DLA Viewer Logo Full screen
  • First image
  • Previous image
  • Next image
  • Last image
  • Show double pages
Use the mouse to select the image area you want to share.
Please select which information should be copied to the clipboard by clicking on the link:
  • Link to the viewer page with highlighted frame
  • Link to IIIF image fragment

H:Kracauer, Siegfried/01.06/Klebemappe 1927 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

Access restriction


Copyright

The copyright and related rights status of this record has not been evaluated or is not clear. Please refer to the organization that has made the Item available for more information.

Bibliographic data

fullscreen: H:Kracauer, Siegfried/01.06/Klebemappe 1927 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

Manuscript

Persistent identifier:
HS01309377
Title:
Rilke, Rainer Maria: Notizbuch T12 [Verschiedenes]
Document type:
Manuscript
Collection:
Manuscripts
Year of publication:
1909
Copyright:
Deutsches Literaturarchiv Marbach
Language:
Deutsch
Other titles:
Taschenbuch 12

Full text

Hoffnungen mehr und Ehr als eine Dependance der in der 
Zerstreuung beheimateten Juden, — ein Ableger, der auch 
dann nicht Mittelpunkt ist, wenn er, vielleicht, ein Eigenleben 
wird führen können. Bon zionistischer Seite mag eingewem 
det werden, daß es nur verläufig so sei, und man sich durch 
die Krise das Blickfeld nicht verdecken lasten dürfe. Möglicher- i 
weise macht aber die Krise das Blickfeld erst frei. 
Denn wie verhält es sich in Wirklichkeit mit der vielbe 
redeten Erweiterung der Die ihr einzu- 
gliedernden jüdischen Nichtzionisten werden vielleicht einen 
Bruchteil ihrer überschüssigen Revenuen für Palästina hergeben 
wollen— eine Art von „SentimentalitäLsfonds" 
(dieser vom Referenten geprägte Ausdruck fand im Gespräch 
mit Zionisten keinen Widerspruch), aus den Untiefen rudimen 
tärer Religiosität heraufgepumpt und gespeist auch aus den 
gleichen Feiertagsgefühlen und Rückversicherungs-Bedürf- 
nisten, aus denen Dollarmillionäre sonst Universitäten und 
Bibliotheken zu stiften Pflegen. Sie werden vielleicht sogar 
auerhand kulturelle und sozialistische Experimente zulassen, 
Palästina ist fern — aber Experimente haben ihre Grenzen, 
und daß die späteren nichtzionistischm Anleihezeichner mit 
ihrem wirtschaftlichen Einfluß nicht Zugleich auch den polti 
schen werden geltend machen wollen, erscheint bei vernünftiger 
Beurteilung ausgeschlossen. Hier bestehen die Befürchtungen 
der Opposition zu Recht, nicht umsonst setzt sie sich gegen die 
erweiterte Auflage der zur Wehr. Aller ¬ 
dings vergeblich, da vornehmlich die gegenwärtige ökonomische 
Situation Palästina zwangsläufig zu ihr treibt. 
In einer Unterhaltung äußerte der Arbeiterführer Katz- 
nelson, daß er die palästinensische Arbeiterschaft für stark genug 
erachte, um die antinationalen und betont kapitalistischen Ten 
denzen zu überwinden, die mit der neuen 
vermutlich heraufbeschworen würden. Das eben ist die Frage. 
Es käme auf die Probe an. Indessen ist es wahrscheinlicher, 
daß das nichtzionistische Geldkapital eine stärkere assimilato 
rische Macht beweisen wird als die materiell schlecht unter 
baute zionistische Ideologie. Fest steht jedenfalls schon heute: 
daß die zionistische Organisation hauptsächlich infolge der 
Krise — gewiß nicht nur, weil Artikel 4 des Palästina 
Mandats es so vorschreibt -- den nichtzionistischen Geldmag 
naten den kleinen Finger reichen muß. 
Damit aber ist der Zionismus in ein neues Stadium ge 
beten, das ihn seinen ursprünglichen Erwartungen entfremdet. 
Es ist sehr stille geworden um diese Erwartungen. Herr Arlo- 
sonoff erklärte in seiner großen Rede: . der geistige An ¬ 
griff der zionistischen Bewegung auf das jüdische Volk, wie es 
ist, der Jdeenkampf der Zionisten um die Geister im Juden 
tum, Hai beinahe in allen Ländern faktisch aufgehört". Ein 
wiederholt zugestandenes Erlahmen, das im Zusammenhang 
mit der Wirtschaftskrise auf eine Art von g e istigerKrisis 
Ideologie mitbringen, die wiederum jenen Stellungnahmen, 
