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H:Kracauer, Siegfried/01.01/Klebemappe 1921 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

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Bibliographic data

fullscreen: H:Kracauer, Siegfried/01.01/Klebemappe 1921 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

Monograph

Persistent identifier:
AU00380446
Title:
Ueber Gesellschaft und Einsamkeit. - 1.
Shelfmark:
Schiller-Bibl. I/Garv
G:Schiller-Bibliothek I / II
Originator / Former owner:
Unbekannt
Document type:
Monograph
Collection:
Books and Periodicals
Year of publication:
1797
Material description:
Druckschrift
Einzelne Einheit / Stücktitel, Band
Copyright:
Deutsches Literaturarchiv Marbach
Language:
Deutsch

Full text

Naturwissenschaftliche SchTeib-Lehrmr Mung. In den 
Räumen des ^Lenographiichen Instituts, Bleichstraße 4, führte 
Handelsschullehrer R. Händler eine Schreib-Lehrausstellung 
vor, die einer erfolgreicheren Gestaltung des Schrerbunterrichts 
dienen soll. Der Lehrweg verwertet die naturwissenschaftlichen 
Gesetze, die der Entwicklung der Schrerbtätigkeit für Verkehrs 
schrift und Maschinenschreiben zugrunde liegen. In einer Reihe 
systematischer Darstellungen wird die richtige Hand- und Fiu- 
gerhaltung aufgewiesen, wie sie sich aus der Rücksichtnahme auf 
die Muskulatur und die anatomische Struktur der Hand erg:bt° 
Ein Unterricht nach diesem Verfahren, das überall auf gewöhn 
lich kaum beobachtete physiologische Gesetzmäßigkeiten zurück- 
greift, dürfte sich nicht nur in den Elementarklassen, sondern 
auch bei Erwachsenen empfehlen, die an irgend einem Hand 
übel leiden oder zum Linksschreiben genötigt sind. Händler 
selbst hat mit seinem Verfahren, das gewissermaßen eine An 
wendung des Taylo^systems auf ein begrenztes Gebiet ist, gute 
Erfolge erzielt; seine auch in Buchform niedergelegten Versuche ; 
und Vorschläge erfreuen sich der Zustimmung bewährter Fach- I 
Sie »enlWedenen Schulrelomer". 
Wer die Tagung des Bundes der entschiedenen 
Schulreform«! in Frankfurt besuchte, der kam zwar nicht 
ganz auf feine Kosten, wenn er sich über das Prograunn des 
Bundes im einzelnen systematisch unterrichten wollte, aber er 
lernte doch — was für die Beurteilung einer geistigen Be 
wegung ungleich wichtiger ist — die verschiedenen Führer des 
Bundes von Angesicht zu Angesicht kennen und empfing aus 
ihren mitunter leider zu allgemein gehaltenen Reiben einen 
lebendigen Gesamieindruck ihres Wesens und Wirkens, wie 
ihn noch so gründliche Lektüre der Propagandaliteratur nicht 
zu vermitteln vermag. Es ist nicht leicht, den Mistigen Mittel 
punkt ausfindig zu machen, von dem aus die Absichten der lei 
tenden Männer des Bundes zu verstehen sind. Wie jede revo 
lutionäre Bewegung, so nimmt auch diese von vielen Seiten 
her Ideen auf, die oft schon seit Jahrzehnten bereit liegen und 
nicht selten einander Widerstreiten; ihre Anhänger verschmähen 
es mit Bewußtsein, sich auf ein sachliches Programm ein für 
alle Mal festzulegen, die gesinnungsmäßig innegehaltene Rich 
tung gilt ihnen mehr als das scharfumrissene Ziel, tätige Sehn 
sucht ist ihnen, wie der Bundesvorsitzende, Paul Oestreich, 
es einmal ausdrückte, bereits Erfüllung. 
Trotz einer gewissen Verschwommenheit im einzelnen lasten 
sich aber doch die den entschiedenen Schulreformern gemein 
samen Bestrebungen in ihren Hauptzügen mit einiger Sicher 
heit kennzeichnen Sämtliche Führer und Freunde des Bundes 
teilen zunächst die Ueberzeugung, daß eine durchgreifende Um 
wandlung des Schulwesens in ihrem Sinn« an die Erneuerung 
des ganzen volM-chen Lebens geknüpft sei; sie bekennen sich zu 
