--- In den Olympia-Lichtspielen geht „Othello", ein Film
der. Worner-Gesellschaft, über die Szene. Ausstattung, Regie
und schauspielerische Leistungen beeindrucken stark und entschädigen
dafür, daß es sich auch bei diesem Film wieder wie bei so vielen
der letzten Zeit um die „Bearbeitung" eines Dichtwerke^ handelt,
das sich nur sehr unzureichend in die Filmsprache übersetzen laßt,
^annings spielt den Othello dumpf-befangen und schwerbeweglich,
beinahe als Tier, das einsam in seinen Instinkten lebt, kaum
Een Zugang zur Außenwelt hat und nur jäb auffährt, wenn
es aus seiner Bahn gestoßen wird. Ein Meisterstück der Charak
teristik ist der Jago van Werner Kraust: das Lachen unsagbar
frech, die Fratze leer und schlau, Gesten und Gang intrigantenhast,
die ganze Gestalt eine Verkörperung der Gemeinheit. Auch die
anderen Darsteller halten sich auf der Höhe. — Fattps um-
glaubwürdige Körperfülle tanzen zu sehen, ist ein reiner Genuß.
In einem zweiaktigen Lustspiel produziert er sich wieder auf die
bekannte Weiss, allen Gesetzen der Statik zum Hohn. Ein Glück,
daß seine Korpulenz stets moralischen Zwecken dienstbar gemacht
wird, sie könnte sonst unsere sowieso schon fragwi'rrdige Weltord
nung vollendG Zerstören. Als Retter in höchster Not befreit das
Ungetüm das geliebte Mädchen aus einer mit Recht übelbelem
mundsten Kneipe «nd führt die Braut, in Ehren heim. r^.—
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" LürgerUche Literatur."! ES ist auf jeden Fall
M Zeichen fortschreitender Klaffend ersöhnung, daß die Buchhand
lung einer bekannteren soziMemokMischen Zeitung in ihrem ^n-
seratenM jüngst „Parteiliteratur aller Art sowie gute bürgerlrche
Literatur" empfohlen hat. Nur freilich bleibt zu erraten, was
ünter solcher Literatur zu verstehen sei. Mancherlei Kombinationen
sind denkbar. Zunächst möchte man annehmen, daß jene Kategorie
Mrarische Erzeugnisse meine, die im Gegensatz zur sozialistischen
-Parteiliteratur aller Art" unmittelbarer Ausdruck spezifisch bür
gerlicher Gesinnung sind. Da es aber allzu unwahrscheinlich ist, daß
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l zu dem Schluß gedrängt, die inserierende Buchhandlung osaLsich-
tige, als „gute bürgerliche Literatur" einfach Goethe, Schiller und
andere Klassiker zu Verkaufes Auch dies muß indessE ein Fehl
schluß sein. Denn wie sollte man wohl voraussetzen dürfen,
daß ein noch so radikaler LiLeraturverstandiger die Werke der gro
ßen Dichter, ihrer Menschheitsbedeutung uneingedenk. schnöde und
! schlechthin in das Gefach „bürgerliche Literatur" einsteM So
fleht alles danach aus, als sei die aufregend-geheimnisvolle Kate
gorie in genauer Analogie zu dem Begriff „gute bürgerliche Kost"
gebildet. Geholfen wäre freilich mit dem Ausweis dieser gewiß
einleuchtenden Parallele nur, wenn man zugleich in Erfahrung
bringen könnte, welche Art. von literarifcher Nahrung nun eigentlich
den kulinarischen Genüssen der bürgerlichen Küche entsprechen soll.
Wird das Gewicht mehr auf den Nährwert oder auf «eine geschmack
lich gute Zubereitung gelegt? Doch gleichviel! Wenn die von der
Buchhandlung angewiesene „gute bürgerlrche Literatur" sich nur.
auf der Höhe der früheren bürgerlichen Küche hält, darf man
schon Zufrieden fein.