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H:Kracauer, Siegfried/01.06/Klebemappe 1927 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

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Bibliographic data

fullscreen: H:Kracauer, Siegfried/01.06/Klebemappe 1927 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

Manuscript

Persistent identifier:
BF00043383
Title:
H:Kracauer, Siegfried/01.06/Klebemappe 1927 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]
Shelfmark:
H:Kracauer, Siegfried/01.06/Klebemappe 1927
Document type:
Manuscript
Collection:
Holdings and special collections
Year of publication:
1927
Copyright:
Deutsches Literaturarchiv Marbach

Full text

Neu 
hoff- 
junge Mädchen mit Pigment, die sich über den Sport unter 
halten, den sie treiben. Alle treiben sie und strahlen vor Ge 
sundheit; die Sonne. Wie strahlend der Sport die Menschen 
macht, beweist die Geschichte des Herrn Müller. Als M. noch 
Stubenhocker war, geriet er an einem Sommertag in ein Boot, 
das während einer plötzlichen Windstille umkippte. Ein Mann 
vom gegenüberliegenden Ufer sprang todesmutig in die Wogen 
und rettete M. Er gehörte dem C.'er Schwimmverein Nassovia 
an. Statt einer Belohnung nahm er dem M. das Versprechen 
ab, der Nassovia beizutretem Heute ist M. eines der belieb 
testen Mitglieder des bekannten Vereins und von seinem 
Muckertum endgültig geheilt. Längst hat er seinerseits ein 
Mädchen aus den Fluten gerettet und den Herzensbund mit ' 
. 
wer- 
seine 
Sie halten internationale Wettspiele ab. Un 
bekannte Ländchen erlangen durch einen Weltmeister, > der ihre 
Bevölkerung bildet, zum ersten Mal öffentliche Beachtung. 
In den Kulturfilmen bestehen sie aus Volksfesten von land 
schaftlicher Schönheit und Stadions in einer Umgebung. Das 
umgebene Stadion ist immer dasselbe, während die Atann- 
schaften ihre Nationen vertreten. Da sie sich nur durch die 
Farben unterscheiden, könnte man sie vertauschen, ohne daß 
es einer von ihnen merkte. U. F. G. gälte dann als Berlin. 
Auch die Bällchen haben eine Heimat. Ihrer eines, das sich 
bei einem Entscheidungskampf in fernen Landen beteiligte, 
kehrte mitten im Spiel nicht mehr zum Erdboden zurück, son 
dern flog über den Ozean nach Hause. Ein einheimisches 
Bällchen mußte eigens herbeigeholt werden, um in die Bresche 
zu springen. Obwohl es nicht den letzten Schliff besaß, war 
der Ausgang des Kampfes doch 3:2. Die Wettspiele bahnen 
eine internationale Verständigung an, weil die Vertreter in 
den Stadions sich kennen lernen. Sie schlagen sich friedlich, 
die Zeit der allgemeinen Verbrüderung ist nicht, mehr fern. 
Jeder Sieg wird als Nationalsieg gefeiert. Wenn sie wieder 
einmal Krieg führen, kennen sie einander. Der Unparteiische 
pfeift. * 
Sie sparten. 
Von Raen» 
In der folgenden Groteske ist der unbegrenzte An 
spruch des Sports und seine Phantastische Ideologie 
gegeißelt- Aber seine unleugbare Bedeutung als ein 
bestimmender Zug für die Physiognomie der Zeit scheint 
uns durch die groteske Behandlung nickt abgestritten, eher 
bestätigt. D. Red. 
Alte sporten sie jetzt; Winters und Sommers in ihren 
Kostümen. Auch im Herbst, man hört die Blätter nicht mehr 
fallen. Die Sportsaisons, die zahlreicher als die Jahreszeiten 
sind, werden von den Hotels im Zeichen prächtigen Sport 
wetters eröffnet. Der Sport greift in die höchsten Kreise, 
selbst die Könige wohnen rasensportlichen Veranstaltungen bei. 
Das gewöhnliche Wetter ist abgeschafft. Seit der Sport so 
epochal geworden ist, wissen die Menschen endlich, was sie an 
fangen sollen. Es fliegen lauter Bällchen durch die Lust. 
