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--- Der letzte UMemV-ASerch. Die Reihe der von der Studen
tenschaft veranstalteten Rußland-Wende fand Donnerstag mit
einer der russischen Dichtung gewidmeten Veranstaltung
ihren schönen Abschluß. Karl Ebert vom Schauspielhaus las
aus den Werken Turgenjews, Gogols und Dostojewskis und er
wies wieder, welch großer Vortragsmeister er ist. Von Turgenjew
gelangten einige seiner kleineren Prosagedichte Zur Wiedergabe,
unter denen besonders „Das Dorf" und „Die Tauben" hervor-
ragten. Wunderbar eindringlich gestaltete Wert jenen berückenden,
beinahe heidnisch-efftatischen Lobaesang Gogols auf den Dnjepr,
den großen Dnjepr, der weit die Lande beherrscht und keine andere
Macht neben sich duldet. Der Fluß verwandelt fich in eine Gott-
Leit, die Anbetung herscht und majestätisch sich kundgibt. Gogols
klassische Novelle „Der Mantel" wurde durch Ebert zu einer Offen
barung. Das Leben des Akaki Akakiewitsch zog vorüber, dieses armes
gedemütigte Leben, auf das nur einmal ein flüchtiger Lichtglanz
durch den Mantel fiel und das dann unterging, ohne daß irgend
jemand nach ihm fragte — nein nicht unterging, sondern noch ein
mal auferstand und sein spukhaftes Wesen trieb, weil so entsetzlich
das Leben eines Menschen einfach nicht enden darf. Ebert schöpfte
den tiefsten Gehalt des Werkes aus, unter der Hülle überlegener
Ironie quollen Mitleid, Erbitterung, Grausen hervor. Zum Schluß
las der Künstler noch Dostojewskis Novelle „Der Traum eines
lächerlichen Menschen", die vom Sündenfall handelt und den Glau
ben an die Menschen verkündet. Echtester Dostojewski, aber nicht
zu den besten Schöpfungen gehörig, weil zu reflektierend und welt
anschaulich. Die Reflationen wurden eingerahmt durch Gesang-
und Klaviervorträge aus den Werken von Glinka und Tschaikowski,
um die sich Frl. Kuper und die Herren Dr. Naumarin, Dr.
Küttnerund Lechno verdient machten. Herr W Salsmon
wirkte als Begleiter mit. Lr.
--- Weltbund für FreundschsfLsarbeit der Kirchen. Die Frank-
Mer Ortsgruppe- der Deutschen Vereinigung des Mltöunds für
^reundschaftsaröeit.der Kirchen verunstaltete vor einigen Tagen
eine Versammlung, in der verschiedene Redner Rechenschaft über ois
Ziele und dre Tätigkeit des Bunds ablegten und zur Mitarbeiter
schaft ernluden. Die erste Ansprache hielt Pros. Rade (Marburg),
der ab- die Aufgabe des Bunds die Sammlung der Kirchen durch
Besinnung, auf den gemeinsamen Besitz bezeichnete. Die Zer
splitterung der Protestanten im Krieg, die ethische Todfeindschaft
Zwischen ihnen muß jetzt in langsamer, stiller Arbeit überwunden
werden. Da die Frage der Schuld am Krieg als eine sittlich-religiöse
Frage sich fruchtbringend nur auf christlich-kirchlichem Boden er
örtern läßt, wirb es mit zu den Verpflichtungen des Weltbunds ge
hören, gerade hier zwischen den Völkern vermittelnd Zu wirken
und alle Diskussionen über die Schuld in wahrhaft christlichem,
Geist zu führen. Die Leistung solcher Versöhnunasaroeit wird .
freilich durch den Chauvinismus innerhalb der christlich-kirchlichen.
