Ehe und Eros. Vortrag Kaplan Fahsel. Der von Berlin her bekannte NaMe des Küplans Fahsel rmd wohl auch das angekündigte Thema hatten am Montag abend den großen Saal des Saalbaues zu füllen vermocht. Der Vortrag selber, der von dem Redner ausdrücklich als philosophischer bezeichnet wurde, hielt sich mit Ausnahme einiger leicht pantheistischer Ab irrungen streng innerhalb der Grenzen der offiziellen kirchlichen Dogmatik. Kaplan Fahsel hub mit der platonischen Unterscheidung des H, eo rstigen und des zeugend en Eros an. Beide wirken Ach in d ei Gestalten aus, deren Symmetrie scharf herausgearbeitet wurde. Der bedürftige Eros wohnt bereits den niederen Natur dingen inne und ruft in ihnen eine gewisse Bewegung nach der Voll- köMnenyeit Zu hervor; er ist der Naturdrang der niederen Wesen. In den höheren Regionen spaltet er sich in den sinnlich bedürftigen und den geistig bedürftigen Eros Jener drängt auf die Vereinigung der Körper hin; fern Charakter ist die Veränderung, die Untreue. Dieser dagegen verbürgt dem Menschen einen Anteil an der Frei heit. Auf ferner Grundlage kann der Mensch das ganze Universum sowohl wie den einzelnen Menschen als geistiges Wesen lieben. Der geistige Eros führt zur Freundschaft hin. Er ist nach Sokrates der höchste überhaupt, weil er die Möglichkeit gewährt, daß der Liebende und der Geliebte sich dem Geiste nach ganz vereinigen. Wie der bedürftige Eros so ist auch der zeugende in den nie deren Wesen tätig. Er bewirkt in seiner sinnlichen Gestalt den Zeugungsprozeß, und zwar bleiben die Zeugenden so wnge zusammen, bis das Gezeugte als ein ihnen ähnliches Wesen sich von ihnen ablösen kann. Der geistig zeugende Eros streut den Sgmen des Wortes aus. Die Einheit der Idee muß er durch die Vielheit der Materie schicken, damit in den anderen Menschen sich wieder die Idee erzeuge. Zur Vorbereitung auf die Empfängnis der Idee ist die Pädagogik gefordert. Aber über die körperliche Vielheit hinaus schwingt auch der Eros sich zur Einfachheit und Einheit der Idee. Dieser secysgestaMge Eros ist Stoff und Materie der Ehe. Der Mensch hat die Ausgabe, ihn in seiner Harmonie darzustellen, da in ihm sowohl der niedere wie der sinnliche und der geistige Eros sich verwirklichen. Aber nur dann ist der Mensch ein ge sunder Mensch, wenn der niedere Eros in ihm dem geistigen dient, Der Redner zeigte nun im einzelnen, wie die Stufenfolge sich in der harmonischen Ehe realisiert. Diese ist nicht nur eine sinnliche Vereinigung, sondern auch eine Freundschaft der Partner, die der geistige Eros in ihnen wachrust. Der Zeugungsprozeß in der Ehe kommt erst zum Abschluß, wenn das Kind körperlich und geistig erzeug, worden ist; daher die Dauer der Ehe, die wiederum durch die geistige Zeugung in dem Gezeugten jene Unverbrüchlichkeit an- nimmt. die allem Geistigen innewohnt. Der Verwirklichung der vollkommenen Ehe stehen freilich schwere Hindernisse entgegen. Sie werden durch die Fähigkeit des Menschen Zur Abstraktion ermöglicht. Diese Fähigkeit zielt auf Absonderung der Teile aus dem Ganzen hin und gestattet es jederzeit, die Harmonie der Ehe aufzulösen. So kann sich der Mensch aus freiem Willen für die Ehe oder gegen sie entscheiden. Es gibt berechtigte Gründe zur Ehelosigkeit; das Priester zölibat etwa ist legitimiert. Das schwerste Ehehindernis ist die heute übliche Vorkehrung der Hierarchie der Wesenheiten. Die modernen Menschen machen den Anfang des Zeugungsprozesses: die sinnliche Lust zu ihrem Idol, während sie in Wirklich keit auf eine untere Stufe gehört. Eine ausführliche Analyse dieses Zustandes führte zu der Kenntnis, daß der Geist