ziehen müssen. Es lebe Wallace! 8. Lraeu, uyr. Zum Unterschied von den Stellenangeboten vor mehreren Jahren enthalten die Heutigen kaum noch eine Vorschrift über die Alters» O Außec dieser Verschiebung des Akzents von der Produktion auf die Distribution ergibt sich beinahe von selber, daß gerade jene Kategorien von Arbeitskräften auf Lager bleiben, die in den Zeiten der überstürzten Betriebsrationalisierung besonders erfragt waren. Um von den Arbeitern ganz abZuschen; em Teil des damals großgezüchttten Büropersonals, das man mehr und mehr zur Serienware Zu mechanisieren suchte, kann heute vermodcrn. Dafür sind jetzt die individuelleren Kräfte Trumpf, die das Pro dukt an den Mann Zu bringen verstehen Tr^ insoweit, als die beschränkte Warenzirkulation überhaupt noch Stellenangebote hervorruft. Man könnte froh darüber sein, daß der Zwäng Zur intensiven Bearbeitung des PubMumackerZ sozu sagen wieder Persönlichkeiten entbindet, handelte es sich hei ihnen auch nur wirklich um solche. Aber in Wahrheit be zeichnet der früher gebräuchliche Aufdruck Verkaufskanone ihre Tätigkeit genauer als der Ausdruck Persönlichkeit. Was dieses Wort besagt, geht aus einem Stellengesuch hervor, in dem ein Be werber erklärt, daß er mehrere Sprachen beherrsche, Auslands erfahrungen, Vermögen, nützliche Kenntnisse und Allgemeinwissen besitze, ferner gediegen, zuverlässig, konzilianten Wesens, „mit einem Worte, eine PrrsönlichkeiL" sei. Danach hatten Proletarier wenig Aussicht, eine zu werden. Natürlich dermenden die Stellen angebote den Begriff Persönlichkeit nicht so oft wie die Stellen« gesuche, weil seine freiwillige AneBennung Zu .große Erwartungen hinsichtlich des Gehalts in den Bewerbern erweckte. Dennoch kommt er hie und da einmal vor, und zwar gewöhnlich in Der« bmdung mit Adjektiven wie „erfolgreich" und „repräsenL^ Immerhin mögen die Tugenden, die gegenwärtig hoch im Kurs stehen, auch nicht gerade die Tugenden der echten Persönlichkeit sein, ss ist doch die sonderbare Tatsache zu vermerken, daß der Mensch, insofern er ein bloßer Markenartikel ist, dank der Krise einstweilen Lusgespielt hat. Leider Zu ftinem Nachteil. Jedenfalls überwlegen Inserate, die Vertreter begehren. Sie werden gesucht für den Vertrieb von Wäsche beiderlei Geschlechts, von Silberbarren, die als Vermögensanlage dienen können, von Radio- und Friseurartikeln, von einer Autopolitur und einem Wochenblatt, von Metällwaren, Bcleuchtungskörp^ Kurzwaren, üllerlet Markenartikeln, Ewigen Streichhölzern und Stoffen, Die Vertreter müssen die Waren durch die feinsten Kanäle bis zum Kunden vortreiben, und oft ist sogar ausdrücklich bemerkt, daß auf den Besuch von privater Kundschaft, Hotels, Restaurants und Mittagstischen Wert gelegt wich. Daneben sind zahlreiche Posten für Verkäufer und Reisende (besonders aus der Ksnfettions- und Schuhbranche) ausgeschrieben. Die Besetzung dieser Stellen kommt natürlich gleichfalls der restlosen Erfassung aller Kunden zugute. Der Intensivierung der Käuferwerbung dient ersichtlich auch die ausfällige Nachfrage nach einem anderen Metier. Ich meine das des Dekorateurs. Fenster- und Ladendekorateure werden von Kaufhäusern, Warenhäusern und Einheitspreisgeschäften immer wieder gesucht. Verlangt ist, daß ste eigene Ideen haben und die betreffenden Waren „geschmackvoll und zugkräftig" zur Schau stellen können Durch alle Mittel sinnlicher Verführungskunst sollen die Passanten Zu Konsumenten, die Unschlüssigen zu Tatmenschen umgeformt werden. In den höheren Sphären, die für die Waffen nie in Betracht kommen, hat das Angebot selbstverständlich nicht ganz aufgehört. Manchmal ist eine Direktionsstelle ausgeschrieben,... und immer wieder.' wM«-- Chefs. unterstützt werden. Und für die Höhen wie für die Niederungen gilt dies: daß ein gewisser Bedarf an Spezralisten. stets vorliegt. Oben benötigt man etwa öfters juristisch gebildete Kräfte der SteuMng^ heiten und für das Mahn<M und Beitreibungswesen cder auch VergleiK-Spezialistem Diese Sonderberuse sind die Früchte der Wirtschaftskrise und fallen nicht weit vom Stamm der Not verordnungen. Auch bilanzsichere Buchhalter und Bürochefs haben gelegentlich Was weiter unterhalb liegt, kann aller ¬ dings augenblicklich nur durch ein Wunder gerettet werden. Zum Glück geschichd-es wie durch ein Wunder bisweilen, daß ein" sprach kundiger Korrespondent oder eine perfekte Stenotypistin die An wartschaft auf eine Stellung in irgendeiner Spezialbranche er halten. Für manche Mädchen sorgt , sogar die Natur. Sie brauchen gar keine hervorragenden Kenntnisse zu haben, sondern nur Putten- größe oder Hüfte 96. Dann können sie Mannequins werden und dabei blühen, wie die Lilien auf dem Felds.