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H:Kracauer, Siegfried/01.10/Klebemappe 1931 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

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Bibliographic data

fullscreen: H:Kracauer, Siegfried/01.10/Klebemappe 1931 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

Manuscript

Persistent identifier:
BF00043387
Title:
H:Kracauer, Siegfried/01.10/Klebemappe 1931 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]
Shelfmark:
H:Kracauer, Siegfried/01.10/Klebemappe 1931
Document type:
Manuscript
Collection:
Holdings and special collections
Year of publication:
1931
Copyright:
Deutsches Literaturarchiv Marbach

Full text

Werüner IiMchrM 
Wer glaubt, baß es mit dieser ToriMmproduktian nicht meßk 
Io weiter gehen könne, ist in einem Irrtum befanden: es gebt doch 
so weiter. Zwar klagen hie Produzenten selber über den Mangel 
^nn brauchbaren Manuskripten, und die Mkwzeitschkift'en stoßen seit ^ 
einiger Zeit regelmäßig den SchM nach guten 
aber hie Autoren kommen nicht, und die Manuskript bleiben fern. 
Das muß seine Ürsüchen haben, uO ich Mübe. sie ftnd gar nicht 
sehr verborgen. Solange sie fortwirken, so, lange sich die Industrie 
nicht dazu entschließt, mit dem bisherigen Schlendrian zu bischen, 
werden wir jedenfalls unaufhörlich mit Lheaterimiiationen. Te- 
nören, Operetten und SchlagelstuckknM Ich hätte nie 
für mSgM gehalten, haß es so viele Operetten gibt- Die Tonfilme 
dieses Genres unterscheiden sich nur dadurch, daß in ihnen immer 
die gleichen Schauspieler in denselben Rollen andere Couplets 
singend Damit man sie noch identiftzieren Änn, mW z eigent 
lich fortlaufend^ numeriert werden. 
. ' - » - . - . - 
In dem neuen Carl Froehlich-Ulm: „Ha ns in allen 
Gassen" nimmt Albers einen -Reporter, wie er vielleicht in 
der Romanvorlage Ludwig Wolsfs. vorko^ bestimmt nicht 
in einem wirllichen Zeiwngsverlag. Der amoureuse Vatentkcrl 
perwiSelt sich in eine sensationelle MorMäre, die höchst un- 
smsatiomll. abgewickelt wird.. Albers hat Schmiß; ist keß, knorke s 
und was man nur will doch wenn er sich zum-Gtar solcher- 
Tonfilms hergibt, bringt er sich bald um Kraft und Kredit. Der 
Hintergrund ist mit Genf und den Alpen gefüllt, im Vordergrund 
swird gesungen^ - - 
Nach einem uralten Lustspiel ist der Film: „Geld auf der 
.Straße" arrangiert, der in Wien spielt, dem Wien der Kam- 
I mersänger und der in Kammersänger verliebten Rädchen, Die 
romantische reiche Erbin und der gutmütige elegante Habenichts 
(Georg Alexander) — es ist, als sei niemals ein Weltkrieg ge 
wesen. Wirkte nicht der unvergleichliche Hans M o fe r mit) so 
wäre die ungeschickt inszenierte Geschichte kaum zu ertragen, llm 
sie noch zu dehnen, wird natürlich fortwährend gesungen. 
Statt des Remarque-Films läßt jetzt Hekr Brodnitz im Mozart-- 
.saal den Namon N o v a r r o - Film: „Der jüngste Leut 
nant" spielen. An schlechter . Tausch; aber die GlmprWelle 
trggt die Mitschuld daran. Wenn sie sich so aus Verbieten gew'. hnt 
wie in der letzten Zeit, darf sich niemand darüber wundern, daß 
die Produzenten, Verleiher und Theaterbesitzer ängstlich werden« 
Man produziert und nimmt dann nur noch das Sichere, d. h. die 
gleichgültige Ware. Dem „deutschen Anssken" aber ist mit dieser 
negativen Zuchtwahl am allerwenigsten gedient „Der jüngste Leut 
nant ist ein Helden» und Liebesstück aus navolconischen Zeiten, 
