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Die Quäker.
- -- Auf Einladung des Bundes für Mutterschutz
sprach Donnerstag abend Dr. Alfons Paquet über Wesen
und Ziele des QuäkerLums Der Redner erinnerte zunächst
an das allbekannte Wirken der Quäker in jüngster Vergangen
heit. Wie sie schon während des Krieges sich helfend ein setz
ten, so bewährten sie auch nach dem Krieg überall, wo es not
tat, ihre großzügige und schlichte Hilfsbereitschaft. Sie waren
in Rußland zur Stelle als dort die Hungersnot ausbrach
und verlegten ebenso ihre Tätigkeit nach Deutschland, um hier
das drückendste Elend zu lindern.
Zum Verständnis ihres Wirkens ist ein Blick auf ihre
Geschichte geboten. Der Redner schilderte die Anfänge
der Bewegung in der Zeit der Cromwellschen Bürgerkriege,
einer Epoche, die an Zerrissenheit ganz der unsrigen glich.
Junge, religiöse Menschen, die sich selber die „Sucher" nann
ten, durchstreiften damals das Land, um zu erkunden, was
werden solle. In ihrem Kreise wuchs auch George For,
der Sohn eines Webers, auf. In Opposition zu der Kirch-
lichkeit seiner Zeit stehend, legte er in der Kathedrale zu
Nottingham zuerst Zeugnis ab von dem ihn bewegenden
Geiste. Er fand natürlich viele Gegner und mußte Jahre
im Gefängnis zubringen. Bald mehrte sich die Schar seiner
Anhänger; sie hatten schwere Verfolgungen zu erdulden, ob
wohl sie nur für friedliche Ziele eintraten. Man siedelte sie
strafweise in den neuen amerikanischen Kolonien an, aber die
Strafe erwies sich als Wohltat, gewährte sie ihnen doch Ge
legenheit, an der Gestaltung eines Staatswesens tätigen An
teil zu nehmen. Zumal in Pennsylvanien konnten sie durch
den Abschluß von Verträgen mit den Indianern ihr JdeÄl
des Friedens praktisch auswirken. Mit den englischen Kolo
nisten vermischten sich bald deutsche Pietistische Auswanderer,
und enge Beziehungen spannen sich vor allem zu Frank
furter Kreisen an.
D:e Gedanken, denen das frühe Quäkertum diente, sind in
der Folgezeit nie verloren gegangen. Nicht nur für die
Sklavenemanzipation in Amerika haben die Quäker Große-
geleistet, sie haben auch ihren Einfluß in der französischen
Revolution geltend gemacht und auf den Zaren Alexander
persönlich eingewirkt. Eine ihrer großen Gestaltet! aus neuerer
Zeit ist Elisabeth Fry, die ihr Leben in den Dienst einer
Besserung des Strafvollzuges stellte.
Nach dem Ausspruch eines bedeutenden Führers der Quäker
ist ihr ganzes Wirken, das sich in der Gegenwart zu unerhörter
Aktivität gesteigert hat, als „P rophetentum der Tat"
zu begreifen. Sie selber empfinden ihre Arbeit an den Men-
lchen als Arbeit am Reiche Gottes Nicht allein in praktischen
Handlungen drückt sich jenes Prophetentum aus, eS gibt sich
auch in ihren Andachten und Versammlungen kund und be
stätigt sich neuerdings wieder in der Gründung des Londoner
Komitees für internationale Arbeit, einer Art von Wel^
zentrale, die ihre Gesandten in alle Teile der Welt entbietet,
damit sie auf friedlichen Ausgleich und Gerechtigkeit dringen.
Schönstes Dokument solcher Gesinnung ist der in diesem Jahre
vom Komitee erlassene Aufruf an die Völker und Regie
rungen, der sich gegen den Vertrag von Versailles und seine
Ausführung richtet.
Was können die Quäker uns bedeuten? Sie sind uns Trost,
weil sie durch ihr Sein und Wirken immer von neuem beweisen,
daß selbst in diesen dunklen Zeiten noch Menschen leben, die
das Licht der Wahrheit hüten und über der Gerechtigkeit
wachen. Durch ihr Verständnis für jede Situation mögen
sie uns in vielen Dingen zum Vorbild werden. Wesentlich
für uns ist zumal ein Verständnis ihrer Religiosität,
d e praktisches Handeln mit einem starken Glauben vereint, ge
schäftliche Tätigkeit verbindet mit einem inneren Sicherneuern
und derart dem ganzen Leben einen sakramentalen Charakter
verleiht. Lr.
