j
'""--"Die alte MainbrüSe. Wie wir berichtet haben, sind sem
Vernehmen nach vom städtischen Tiefbauamt unter Umgehung
der mit der Oberleitung des Brückenneubaus betrauten Archi
tekten Projekte ausgearbeitet worden, die eine Brücke m Ehen-
konstruktion vorsehen. Die hiesige Ortsgruppe des Bundes
deutscher Architekten hat als berufene Vertretung der
Frankfurter Privatarchitektenschast ein Schreiben an den Magi
strat gerichtet, in dem sie gegen ein solches Vorgehen rhre
stimme erhebt und um Aufklärung darüber bittet, wieder
Magistrat die Arbeiten zum Neubau der alten Brucke, fort-
zuführen gedenkt. Ferner wird darauf hingewieien, daß zur
Beratung der Frage, in welcher Werfe Ersparnisse berm
Brückenbau erzielt werden können, in erster Linie die Architekten
mitberufen sind, nach deren Planung das gesamte Zur Verwen
dung bereit liegende Material augefertigt wurde. Der Scymtz
des Schreibens der Ortsgruppe lautet: „In jedem Falle neot
es die ÄrchitekLenschast als eine selbstverständliche Forderung cm,
daß die Architekten Heberer und v. Hoden zu allen Arbei
ten die das Brückenbauprojekt betreffen, hinzugezogen werden.
Wir Litten deshalb den verehrlichen Magistrat wetterhm uns
mitteilen zu wollen, ob er dieser Fordermrg entsprechen WM^
Iranksurier Angelegenheiten.
BervfsberaMng.
Gestern fand die Eröffnung des Kursus für BeruMeratMg
statt. Er mußte in letzter Stunde infolge der über Erwarten zahl
reichen Anmeldungen in den großen Saal des Volks bildungsheims
verlegt werden. In seiner einleitenden Ansprache wies SLadtrat
Pros. Ziehen auf die Bedeutung der Tagung hin und gab der
Verwunderung darüber Ausdruck, daß man sich angesichts der stän
dig wachsenden Arbeitsteilung nicht schon längst eingehend mit den
Fragen der Berufsberatung beschäftigt habe. Unter Berufung auf
den Franzosen Hanotaux stellte er die Forderung auf, daß neben
dem humanistischen Biwungsideal das Ideal des fachlich gut
durchgebildetsn „komme mjZe" nicht zu kurz kommen dürfe. Der
Leiter des städtischen Berufsamts Menn e, der das Thema: „Die
Grundlagen der Berufsberatung und die Aufgaben der Berufs
ämter" behandelte, gab in seinen umfangreichen programmatischen
Darlegungen zunächst einen geschichtlichen UeberkUck über die Ent
wicklung des Berufsberatungswesens und setzte sodann die Gründe
auseinander, die allen Fragen dieses Gebiets jetzt zu so großer
aktueller Bedeutung verhaften haben. Weiterhin erörterte er, wie
die Berufsberatunmg am Zweckmaäßrigsten vVorMzüggeeyneen habe, und zum
Schluß. wies er die Grenzen auf, dbiies. ihr naturgemäß gezogen
sind. Emma Lsswe, die Leiterin der Wteilung für höhere
FrauerlLemfe beim städtischen Benrfsamt, sprach über dielbcf,onde-
ren Aufgaben der Berufsberatung für die weibliche Jugend. Wie
die Rednerm ausführte, sind heute die Frauen dazu gezwungen,
mehr als je ins Berufsleben hineinzugehen und nach Möglichkeit
die Hausfrau und den Berufsmsnschen in einer PerforOzu ver
einen. Me weitere Entwicklung, so meinte die Rednerin, läuft wohl
darauf hinaus, daß die im Beruf stehenden Frauen durch die Aus
bildung des Hausbeamtinnenwesens etwas entlastet werden.
Eine deuMe Rs!onial-Wenburg.
Bad Nauherm, im Juni.
Der Verlust unserer Kolonien beschwort die Gefahr herauf, da!ß
nach und nach ein Stück deutscher Vergangenheit in Vergessenheit
gerät, das aus mehr als einem Grunde im Gedächtnis des Volks
fortleöen sollte. Zunächst einmal verdienen die Leistungen
mancher deutscher Kolonisatoren rein um ihrer selbst willen in
der Erinnerung festgehalten zu werden; die besten Eigenschaften
deutschen Wesens prägen sich in ihnen aus, und eine Nation,
die ihre vorbildhaften Menschen nicht ehrt, beraubt sich ihres wert
vollsten Besitzes. Auch die Ergebnisse dieser Leistungen nötigen,
zu steter Vergegenwärtigung, sind sie doch vielfach der Wissen
schaft und nicht selten dem allgemeinen geistigen Leben der Heimat!
zugute gekommen Und schließlich: wenn wir die Hoffnung be
wahren, früher oder später wieder zu Kolonien zu gelangen, dürfen
wir gewiß die Fülle der Erfahrungen nicht leichthin preisgeben,
die sich unsere Kolonialdeutschen drüben in Deutsch-Ostafrika, Samoa .
usw. erworben haben. „Die moralische Grundlage der Erziehung
besteht darin", sagt irgendwo der russische Religionsphilosoph
Solovjeff, „den Nachkommen ein lebendiges Interesse an der Zu
kunft ihrer Vorfahren einzuflößen."
