Mby FindVerA Ich frage:, hat man in diesen zweitausend Fällen ebenfalls herzigkeit 8. Lraoausr. achten. Diese ihrerseits erblicken in den Passanten nur Käufer oder mildtätige Spender. Der weiße Bäcker scheucht die Kinder fort, die sich an seinen Brezeln vergreifen wollen. Der Zieh Harmonika-Bettler wärmt sich an seiner Musik. Der murmelnde Bettler verwechselt vielleicht in halbem Irrsinn die Menschen mit Steinen und Stützen. Und ein aus der Mauer gequollenes Mütterchen, das am Boden hockt, starrt mechanisch auf die vorbei ziehenden Hosenbeine, Rocksäume und Schuhe. Es ist wohl der Gegensatz zwischen dem geschlossenen, un erschütterlichen Konstruktionssystem urck dem zerrinnenden mensch lichen Durcheinander, der das Grauen erzeugt. Auf der einen Seite die Unterführung: eine vorbedachte, stabile Einheit, in der jeder Nagel, jeder Backstein an seiner Stelle sitzt und dem Ganzen hilft. Aus der anderen Seite die Menschen: auseinandergesprengte Teile und Teilchen, unzusammenhängend Splitter eines Gänzen, das nicht vorhanden ist. Sie können aus Mauern, Trägern und Stützen einen Verband schaffen, aber sie sind unfähig dazu, sich selber zu einer Gesellschaft zu organisieren. Kratz und schrecklich wird durch das vollkommene System toter Stosse die Unvoll- kommenheit des lebendigen Chaos enthüllt. Der Bäcker steht un nütz herum, während die Eisenstützen, die ihn umrahmen, eine Funktion haben, und zum Unterschied von den Wänden, die tragen dürfen, sind die Bettler Ballast. Unmenschlich ist aber nicht nur die Planlosigkeit, mit der die Menschen dahintreiSen, sondern auch planmäßige Konstruktion der Passage. Wie sollte es anders sein, da sie von Menschen erbaut ist? Diese Stützen sehen wie Feinde aus, diese Mauern erinnern an Zuchthäusler, und diese Deckenträger summieren sich zu einem einzigen Alpdruck. Ein System, das so undurchdrungen und verlassen ist wie das anarchische Gemisch der Paffanten und Bettler. Immer wieder packt mich dasselbe Grauen, wenn ich durch die Unterführung gehe. Und ich denke mir manchmal wie zum Trost bessere, schönere Konstruktionen aus. Solche, deren Baumaterialien nicht nur aus Eisen und Backsteinen, sondern gewissermaßen auch aus Menschen bestünden. Dann brauchten sich die Passanten nicht so zu beeilen, und die Musik wäre kein Wink für die Barm- i Wrdjngs wird durch eine--statistische AnMeAbgestöppt, die wie aus Gersehen in einem der Kindes- fluß dieser Nachrichten entnehmen läßt ist unstreitig, die: daß um der Rettung des entführten Kindes willen, das in einer der Mel- Berlin, im März. Dicht beim Bahnhof Eharlottenburg zieht sich unter den Gleisen eine schnurgerade Straße hin, die ich oft passiere, weil an ihr jenseits des Bahndamms der Bahnhosseingang liegt. Ich gestehe, daß ich diese Unterführung nie ohne ein Gefühl des Grauens durchmesse. Es könnte von ihrer Konstruktion herrühren, aber ich glaube nicht einmal, daß sie allein das Grauen verursacht; obwohl sie von einer finsteren Strenge ist, der jede Heiterkeit fehlt. Back steinmauern grenzen die Unterführung ein, verrußte Mauern, die mit zwei Reihen eiserner Stützen zusammen die niedere Decke tragen. Diese Decke besteht aus zahllosen Eisenträgern, die einander in winzigen Abständen folgen und mit unendlich vielen Nietnageln versehen sind. Zwischen ihnen sitzt eine graue Betonmasse, die nicht minder massiv wirkt wie die Träger selber. In der Dämmerung scheint die Unterführung nicht aufhören zu wollen. Die Mauern zu beiden Seiten dehnen sich bis zum Fluchtpunkt, die eisernen Stützen, die an den Rändern der Fußgängersteige eingerammt sind, vermehren sich und werden bedrohlich, und die Decke senkt sich allmählich immer tiefer herab. Eine klirrende Höllerrpaffage, ein düsterer Zusammenhang von Backsteinen, Eisen und Beton, der für alle Zeiten gefügt ist. Viele Menschen eilen durch diese Unterführung. Ich sage eilen, und meine es wörtlich. Denn sei es, daß die Paffanten nach Hause oder zum Zug müssen, sei es, daß ihnen das kellerartige Wegstück Unbehagen einflößt: sie blicken nicht nach rechts oder links, sie machen so rasch, als sehnten sie sich danach, wieder an die Ober fläche zu kommen. Trotz ihrer Hast, die genau so wenig einladend ist wie das durch die Resonanz verstärkte Gepolter der Lastwagen, haben sich in der Unterführung verschiedene Stammgäste an gesiedelt, die hier offenbar Zuflucht vor Kälte und Regen suchen. Zwei eiserne Stützen nahe beim Ausgang umrahmen einen weiß gekleideten Bäcker, der Salzbrezeln feilbietet, die niemand kauft. Tiefer im Innern halten sich mehrere Bettler auf, die von der Backsteinmauer, an