jener Tauber-Film: „Das lockende Ziel" parodiert, dessen wir uns noch mit Schrecken erinnern. In einer anderen Zwischenszene ge langt ein Sängerwettstreit Zum Austrag, der wie ein Boxkampf aufgemacht ist. Dann kommt Jannings in der Maske Professor Un rats an die Reihe; natürlich hängen ihm die Hosenträger herab Und so fort. Immerhin, manche Einfälle sind reizend. Der Generaldirektor der kuriosen Gesellschaft fährt etwa mutterseelen allein in einem riesigen Autobus vor; die flüsternden Patienten eines Halsspezialisten sollen den Eindruck erwecken, als ob sie Ge sangsschüler seien; verschiedene Stimmen werden während eines Auftritts plötzlich miteinander vertauscht. Aber die Komik ver sandet immer gleich, und im schwatzhaften Konfektionshumor, der nicht weiß, was er eigentlich will, gehen die besten Pointen unter. . Max Hansen singt seine Schlager mit einem Wiener Charme, der nur — offenbar aus Rücksicht gegen das Berliner Milieu — etwas dick aufgetragen ist. Wie er, so machen auch Morgan und Jöken, der ein Bonvivant von einem Tenor ist, die Leinwand zum Kabarett. Einmal taucht im Vorübergehen die Werbezirk auf und gebärdet sich als Marlene Dietrich. Man lacht überhaupt hie und da; das ganze Larifari stimmt aber eher traurig. Außer Paul Nikolaus konferiert noch Werner Fink, der vor kurzem in der -Katakombe" den Ansager spielte. Dort in der Bellevuestraße, inmitten eines jungen Ensembles, standen ihm reizende Unverschämtheiten zu Gebote, die munter durch die Decke der gemachten Schüchternheit drangen. Im Riesenraum und im Smoking ist ihm nicht viel mehr als die Schüchternheit verblieben, und auch der Nikolaus hat keine Rpte bei sich. Es geht ein wenig über Frick her, über die Staatspartei und den Reichstag, aber heilige Gefühle werden nirgends verletzt. Die akustische Täfelung hat einen grauen, indifferenten Ton. Tänze sind wortlos und können das vor den Wahlen besonders empfindliche Publikum nicht leicht entzweien; schwöre es nun auf Hugenberg oder Mahraun. Also wird viel getanzt. Die Diener Gruppe Gisa Geerts hüpft und springt wie in der Sommer frische umher: nette Mädchen in netten Kostümen, aus der guten alten Zeit, mit Gymnastik. Auch Aida Kawakami mimt nicht gerade unsere Wirtschaftsdepression oder moderne Erotik — eine kleine Japanerin, die sich im Silbergewand kultisch windet. Rascher als sie, deren Gebärden einer Zeit angehören, die mehr Zeit als die unsere hat, kommt das Paar Vivian und Darewski vom Fleck, das von Kopf bis zu Fuß auf Salonakrobatik einge drillt ist. Warum heißt Las musikalische Bild Maria Neys ausge rechnet: „Matrosen in Marseille?" Sie sitzt, umgeben von Matro sen mit Zieharmonikas, vor einer Dekoration, die Zwar bunt ist, aber nicht Marseille darstellt, und singt Seemannslieder aus Ham burg. Dazwischen klöhnt sie ein bißchen, und das Ganze nennt sich Choreographie. Eine St. Paüli-Leinwand hätte besser dazu gepaßt. Warum just in Marseille? Für die vielen Snobs vermut lich, denen ein Bouillabaisse lieber ist als die Marseillaise. — Daß man auch ohne die südliche Hafenstadt auskommen kann, beweist Paul O'Montis, dem ein Monokel genügt. Seine geschliffenen Coupletvorträge enthalten sogar einige literarisch^ Pointen. Der Hauptbestandteil des Abends ist das Stück: „Majestät macht Revolution", ein Operettchen von einer Operette. Majestät ist ein guter Junge, der mit einer Amerikanerin... aber die Idee ist so hauchdünn, daß sie zergeht, wenn man sie nur anrührt. Wenigstens hilft sie dem jüdischen Finanzminister Sig'i Hofers auf die Watschelbeine und ermöglicht ein von Gerda Maurus und Fritz Schutz gesungenes, wirklich scharmantes Kartenspiel Duett, das aus der Fabrik von Friedrich Holländer stammt. Aus der Werkstatt zu sagen, wäre ein Anachronismus. Als ÜLM end steigt: „Der Sensationsprozeß Katharina Kreß". W'as geschieht darin? Man lacht. Hans Waßmann lacht, Otto Wallburg lacht, und so bleibt auch dem Publikum nichts anderes übrig, als über den Blödsinn zu lachen. Noch draußen an der Garderobe habe ich einen dicken Steuerzahler lachen sehen. In diesen Zeiten... Auf der Leinwand: Max Hansen, Paul Morgan und Carl Iöken haben sich zu einem im Capitol uraufgeführten Tonfilm: „Das Kabinett des Dr. Larifari" zusammengetan, der eine Art von Ulkrevue ist. Man will von der Leinwand herab in die Breite wirken; schade, daß auch der Ulk so breit wirkt, statt knapp oder gar tief. Ueberdies nährt er sich viel zu ausgiebig von Anspielungen, die gerade in Berlin gängig sind, um in den fernen Provinzstädten sein Ziel Zu erreichen. Rahmenhandlung: das immerfort lustige Trio beschließt, durch die Gründung einer Tonfilm-Gesellschaft reich und glücklich zu werden. Was es mit dieser Gesellschaft auf sich hat, kann man sich ungefähr denken. Ihre Hauptrequisiten sind prunkvolle Büros, eine Zu Poussierzwecken geeignete Sekretärin und mehrere verwegene Mmprojekte, die als Einlagen dienen. So wird in einer Szene Ist es auch nicht glutheiß, so doch immer noch Sommer. Und außerdem hat Herr Robitschek in seinem Programmheft eine ganze Wunderbar von schönen Sachen versprochen. Wir wollen auf die Wintersaison warten und ihn einstweilen zur guten Akustik be glückwünschen. Kabarett und Hperette. Lv Berlin, Anfang August. Auf der Bühne. Herr Robitschek hat sein Kabarett der Komiker um bauen lassen. Ein vertiefter Orchesterraum ist geschaffen, eine neue Täfelung angebracht worden. Aus akustischen Gründen. Der Klein kunstsaal gleicht nun ganz und gär einem Theatergroßbetrieb. Nur achtundzwanzig Tage haben die baulichen Arbeiten gedauert, kaum war die Zeit, richtig zu proben. Herr Robitschek bittet daher um Nachsicht. Die Tonfilmoperetten beginnen eine Plage Zu werden. Immer ! neue kommen zur Welt, die immer die alten sind. Die jüngste, die im! Universum gestartet ist, nennt sich: „Ein Tango für dich". Sie enthält Ungarn ohne Paprika, Schlager, die nicht schlagen, und gleich zwei Jazzsänger auf einmal, deren einer (Willy Forst) auch noch Al Jolsen mit Glück imitiert. Ein zäher Brei aus abgestande nen Motiven, der dem Publikum umständlich eingelöffelt wird. Warum schluckt es stets wieder diese Mixturen, wo es sich doch im Leben vor den Quacksalbern hütet?