ein eigenes Lokalkolorit erteilt. 
Während der Generaldebatte lebten die großen und kleinen 
Verbände sich aus; häufig rabiat und mit parlamentarischem 
Geräusch. Ohne auf Details einzugehen, sei festgestellt, daß 
die „Regierungs"-Parteien, die das Weizmann-Programm an 
erkennen, die überwiegende Mehrheit bilden. Zu ihnen ge 
hören: 
l.das Zentrum, dessen linker Flügel durch die Rich 
tung Kurt Blumenfeld bezeichnet wird (etwa den deut 
schen Linksdemokraten analog), während die amerikanische 
Landsmannschaft mehr auf dem rechten Flügel steht, der in 
der Debatte den stärkeren Akzent auf Industrie und Handel 
statt auf die Landwirtschaft legte. 
2. Die Misrachi, die ein Palästina auf religiös-ortho 
doxer Grundlage fordern und in wirtschaftlicher Beziehung zu 
meist bürgerlich-konservativ orientiert sind. 
3. Die Gruppe der Hitachduth (sog. Volkssozialisten, 
aber keine Marxisten; am ehesten den russischen Sozialrevo 
lutionären entsprechend), deren Führer Arlo soro ff, ein 
ausgezeichneter Redner übrigens, gegen den „Klerikalismus" 
der Misrachi und die nicht allzu arbeiterfreundliche Haltung 
rechtsbürgerlicher Kreise (zumal der Amerikaner) polemisierte. 
4. Die an die zweite Internationale angeschlossene Ar 
beitergruppe PoaleZion, deren HauPLvertreter Berl Katz- 
nelson (seit der russischen Revolution 1905 in Palästina 
ansässig) sich im Interesse der Arbeiterschaft wider die von 
der Exekutive vorgeschlagene Anpassung der Ausgaben an die 
Einnahmen erklärte. 
In der Opposition stehen die verhältnismäßig bedeutungs 
losen Fraktionen der Radikalen und Revisionisten, 
beide nationalistisch geartet. Sie verlangen ein 
schärferes Auftreten gegen die englische Regierung, bekämpfen 
die Erweiterung der als eine Desavouie- 
rung des Zionismus und wollen die Anleihe auf politi 
schem Wege unter Garantie des Völkerbunds zustande ge 
bracht wissen. Sind aber die Radikalen für eine friedliche 
Lösung (ohne „Verteidigungskriegen" abgeneigt zu sein), so 
haben die Revisionisten den militaristischen Tick. Ihr Führer 
Jabotinsky ist ein ins Jüdische herab gemilderter kleiner 
Mussolini. Ein assimilierter Russe, der, bezeichnend genug, im 
Italien des Tripolis-Krieges studiert hat. Er träumt von 
einer Erneuerung seiner jüdischen Legion. In seiner Rede 
trieb er zum Teil eine martialisch-sentimentale Demagogie, 
die in einem krassen Mißverhältnis zur Wirklichkeit stand. 
Unter anderem stellte er die unmögliche Forderung auf, daß 
die Kompetenzen der zukünftigen sich nicht 
auf politische Fragen erstrecken dürften. Aber immerhin, mit 
dieser Forderung wies er auf einen der schwachen Punkte der 
zionistischen Konstruktion. 
Der Stand der 
zionistischen Hemegnng?) 
Eindrücke vom Baseler Zionistenkongreß. 
(Von unserem Sonderberichterstatter.) 
Basel, Anfang Septbr. 
Das Verhältnis zu England. 
Das Verhältnis der zionistischen Bewegung zur eng 
lischen Regierung wurde von Dr. Weizmann in 
der großen Rede, mit der die Generaldebatte schloß, grund 
sätzlich und unzweideutig herausgestellt. Diese Rede war das 
Ereignis des Kongresses. Sie setzte mit polemischer Meister 
schaft die Opposition matt und bekräftigte zugleich die kaum 
ernsthaft bestrittene Autorität Weizmanns — eine Autorität, 
die er nicht zuletzt seinem Sinn für politische Realität danken 
mag. 
Man hat während des Kongresses vielfach Unzufriedenheit 
mit den geringen Fortschritten gegenüber der Mandatarmacht 
bekundet und der zionistischen Exekutive allzu große Zurück 
haltung, wenn nicht gar Schwäche zur Last gelegt. Die zio 
nistischen Nationalisten vor allem, an der Spitze Jab o- 
linsky, redeten in einer Meise, als ständen sie mit England 
auf gleich und gleich. Sie mußten sich durch Weizmann be 
lehren lassen, daß die zionistische Organisation es sich 
schlechterdings nicht erlauben kann, auch nur den ge 
ringsten Konflikt mit England heraufzube- 
schwören. So gewiß die Schaffung der jüdischen Heim 
stätte in Palästina dem Interesse der englischen Politik ent 
spricht, so wenig ist doch noch selbst die englische öffentliche 
Meinung für den Zionismus gewonnen. Weizmann erinnerte 
