relief des Reichsadlers vorgesehen. Es werden die gedanklichen Motive der .Komposition gewesen sein, die den ReichskunstwarL Dr. Redslob, den Berliner Stadtbaurat Wagner und den Mini sterialdirektor Kießling dazu veranlaßt haben, sich für sie auszu- sprechen. Wäre nur etwas mit solchen Intentionen -getan! Wie faßlich immer sie sind, ihre Durchführung ist zweifellos fragwürdig. Nicht so, als ob es Mies van der Rohe am Können gebräche; aber die Macht, in Symbolen zu sprechen, hängt nicht allein vom künst lerischen Vermögen ab, sondern von Bedingungen, über die der ein zelne keine Gewalt hat. Vielleicht hat der Künstler diese Bedingungen für gegeben erachtet. Daß sie es nicht sind, beweist sein Entwurf.Wider' jede Erwartung gleicht er nämlich gewissen komfortablen Vesti bülen, die der Stolz manchen Großunternehmens sind; wozu noch die Lichtröhren auf der Eingangsseite und die Tür im Hintergrund beitragen, die den Gedanken der Totenkammer halb und halb wieder aufhebt. So schlägt jedes objektiv nicht zureichend fun dierte Pathos in sein Gegenteil um. Aber es ehrt Mies van der Rohe, daß er mit seinen großen Mitteln das Unmögliche versucht hat. Er ist nur und erst dort gescheitert, wo wir alle zwangsläufig; scheitern und mußte wahrscheinlich für seine Person einmal die Er fahrung der Grenze machen. Professor Poelzig hat sich an die Forderung des Preis ausschreibens gehalten und ein unbedachtes Atrium errichtet. Zahl reiche Pfeiler, die oben frei endigen, umgeben einen kleinen Hof, in.dem sich ein Grab befindet. Die Pfeiler sind, offenbar der grö ßeren Feierlichkeit wegen, lang und schlank wie Spargel geraten und stehen nicht nur in keiner Beziehung zur Schinkelschen Außen- architektur, sondern widerstreben ihr sogar. Das Grab, auf das sie herabblicken, ist ein zweifelhaftes literarisches Apercu, das in der Diskussion ums Reichsehrenmal eine gewisse Rolle gespielt hat. Ein Naturgrab, dessen Erde den verschiedenen Schlachtfeldern ent nommen werden soll. Schlimmere Auswüchse hat die bei uns leider heimische Gesühlsverblasenheit wohl selten gezeitigt. Denn das Kriegergrab, in dem niemand liegt, wird gerade durch seinen Natu ralismus zur reinen Dekoration erniedrigt. Es ist weniger ein Symbol als eine peinliche Farge. Und wie hoffnungslos ist der abstrakte Wahn, durch die mechanische Addition der Schlachtfeld erden alle erdenklichen Trauermöglichkeiten befriedigen Zu können! Poelzig hat sich , nicht nur diese glorreiche Rechenkunst zu eigen gemacht, sondern läßt zum Ueberfluß auch'noch zwei mächtige Flammen aus den Eckpylonen der Fassade hervorschießen, die genau so nichtssagend sind wie die Grabkopie. Kurzum, der ganze Ent wurf ist ein gigantischer Leerlauf. Ein Wort noch zur nicht in Vorschlag gebrachten Arbeit von Peter Behrens. Sie ist kalt und kommt dem Thema mit bekannten Mitteln Lei, ohne sich in geistige^Unkosten zu stürzen. Vermutlich hat der Auftrag Behrens nicht recht gelegen. Daher die Farblosigkeit des Projekts und seine überlebte Haltum Hessenow baut das Berliner GyrenmaL Berlin, im Juli. Die Regierungen des Reichs und des preußischen Staates haben sich in dem Wettbewerb um das Berliner Ehrenmal, über den wir hier vor einigen Tagen berichteten, für die Ausführung des Entwurfes von Professor Tessenow entschieden. Man darf sie zu diesem Entschluß beglückwünschen. Von heute vormittag ab sind die eingereichten sechs Arbeiten im großen Saal des Herren hauses öffentlich ausgestellt. Auch ist schon ein Bauzaun um die Schinkelwache errichtet; ein sichtbares Zeichen dafür, daß mit der Ausführung bald begonnen werden soll. Ich möchte, ehe ich auf die von den Gutachtern ausgezeichneten Arbeiten eingehe, die in der Tat auch die besten sind, die all gemeine Bemerkung vorausschicken, daß die Aufgabe eines Ehren mals in unserer gegenwärtigen Situation kaum zu bewältigen ist. Gewiß, man kann pathetische Denkmäler aufrichten