m dem der schöne Novarro sowohl als Held wie als Liebender 
Spitzenleistungen vollbringen muß. Das artet zu Pgrsorcs-Nitten 
und , u Küssen aus, deren Dauer das Premierenpublikum belachte, 
zwischen je zwei Kußperisden werden von ihm Liebeslieder 
gesungen. 
E-n Sondersall ist der amerikanische ExpeditionZUm: „Afrika 
1p richt", der im Berlin Anerkennung und Empörung aukgcM 
hat. Beides mit Recht. Er enthält großartige Ausnahmen, wie sie 
vielleicht noch nie der Kamera zugcstoßen sind; unter anderem einen 
Heüschreckenzug, der an die biblische Schilderung der ägyptischen 
Plagen erinnert. Aber die Leidenschaft, das Unerhörte zu kurbeln, 
überschreitet in ihm die gebotenen Grenzen. Man steht, wie ein Ein 
geborener von einem Löwen hingestrcckt wird und vernimmt Schreie 
der Todesangst: die, Kiiioleute, die in diesem Fall nicht ihren Appa 
rat im Stich lassen,, wirken schlimmer als Kannibalen. Leider hat 
die Filmzensur die günstige Gclegerheit verpaßt, sich einmal aus 
tWigM GrMM eWflMich 
In der gut geleiteten „Kamera" wird dieser Tage der Ruffey- 
film: „Erde" anlausem über den ich seinerzeit bei Gelegenheit 
einer geschlossenen Vorführung ausführlich berichtet habe. Er ist 
Isich- einigen Aenderungen endlich freigegHen worden. Lr« 
Zertrümmerung und KuMu. 
Berlin, rm Januar. 
Me Vokabeln, öle Zur Zeit in Berlin am meisten benutzt 
werden, sind ein ausgezeichneter Beleg für die gegenwärtige 
Geistesverfassung. Der unwissende Ausländer, der sie in einem- 
fort hörte unÄ läse, müßte Zum mindesten annchmen, daß wir 
uns mitten in einem schweren Umsturz befänden. So schlimm ist 
es allerdings nicht, aber die Wirtschaftskrise und die innerpoliti 
schen Schwierigkeiten haben das Gemüt so abgestumpft, daß ihm 
nur noch durch die bedrohlichsten Worts überhaupt Leizukommen 
ist. Wenn die Zaunpfähle, mit denen ihm gewunken wird, nicht 
gleich Gummiknüttel oder Totschläger sind, regt es sich gar nicht 
mehr über sie auf. 
Die Geschäftswelt hat das begriffen. Mit Ausdrücken, die 
jedem Volksgenossen Schrecken einjagen, lädt sie in Inseraten 
und Affrchen zu ihren Inventurausverkäufen ein. Sie 
erklärt in Schlagzeilen den Krieg, prägt Worte, die wie Fanfaren 
schmettern, und übertrW an Vermchtungswillen die ehemaligen 
Tagesberichte. Wer ist der Feind, gegen den sie sich einmütig 
wendet? Der Feind., das sind die Zu hohen Preise. Sie, die 
uns böswillig quälen, werden jetzt in einem Ton angegriffen, der 
seit einiger Zeit sozusagen Zum guten Ton gehört; oder doch zum 
parlamentarischen, nach den letzten Reichstagsfltzungen zu schlie 
ßen. Vielleicht kann man auch wirklich nicht mehr anders gegen 
die Preise an. Daß man ihnen „radikal" Zu Leibe rückt, ist noch 
das Geringste, und ich weiß nicht einmal, ob bei dem augen 
blicklichen Verschleiß an radikalen Deklamationen dieses Ver 
fahren die Preise ernstlich zu erschüttern vermag. Aussichtsreicher 
ist schon, daß viele Reklamen ihnen ein „Knockout" ansagen, das 
immerhin aufhorchen läßt. Dem vom Ring hergeholten Gleich 
nis steht ebenbürtig jenes Versprechen Zur Seite, nach dem sie 
einfach in den Abgrund ,,sausen", ohne erst über ein paar lum 
pige Prozente Rabatt zu stolpern. Ich sehe ordentlich, wie sie von 
kräftigen Leuten mit heraufgestülpten Hemdsärmeln die Treppe 
herunterbefördert werden. Es werden übrigens die gleichen 