darunter - leidet, wenn er dem Sinnlichen dienen muß. Auch macht die Emporsteigerung der Sinneslust zur Freundschaft unfähig - ! Zum Schluß vollendete der Redner das Küppelgewölbe, indem' er aus den göttlichen Eros hinwies, der dann sich verwirk-! liche, wenn der geistige Eros sich aus dem Reich der Idee zur ; Gottheit erhebe. Die Naturlehre vom sechsgestaltigen Eros wurde in den Rahmen der christlichen Lehre eingefügt. Eine Auseinandersetzung mit dem Vortrag verlohnt sich nicht eigentlich Er war eine Ausgeburt des scholastischen Begriffs realismus, oder vielmehr, er war eine Kopie jenes Realismus, da er die Universalien wie abgeschliffene Münzen in Umlauf setzte. Die Zeiten des naiven Realismus sind seit langem vorbei, und wir -aben gerade in dem letzten Jahrzehnt katholische Denker wie den Iesuitenpater Przywara oder auch Romans Guardini gehabt, die, ungleich tiefer und auch Zeitgemäßer als Kaplan Fahsel, den alten Gehalt der kirchlichen Lehre aus dem erstarrten Realismus herauszulösen sich bemühten, um ihn zu kräftiger Ein wirkung auf die nominalistische Gegenwart zu zwingen; von den Radikaleren wie Ernst Michel ganz zu schweigen. Im übrigen ist Kaplan Fahsel nicht einmal ein guter Redner zu nennen, denn allzu geölt und im Augenblick der Rede allzu unerfahren, entgleiten ihm die Worte. Sie wirken darum doppelt banal Und verschollen. Xr. ; S6 ) D -äSL> Antwort auf eine Jestrede. Theater und Kulturpolitik. Max Reinhardt hat sich bei dem in diesen Tagen ihm zu Ehren in Paris verunstalteten Festbankett für den Gedanken des Welttheaters ausgesprochen, den Herr Gemier vertritt. In seiner Rede äußert er bündig, daß er kein Politiker sei, son dern nichts als ein TheaLerwann. Der Lheatermann erkennt den drohenden Verfall des Theaters und fragt, wie dem Patiencen wieder aufzuhclfen sei. „Könnte durch einen Zusammenschluß, einen zeitweisen Austausch nicht vieles, vielleicht Entscheidendes geschehen? Sollen nur Boxer, Radfahrer und Te sich international zusamt Als Heilmittel also Zusammen ¬ schluß. Aber: „nicht die Kunst der Politik soll uns zusammen führen, sondern die Politik der Kunst . . — Diese Be- und Er ¬ kenntnisse, diese gewiß ehrlichen Wünsche und Hoffnungen ver raten über den Stand der herrschendsn Ideologie von heutzutage umso mehr, als sie nicht von dem ersten Besten herrühren. Nicht oft werden solche Proben dem Chemiker der Gesellschaft zur Ana lyse darg^ ideologischen Befangenheit sperrt sich Max Reinhardt genau gegen die Gedanken und Tätigkeiten ab. die das von ihm ersehnte Welttheater herbe könnten oder ihm doch Klarheit darüber Zu verschafM vermöchten, warum das Theater heute gefährdet ist. Er will kein Politiker sein, sondern nur Theatormann. M eb.n dies: daß er kein Politiker sein will, es sei denn ein Politiker der Kunst, verhindert Zuletzt die. Errichtung des WelLLHeaters, hintertreibt die. Wirkung des von der Bühne gesprochenen Worts. Sie hängt von dem Zustand der Gesellschaft ab, zu der gesprochen wird. Jst dieser Zustand schlecht und der Veränderung bedürftig — er ist es — so hat Wirkung allein und zunächst das politische Wort. (Es kann auch, auf der Bühne gesprochen werden.) Doch Max Reinhardt. weigert sich, ein Politiker zu sein. Er sieht ab von der Politik, er umgeht sie, wie die Theaterdichter sie zumeist umgehen, und propa giert trotzdem als unpolitischer Theatermann mit Herrn Garnier das Welttheater. Wäre er der Politiker, der er nicht sein will, so müßte er wissen, daß das Welttheater nur dann sich verwirklichen kann, wenn es auf dem Theater der Welt anders aussieht, wenn also die Politik auf eine Umwandlung