einem von sozialem Geiste erfüllten freien Volksstaat, in dem 
— so fordern manche von ihnen — Gemeinwirtschaft an die 
Stelle individuellen Handelsaustausches zu treten habe. Auf 
gabe der neuen Schul« sei, die Jugend zu einer solchen Ge 
meinschaft zu erziehen. Man will also die bisherige Unter- 
rtchtsanftÄt durch eine Gemeinschaft ersetzen, in der Schüler 
und Lehrer, tunlichst unter Einschluß der Eltern, kamerad- 
'haWch zusammenarbeiten, wobei dem Lehrer zwar die kraft 
üner Persönlichkeit erworbene Rolle eines FührerS, nicht 
aber die Stellung eines autoritativ befehlenden Vorgesetzten zu- 
zufallen hat. Gemäß den Forderungen PestalozziS und Fichtes 
müsse weiterhin die heutige Lernschule imrner mehr der Ar 
beitsschule weichen. Selbsttätigkeit auf allen möglichen Ge 
bieten des wirtschaftlichen und des geistigen Lebens statt bloß 
passiver Aneignung des Lernstoffes soll den Schöpserdrang in 
oen Kindern wecken und ste schon in frühester Jugend zum Han 
deln anleiten. Es versteht sich, daß nur die Einheitsschule 
diesem Erzishungsideal voll entspricht. Ihre Einführung soll 
aber nicht gleichbedeutend mit Nivellierung sein; Pro 
fessor Oestreich setzt sich für eine die Individualität 
und die Gesamtmenschlichkeil der Schüler weitgehend berück 
sichtigende Schule ein und schlägt demgemäß vor, auf die ge 
meinsame Grundschule Mittel- und Oberstufen aufzubauen, die 
alle jetzigen Typen höherer Schulen umfassen und so elastisch 
organisiert sind, daß jede Begabungskombination und jede 
Eigenart in ihnen zu ihrem Recht« gelangt. An allgemeinen 
Gesichtspunkten kam bei der Tagung immer wieder zum Aus 
druck, daß die Schulreformer objektiv übergeordneten Zwang 
und feste Bindung an gegebene Formen zu Gunsten freier 
Selbstbestimmung der Schulgmieinschasten ablehnen, wie sie 
auch kollegiale Selbstverwaltung der Lehrerschaft und Eltern»^ 
Vertretungen fordern. Im einzelnen sei noch hervorgehoben, 
daß die Anhänger des Bundes eine elastisch zu hand 
habende Koedukation zum Ziel haben und auf die Ausbildung 
des Körpers wie überhaupt eines normalen Trieblebens be 
sonderen Wert legen. Was das Verhältnis zur Religion an- 
betrifft, so scheint man in den Kreisen der Schulreformer — 
es ist hier schwierig zu urteilen — der Auffassung zu huldigen, 
daß sich die neue Erziehung vor allem die Pflege ehrfürch 
tiger Gesinnung (vor dem menschlichen Körper vor der Ge- 
NKinschaft usw.) und die Förderung einer Religiosität ange 
legen sein lasten muffe, die aus dem gemeinsamen Leben her 
vorgehen soll. 
Abgesehen von mancher, übrigens durchaus nicht immer neuen 
Einzelforderung, mit der man sich einverstanden erflären kann, 
ist das Eintreten für eine vermehrte Hinwendung zur kon 
kreten Lebenswirklichkeit zu begrüßen. Mit der 
Abkehr von abstraktem Lernwissen wie einem rein fachlich ge 
schulten Teilmenschentum und der gleichzeitigen Erziehung zu 
sinnfälligem Wirken im realen Lebensumkreis beschriftet man 
ja nur den Weg, den Goethe in den „Wanderjahren" und am 
Schluß der Fausitragödie bereits als heilsam erkannt hat. Es 
ist v-ührlich an der Zeit, daß der deutsch-idealistische Geist, der 
allzu lange über den Wolken schwebte, sich zur Erde zurückfinde 
und der Forderung des Tages genug zu tun lerne. Bet der 
Arbeitsschule in Hamburg, einer Schöpfung des SchulratS 
Carl Goehe, und zumal der von August Heynzu Neukölln 
geleiteten Gartenarbeitsschule, die als solche sicherlich für Groß 
stadtkinder ein Segen ist, scheint es sich mn Versuche in dieser 
Richtung zu handeln. 
Die geistige Grundhaltung freilich, von der solch« 
an sich sehr verdienstvolle Versuche getragen sind, gibt zu schwer 