Jeder Sport hat seine eigenen Vereine, von denen er sich be 
treiben läßt. Täglich werden neue Sportarten erfunden, für 
die man sich innerlich entscheiden muß. Lehrreich ist der Fall 
Ziegler. Dieser, Kommis in einem Engros-Geschäft zu A., 
wollte sich erst nach genauer Kenntnis sämtlicher Sportarten 
zur Pflege eines bestimmten Sportes entschließen. Die Un 
möglichkeit, einen vollständigen Ueberblick über sie zu gewinnen, 
brächte seinen Geist in Verwirrung. Tragisches Schicksal 
eines ehrlich Vegeisterungsfähigen. Was haben die Menschen 
früher gemacht, ehe es einen Sport gab? 
Den gewöhnlichen Geist haben sie durch den Sportgeist! 
ersetzt, der volksgesunder ist. Die von ihm Erfüllten sind 'un 
widerstehlich, wenn sie Fußarbett leisten oder Linke landen. 
Auf die rohe Kraft allein kommt es nicht an. Ein einigermaßen 
feinfühliges Bällchen merkt sofort, welcher Klasse die Leute 
angehören, die es gerade bedienen. Am liebsten verkehrt es 
mit Torwächtern, deren Technik von ganz großer Klasse ist. 
-Jahrelang muß gearbeitet werden, bis die Bällchen richtig 
fliegen. Die Sportgeisiigen beseelt der Wille zum Sieg. Da 
sie nicht wissen, was sie besiegen sollen, suchen sie Rekorde zu 
brechen. Auch die unterlegene Mannschaft hat sich wacker 
gehalten, aber der gebrochene Rekord ist so traurig. Immer 
möchten sie siegen, der Wettkampf stählt den Charakter. Ein 
Sportsmann wird beim sonntäglichen Match unter allen Um 
ständen Mut und Ausdauer bewähren, selbst wenn er aus 
Sparsamkeitsgründen auf die Entfaltung dieser Tugenden im 
-Privatleben verzichtet. Die erzieherischen Wirkungen des 
Sports. Je -ernsthafter sich die Menschen um ihn bemühen, 
desto stählerner werden sie. Der erst achtzehnjährige Tanz 
sportler H. verzieht während der Ausübung des Charlestones 
niemals den Mund zum Lächeln. Tagsüber wird er zu seiner 
Schonung in eine Schachtel gepackt. Er lebt unter einer 
Hornbrille seinem Beruf. Was haben die Menschen früher 
gemacht? 
regung di> Farben; nirgends findet es Ruhe Zehntausend 
von Bällchen fliegen am Sonntag durch die Luft- Das Fliegen 
ist auch ein Sport. Der Mittelstürmer ist "vor-r Kindheit an 
Fußballspieler von Beruf, seine Augei sind wMnd. Warum 
Loben dre Massen, eine Farbe muß doch . Keiner denkt 
an das Bällchen. Die Kampfergebnisse der harrenden 
Heimat drahtlos verkündet, sie hat ein Anrecht darauf. Radio 
ist auch ein Sport; auf. allen Dächern stehen Antennen. Ge 
ordnet strömen die Massen zu den Schwergewichtsringern in 
die Stadt zurück. Die SLadioneingänge sind immer so breit, 
daß sich der Strom nicht stauen kann. Nur das Schwimmbad 
ist stets zu klein, es enthält mehr Menschen als Wasser. Das! 
Liegen ist auch ein Sport Sommers und Winters liegen sie 
herum, die Wiesen sind niemals frei. Wenn sie aufstehen, 
schwimmen sie wieder oder begutachten ihre Haut, ob sie braun 
ist. OHrre Pigment Kill keiner mehr leben. Es gibt so viele 
g 2 > ^> > 06 E 
Seit sie alle sparten, möchten sie erfahren warum. Ihre 
Lehrkörper haben sich ausgedacht, daß es für die prozentuale 
Hebung der Volksgesundheit geschehe. Vorher war 
das ganze Volk krank. Die Lehrkörper. Bereits die Säug 
linge tragen durch Gymnastik zum Rückgang der Kindersterb 
lichkeit bei. Jedesmal werden sie kräftiger und schöner. Nicht 
Unrecht sind in den Schulen die Leibesübungen als Haupt 
fach eingeführt, der Leib ist das kostbarste Gefäß, das wir be 
sitzen. Sie üben so viel, daß die Gefäße blinken. Man kann 
es einem jungen Paar schon von hinten ansehen, ob es fleißig 
Sport treibt. Es geht ganz anders durchs Leben, so hoff- 
nungsfroh. Am nächsten Sonntag tritt A. H. C.-Verlin gegen 
