wäre hier auch das Sprichwort: „Steter Tropfen höhlt den Stein" nicht schlecht am Platze gewesen. Einige besonders glühende Verehrer und Verehrerinnen geben sich nicht einmal mit dem Besitz der teuren Namen zufrieden. Sie möchten selber bei den Seligen wohnen, sich im Licht der Jupiterlampen sonnen und jene Höhen erstürmen, in denen das Sternbild Fritsch-Harvey kreist. Aber die Redaktion der „Film welt" stellt sich wie der Engel mit dem feurigen Schwert vor die Pforten der Filmatelierparadiese. „Wenn Sie zum Tonfilm wollen", äußert sie wieder und wieder, „müssen Sie sich zunächst einmal in Sprechtechnik ausbilden lassen." Oder sie stößt aus'Pflichtbewußtsein die verschiedenen Filmfreunde und -ratten einfach vor den Kopf: „Um vor Enttäuschungen Zu bewahren, raten wir von einer Filmlaufbahn ab." Recht so. Ich bezweifle nur, daß der Rat immer nachhaltig wirkt, denn die Gewarnten können sich ja auch auf das oben angeführte Sprichwort berufen, daß zuletzt doch gut wird, was lange genug währt. . . Aus diesem Frage- und Antwortspiel, das regelmäßig mehrere enggedruckte Seiten des Filmmagazins füllt, geht unzweideutig her vor, von welchen Träumen viele junge Menschen heimgesucht wer den. Der Filmkitsch hat sie in ihnen erregt. Er lügt eine wunderbare Oberwelt zusammen, die von lauter Prinzen und Prinzessinnen bevölkert wird, und die Unwissenden verwechseln fortan Sein und Schein und starren wie betäubt auf die höheren Feerien. So werden sie unbrauchbar gemacht und von einem Kampf ab gelenkt, der ihnen vielleicht wirklich zu besseren Daseins bedingungen verhelfen könnte. Die auch dem Film gestellte Aufgabe wäre aber gerade: sie nicht im Banne des Schlafs zu halten, son dern Betörte zu wecken. Indessen, wir scheinen einstweilen noch weit von der Zeit entfernt zu sein, in der allen Filmratten der Filmstar gestochen wird. Ehemännern und Gustav Fröhlich noch nicht einmal zu den Ver lobten gehört; Marlene Dietrich und Hans Albers ein Auto be sitzen. Manche Fragen entspringen der begreiflichen Sorge um das Ergehen der Stars. „Sie können sich beruhigen", so wird einem offenbar aufgeregten Kaffeekränzchen in Neukölln mitgeteilt, „Dina Gralla hat sich nicht erschossen". Dina Gralla ist tatsächlich seit län gerer Zeit nicht mehr Zu sehen gewesen, und wessen Künstlerinnen in ihrer Leidenschaft fähig sind, kann niemand genau wissen. So gut die „Filmwelt" aber auch informiert ist, das Publikum fragt nicht selten mehr, als Zehn Filmwelten zu beantworten vermöchten. „Wieviel die Künstlerin wiegF, haben wir bis jetzt nicht feststellen .können", lautet einer der negativen Bescheide, der immerhin hoffen läßt, daß das Gewicht der Künstlerin später doch noch be kannt werden wird. Die betreffende Künstlerin ist Lilian Harvey. Sie und ihr Partner Willy Fritsch sind geradezu mythische Figuren, mit denen sich die Volksphantasie wieder, und wieder beschäftigt. Da sie in der Vorstellung der Filmliebhaber unzertrennlich zu sammen gehören, können, diese schlechterdings nicht verstehen, daß das Doppelgestirn «neuerdings auseinander gerissen ist. „Später werden Lilian Harvey und Willy Fritsch bestimmt wieder Zu sammen filmen" — oft genug muß die „Filmwelt" Enttäuschte s auf die Zukunft vertrösten. Oder sie sieht sich zu der Erklärung , veranlaßt, daß die beiden Stars trotz ihres gemeinsamen Auf tretens nicht miteinander verheiratet seien, und Lilian Harvey gar nicht daran denke, sich zu vergiften. Wie weit die Heldenver ehrung getrieben wird, ist aus der folgenden Antwort zu ersehen, die sich bemüht, keine Illusion zu zerstören: „Ob Willy Fritsch in der Schule ,gescheit' war, wissen wir nicht, nehmen es aber als sicher an." Jene, die sich selber als „Filmratte Fridel H. Sch.", „Neu gieriger Filmnarr", „Micky Maus aus Hamburg", „Film-Ruth 9695 aus Düsseldorf" titulieren, werden natürlich vom Wissen um ihre Lieblinge allein