Der keusche Joseph. Das ist ein sehr hübsches Lustspiel, das jetzt Ln den Bieberbau-Lichtspielen läuft, mit Reginald Denny in der Hauptrolle und , einem unbezahlbar komischen, älteren kleinen Herrn. Die beiden gehen ihren Frauen durch, das heißt: jener seiner Braut, dieser einer Megäre von Eheweib, kommen nächtlicherweile mit der Polizei in Konflikt und bestehen dann alle möglichen Abenteuer. Am schönsten ihr unfreiwilliger Aufenthalt in einer Badeanstalt für Damen, in der sie sich in Schwitzbädern und Frauenkleidern verstecken. Von hier schleichen sie sich nach Hause, und dem Mieren Herrn bleibt zur Ver tuschung der Irrfahrt nichts anderes übrig, als seinen jungen Begleiter als den erwarteten Bruder auszugeben, der geistlicher Vorsteher eines Antialkoholvereins.ist. Aus der erzwungenen Ver wandlung Dennys in einen keuschen Joseph folgen dann weitere drollige Mißverständnisse, die sich schließlich in Wohlgefallen auf lösen. Eine nette Ehargenfigur das „doofe" Dienstmädchen, deren Albernheit sich nicht auf den Empfang von Trinkgeldern erstreckt. Der Film hat Tempo und durchjagt eine Reihe guter Lustspiel motive, ohne zu erlahmen. — Ein Ulm nach Pirandeüo. In den BieLerbau-Licht- spielen Läuft ein interessanter C o n r a d - V e i d L - Film: „Die Flucht in die Nacht". Er ist nach Pirandello- Motiven gedreht und zeigt den dem italienischen Dichter eigentüm- ! lichen Uebergang von Sein in Schein. Der von Veidt verkörperte Graf, der bei einer mittelalterlichen Maskerade durch die Schuld seines Nebenbuhlers vom Pferd stürzt, verfällt infolge des Sturzes in den Wahn, daß er wirklich Heinrich IV. sei. Jahrelang bleibt er Lei -seiner fixen Idee, bis er eines Tages, unbemerkt vom Ge sinde, wieder das normale Bewußtsein erlangt. Die Haare sind ihm ergraut. Um Freund und Feind scheiden zu können, spielt er einstweilen seine Rolle weiter. Zu dieser Zeit bringt die Frau, die ihn immer noch liebt, einen berühmten Psychiater aufs Schloß, der einen letzten Heilungsversuch unternehmen soll. Der Neben buhler von früher begleitet sie. Nun liehe sich über den Fortgang streiten. Die bessere Filmwirkung wäre unzweifelhaft erzielt wor den, wenn der immer noch mittelalterlich gekleidete Graf die Ge sellschaft im Anzug des Gentleman überraschte und den Nebenbuhler stellte; wenn also als Farce endigte, was ernsthaft begann. Das . wäre dem Regisseur mit Pirandello unpathetisch gewesen. Der Graf gibt sich darum in dem Stück zwar zu erkennen, ersticht aber dann sofort heroisch den Nebenbuhler und fallt wieder in den alten Wahnsinn zurück. Veidt hat große Szenen, seine Erscheinung ist faszinierend, fern Gang von sonderbarer Bedeutung. In den Groß aufnahmen übertreibt er die Dämonie. Gräfin Esterhazy, seine Partnerin, kommt durch ihre Rolle zu guter Wirkung. Eine kleine Meisterleistung der Psychiater Hermann Vallentins: ein be leibter Skeptiker mit Brille, der vor dem Mann im Kaiserornat als Privatmann ängstlich zurückweicht und ihn zugleich als Arzt kritisch überschaut. N 3, ca. Satan in Seide. Dieser Film der Alemannia-Licht-' spiele ist um seiner Schlußszene willen beachtenswert. Ein junger Mann hat sich mit dem „Satan in Seide" eingelassen, einer kuriosen Spezies von Tänzerin, die auf den Titeln als Schönheit angepriesen wird, was sie nicht ist, aber gleichviel: sie ruiniert jenen jungen Mann, zieht ihm eine Lähmung zu und bringt ihn auf Selbstmordgedanken. Wo will er sich umbringen? In der Grottenbahn des Praters, ausgerechnet in dieser Grottenbahn, die harmlosen Vergnügungen dient, weil er dort seine erste Geliebte kennengelernt hatte, ein armes Mädchen, das er um des Satans willen verließ. Am Schluß also steht man die Grottenbahn, ein elektrisch betriebenes Vehikel mit einem Drachen vorne dran, das sich für den jungen Mann auf eine Extra fahrt begibt. Er sitzt auf einer Bank mit dem Revolver in der Hand, schöne Angst steht man aus, und das Fahrzeug fährt durch die Grotten, zu deren Seite lebende Bilder sich zeigen, die auto matisch in Bewegung gesetzt werden. Das Mädchen ist in der Grottenbahn angestellt und gerade,damit beschäftigt, die Figuren- gruppen