der Gesellschaft drängt, deren heutige Beschaffenheit den augenblicklichen Tiefstand des Theaters nach sich gezogen hat. Er müßte wissen, daß mit der Ein richtung der Gesellschaft die des Theaters unzertrennlich verbunden ist; er müßte wissen, daß in Zeiten, in denen eine Umstellung der Gesellschaft moralisch gefordert ist die Politik den Primat vor der Theaterkunst (als bloßer Unterhaltung) hat, die notwendig zur Spielerei entartet, wenn sie ihr politM Desintereffement er klärt (freilich nur dann); er mußte die Folgerung ziehen können, daß er immer Grund zur Klage haben würd, solange er kein Po litiker ist, sondern nur ein Theatermann. Die Beschränkung, di? er sich selber auferlegt, und einzig sie, ist daran schuld, daß nur Boxer, Radfahrer und Tennisspieler sich international zusammenfinden; ; also Leute, die mit der mittelbaren oder unmittelbaren Darbietung von Erkenntnissen nichts zu schaffen haben. Der Theatermann wun- ! dert sich, der Politiker würde verstehen. Verstünde er aber, so bliebe er vielleicht nicht nur Theatermann oder achtete doch als Theater mann auf die wesentlichen Beziehungen zwischen realer Kunst und richtiger Politik. Womit plumpen Tendenzstücken nicht das ! Wort geredet sein soll. Der moderne Karun ak Hlaschid. cks-' Lens.- Die Leinen mScke/ren ge/ren L-rs Lrno. Eine Milliardärstochter tritt inkognito als armes Mädchen auf, weil sie rein um ihrer Person geliebt werden will. Ihr Wunsch wird von einem unscheinbaren jungen Mann erfüllt, der eigentlich ein verarmter Lord ist. Ehe er sich noch erklärt hat, hört er aus Zufall von den Milliarden. Er zieht seine Werbung zurück, um nicht Mißverständnissen ausgesetzt zu sein. Nun erst recht finden sich die i Beiden, und da Geld gern zu Geld kommt, erbt der Lord zum Schluß zahllose Schätze. — In einem anderen Film strolcht ein junger Milliardär als Vagabund durch die Welt, weil er rein um seiner Person usw. Gelüftetes Inkognito, Zaubern des Mädchens und Hochzeitsreise in komfortabler Pacht. — Wie in Tausendund- eine Nacht, so wählt auch der Märchenfürst von heute die Ver borgenheit; nur daß der Glanz des Endes von seinen Milliarden herrührt, die in der Gesellschaft jeden anderen Glanz überstrahlen. Ein Riesenvermögen kann zu nützlichen Zwecken verheimlicht werden. Die reiche Arme, der Vagabund, der es nicht ist: sie verbinden mit ihrem Inkognito überhaupt keinen Zweck, es sei denn, daß sie rein um ihrer Person willen usw. Warum werfen sie das Geld nicht weg,; wenn sie als Personen geliebt werden wollen? Warum zeigen sie nicht, daß sie etwas sind, das sich Zu lieben lohnt, indem sie mit ihrem Geld eine anständige Handlung begehen? Sie werfen nicht weg, sie begehen keine anständige Handlung. Die erheuchelte Armut hat vielmehr den Sinn, das Glück des Besitzes in ein Helles Juprterlicht ; zu .rücken, und die Sehnsucht, uninteressiert geliebt zu wert en, ist eine Sentimentalität, die den Mangel an wirklicher Liebe verdun keln soll. Denn die wirkliche Liebe ist interessiert, sie ist interessiert daran, daß ihr Gegenstand etwas Lauge. Es könnte der Milliardärs tochter unbequem werden, wenn ein Liebhaber sie aus wirklichem Interesse begehrte. Sie vertuscht daher die ihr beigefügten Milliar den und verschafft sich zu den Schleuderpreisen des öffentlichen Marktes einen Mann, dessen Uneigennützigkeit darin besteht, daß er auf ein Mädchen ohne Milliarden hereinfallt, das ohne Milliarden nichts ist. Aber es kommt auf den Menschen an, nicht auf den Reichtum, lehren die Moralisten unter den Reichen. Der Mensch ist, nach den Filmdokumenten zu schließen, ein Mädchen, das gut Char-