Leute sein, die das Wort: „Rrraus damit" wahrmachen, das an 
manchen Schaufenstern angeschlagen ist — dieses Hausknechtswort, 
das die billig gewordenen Waren aus dem Laden verscheuchen 
soll. Gefährlicher noch als ein Hinauswurf ist die „Zertrüm 
merung". Sie scheint die beliebteste Kampfansage wider die Preise 
zu sein und entspricht wohl auch am ehesten dem Denken der 
Masse. In der Tat: nicht leicht konnte eine Parole wirkungs 
voller sein als diese, die an so gebräuchliche Alltagsdinge wie 
Fensterscheiben, Staaten, Atome ruck SprengmiLLel erinnert. 
Die Schlachterr und Boxmatchs sind bisher, wie es heißt, sieg 
reich verlaufen. Wir haben feindliche Preisnester ausgehoben und 
dem Gegner alles in allem schwere Verluste zugefügt. Dennoch 
male ich mir in schwachen Stunden eine glücklichere Zukunft aus, 
m der es bei solchen Anlässen unblutiger zugcht, in der die 
Preise und die Menschen nicht mehr Zertrümmert, sondern mit 
Sanftmut behandelt werden. 
O 
Richt durch die niedrigen Preise, sondern durch die Getränke 
steuer ist in den Berliner Restaurants die Pfennigrechnung 
wieder in Aufnahme gekommen. Ungeachtet der ökonomischen 
Naivität des Sprichworts, nach dem der einen Taler wert ist, 
der den Pfennig ehrt, Lassen sich doch aus der Art, in der die 
Menschen mit den Pfennigen verkehren, Schlüsse Ziehen, die mehr 
als einen Taler wert sind. 
Vsrausgeschickt müssen die unwesentlichen Tatsachen werden: 
daß ich in einer bestimmten Gegend eines weitläufigen Restau 
rants zu speisen Pflege, daß ich täglich dieselbe Zeche mache; daß 
unter den zahllosen Kellnern des Etablissements jeden Tag ein 
anderer dazu ausersehen ist, meinen Tisch zu bedienen. Ich bin 
vermutlich die Reihe der Kellner immer noch nicht durch. Da nun 
viele Gäste ungern mit Pfennigen wirtschaften, haben die Kellner 
zwischen verschiedenen Möglichkeiten die Wahl: entw^er können 
sie die Rechnung bis auf den Pfennig genau präsentieren oder die 
in Betracht kommenden Beträge gleich nach oben aörunden. Je 
nach dem Kellner, der mich bedient, erhalte ich denn auch für 
das gleiche Mahl von einander abweichende Rechnungen. An 
genommen, mein Konsum belaufe sich mit Trinkgeld und Steuer 
auf ungefähr 2 Mark, so müßte ich bald 1.99 Mark bezahlen, bald 
2.02 Mark oder gar 2.05 Mark. Ich habe die Erfahrung gemacht, 
daß die Kellner, die sich mit dem geringsten Betrag begnügen, zu 
gleich die tüchtigsten und teilnehmendsten sind, und halte es nicht 
für unerlaubt, aus diesen Anzeichen auch auf ihre sonstigen ver 
borgenen Qualitäten zu schließen. Die Vertreter der mittleren 
Summe sind MittelsortZ. Was die Vorkämpfer des Maximal 
Programms betrifft, so üben sie ihren Beruf rein geschäftlich aus 
und lassen mich, menschlich gesprochen, kalt. Der winzige Aus? 
schlag um Mei oder drei Pfennig gleicht dem eines Präzisions 
instrumentes, das beträchtliche unsichtbare Schwankungen ver 
zeichnet. 
Ich gestehe, daß ich mich mit der Getränkesteuer halb und 
halb ausgesöhnt habe, seit sie mir die Gelegenheit gewahrt, mich 
während des Essens durch charalterologische Studien zu zer 
streuen. Und es ist mir eine besondere Genugtuung, wenn ich 
schon im voraus errate, ob der Endbetrag 199 Mark sein wird. 
2.02 Mark oder 2.05 Mark. Eine unnütze Spielerei, mit deren
	        

Hinweis zur Vollständigkeit

Die Blätter 89 und 90 fehlen im Original.

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