„ Der amerikanische Film „Polizei" veranschaulicht den Kampf Leitmotivs vergegenwärtigt, das zum übrigen Realismus nicht In einigen von ihnen schlägt die Realistik, die das Dasein unverfälscht wiederzugeben meint, in Gestaltung um, die das bloße Dasein aufhebt. Sternberg läßt etwa seine weibliche Hauptfigur eine Hintertreppe hinaufgehen: mit einem Glanz, der bedeutungs voll ist, sticht der prunkhaste Abendmantel von dem Grau der Wände und Stiegen ab. Bei einem opulenten Festmahl der Ver brecherbande wird als Clou des Abends der einst gefürchtete Detektiv hereingeschleppt, der nzwischen den Dienst gekündigt hat und vollkommen ungefährlich geworden ist. Die Herren Schmuggler verhöhnen ihn, und die Dämchen sitzen erwartungsvoll da, als harrten sie auf irgend ein schreckliches Ereignis, das nun ein treten müsse. Wie der geblendete Simson wankt der geschwächte Deteklio durch die Gesellschaft der Frevler, und man hat in der Tot das Gefühl, daß im nächsten Augenblick das Haus zu wanken beginne. Mit erstaunlicher Kunst hat Sternöcrg seine Darsteller durch» paßt. Aber die paar Entgleisungen beeinträchtigen kaum die leib hafte Gewalt, die von den Szenen ausströmt. gebildet. George Bancroft als Detektiv steht gegen den Ver brecherkönig William Powells. Ein meisterhafter Kontrast zweier Figuren. Jener: schwer, brutal, nicht sehr intelligent, mit dem Boxerlachen und dem guten braven Herzen im Hinter grund. Dieser: eine Menjou-Eleganz, die ins Gemeine entartet ist, lauernd, von einer äußerlichen Apathie, die Furcht erweckt. Emt man jenen auch -gern, wenn er einem etwas tut, ss stößt dieser um ss mehr zurück, je gleichmütiger er sich gibt. Zwischen beiden bewegt sich Evelyn Brent, der vom Regisseur schönes, waghalsiges Leben eingehaucht worden ist. Auch die Nebenfiguren sind glaubhaft hingesetzt. — Der Film wird zur Zeit im Frank furter Ufa-Theater gezeigt. der Behörden mit einer wohlorganisterten Alkohol-Schmugglerbande. Geschmeichelt wird der Polizei hierbei nicht. Sie wacht. Razzien großen Stils, ohne zu einem Ergebnis zu gelangen; sie wendet dort plumpe Gewaltmethoden an, wo sie durch List viel eher ihr Ziel erreichte. Josef von SternLerg, der Regisseur, rückt durch den realistischen Stil der Darstellung die Ereignisse in eine geradezu körperliche Nähe. Man glaubt die Personen greifen zu können, weil die Details der Umwelt minutiös ausgearbeitet sind; weil die Fabel weniger komponiert als dem wirklichen Leben nacherzählt Zu sein scheint. So steht es in der Unterwelt von Chicago aus; solche künstliche Spinnweben verschleiern den Geheimeingang Zur Ver brecherwohnung; so gefährdet mag das Leben von Detektiven sein, das alles wird mit einem fanatischen Wirklichkeitseifer gezeigt, der den Zuschauer Zum Zeugen echten Geschehens macht. An manchen Stellen freilich vernichtet falsche künstlerische Absicht das Eigenleben des Stoffs. Ein Unglückssall wird durch schwarze Katzen und Kalender allzu aufdringlich angekündigt, und verschiedene Phasen der entscheidenden Liebesbeziehung sind mit Hilfe'eines -- Ein „Großlustspiel". Diese kriegsmäßige Bezeichnung Hot sich der Film: „Aufruhr im Junggesellenheim" bei gelegt, der zur Zeit im Gloria-Palast läuft. Er verdient sie; denn alle Schwankmotive werden in ihm wie Tanks aufgefahren. Sie richten sich drohend gegen den Zuschauer, ihn zu Zermalmen bereit, wenn er nicht lachen will. So suchen sie mit Gewalt fertig zu bringen, was eigentlich mit Witz hätte erreicht werden müssen. Der aber ist fern; mag auch die alte unverwüstliche Adele Sand rock Posaune blasen und Siegfried Arno seine entzückende lang- nasige Blasiertheit mimisch vollkommen präsentieren. Weitere Größen in diesem Elitekorps des Blödsinns sind Kurt Gereon, der noch nicht den rechten Possenstil gefunden hat, und die reizende , Käthe v. Nagy, die Impertinenz und Harmlosigkeit gut dosiert. Von sämtlichen Prominenten umringt und bedrängt bricht das ! Publikum in der Tat in die ihm kommandierte Lustigkeit aus. Das ! Großlustspiel hat gesiegt. KaeL. Der Teufelsreporter. So nennt sich Eddh Psls in seinem neuesten SensationsfUm: „Im Nebel der Groß stadt", der wenigstens keine Ansprüche erhebt, sondern sich offen zur Kolportage bekennt. Dreizehn Millionärs! öchter aus Amerika sind zu Erpresserzwecken am hellichten Tag in Berlin gestohlen worden, und Eddy stöbert sie auf. Die Fabel ist etwas simpel, aber was ihr an Verwicklungen abgeht, wird durch las Tempo wieder wettgemacht. Eddy saust, springt, chauffiert, klettert und tele phoniert in einem fort hin und her und entfaltet dabei eine wunderbare Gewandtheit des Körpers. Sie nicht minder wie seine jungenhafte Liebenswürdigkeit erinnern an Harrn Piel, besten Vetter er sein könnte. Ueber den Tricks und Kunststücken Eddys werden bis UnwahrschelnUchkeiten um so leichter verschmerzt, als die Regie einige gute Einfälle hat und das Prestiffimo geschickt herausbringt. In deutschen Zeitungsgebäudsn sieht es allerdings Landers aus. kaeL. durch Bilder oder durch die Sprechkunst des Interpreten Zur Er fahrung erhoben worden wäre. Von dem CafL de l'Univers, das übrigens abends ganz uncharakteristisch ist, wurden so gleichgültige Dinge erzählt wie von den anderen Orten. Den Beschluß sollte eine „Reportage" von der Place de lDpera bilden. Sie kam nicht zu stande, da sich die Mikrophone zum Glück endgültig verirrt Zu haben schienen. Es wäre ratsam, wenn der Frankfurter Rundfunk auf solche Aon Grund auf falsch angelegte Vermittlungen verzichtete. Sie find um so peinlicher, als sie Paris betreffen, eine Stadt, die sich kaum den Augen allein, geschweige denn laienhaften Prima- Vista-Berichten erschließt. Ihre Darbietung ist ein Frevel, und nur die ununterrichtete Torhe't kann es wagen, sich derart an l Wser Stadt zu vergreifen. Wenn schon in einer Pseudo-Unmit- Lesbarkeit geschwelgt werden soll, ss täte man besser daran, das RadiopuLMum aus deutschen Städten anzusprechen, deren Umwelt ihm wenigstens so vertraut ist, daß es sich such bei der fragwürdigsten Reportage noch etwas vorstellen Amn. - S. Krakauer.