in Ordnung zu bringen. In der einen, die die Heilung eines Krüppels durch eine Wundertäterin darstellt, ist ein Unglück geschehen: der Gipskopf der Wundertäterin ging entzwei. Also muß das Mädchen, um den Schaden zu verbergen, selber die Wundertäterin spielem Der Wagen gleitet vorbei und das Mäd chen heilt wie eine automatische Puppe den Krüppel. Der Selbst mordkandidat, der soeben den Revolver ansetzen wollte, blickt auf und erkennt die frühere Geliebte. Freudiger Schreck: er möchte aufsprinzen, er kann wieder aufspringen, er ist geheilt und alles ist gut. Eine opernhaste Apotheose, wirkungsvoll gefilmt. T a a L. -- EhekonMte Dieser Film der Alem an nia-Licht- spiele ist kunstgewerblicher Art. Er spielt in Räumen, die von diplomierten Innenarchitekten entworfen.sind, und stilisiert einen Stoff aus dem Leben so lange zurecht, bis er nicht mehr lebendig ist. Eine jung verheiratete Frau wird von ihrem Mann mit einem fremden Herrn im Toilettenziyrmer überrascht. Sie hat natürlich die Ehe gar nicht gebrochen, sondern liebt unverändert den Gatten. Der Witz ist nun der, daß jener fremde platonische Liebhaber ihr die Liebe des beleidigten Ehepartners wieder zurück erringt. Er stiehlt ihm ein wichtiges Dokument und gibt.damit der Frau Gelegenheit, ihrem verzweifelten Mann, als Helferin zur Seite zu stehen. Da er im richtigen Augenblick das Dokument seinem Eigentümer wieder bringt, Laut er die von ihm zerstörte Ehe von neuem auf. Eine nette Blufstdse, die nur leider zu breit und mit viel zu vielen Uebergängen gedreht worden ist. Der Witz versandet zwischen Großaufnahmen und Interieurs. Gute Chargen: ein Sekretär und einige Reporter. — In dem Beipro gramm sind zwei hübsche amerir nische Filme wieder ausgenom men. Larry Sem 0 n macht als Ehegatte eine wundervoll trau rige Figur und Buster Keaton kommt mit einer technisch vollendet eingerichteten Wohnung nicht zu Rande. — Geheimnisse überall. Der in der Neuen Lichtbühne gezeigte Film: „Das Geheimnis des Dukon" spielt in Alaska. Das ist so ziemlich alles, was man zu seinen Gunsten aussagen kann. In Alaska gibt es Rentierherden, Schnee, schein bar auch noch Gold und die gleichen Liebesgeschichten wie in zivi lisierten Ländern. Auch ohne die vielen poetischen Texte hatte sich § das erkennen lassen. Es muß eine Strafe sein, in Alaska zu > leben. — In dem anderen amerikanischen Film: „Ihrezweite Ehe„ heiratet ein Mädchen einen vielfachen Millionär. Aber sie ist gar kein Mädchen, sondern eine verheiratete Frau, und außer dem geht sie den Millionen bald mit einem Hochstapler durch. Was dann geschieht, ist so unwahrscheinlich, daß von rechtswegen die Leinwand Platzen müßte, auf der es sich spiegelt. Zum Schluß kommt heraus, daß der erste Mann bereits seit längerem verschieden war, also Bigamie gar nicht vorlag. Reumütig kehrt die Person. wieder zu den Millionen zurück. Und wenn schon. UaaL. --- Unheimliche Nächte. Dieser Film der Saalburg- LichLspiele, mit Konrad Veidt und Reinhold Schünzel in den Hauptrollen, ist mehrere Jahre alt. Es ist gut, daß man ihn wieder einmal ausgenommen hat, denn er zeigt deutlich, wre sehr die deutsche Filmindustrie inzwischen auf den Hund, das heißt auf „Metropolis" usw., gekommen ist. Schünzel der heute in sentimentalen und miserablen Milttärfilmen sich wohl fühlt, rst wirklich ein hervorragender Darsteller gewesen, dem auch anderes zur Verfügung stand als die Gemeinheit des glatten Asphalts. Und Veidt befaß oawals noch die schmale Eleganz und die Dämo nie im Frack, die er jetzt gröber verschleißt. Die früher bescheidene Ausstattung., vor der sich wirklich gekonnte Szenen vollzogen, ist. längst großartigen und kostspieligen Milieus gewichen, in denen nichts von Bedeutung geschieht. Wenn -er alk so dies: daß nicht die Aufmachung den Film macht (oder doch nur zum geringsten Teil), sondern die gute Durchführung eines guten M^uflripts. Man sollte sich den Film ansehen —- er besteht aus fünf Geschichten, deren erste (nach einer Novelle von Anselma Heine) geradezu vorzüglich ist — um zu erfahren, was wir ver loren haben und wohin wir wieder kommen müssen, Kars.