N. F. G.-Lhon auf den Plan. Greife, die sich Zu ihren Leb- 
Miten sportlich ertüchtigt hatten, werden von Jahr zu Jahr 
Mnger. Niemand erbt mehr etwas, weil sie stets wieder ihren 
Usd hinäusschieben. Greis Karl K. aus F. schwimmt noch 
heute mit seinen Urenkeln an prächtigen Frosttagen um die 
Wette; fünf Kilometer. Er bildet die Zierde sämtlicher 
Hygiene-Ausstellungen, auf denen er sich besichtigen läßt. Von 
den Gräbern, die ihm in Musterfriedhöfen unentgeltlich zur 
Verfügung gestellt worden sind, gedenkt er in absehbarer Zeit 
keinen Gebrauch zu machen. Wenn es so weiter geht, werden 
sie unsterblich. Dann können sie immer sparten. 
K 
Beine. Der Grad der Berühmtheit wird nach Bruchteilen von 
Sekunden gemessen, eine andere Unterscheidungsmöglichkett 
haben sie nicht. Kein Glied ist zu gering, auch die Fäuste oder 
die Tennisschläger können sich einen Namen erwerben. Der 
Kopf fitzt einfach darauf. Man beabsichtigt zur Zeit, einen 
Kopfsport zu erfinden. Wir denken noch zu viel. Ost ver- 
hilft ein winziges Sportglied ganzen Mannschaften zu An 
sehen. A. H. C. Die Meister werden nach dem jüngsten Sieg 
von dem Präsidenten empfangen, der ihre Beine als leuchten 
des Vorbild hinstellt. Das Bällchen wird im Museum auf 
bewahrt. In den illustrierten Zeitungen sind sie vor einer 
Innendekoration mit Kind zu sehen. Das Heim. Was ein 
rechter Meister ist, hat ein photographiertes Familienleben. 
Die illustrierten Zeitungen werden immer dicker, weil immer 
neue Sportgrößen entstehen. Die berühmte Ellinor 
Fischerlag noch bis vor kurzem ihrer stenotypistischen Tätig 
keit ob. Niemand hätte in dem stillen blonden Mädchen die 
werdende Springerin vermutet, die bei günstigem Schneefall 
unablässig sich vervollkommnete. Eines Tages meldete Ellinor 
sich krank. Der Chef, der, Erholung suchend, um diese Zeit im 
winterlichen Hochgebirge verweilte, mußte in der Siegerin 
einer gerade fälligen Springkonkurrenz seine kranke Angestellte^ 
erkennen. Unfähig, die Bedeutung des Sportereignisses zu! 
würdigen, entließ er die neue Meisterin, statt sich ungesäumt 
mit ihr zu verloben. Zu ihrem Glück; denn er machte bald 
darauf betrügerischen Bankrott. Die schöne Ellinor aber 
stürmte in der Gesellschaft eines reichen Portugiesen von 
Punkten zu Punkten. Alle Rennbahnen sind für die Tüchtigen 
frei. Die Koryphäen verdanken ihre Verbreitung der Tat 
sache, daß der einfache Mann jedes Volkes Punkte abzählen 
kann. Wenn die Schriftsteller mit den Sportgliedern dächten, 
würden sie in Großaufnahme gezeigt. Was haben die illu 
strierten Zeitungen früher obgebildet? 
ihm geschlossen. Der Retter von damals geht bei den 
vermählten aus und ein. Auch die junge Frau blickt 
rmngsfroh in die Welt. 
Ihre Körper machen Punkte, durch die sie berühmt 
den. Je schneller einer läuft, umso weltbekannter sind 
* 
Sie haben Stadions angelegt wegen der Massen. Alle i 
wollen sie dabei gewesen sein, der Präsident wird erwartet. 
Die Autostraßen nach den Stadions sind schon am frühen 
gesperrt; unser Verkehr. Das Autofahren ist auch ein 
Sport, fvde Wagensorte verunstaltet ihr eigenes Klubessen 
Die ganze Welt haben sie mit Bahnen überzogen, auf denen 
sie rennen können. Der Präsident sieht vorzüglich aus, wäh 
rend die Massen mit Genugtuung empfinden, daß sie anwesend 
sind. Unter Zehntausenden tun sie es nicht mehr. A. H. C.- 
Berlin und U. F. G.-Lyon kommen bei prächtigem Sport 
wetter in Weiß und Orange hereingeeilt. Der Unparteiische 
hat?s gut, er darf pfeifen. Das Bällchen verwechselt vor Auf-
	        

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