Die Hauptpersonen sind Lilian Harveh und Willy Fritsch. Jene hält zwischen der Bergner und der Garbo die modische Mitte und stellt etliche hübsche Bilder, die wohlgefälliger sind als ihr Organ; woran die Reproduktion schuld sein mag. Dieser ist ein netter Junge, ganz Deutschamerikaner, mit dem Tee? smilmZ von innen heraus. Georg Alexander gewinnt durchs Sprechen, er ist reizend, wenn er gedehnt rei—zend sagt. Der Frankfurter Dialekt Hans Junkermanns bewegt die Gemüter. Viktor Schwan necke muß immer Bobby rufen; es ist, als sei nicht er der Urheber dieses Wortes, sondern als mache das Wort ihn erst sichtbar. Ein kleines Meisterstück ist Willy Prägers Rabbiner: Gebärdenspiel in Großaufnahme mit dazugehöriger Stimme. Dom Stoff wäre am besten zu schweigen. Ein Operettchen voller altbewährter Motive. Sie scheinen nie auszusterben. Aus der einen Seite österreichische Hocharistokratie, auf der anderen amerikanische Milliarden. Pointe: die kleine Erzherzogin heiratet den Sohn des Autokönigs. So erhält sich der verarmte Adel, so möchte das Kapital sich adeln. Zum Entzücken des Publikums. Warum immer wieder diese läppischen Fabeln? Aber freilich, wenn die Industrie einen Tonfilm mit hohen Kosten herausbringt, will sie ihres Erfolges unter allen Umstünden sicher sein. Je teurer die Herstellung, desto billiger der Geschmack. Hoffentlich kommt bald der Dreigroschen Tonfilm. Starker Beifall am Schluß. Die Darsteller des Liebespaares zeigten sich persönlich. Sie wirkten neben ihren Vergrößerungen auf der Leinwand wie winzige Lebewesen, die man zum ersten Male mit bloßem Auge erblickt. (Der Film läuft im Ufa-Theater Groß-Frankfurt.) Wie alle unter Erich Pommers Leitung entstandenen Filme ist auch dieser gepflegt aufgemacht. Wilhelm Thiele, der Regisseur, scheint in Lubitschs Schule gegangen zu sein, so sicher arrangiert er höfisches Leben. Statisten und Requisiten stimmen, Leitmotive gehen durch, die Nuancen sind abgewogen. Um so schwerer wird man die quälende Empfindung los, daß die ganze Mache zuletzt doch nur Mache ist. Schale ohne Kern, Effekt ohne Gehalt; wie so oft heute bei uns. „Liebeswalzer." Die neue Tonfilmope rette. LLi* Frankfurt, den 21. Februar. Der deutsche Tonfilm macht rasche Fortschritte. Dieser neue hundertprozentige kann sich schon sehen und hören lassen. Er experimentiert nicht nur, er beginnt sich in der Bildklangwelt häuslich einzurichten. » c- "Einmal um Mitternacht...« Auf dieser Schlagermelodie 'st der „Gesang- und Musikfilm" der N e u e n L i ch t b üh n e auf. gebaut. Wie das Motorrad das Auto des kleinen Mannes ist, so ist er der Tonfilm des kleinen Mannes. Er ist nämlich gar kein nchtrger Tonfilm, sondern zwei Sänger im Orchester singen die Schlager und Lieder, die den Leuten auf der Leinwand 'in den Murw gelegt sind, singen in so genauer Uebereinstimmung mit den Frlmftguren, daß in der Tat der Eindruck entsteht, der Film bm Tonfilm, Im übrigen handelt es sich bei diesem anachronisti schen Erzeugnis um ein Volksstück, das lustig anfängt und ohne Erund traurig endet. Ein armes Mädchen (Betty Astor) und em Zu Ruhm gelangter Operntenor, der später seine Stimme ver- lrert (Alfons Fryland), sind die Hauptpersonen. Eine min dere Angelegenheit. Der Gesangspart ist ganz geschickt durch geführt. Uaea. Die Wunder Asiens. - Dc. Mattm Hürlimann, der Herausgeber, der ausge zeichneten Monatsschrift: „Atlantis", hat diesen schönen Reise film gedreht, der Zur Zeit im Ufa-Theater im Schwan läuft. Irr einem kurzen Einleitungsvortrag erläuterte Hürlimann das Thema: er schildert in seinen Bildern nicht das politische Asien, das heute im Vordergrund steht, sondern die alten Kultur dokumente, die Landschaften mrd die bleibenden Eigentümlich keiten der Völker. Nun wohl, auch das ist schon mehr als genug, und vielleicht folgt einmal ein Film über das aktuellere Asien nach. Durch das außerordentlich geschickte Arrangement ist es Hürlimann gelungen, seine "Riesenaufgabe einigermaßen Zu lösen. Er arbeitet mit einem plastischen Erd Modell, auf das die Reiseroute stückweise eingetragen wird; so daß man die sonst ge wöhnlich vernachlässigte Möglichkeit erhalt, stets kontrollieren Zu können, wo der Kurbelmann sich im Augenblick befindet. Die An schaulichkeit wird zudem durch folgenden hübschen Trick erhöht: bewegt sich der Streifen,' der die Reiseroute markiert, auf dem Modell vorwärts, so sieht man gleich hinterher die wirklichen Reisenden auf der wirklichen Route. Mit Dampfer, Auto, Eiseru- bahn usw. Mängeln sie sich von Tripoli über Syrien nach In dien, Ceylon, Nepal, Burma