Miss erschwert. Mission des Weltbunds ist es auch, in die Men-
Wät der fremden Völker einzudringen und ein Verständnis für
Me Eigenart Zu gewinnen. Verbindungen mit kirchlichen Grup
pen und religiösen Gesellschaften in England, Amerika, Frankreich
sind schon wieder angeknüpft. Frl. Lic. Carola Barth gab einen
Ueberblick über die Entstehung des Weltbunds. Schon 1907, bei
Gelegenheit der Haager Friedenskonferenz, setzten di^ Bestrebungen
ein, die späterhin zur Gründung führten. Diese selbst erfolgte am
2. August 1914 in Konstanz, also zu KAegsbe^nn. Der Bund
hat die schwere BelastunDprobe durch den Krieg ausgehalten und
Großes geleistet. In Deutschland arbeitete eine Auskunfis- und
Hilfsstelle für Ausländer in enger Verbindung mit der gleich
namigen Stelle in Enghand, deren Protektor der Erzöischos von
Canterbury war. Die Red nenn rühmte die wanne Hilfsbereit
schaft der englischen Gruppe für die deutschen und österreichischen
Gefangenen. Gerade weil die offiziellen Kirchen in Deutschland
und Frankreich zumal sich vorerst ablehnend gegeneinander verhal
ten, muß der Weltbund, der sich noch in starker Minderheit befindet,
auf Vereinbarungen zwischen den ehemaligen Gegnern hmcwbeitem
Die offiziellen Stellen selber wünschen dieser Pioniertätigkeft freier
Gemeinschaften und einzelner Persönlichkeiten Erfolg. Prediger
Theophil Mann legte dar, daß der Weltbund die empirischen
Kirchen in ihrer Mannigfaltigkeit meint, und daß diese Mannig
faltigkeit von ihm anerkannt und ihre Einigkeit in Christus von
ihm geglaubt wird. Zunächst will der Weltbund die Einzelnen
sammeln und Zum Gewissen ihrer Kirchen machen. Der Charakter
des Bundes ist nicht eigentlich international, sondern übernational,
da alle seine Bestrebungen auf der Anerkennung der selbstverständ
lichen Zugehörigkeit zur Volksgemeinschaft beruhen. An die Vor-
träge schloß sich eine kurze Diskussion an._-
DranklurLer Angelegenheiten.
Bund der Erneuerung wirtschaftlicher Sitte und
Verantwortung. ,
Am Freitag wurde in der Gcfchlechterstube deS Römer- eine
Frankfurter Ortsgruppe des Bundes der Erneueruna wirt
schaftlicher Sitte und Verantwortung gegründet- Eingeleitrt
wurde der Abend mit einem Vorlrag von Pros. Vselcker, der
über die Grundlagen unserer Lebenshaltung nach dem Krieg
sprach. Als Deutschland schon einmal darniederlag, ss begann
! der Redner, da erstand ihm in Fichte ein Mann, der es unermüd-
- lich dazu ermähnte, sich nicht müßig dem Schmerz Zu überlasten,
sondern aus diesem Schmerz die Kraft zmn Entschluß, Zur Tat
zu ziehen Auch für uns gelten die Worte dessen, der einst durch
seine Reben die deutsche Ration aufgermteit hat, zuvor aber
müssen wir in aller Klarheit erkennen, wie nun unsere Lage
eigentlich beschaffen ist. Aus einem wohlhabenden Volk sind wir
ein armes Volk geworden, und die Wirkungen des Kriegs wir des
Verfailler Vertrags werden sich immer deutlicher in unserer gan
zen Lebenshaltung, m unserer privaten Wirtschaft ausprägen. Vor
dem Krieg konnten wir Dank unserer materiellen Lage, es uns
leisten, große Mengen von Luxuswaren wir Gemälde, Films
Zigaretten, Edelsteine usw. aus dem Ausland zu beziehen. Und
heute? Wir haben jetzt unsere Handelsflotte verloren, mit Berg
werken und Waldbestäuden wird Raubbau getrieben, unsers Edel
metallvorräte sind zussmmengeschmolzen, unsere ^schirren und
Gebäude abgenutzt. Hinzu kommen die ungeheuren Verluste an
landwirtschaftlich nutzbarem Boden, an Bodenschätzen wis Kali