Erwägungen ähnlicher Art mögen es gewesen sein, die zu dem
Gedanken der Gründung eines Kolonialmuseums geführt
haben- Nicht um die Schaffung eines gewöhnlichen Museums, wir
deren viele in Deutschland vorhanden sind, handelt es sich aber hier
bei, sondern um die Wiedererrichtung eines Kastells, das vor
etlichen Jahrzehnten unter deutscher Herrschaft im Innern Deutsch
Ostafrikas entstanden ist. Der Plan, eine solche „Ehrenburg" als
Smnbrld unseres ehemaligen Kolonialbesitzes aufzuführen, rührt
von einem alten Afrikaner, dem Oberstleutnant a D. A Fonck
her. Ein Verein mit dem Sitz in Bad Rauheim ist zur Förde
rung des Unternehmens gegründet worden und hat auch bereits
ein schönes Baugelände auf dem Iohannisberg gewonnen,
das dre Stadt für den guten Zweck kostenlos hergibt. Man über
schaut von dort oben das ganze Wetteraugebiet, und gesättigt von
dem Anblick der heimatlichen Landschaft, schweift die Phantasie
wohl gerne nach ;enen fernen Gegenden, in denen Deutsche sich eine
Zwecke Kermat errungen haben. Der zukünftige Bau selber wird
semem Besümmungszwecke auf mannigfache Weise dienen können
Emrge Raume werden dem Andenken großer Afrika- und
ForschungsreLsender (Nachtigals, Peters' usw.) geweiht sein.
Heldentaten und kulürrelle Leistungen KolonialdeuLscher werden hier
KE EnnnerungsstatLe Mden; im übrigen M es in der Burg nach
Moglichkeck alles^Matenal zu vereinigen, das auf unsere Kolonien
m irgend einer Hinsicht Bezug hat. Eingeborenenhütten sollen den
Bau umlagern und den Besuchern koloniales Leben und Treiben
sinnfällig veranschaulichen.
. Die gegenwärtig in Rauheim gezeigte Ksloniaraus-
AN?n g die der Sammlungen Foncks bildet, ist
< der geplanten Ehrenburg. Ein großes
MyhM M Beste Mpapua, des Urbilds dieser Burg, lenkt natur» i
gemäß das Hauptaugenmerk auf sich. Das von der deutschen Ver-1
Wallung erbaute Kastell, das an einer Karawanenstraße südwestlich
von Daressalam liegt, beherbergte seinerzeit em Krünkenhaus
sowie Unterkunftsräume für Mannschaften und Offiziere. Zur Be
schaffung des Baumaterials mußte jeder Eingeborene, der des
Weges daher zog, einen Stein als Zoll entrichten; auch sonst haben
Eingeborene bei den baulichen Arbeiten gegen Verpflegung werk
tätige Hilfe geleistet. Aquarelle des Malers Tuscheck, die freilich
jedes Reizes ermangeln, und eine Anzahl Photographien gewähren
eine Vorstellung von dem Lagerleben in dem Bezirksquartier, und
kartographische Originalskizzen verdeutlichen recht eindringlich, wie
bei oft monatelang dauernden Expeditionen an der Tilgung der
weißen Flecken unserer Landkarten gearbeitet worden ist. Fonck
scheint ein großer Nimrod gewesen zu sein, denn eine Reihe von
Jagdtrophäen, unter denen auch Löwen- und Leopardenfells nicht
fehlen, schmücken die Wände. Waffen, Werkzeuge und Hausrat der
Eingeborenen nehmen selbstverständlich den meisten Raum ein, und
an so manches Stück knüpft sich eine persönliche Erinnerung. Neben
einigen der heute in Mode gekommenen Negergotzen, allerdings
nicht den schönsten Exemplaren ihrer Gattung, sieht man u a.
auch jene hornartigen Blasinstrumente, au? denen die Eingeborenen
ihre Signale so schnell weiterzugeben vermögen, daß sie z. B dank
ihrer Vermittelung den Ausbruch des Krieges früher erfahren
haben als diL Regierung selber. Kunstvoll gewobene Stoffe, Jagd
netze, Schöpfgefäße usw. reihen sich an und legen Zeugnis von der
guten GeschmackskulLur afrikanischer Völkerstämme ab.
Nicht zu leugnen, daß die Ausstellung ein wenig dürftig ist, so
instruktives Anschauungsmaterial sie auch im einzelnen enthält.
Ihre Hauptaufgabe erschöpft sich gewiß darin, zunächst einmal für
den Gedanken des Kolonialmuseums Stimmung Zu machen, dessen
ersten Grundstock sie bilden soll. Der Verein hat das Vorkaufs
recht auf die Foncksche Sammlung erworben und wird sich in An
betracht seiner vorläufig nur geringen Mittel in den nächsten Jahren
wohl damit begnügen müssen, diese Sammlung weiter auszubauen,
wobei er nicht zum wenigsten auf die hilfreiche Unterstützung unserer
Misstonen zählt. Es bleibe heute noch dahingestellt, ob es aus
künstlerischen Gründen wünschenswert ist, daß auf dem Johannis-