- ? Mit Edgar Waklare, der im Alter von 56 Jahren in Hollywood gestorben ist, geht einer der populärsten Schriftsteller der Welt dahin. In allen Ländern und Eisenbahnzügen wurden seine Romane gelesen, in vielen Theatern seine Stücke gespielt. Man wußte, daß er Unsummen verdiente, und erzählte sich Schauer geschichten. die ihm selber Ehre gemacht hätten, über seine unheim» liche Produktivität. Wenn ich zum Beispiel in meiner Leihbiblio thek den Mangel an Detektivromanen beklagte, wurde ich regelmäßig mit dem Hinweis aus einen neuen Wallace getröstet. Und dann kam wirklich eines Tages wieder ein Band, aus dessen Umschlag links unten eine endlose Zigarettenspitze prangte, die seinem Gcsicht ent fuhr. Er sah gewitzt und ein wenig grobschlächtig aus und war berühmt wie Odol. Ungefähr 150 Romane soll er geschrieben haben; um von den anderen Sachen, den Dramatisierungen und Verfilmungen, zu schweren. Eigentlich war er also kein Schriftsteller, sondern ein Großunternehmen, das Bücher am laufenden Band produzierte. (Außerdem nannte er noch einen Rennstall sein eigen.) Daß er bei solchen Arbeitsmethoden Typenfabrikate herstellen mußte, ließ sich schlechterdings nicht vermeiden. Eines von ihnen war seine Afrika-Romanserie, in der ein Amtmann Sanders und ein Leutnant Bones die Hauptrollen spielen. Diese spannenden Ge schichten, die zuletzt den englischen Imperialismus verherrlichen, schmecken wie blutiges Roastbeef, enthalten ein kräftiges Lokalkolo rit und erinnern von fern an Kipling. Bekannter geworden sind die Detektivromane, die in ihrer Mehr zahl ebenfalls aus typischen Motiven und Elementen bestehen De Konstruktionselemente werden etwas anders zusammengesetzt, und sofort ändert sich der Titel des Buchs. Das soll kein Vorwurs sein; Denn bei gut eingeführten Massenartikeln wäre ein ständiger Äechsel der Schablonen geradezu eine Fehlspekulatiom Zu den immer wiederkehrenden Zügen gehört unter anderem die Beziehung zwi schen dem Detektiv und . einem Mädchen. Das Mädchen taucht ge wöhnlich unter verdächtigen Umständen in einem üblen Milieu auf, aber der Detektiv entlarvt seine Unschuld und heiratet es dann Zarte Liebe erblüh! in Mordhäusern, und den Schurken ereilt das gerechte Geschick. Auch Verbrechcrbanden hat Wallace schon früh rasch Zusammengezimmert und am Schluß in alle Winde zerstreut. In Scotland Aard muß er wie zu Hause gewesen sein. Obwohl er für die Todesstrafe und die Prügelstrafe eingetreten ist, verrät die aus seinem Betrieb hervorgegangene Unterhaltung stellenweise doch eine Art yön sozialem Gewissen. Ich denke an das Romanschema: „Die drei Gerechten", das später verschiedentlich angewandt worden ist Die Helden dieser Serie sind Männer, dereü Ehrgeiz es ist, einen längeren Arm zu haben als das Gesetz Sie züchtigen, auf skrupellose Weise allerdings, Verbrecher, die ihrer Strafe entgangen sind, und machen es ihnen unmöglich, sich länger ihres Reichtums und ihrer Würden zu erfreuen. Auch m hen erst jüngst erschienenen Bänden: „Der Brigant" und „Der Preller" hetzt Wallace reichgewordenen Gaunern Racheengel auf die Fersen. Entlassene und verarmte Offiziere erblicken ihre Aufgabe darin- das Amt der Justiz auf eigene Faust auszuüben und den Satz zu bewahrheiten, daß unrecht Gut nicht gedeihe. Indem sie aber die Erpresser erpressen, erzielen sie so hohe Einnahmen, daß ihnen der moralische Gewinn leider unter den Händen entgleitet. Wallace ist tot, und viele werden fortan unverrichteter Dinge aus den Leihbibliotheken und den Bahnhofsbuchhandlungen ab- grenze. Wenn es auch manchmal heißt, daß ein Vollkaufmann s .oeren ranceunger eruer s gesuc wr,so tritt doch die Sehnsucht nach der Jugend im allgemeinen spürbar zurück. Man ist abgestumpft gegen die Reize jugendlicher Unschuld, man verlangt nicht einmal selten Herren mittleren Alters. Viel leicht folgt die GleLchgültigkeit gegen das blühende L der Erkenntnis, daß einige Erfahrung dazu gehört, um die Waren auf so und so vielen schwierigen Wegen und Umwegen Zum Kunden zu transportieren. Der Distributions^ erfordert Persönlich keiten, und Persönlichkeiten müssen über eine gewisse Reife ver fügen. Noch inniger hängt allerdings vermutlich die Vernach lässigung des Alters mit der des T a r ifrechts zusammen, das faktisch wo nicht ganz, so doch teilweise Eer Kraft zu treten beginnt. Es ist nur in Ordnung, daß sich auch diese Veränderung in den Stellenangeboten deutlich ausprägt.