MSN zu wirken, sondern erwecken von vornherein den Eindruck der Improvisation. Stapellager voller Gelegenheitsware, die jeden Augenblick aufbrechen können. Aber sie sind nur die fliegende Vor hut eines Ladenheeres, das stets zum Nachrücken bereit ist. Den ausscheidenden Firmen folgen andere, die wie die verschwundenen Md. Manchmal verzichtet der Spuk auf die Maskerade und ent hüllt mit seinem wahren Gesicht zugleich seine Vergänglichkeit. In emer möblierten Parterrewohnung, die offenbar Klubzwecken dient, versammeln sich seit kurzem Abend für Abend tanzende Paare. Man sieht in die Wohnung hinein, man Hörr von außen eine Konservenmufik, die ebenso gedämpft klingt wie das rötliche Licht der Kristallüster, das die Winkel nur streift. Aus den Schat ten kommen private Lederfauteuils hervor, Rauchtischchen, Tep piche — eine verschollene Innenwelt, die von ihren Bewohnern längst preisgegeben worden ist. Stumm und mechanisch drehen sich die Paare im Kreis. Sie sind aufgezpgen wie Marionetten, und klopfte man ans Fenster, so erstarrten sie gleich. Der immerwährende Wechsel tilgt die Erinnerung. Ich wüßte Liese Tatsache nicht besser zu veranschaulichen als durch die Er gänzung meines Berichts über die Teestube und das Cafe. Wäh rend ich in dem Abgrund versinke, der sich dort öffnet, wo die ganze Zeit über das Cafe gestrahlt hatte, entsinne ich mich zum erstenmal wieder der Teestube, die doch schon vor einem Jahr ge schlossen worden war. Ihr grünes, verschlissenes Mobiliar, ihre altmodischen Stiche und ein paar kuriose Leute, die hier regelmäßig verkehrten: alle diese Einzelheiten entsteigen frisch dem Gedächt nis. Ich sehe sie vor mir, ich bin unter ihnen zu Gast. Aber um sie zurückzurufen, hat es erst der Wiederholung eines besonderen Ereignisses bedurft. In der Ueberzeugung, daß ohne.diesen äuße ren Anstoß das alte Lokal mir niemals mehr vorgeschwebt hätte, werde ich noch aus folgendem Grund bestärkt. Jene Teestube ist bald nach ihrer Schließung durch eine ziemlich betriebsame Kon ditorei ersetzt worden, die ich inzwischen nicht selten ausgesucht Habs. Wäre nun der Raum mit der Kraft begabt gewesen, Erinne rungen entstehen zu lassen, so hätten sie mich in der Konditorei zwangsläufig überwältigen müssen. Statt dessen ist mir während der Stunden, die ich in dem Lokal zugebracht habe, seine frühere Daseinsform auch nicht im Traum nachgegangen. Der Konditorei betrieb hat in Wirklichkeit die einstige Teestube nicht nur abgelöst, sondern sie so völlig verdrängt, als sei sie überhaupt nicht gewesen. Durch seine komplette Gegenwart ist sie in eine Vergessenheit ge taucht, aus der sie keine Macht mehr erretten kann, es sei denn der Zufall, über dem sich der Alltag rasch wieder schließt. bleibt das Vergangene an den Orten haften, an denen Lebzeiten hauste; auf dem Kurfürstendamm tritt es ab, Spuren Zu hinterlassen. Seit ich ihn kenne, hat er sich in bemessenen Perioden wieder und wieder von Grund auf ver ändert und immer sind die neuen Geschäfte ganz neu und die von ihnen vertriebenen ganz ausgelöscht. Was einmal war, ist auf Nimmerwiedersehen dahin, und was sich gerade behauptet, be schlagnahmt das Heute hundertprozentig. Ein Taumel, wie er in Kolonialgebieten und Goldgräberstädten herrscht, wenn auch Goldadern in dieser Zone kaum noch entdeckt werden dürften. Man hat vielen Häusern die Ornamente abgeschlagen, die eine Art Brücke zum Gestern bildeten. Jetzt stehen die beraubten. Fassaden ohne Halt in der Zeit und find das Sinnbild des gewichtslosen Wandels, der sich hinter ihnen vollzieht. Nur die marmornen Treppenhäuser, die durch die Portale schimmern, bewahren Erin nerungen: die an die Vorkriegswelt erster Klasse. * Wer sich zu tief mit der Zeit einläßt, altert geschwind. Ein Haus auf dem Kurfürstendamm beginnt dieses Schicksal zu spüren. In seinen Erdgeschoßräumen haben viele Restaurations- und Varietebetriebe ihr Glück probiert, ohne daß es einem von ihnen je gelungen wäre, sich über Wasser Zu halten. Jm Gegenteil, nach gewissen Fristen, die immer enger zusammenschrumpften, find sie alle verkracht oder weitergewandert. Da sich schon seit längerer Zeit niemand mehr in das Haus hineintraut, ist es aus dem Verände rungsProzeß ausgeschieden und lungert jetzt beschäftigungslos herum. Noch prangen Schilder am Gitter. Aber sie sind unnütz geworden, und statt dem Haus Leben zuzuführen, bezeugen sie nur seinen frühen Verfall. Er läßt sich nicht aufhalten, weil das Haus am Gewesenen keine Stütze hat. Niemand widmet ihm einen Blick. Die Zeit nimmt es rasch mit sich fort. es zu ohne