und China. Verwirrend ist die Fülle der Städte, Tempel, Paläste und Votkerscharen, die ihnen be gegnen. Aber durch eine kluge Oekonomie ist es Dr. Hürlimann immerhin gelungen, die Unzahl der Bilder einigennaßen ver ständlich aminanderzureihen und den Eindruck krasser Oberfläch lichkeit Zu vermeiden. Er ist ein vorzüglicher Photograph, -er das Typische festzuhalten weiß; wenn er sich auch kaum je um die feinsten Reize bemüht, die sich nur aus besonderen Perspektiven ergeben. Nicht zuletzt versteht er sich darauf, die Kamera so lang sam wandern zu lassen'^ daß man Zeit hat, das gerade vorge führte Stück Leben voll aufZunehmem Kurzum, der Film gehört zu den seltenen Kulturfilmen, die sich sehen lassen können, weil sie tatsächlich etwas zeigen, das sehenswert ist. Voran geht der Scherenschnittfilm Lotte Reinigers, der ! von Doktor Dolittle und seinen Tieren handelt. Kunstgewerblich, ! aber nett. Kaca. -- ^Chaplin in allen Filmen. I Man hat wieder einmal eins Reihe alter Chaplin-Gr.tesken zu einem FilmganMr („Kar riere") zusammengesetzt. Ihr Anblick Löst nicht nur Freude aus, sondern auch jenes wunderbare Gruseln, das sich überall dort einftellt, wo die Ursprünge großer Werke aus Licht treten. Noch sind die wesentlichen Motive von „Goldrausch" und „Zirkus" nich offenbar; noch stünden andere Möglichkeiten zur Wahl, die nicht zu- späteren Wirklichkeit führen müßten. Eine reizvolle Unentschieden- heit, die aber genau so wie die Kindheit ihr eigenes Daseinsrech- hat. In den Milieus dieser frühen Grotesken ist allein Charlie selber lebendig geblieben Der Rockschnitt der Herren, die Kleide^ und Hüte der Damen das alles steigt gleich den konventionellen Gebärden jener Zeit aus dem Grab hervor und kann nicht gehalten werden. Aber das Stückchen, die zerfetzten Stiefel und das ganze Vagabundenkostüm mit den schlotternden Hosen fahren heute wü: damals jung durch die Räume. So vergänglich sind die Ober klassen im Gegensatz zum Lumpenproletariat; so veralten die ge hobenen literarischen Werke, während die Märchen dauern. Das Märchenhafte, das die späteren Schöpfungen durchdringt, ist schon in den Anfängen zu spüren. Vielleicht, ;a sicher geht es auf die Eindrücke des Kindes zurück, das in »den Straßen Londons zu ! Hause war. Hier mögen ihm die gewaltigen Riesen und die bär tigen Männer erschienen sein, mu denen er sich gleich in den ersten Filmen umstellt. Feig und unverwüstlich tänzelt er zwischen ihnen hindurch; wie ein Gassenjunge, voller Listen und Reflexio nen. Aber der Gassenjunge 'st in Wahrheit ein Prinz aus Nie, mandsland. Prinzlich gleitet Charlie mit seiner Dame über die Rollschuhbahn, er ist in seinem Element angelangt, wahrhaftig, er schwebt der Märchenheimat entgegen. Die minutiöse Feinheit seiner Figur wird zum Gleichnis der höheren Abkunft des Vaga-. i bunden, der in dieser Welt ausgestoßen ist. (Der Film läuft in de«' Frankfurter Camera und den Vieberbau-Lichtspielen.) Lr. Zum Glück darf man sich am Technischen und an einzelnen Einfällen freuen. Daß der Ton reiner als früher klingt, daß die Sprechstimmen, vor allem die der Männer, gut herauskommen, ist noch das Wenigste. Ungleich wichtiger: daß Ton und Film mit unter in einer Weise Zusammentreffen, die nur dieser Kunstgattung eigen ist. Ein Beispiel. Zwei uradlige Damen telefonieren mitein ander, aber während die eine fortschwatzt, hat sich die andere längst von der Strippe entfernt. Man sieht den ausgehängten Hörer und vernimmt zugleich das Geplapper, das sein Ziel nicht erreicht Glanzvoller noch die Einbeziehung des Rundfunks. Zur ,elben Zeit, in der die Hoffestlichkeiten stattfinden, geht es in einem riesigen Bierkeller hoch her. Früher hätte man die beiden Veranstaltungen durch eine einfache Parallelführung miteinander verknüpft, nun aber erweist das Radio seine Völker- und szenenverbindende Kraft. Mitten in das Volksgelage hinein dringen nämlich die Sätze t^s Sprechers, der im Lolalreporterstil die Vorgänge im Schloß be» schreibt. Die Montage wird durch die Dazwischenkunft des Worts nicht gehemmt, sondern gelockert. Wo wäre dergleichen bisher mög lich gewesen? Weder im stummen Film noch im Theater. Daß auch von Gesangsvereinen und Kapellen Gebrauch gemacht worden ist, versteht sich von selbst. Merkwürdig ist, daß die bloßen Geräusche diesmal beinahe künstlicher klingen als die artikulrerten Laute. Verschiedene Dialoge halten zwar immer noch auf, aber im Ganzen sind doch die Gesprächs geschickt eingeschaltet. Kurzum, man weiß, worauf es ankommt, und der Film ist jedenfalls ein Stück Pionier arbeit.