wiegenden Bedenken gegen die Durchführbarkeit des Programms 
der Schulreformer Anlaß, und auch verschiedene Punkte des 
Programms selber nötigen zum Widerspruch. Die Bewegung 
krankt vor allem daran, daß sie der Hauptsache nach in der 
Regierung eines überlebten BildungSwesenS besteht, ohne «in 
neues positives und materialeS Bildungsziel an seine Stelle zu 
setzen. Celbstverantwortung der Jugend und dergleichen sind 
rein formal« Förderungen, die der Ergänzung durch ein be 
stimmt umgrenztes, objektiv gültiges BildungSideal bedürften, 
um die für jede Erziehung unentbehrlichen Wertmaßstäbe an 
die Hand zu geben. Dieser Mangel aber wird zu einem kaum 
aufhebbaren Gebrechen dadurch, daß die Schulreformer Autori ¬ 
tät und Zwang prinzipiell entwerten und in jedem festen Form- f 
gefüge nur eine Erstarrungserscheinung zu erblicken vermögen. 
Wie soll man bei einer derartigen Einstellung von subjektivem 
Gemeinschaftswollen W objektiv sicher gegründeter Gemeinschaft 
gelangen? Aus diesem «ine« StrukturfMer der Bewegung 
erflären sich fast alle ihre übrigen Schwächen. Der Gedanke 
etwa, die Schul« vom Kind auS zu gestalten, ist zwar als 
Reaktion gegen frühere Einseitigkeit«: begreiflich, mutet aber 
denn doch etwas sentimental an und verhüllt nur schlecht die 
Abwesenheit konkreter und übergeordneter BildungSgehalt«. 
Die Jugend kann nicht immer von sich aus wissen, was wert 
voll ist und ihr frommt. Die Theorie der Schulreformer, der»! 
zufolge man dem jungen Menschen von außen nichts auf 
zwingen, sondern möglichst nur das ihm Gemäße seinem Geist 
angliedem dürfe, klingt zwar recht einleuchtend, läßt sich aber 
praktisch nicht durchführrn. Es erscheint zum mindesten frag 
lich, ob es nicht auch in moralischer Hinsicht mehr für sich hat, 
wenn der Lehrer gegebenenfalls durch autoritativ« Weisung 
die Schüler zur Aneignung eines ihnen etwa unliebsamen 
Wissensstoffes bestimmt, statt in ihnen durch Ueberredung den 
oft irrigen Glauben zu erwecken, sie fänden sich zu allem allein 
und aus eigener Kraft durch. Kaum mehr als eine Regierung 
des alten Schulsystems ist auch das Ideal der völlig elastischen 
Schule. Gewiß steckt in ihm ein berechtigter Kern, gleichzeitig 
aber verrät es durch sein« Überschätzung der Sonderbeschaffen- 
heiten des Individuums seine Herkunft aus dem Subjektivis 
mus der Romantik, der gerade auf überpersonale, inhaltlich 
bestimmte Normen angewiesen ist, um nicht gemeinschafts- 
sprengend zu wirken. Wohin würde man gelangen, wenn man 
die Eigenart jedes Menschen großpäppeln wollte? Sicher nicht 
zur ersehnten Gemeinschaft! Daß die Forderungen der Schul- 
reformer teilweise auf utopischen Voraussetzungen beruhen, sei 
nur nebenbei erwähnt. Die Produktionsschul« als Erziehungs-> 
verband der Schüler, Eltem und Lehrer in Ehren, aber wir 
haben weder die einsichtigen Eltern, noch die Fülle genialer 
Lehrer, um diese Arbeitsschule in großem Maßstab« zu verwirk 
lichen, und selbst wenn wir sie hätten, wäre damit noch längst 
nicht jene dauernde Hochspannung der Gesinnung verbürgt, die 
nun einmal zur Erreichung einer rein auf Freiwilligkeit ge 
gründeten Gemeinschaft unerläßlich ist. 
Schließlich ein Wort noch zu der von Dr. Siegfried Kä 
me r a u und anderen angestrebten Reform des Geschichts 
unterrichts. Man will nicht nur die Staats- und Kriegs 
geschichte, sondern auch die Darstellung der großes Männer 
hinter einer sogenannten soziologischen Betrachtungsweise ge 
schichtlicher Zusammenhänge zurücktreten lassen, zu der die 
Kinder etwa von ihrem 14. Lebensjahr« an methodisch äuge-
	        

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