringt einen inter essanten Sportfilm: Winter in St. Moritz. raaa. Der blaue Tiger. — Ein veristischer amerikanischer Riesenfilm, der in der Südsee spielt, irgendwo an der javanischen Küste. Er stellt ein See abenteuer dar, wie es die Kurden entzückt, Sealssield und Kapitän Marryat werden lebendig. Der Held, den John Barrymore gefühlvoll, wild und wetterfest verkörpert, ist ein WalftschjLg^r auf einem romantischen Segelschiff, und der blaue Tiger ist der größte Walfisch der Meere, eine mythische Urgestalt: nicht aus dem George-Kreis, sondern in der Phantasie der Seeleute, die ihn als den leibhaften Scheitan fürchten. Er frißt Menschen, und er schnappt auch unserem Helden das Bein weg, den sein Stief bruder im rechten Augenblick ins Meer gestürzt hat, um ihm wiederum das geliebte Mädchen wegzuschnappen. Die aber ist treu, eine echte Seemannsbraut, und nur die Ränke des Böse wichts verhindern, daß der Krüppel von ihrer Treue erfährt. Als Kapitän befählst er fortan einsam mit seinem Holzbein die Meer:, nur von dem einen Gedanken beseelt: den blauen Tiger zur Strecke zu bringen. Er jagt, ein fliegender Holländer und die Inkarnation von Jungensträumen über die Fluten und erlegt auch in einer SLurmnacht, deren Höllenpracht ihresgleichen sucht, den mythischen Urwal. Auch die Abrechnung mit dem Stiefbruder geht vonstatten, und in der Heimat findet er zuletzt die verloren Geglaubte, die auf ihn nicht mehr hoffte . . . „Wenn Meer und Himmel sich berühren" heißt der Film; er spielt in den Bieberbau-Lichtspielen. Seine Aufmachung ist großartig und sehenswert. Man trägt in ihm die Kostüme des vorigen Jahrhunderts, das Zeitkolorit ist peinlich gewahrt. Verrät auch das javanische Milieu seine Her kunft aus dem Atelier — das Meer ist echt, es überschwemm' naturgetreu das Segelschiff und rafft sich gar zu einer Hose auf Ueberzeugend sind auch die Schiffertypen, die malayischen Vor allem. An den Dimensionen ist nirgends gespart, die Raum- und I. v. —- Gastspiel Till« Durieux i« Fraukfmrt.l Im Frankfurter N«ueu Theater spielte Tilla Durieux mit eigenem Ensemble einen (von Harry Kahn verdeutschten) Dreiakter des .Italieners N i c o - demi: „Der Schatten". Das Stück beschwört mit ganz ge schickt geführten Dialogen einen Seelenkvnflikt herauf, aus dem es sich dann nicht zu helfen weiß. Eine seit langem gelähmte Frau hat einen kerngesunden Künstler zum Mann, der hei aller Zärtlich keit für sie mit ihrer Freundin eine geheim gehaltene Beziehung eingeht, wie sie -seiner Gesundheit Zukommt. In dem Augenblick, da die Legalisierung dieser Beziehung sich als notwendig erweist, wird die Kranke wieder gesund und entdeckt das hinter ihrem Rollstuhl betriebene Liebeslsben. Was nun? Wird eine der Ueber- zähligen beiseite geschafft? Empfiehlt sich Wiedervereinigung oder Scheidung? Der in seiner eigenen Schlinge gefangene Autor kann sich vor lauter Seelentum zu nichts entschließen und läßt darum die arme Frau an der Seite ihres Mannes als resignierten „Schatten" weiter leben; woraus die Schattenhaftigkeit dieser Sorte von Psychologie drastisch erhellt. Die -große und bewußte Kunst der Frau Durieu x indessen vermag, auch Schatten das Leben Zu schenken. Sie gab die Gelähmte in einem unerhört ge sammelten Spiel, das von den leisesten nervösen Regungen bis zu den schnell gehemmten Entladungen des gebrochenen Wesens über jedes darstellerische Zeichen gebot. Wie sie im Krankenstuhl mit dem Megelhaften Gesicht die Schwingungen des Unterbewußten mit einbezog; wie sie beim ersten Gebrauch der fremd gewordenen Hände genau M Hone zwischen Lacher, und Weinen traf; wie ihr " ! Gang am Kruchiock sprach und ihre Stimme nach der Entdeckung', dW LrebesverhaltmM sich ins Dunkle verkroch — dem bleibt! .E^mznzuf^ Aus der wundersamen Kalte des groß- ! rÄ-Intellekts stammt dieses Spiel; es ist unmythifch schlechthmUmso ergreifender, wenn zuletzt doch die arme, ferne Natur LurchMagt und in den Bereichen des Durchsichtigen, Gläsernen sich manifestiert. Der seriöse Arzt Ernst Karchows und Ernst Stahl-Nachbaur als der durch den Autor in immerwährende Verlegenheit gesetzte Gatte hoben sich aus dem Ensemble hervor. Frau Durieux mußte oft erscheinen. Lr. -- ^Elisabeth Bergner im Film.I Sie ist ein in den Vater verliebtes junges Mädchen, das auf seine neue Stiefmutter eifer süchtig ist. Sie wird in ein Institut nach Lausanne geschickt, wo sie sich als Wildfang gebärdet. Sie verwandelt sich in einen italienischen Gassenjungen, um über die Grenze zu fliehen. Auf einer toskanischen Landstraße spielt sie die Geige, von Kindern umringt. Ein Maler greift den Laugenichts auf, der fs jung und wie von Eichendorff ist, und nimmt ihn mit nach Florenz, wo er / ihn malt und liebt. Sie ist Lei der SchlußapotWe ein in den Maler verliebtes junges Mädchen.