nicht satt. Können sie die schimmernden Vorbilder nicht mit Haut und Haaren verzehren, so möchten sie doch zum mindesten ein Zeichen in Händen halten, das .ihnen einen Anteil an der Existenz der Jdealtypen gewährt. Sie fahn den nach Autogrammen wie die mittlerweile ausgerotteten Indianer nach Skalps. Zum Glück scheinen sich die Stars darüber klar zu sein, daß sie nicht nur leuchten, sondern auch Unter schriften niederträufeln lassen müssen. „Sämtliche Filmstars," schreibt unsere Auskunftei, „geben Autogramme. Sie können sich direkt an sie wenden. Selbstverständlich ist immer die betreffende Bildkarte und ein adressierter, frankierter Rückumschlag beizu- fügen". Mitunter bleiben die Huldbeweise aus; doch die „Film welt" mahnt die Säumigen oder redet den Wartenden Zu, nicht Zu verzagen. „Daß Gösta Ekmann Ihre Autogramm-Äitte nicht er füllt, tut uns ja aufrichtig leid. Aber leider können auch wir Ihnen nicht helfen. Vielleicht versuchen Sie es noch einmal! Sie wissen doch: „Was lange währt, wird gut!" Unter Umständen Mund um die Mmstars. Lr Berlin, im Mai. Die Filmstars: Wend für Abend ziehen sie am Leinwand horizont Heraulf und beschreiben -glänzende Bahnen. Ihre Jugend kann nicht altern, ihre Schönheit nicht welken. Wien, Heidelberg, Montecarlo, Paris — alle Herrlichkeiten der Welt haben nur den einzigen Zweck, ihnen als Hintergrund zu dienen. Immer erblüht ihnen zuletzt ein Liebesglück und ein Kabriolett. Und weinen sie auch einmal, so werden doch ihre Tränen getrocknet, und dann strahlen sie wieder wie neu. Sie, die so hoch über uns flimmern, scheinen in Kontorräume, Töchterschulen und Fabrikbüros herein, und erfüllen die Wunsch träume zahlloser Stenotypistinnen, Verkäufer, Ladenmädchen und Lehrlinge. Wahnwitz wäre, die Stars in den Achtstundentag zerren zu wollen. Aber sollte es denen, die sich an ihrer über irdischen Pracht erfreuen, nicht wenigstens möglich sein, ein win ziges Stückchen Himmel an sich zu reißen? Es ist Zweifellos möglich. Und zwar ist die Zeitschrift „Film Welt" der Ort, an dem die Sehnsüchtigen das Ziel ihrer Wünsche erreichen. Dieses vielgelesene Magazin, das in den Kinos zugleich mit den Programmen verabfolgt wird, enthält eine Rubrik, die eine Art von Starwarte darstellt. Von ihr aus können die Filmfreunde und Filmfreudinnen in Dortmund, Bautzen, Magdeburg Blicke in die höheren Regionen tun und dabei Einzelheiten erspähen, die man mit dem bloßen Auge nicht sieht. Allerdings sind ihnen manche Fra gen von vornherein verwehrt. Hart erklärt die Redaktion: „Das Alter der Filmstars veröffentlichen wir nicht" und weist jeden zu rück, der sie über diesen Punkt ausholen will. Zum Troste versichert sie allen Einsendern, die das Alter auf eigene Faust zu erraten suchen, daß sie ungefähr richtig geraten hätten, teilt die Geburts tage und Adressen der Künstler mit und verspricht, ihnen Grüße zu übermitteln. Mit einem rührenden Wissensdurst, der sich nur anderen Gegen ständen zuwenden sollte, nähern sich die Ungenannten in den Niede rungen ihren himmlischen Lieblingen. Sie brennen darauf, die von den Stars bevorzugten Blumen zu erkunden, und wir müssen etwa hören, daß Willi Forst ein Freund von Rosen und Nelken ist, während Brigitte Helm Hortensien und Orchideen schätzt. Ich hätte mir das übrigens von Brigitte Helm gleich gedacht, denn sie hat so etwas Exotisches. Ein Filmkünstler ohne Lieblingsblumen ist nach alledem beinahe unmöglich. Und wie verhält es sich mit seiner äußeren Erscheinung, unterwegs' und daheim? „Liane Haid ist blond und braunäugig. Forst und Verebes haben schwarzes Haar und braune Augen", so antwortet die „Filmwelt" einem Verehrer. Auch die Haupttatsachen des Privatlebens gibt sie anstandslos preis. „Sie haben recht," bekräftigt sie, „Henry Stuarts Vater war Schweizer". Man vernimmt ferner: daß Käthe von Nagy von Eonstantin David geschieden ist; Rühmann zu den