daran, daß vor drei Jahren sich 160 englische Parlaments 
mitglieder gegen die Palästinapolitik der Regierung erklärten. 
„Für uns," so sagte er wörtlich, „ist Palästina die Ange 
legenheit, für die Engländer ist es nur ein Teil des Teiles." 
Diese Tatsachen sind geeignet, die überschwänglichen Er 
wartungen vieler Zionisten beträchtlich herabzustimmen. Man 
kann eben nicht wie man will, und selbst im günstigsten Fall 
liegt das jüdische Palästina im Schlepptau der englisch e n 
Politik. Zur Besserung der augenblicklichen Situation weiß 
Weizmann nichts anderes vorzuschlagen, als eine intensive Be 
arbeitung der englischen Öffentlichkeit und eine Verstärkung 
der zionistischen Positionen in Palästina, die aber ihrerseits 
wiederum von den politischen Beziehungen zur Mandatar 
macht abhängig ist. Ein Zirkel, ein „verzauberter Kreis", wie 
Weizmann selber zugestand; nicht ohne außerdem noch auf 
die der englischen Verwaltung eigene Langsamkeit hinzuweisen. 
Der Aufbau in Palästina. 
Ueber den gegenwärtigen Stand des Aufbauweicks in 
Palästina wurde der Kongreß durch Colonel F. H. Kish, 
den jetzigen Leiter der palästinensischen Exekutive (während 
des Kriegs englischer Oberst) und vor allem durch Dr. A. 
Ruppin unterrichtet, der lange Jahre als Funktionär 
der Exekutive in Palästina tätig war und zur Zeit Vor 
lesungen über Soziologie an der Universität Jerusalem hält. 
Seinen Darlegungen zufolge befindet sich das jüdische Pa- 
lasiina heute im Uebergang von der Periode der Pionier 
arbeit und der Spenderfonds zu einer Periode -der normalen 
Arbeit und des Leihkapitals. Alle Unternchmüngen sind 
darum künftighin nach dem Grad ihrer Wirtschaft 
lichkeit und Rentabilität zu bewerten. 
Dies vorausgesetzt, ergibt sich im einzelnen für den Auf 
bau das Folgende. Zunächst haben sich, nach Ruppin, die 
Zu schließen erlaubt. Man hört weniger von einer Lösung der 
Judenfrage durch den Zionismus (nur noch Sokolow eigent 
lich verstieg sich zu so fatalen Behauptungen von einer „Ver- 
sachlichung" des zionistischen Denkens. Man ist ideologNch 
lautloser geworden, gedenkt vielleicht auf weltanschaulichem Ge 
biet die gleiche Beschränkung wie auf wirtschaftlichem zu üben. 
Diese Bescheidung wäre nur den Umständen angemessen. 
Denn dem unbefangenen Betrachter wird auch durch den Ver 
lauf des Kongresses bestätigt, daß die Verhältnisse heute an 
nähernd umgekehrt liegen, wie der Ziomsmus in den Zerten! 
seines von der Realität noch nicht beeinträchtigen Ueber-z 
Wvangs wähnte. Nicht die in der Zerstreuung lebenden 
Juden blicken auf Palästina als auf ihr eigentliches Hennat- 
land, sondern PÄSstina enthüllt sich, entgegen-den ziomchschen.
	        

Hinweis zum Volltext

Die OCR-Ergebnisse sind experimentell.

Cite and reuse

Cite and reuse

Here you will find download options and citation links to the record and current image.

Manuscript

METS MARC XML Dublin Core RIS Mirador ALTO TEI Full text DFG-Viewer OPAC
TOC

Image

PDF ALTO TEI Full text Mirador
Download

Image fragment

Link to the viewer page with highlighted frame Link to IIIF image fragment

Citation links

Citation links

Manuscript

To quote this record the following variants are available:
Here you can copy a Goobi viewer own URL:

Image

To quote this image the following variants are available:
Here you can copy a Goobi viewer own URL:

Citation recommendation

Please check the citation before using it.

Image manipulation tools

Tools not available

Share image region

Use the mouse to select the image area you want to share.
Please select which information should be copied to the clipboard by clicking on the link:
  • Link to the viewer page with highlighted frame
  • Link to IIIF image fragment

Contact

Have you found an error? Do you have any suggestions for making our service even better or any other questions about this page? Please write to us and we'll make sure we get back to you.

Which word does not fit into the series: car green bus train:

I hereby confirm the use of my personal data within the context of the enquiry made.