der sie stehen und kauern, kaum noch zu unterscheiden sind. Alte, längst verwelkte Mauerblümchen, be schäftigen sie sich damit, irgendeinen Schlager zu dudeln, dem nur die Nietnägel lauschen, oder murmelnd auf eine Gabe warten. Was in mir jenes Grauen hervorruft, ist aber auch nicht eigentlich die entsetzliche Unverbundheit aller der genannten Per- wert. Hier gilt das Menschenleben noch etwas, hier ist die Ent- fsihrung Mss wMzigen Babys Grund genug, um zahllose Land- ' straßen abzusperren, den Küstenschutz zu mobilisieren und die Telegraphen-spielen Zu lassen. Die gesamte Apparamr eines mn — ächtigen Landes rm Dienste » der R ^ e u ttnungg: i « ch y w -ä ü u ßgt l e n M ic M h I t , , wi , e die Mgrate, deren viele sonst den Zweck der Zerstörung haben, " nützlicher, angewandt werden könnten, und finde, daß der Ge- " brauch, - - rr - in - di - es - em - Falle von ihnen gemacht wird, beinahe; schon- quf das-goldene Zeitalter hindeutet, in dem die Maschinen den Menschen Untertan sein werden, statt sie nur auszubeuten und zu yergiMaltig.en. ' - dungdn äucy einmal das „populärste Baby der Vereinigten Staa ten" heißt,.Diele private und sämtliche behördlichen Organisationen. in Bewegung gefetzt worden sM. Hunderttausend Beamte per folgen hunderttausend Spuren; die Seelsorger der verschiedensten " Konfessionen beten von der Kanzel herab für die Wiederkehr des. KindÄ;.. die .Amerikanische. Legion, .die Pfadfinder usw. wollen mit suchen helfen;. die Sender und Zeitungen Amerikas geben in einem Aufruf die Diät und die Medizin bekannt, die .das augenblicklich erkältete Baby nötig hat. Me WnlerMrung. fönen. Ich weiß natürlich, daß sie vorhanden ist. Von den schnellen Passanten hat jeder seine Privatangelegenheiten im Kopf, die ihn daran verhindern, auf die Dauerbewohner der Unterführung zu . Berlin, Anfang März. raub-Berichte stecken geblieben ist. Oder richtiger: nicht .aus Ver- i Der Linderraub im Hause Linübergh scheint zur Zeit die sehen. Denn der Berichterstatter hat sicher die betreffende Mit- Kmerikanische Oesfeutlichkeit mehr zu erregen als der chinMch-s teilung.nur im Jnteresie einer planmäßigen Steigerung des Sen- japLnische Krieg-, oder die' Wirtschaftskrise. Auch die Berliner fationsmertes der ganzen Meldung hinzugefügt. Die Angabe Blätter melden ausführlich, was drüben alle - -Blätter- er- lautet, daß in den,leWn.cheiden Jahren nicht weniger als. füllt. „Warnung vor Polizeihilfe" — „Wichtige Finger- 2 0 0 t) K i n d e r. in Amerika entführt worden seien abdrücke gefunden" — „Geheimnisvoller Hinweis" — „Ueber Ich frage:, hat man in diesen zweitausend Fällen ebenfalls hunderttausend Beamte helfen ihm" - „Er will S0 000 die Machtmittel der Bereinigten Staaten ihrem vollen Umfana Dollar Lösegeld zahlen": so lauten einige Untertitel der "ach ansgeboten, um die notwendige Hilfe zu leisten? Sind zwei- täglichen Bulletins. Die wichtigste Tatsache, die sich dem Ueber- tausendmal Extrablätter der Zeitungen erschienen? Zweitausend mal den Verbrechern nachgeschickt worden? Zweitausendmal die Wirkungen von KanzelgebLtett in Kraft ge treten? Man hat nichts davon gehört, also wird es auch nicht ge- VBen sein. Und doch handelte es sich zweitausendmal um das- /^e. Um entführte Babys, die möglicherweise ebenfalls an Er- U^üng litten und gewiß ihren Eltern so lieb, und teuer waren wie das LindberH-Baby den seinen. Die mangelnde Anteilnahme der Oesfeutlichkeit an den statt-, seM'^stellten zweitausend Mllen ist schuld daran, daß'die" ^lenaktionen für die Bergung dieses A»1. Kindes einen sehr ge» mischten Eindruck hinterlassen. Sie gelten weniger irgendeinem in Dieser Einsatz einer Millionenbevölkerung eines einzelnen einem beson^ KindeL wegen. ist, rein für sich betrachtet, jeder Bewunderung 2;^ Soüdarttatsbewnßtsems, das für alle wert. Hier gilt das Menschenleben noch etwas, hier ist die Ent- Verantwortung empfin ¬ det, ' sonder " n eine Huldigung für den Nattonalhelden, für einen Auserwählten unter Millionen. Sie Leweisens nicht, daß das Menschenleben in Amerika eine hohe Achtung genießt, sie per- E die «nvoch-Waren Proportionen des mit dem Ozean- edelmütigen ^u Me Natron, fähig ist, aber diese megung regt sich hier im Gefolge von Reichtum und Ruhm. ' Ztt den amerikanischen Filmen spielen Kinder seine gewaltige Rolle,Man HM sich an- ihrer Süßigkeit wie an tzuckerstangen, man macht sie zum Mgenstand sämtlicher höhereü Gefühle, So lange aber diese Gefühle nur bei Gelegenheit exzeptioneller Ba bys m die Wirklichkeit eingreifen, ist die Wirklichkeit noch starker Veränderungen bedürftig. ' L Lrae^