salzen, Eisenerzen und den für unsere Industrie unentbehruchen
Steinkohlen, hinzu kommen nicht zuletzt die phantastischen Ein-
schädigungssorderungen der Alliierten. Industrie und Landwirt
schaft gehen zurück, die Einkünfe aus den Frachten fallen sott,
wir müssen überhaupt in Zukunft mit einem viel ge
ringeren Einkommen rechnen. Jedermann müßte hieraus die
erforderlichen Schlüsse Ziehen. Slau dessen erleben wir das trau
rige Schauspiel, daß heute Luxuswaren, wie Hüte, Parsümerien
und Schölünitk^ ja so-aar K'-nderspielzeug m<br denn je einge-
fühn werden, daß'der Zigarettenbezug aus dem Ausland unheinr-
lich anschwillt, um von dem Import überflüssiger Genußmmel wie
Cognak, Südfrüchten usw. gar nicht zu reden. Kein Wunder, das
vrele Ausländer zu dem irrigen Glauben verführt werden, der
Reichtum Deutschlands sei unerschöpflich Hier tut Besinnung tut
Handeln not! Unsere Einfuhr ist auf die notwendig st e n
Güter Zu beschränken, Luxusbefriedigung schädigt heute das
gebinwohl. Wir werden uns wieder au die einfachen Eilten un
serer Großväter zu gewöhnen haben, und znnrr nw.ß jeder Einzelne
von uns zur Tat schreiten und in seinem Kreise für die Atte Sache
wirken, denn nur so können wir das köstliche Erbe unseres Deutsch
tums erhalten.
Alsdann legte der Vorsitzende Dr. Friedrich
Raab die Ziele dar, die sich der Bund gestellt
hat: Nicht nur, um unser Gesicht dem Ausland Menüber
zu wahren, sondern auch auH Gründen der Gerechtigkeit und der
persönlichen Würde haben wir unsere Lebensführung so zu gestalten,
daß äußerste Einfuhrbeschränkung ermöglicht wird, und alles auch
wirklich aus dem Lande hinausgehl. was ausgeführt werden kann.
Aber nicht so sehr auf Reden und Plakatekleben kommi es an, viel
mehr Handel! es sich darum, durch die Tat der im Bunds Vereinten
ein Beispiel Zu geben, um so den vielen Menschen, die zu einer
bescheidenen Lebenshaltung gezwungen sind, einen imneren Rück
halt Zu gewähren. Der Bund will Menschen aller Parteien,
aller "Konfessionen und aller Berufsschichten
für feine Ziele gewinnen, was auch in der Zusanimusetzung des
Ausschusses zum Ausdruck gelangen soll.
Die Versammlung beschloß hierauf die Grmrdung einer Orts
gruppe des Bundes der Erneuerung. Der jährliche Beitrag be»
trägt für Einzelpersonen 5 Mft Studenten 2 Mk., Jugend!'che
50 Pfg., Korporationen für jedes angefangene Hundert W Mk.
Der Ausschuß setzt sich vorläufig zusammen aus Geistlichen aller
Religionsbetennkndsse und Vertretern der verschiedensten B-eruss-
schichten und politischen Parfum.
In der Diskussion wurde klar zum Ausdruck gebracht, daß der
Wirkungsbereich des BurrdeS jenseits des Feldes liegt, in dem
sich die konfessionellen und parteipolitischen Kämpfe abspiolen.
Jeder.Einzelne, gleichviel wie er im übrigen denkt, wird von
dem Bund aufgerufsn, um durch sein persönliches Handln Zeug
nis dafür abzulegen, daß er für seinen Teil gewillt ist, an der
Erneuerung unserer wirtschaftlichen Sitte milzuarbeiten und dre
Verantwortung für unsere Zukunft zu übernehmen. Ein sehr
beherzigenswerter Borschlag lies daraus hinaus, vor allem die
K a u f lenke und Industriellen für die Cache des Bun
des zu gewinnen, weil eine würdige Lebensdattuug gerade dieser
Kreise eine gewaltige Wirkung ausznüben vermag. Zum Schluß
begrüßte Pros. Ernst Cahn im Auftrag des N h e i n-M a i n r-
scheu Verbands für Volksbildung dk neugegründete
Ortsgruppe und erklärte, daß der Verbcurd mit Freuden Zur
Mir arbeit bereit sei.