und die ihnen zügeschriebene Bedeutung durch irgendwelche Sinnbilder unter stützen — aber hatten wir nicht an unseren Bismarcktürmen genug? Es ist nun einmal so: die positive Aussage ist uns zur Zeit nahezu völlig verwehrt. Weder ertragen wir- sie in der litera rischen Sprache noch in der Sprache der Architektur. Daß die modernen Kirchen wie Getreidesilos oder wie Bahnhöfe aussehen, ist sicher kein Zufall, und ebenso ist durchaus in der Ordnung, daß gerade die reinen Zweckbauten, die nur der nüchternen Praxis dienen, noch am ehesten den Eindruck zweckfreier Gestaltungen erwecken. Sie sind die einzigen echten Monumente der Zeit. Woher das rührt. In Deutschland unter allen Umständen daher, daß wir in bezug auf die wichtigsten Lebensverhältniffe viel zu uneins sind, nm uns in einer Erkenntnis, die alle verbände, wieder zu finden. Sie wäre nicht wirklich für uns. Sie mag erstrebt werden, aber sie ist nicht vorhanden. Nur um eine Notlösung kann es sich also bei dem Ehrenmal handeln. Nicht die beflissene Darstellung seines Gehalts ist geboten — was wissen die meisten Menschen heute vom Tod? —, sondern die äußerste Enthaltsamkeit ihm gegenüber. Eine Gedächtnisstätte für die Gefallenen im Weltkrieg: sie darf, wenn wir ehrlich sein wollen, nicht viel mehr als ein leerer Raum sein. Das eben ist der Anstand des Dessen owschen Entwurfes, daß er nur geben möchte, was wir besitzen. Von den Gutachtern haben ihn Generaldirektor Waetzoldt, Professor Kreis, Ministerial- rat Bchrendt, Karl Scheffler und Ministerialmt Rudelius vom Reichswehrministerium seiner Einfachheit, seiner allgemeinen Verständlichkeit und seiner MbereinstimmM mit dem Schin'kel- bau wegen an erster Stelle empfohlen. Das Kollegium hat sich in diesem Falle (wie auch bei ein paar anderen Entwürfen) von der Auslobung emanzipiert, in der erklärt wird: „Die vorhandene Grundrißanlage und die Zweckbestimmung sprechen dafür, den Mittelpunkt der Gedenkstätte unter freiem Himmel, in einem kleinen Hof, anzuordnen. Der Gedanke einer atriumartigen Anlage ist daher der Lösung Zugrunde zu legen." Eine Vorschrift, deren Befolgung, wie die Beispiele Zeigen, zu keiner glücklichen Lösung geführt hat. Tessenow ist von ihr Zugunsten eines nackten Jnnen- raumes abgewichen, dessen Wände den schönen SteinschniLL der Schinkeff wiederholen. Sonst fehlt es der Halle Ganz an Symbolen und Ornamenten. Das heißt, um nicht zu unter- Lreiben: in ihrer Mitte erhebt sich ein simpler Block, der einen Kranz trägt. Diese höchst unprätentiöse Angelegenheit ruht im Licht, das auf sie aus der kreisrunden Deckenöffnung fällt, deren Gewände mit den Jahreszahlen des Kriegs versehen sind. Außer dem stehen noch zur Rechten und zur Linken des Kranzsockels zwei Leuchter, die dünn in die Luft ragen. Das ist nicht viel, das ist sogar sehr wenig; aber es ist in Anbetracht unseres augen blicklichen Wirtschafts- und Geisteslebens gerade genug. Die gute Bescheidenheit Tessenows hat den Schmuggel mit meta physischer Konterbande Zu vermeiden gewußt und sich auf die würdige Proportionierung des Gedächtnisortes beschränk. Seine Komposition ist vielleicht zu zart, zu empfindungsselig für den Zweck, den sie Zu erfüllen hat. Doch immer noch besser die lautere Privatheit, die sich erlogene Gefühle verkneift, als eine hohl dröh nende Objektivität ohne individuellen Einsatz. Mies van der Rohe, dieser ausgezeichnete VauWnstler, hat sich in das Abenteuer gestürzt, das Tessenow aus richtigen Gründen nicht wagte. Zum Unterschied von diesem unternimmt er es, dem Gedanken des Ehrenmals seine volle Gestalt Zu verleihen. Er will der Erinnerung ein Körpergehäüse schaffen, in dem sie sich wirklich ergehen kann. In solcher Absicht entwirft er einen Lichtlosen Jnnenraum, der nur durch die Fassadenfenster notdürftig erhellt wird. Die Wände der Gruft sind aus dunklem Marmor, und inmitten der Finsternis ist eine Grabplatte mit dem Flach