Ein guter deutscher Film! 8. ArLeausQ Das Frauenensemble besteht aus Schauspielerinnen und un- Zünftigen Mädchen. Welch ein Glück, wieder einmal unbekannte Gesichter zu sehen statt der hergebrachten Darsteller und Publikums lieblinge, die in jeder Rolle dieselben bleiben. Und noch eine andere Art der Zufriedenheit darf in dem Film ausgekostet werden: diese, daß seine Mädchen keine schablonierten Girls sind, sondern richtige Mädchen. Vielleicht ist die Girlzeit jetzt auch aus der Leinwand vor bei, nachdem sie im Leben längst abgewirtschaftet hat. Aus der Mädchengruppe, die sich wunderschön und wie Zwanglos Zusammen- findet, ragt die Trägerin der Hauptrolle^ Hertha Thiele, hervor. Sie kann ungekünstelt lachen und weinen und hat zwei Augen, die etwas zu sagen wissen — kurzum, das Mädchen besitzt die Anwart schaft darauf, durch eine glänzende Zukunft verdorben zu werden. Neben ihr Ellen Schwannecke, schon versierter im Spiel: ein scharmantes Gemisch aus Befangenheit, Wärme und Impertinenz Dorothea Wieck gibt der geliebten Lehrerin Schönheit und Trauer. Großartig die von Emilia Unda geschaffene Figur der Oberin. Wie sie, aufs Haar der Alte Fritz, mit dem Krückstock die Parade über die Mädchen abnimmt, böse durch die Gänge wandelt und mit, einem Blick Schrecken entfacht: das sind Kabinettsstücke der Charak- terologik Die gesamte Darstellung wird durch eine geschickte Photo graphie unterstützt, die jede Nuance herausholt, ohne sie unnötig zu unterstreichen. Intermezzo der Andacht und der Besuch einer Königlichen Hoheit, fordern zu ihr heraus. Aber die Regie trifft immer scharf die Kontur und erreicht durch die plastische Ausarbeitung aller Gestalt ten, was die zweidimenstonale Satire niemals bewirkte: ^ne Preis gabe dieses Mädchenstiftswesens, die Zugleich seine KenM.chnung ist. Aufgerollt wird es in lose aneinandergereihten Szenen, die voller reizender filmischer Einfälle sind. Der Alltag im Stift und die Potsdamer Architektur interpretieren sich wechselseitig, die große Schulireppe erhält das ihr Zukommende Eigenleben, die Theater episode ist exemplarisch entwickelt und die Mischung der komischen Austritte mit den ernsten und tragischen delikat. Sieht man wie billig von einigen Längen und jenen paar Szenen ab, die wie die LehrerinnenkonferenZ aus dem Gesamtrahmen ein wenig heraus fallen, so bleibt ein vorzüglich abgestimmtes Arrangement, das auch tonfilmisch gut durchdacht ist. Seiner Präzision ist die Durchschlags kraft gerade der kleinen Züge zu danken. Der langsame Abgang der Oberin am Schluß etwa kommt zu ergreifender Geltung, und wenn sie, von den Ereignissen entthront, in den Korridoren schwin det, scheint ein Gespenst von hinnen zu weichen. F.ar Leontine Sagan bat diese saubere Handlung sauber inszeniert. Zum Lob ihrer handwerklich sicheren Negieleistung wüßte ich nichts Besseres zu sagen, als daß sie ein genaues Wissen um die Ausdrucksformen und ein Lines Stilempfinden verrät. Während der Routinier ein solches Sujet bestimmt zur groben Karikatur ver zerrt hätte, überschreitet Frau Sagan nirgends die von der Wirk lichkeit gezogenen Grenzen. Die Oberin bleibt eine mögliche Figur, und das Exerzierreglement, dem die Zöglinge unterworfen sind, ist auch in seimnAusschwei^ noch glaubhaft Es muß nicht leicht gewesen sein, der Farce zu entrinnen; denn viele Episoden, so das * Dem Film ist ein großer Erfolg zu wünschen. Nicht nur seiner Haltung und Ausführung wegen, sondern auch deshalb, weil er in produktionßtechnischer Hinsicht einen verheißungsvollen Anfang bedeutet. Er ist ein Zeichen dafür, daß sich noch gute Kräfte bei uns regen. Berlin, Ende November. Inmitten des Wustes der MMärfilme und der ganzen rein auf Zerstreuung abgestellten Produktion, mit der die Konsumenten von der Filmindustrie mit oder gegen ihren Willen öelresttt werden, Lauchen endlich vereinzelte gute deutsche Filme auf. Dem Pabst- Film: „Kameradschaft", der viel Zu kurz lief, ist setzt rm Capital der Film: „M L dch e n i n Uniform" gefolgt. Eine in doppelter Hinsicht erfreuliche Leistung Einmal darum, werk sie von Geschmack und Anstand Zeugt, die bei uns rar geworden sind: Zum andern darum, weil sie eine Gemeinschaftsarbeit ist. Die Deutsche F i l m - G e m e i n s ch a f t, die unter der künsiterffchen Oberleitung von Carl Froelich steht, erbringt mit diesem ihrem ersten Kollek tiv-Unternehmen den Beweis, daß es noch andere Methoden der Herstellung von Filmen gibt als die der harschenden Filmindustrie. Und in dem Beifall, der während der Uraufführung imcker wieder spontan einsetzte, schwang zweifellos auch die Genugtuung des Publikums über den hier vollzogenen Durchbruch mit. Der Film ist nach dem Bühnenstück* „Gestern und Heute" von Christa Winsloe unter Mitwirkung der Autorin gedreht worden. Sein Thema: die Erziehungsmethoden in einem Stift für adlige Mädchen, die „Soldarenkinder" sind und wieder „Soldatenmütter" werden sollen. Aus den ZustandZschilderungen, die einen Begriff von der furchtbaren Härte der im Internat praktizierten Pädagogik geben, entwickelt sich der Konflikt zwischen dem alten und dem neuen Geist. Jenen, der konservattven Maximen entspringt und uueingestandenem Sadismus bereitwillig Vorschub gewährt, vertritt die Oberin und ihr Anhang, diesen eine der Lehrerinnen, die mit Verständnis und Liebe mehr ausrichten zu können glaubt als mit miii.arischem Drill An sie schließen sich aus Instinkt alle Mädchen an, besonders eines, das zu ihr eine schwärmerische Zuneigung faßt. Die von der Pubertätsleidenschaft geforaerre Belebung, die mit stiller Resignation zurückgedämmt miro, kommt zu Ohren der Oberin, deren drakonische Maßnahmen den Bruch mit der Lehrerin herbei füllen und das Mädchen zum Selbstmord trnben. Nur das Ein greifen der endlich aufsässigen Kinder vermag im letzten Augenblick noch vk doppelte Katastrophe zu nech!r'.?)e:n.