--- Eine Film-Dexierposse. Der in den U.-T-L-chtspielen vorge-
führle Film: „Seine Frau — dle U n d e k a n n l e" be- c ht
eigentlich aus zwei Stücken, d e ohne ersichtlichen Grund miteinan
der verwoben sind. Das erste Stück, da^ als Tragödie eines B! n-
den andebt, schnappt plötzlich ohne Pointe ab, ist a!so genau be
sehen überhaupt kein Stück, oder nur das Sück eines StiÄes. TaZ
zweite Stück, das nicht allein deshalb zam Lachen reizt, wei! es sich
als Lustrpiel gibt, verdankt seinDasem der lächerlichen EtteUcit
des jungen Eheweibs jenes Blinden, der durch irgend eme Bwn-
dcrkur sein Augenlicht m Amerika wieder erhalten hm Nach
Winer Rück hr gibt sich nämlich die merkwürdige Frau dem nun
mehr sehenden Gemahl nicht zu erk nnen, da sie den Ehrgeiz hat,
von chm erkannt zu werden. Er tut ihr aber den Gefallen nicht,
und so Verschwender sie als verschmähte Ganin, um als Fr.m e,
die ihren Mann neu erobern möchte, in sein Haus wieder cin-
zuz ehen. Die Posse, die auch pikanter Entkleidungsszenen nicht
emb.hrt, löst in ihrem Verlauf die folc-enden Vexiersragen : Wre
kann eme Frau auf sich leider erfeuüchtig werden? Und:
Wre gelingt es einer Frau, sich ihren Mann abspenbig zu
machen und ihn dadurch zur Untreue gegrn sie zu verleit..n,
dak sie ihn selber verfuhrt? Der ingemöse Erfinder dieser un
wahrscheinlichen Weiberlogik bat sicherlich gemeint, ihre Un-
wahrscheinlichkeit tauge eigens für den F lm; indessen, die.Vnno-
logik, ist sie auch nicht minder umvahrftl einlich,darf doch virbt ohne
weiteres gle chgZetztz werden mit den vielleicht wahrscheinlichen
Capricen eines ausgesucht albernen Geschöpfes Das Ganze endet
mit Versöhnung und Kuß, und unbean woriet bleibt lediglich die
Frage, wre em Mann m;t eu er solchen ( aus von Frau fürder zu
sammenleben könne. Doch rst das Kmo schließlich nicht dazu da,
daß man sich über fremde Angelegenheuen den Kopf zerbrich^
Als Darsteller ragen LrlDagover und Willy Fritsch hervor.
— Der vorangehende amerikanische Film „FrxundFax ais
Lufrschiffer" ist ein ausgezeichnetes Beispiel grösster
Komik, die sich ganz an die Oberfläche zurückgezogen hat. r av.
- -- ^Türkische AschitBtur.I Im großen Rundsaal des
Frankfurter Völtermuseums ist zurzeit eine Ausstellung
von zeichnerischen und Photo graphischen Aufnahmen türkischer
Architektur zu besichtigen, die sehr sinnfällig das rege wissen
schaftliche Interesse bezeugt, das man m Deutschland, ganz un«
a5h'<:aig von unseren Wirtschaftsbeziehungen zum Orient, der
türk scheu Kultur entgegenbringt. Ihr Veranstalter, Dr. Jng.
Karl linghardL, der vor dem Krieg ein Reform-Architek
turbüro im türkischen Kultusministerium leitete, hat sein um
fangreiches Material auf einer Studienreise zusammengetraaen,
die er 1913 in das Entstehungsgebiet der osmanischen Architektur
unt-rnahm. Unterstützt durch Dr. Halil Bey, den Direktor der
ehemals kaiserlichen Museen, und den türkischen Generalbau-
dir^ktor Ke-malhe-in Bey, fand er Einlaß in Bauten, die euro-
pän^'m Märchen bisher verschlossen waren, und konnte so die
- tigte Erkundung des eigentümlichen Wesens türkischer
Da -.st erschöpfend durchführen. Seine Forschungen beweisen,
'da^' osmanischer Machtwille griechische Vorbilder, indische Ein
flüsse, seldschukische, persische und arabische Anregungen Zu einem
neuen Ganzen vor; eigener Struktur verwoben hat. Groß
zügigkeit und repräsentative Note der architeltoruschen Anlage,
Reinigung und Vereinfachung des Durcheinanders der Vorge
fundenen Stile und Abstreifung allzu üppiger orientalischer
Phantastik: das ungefähr sind die Merkmale de? Bauwerke,
die auf Geheiß der Sultane von griechischen Architekten und per
sischen Fayencetöpfern in schneller Folge geschaffen werden.
Die Studien Dr. Klinghardts erstrecken sich vorwiegend auf
den Zeitraum oon Beginn des 13. Jahrhunderts bis zur Erobe
rung Konstantinopels im Jahre 1453, auf jene Epoche also, in
der die osmanischen Eroberer von Eskischehir aus nach dem
Bosporus und den Dardanellen vorgedrungen sind. Zahlreiche
Blätter veranschaui Hern ihr bauliches Wirken in dem 1226 ein?
genommenen B r u s a, das sie mit rhren Bauten gerade über
säen. Man begegnet hier frühen prunkvollen Moscheen von
festungsartigem Charakter, die entfernt an christliche Kirchen
erinnern, Medressen (Universitäten) und Speisehäusern für
Arme, den sogenannten Jmarets; in den Gärten stehen die
kleinen kuppelüberwölbten Turbes (Grabkch llen), einige von
ihnen Ruhestätten osmanischer Prinzen, deren Turbane die Sar
kophage zieren. Diese Bautypen kehren in reicherer oder gerin
gerer Ausstattung immer wieder. Nicht selten entfalten sich
bei U-ebergängen vom Rechteck ins Gewölbe verschwenderisch
wuchernde Stalaktiten, oft auch werden die Flächen mit einem
herrlichen Favencemantel umkleidet, wie etwa das Beispiel des
einzigartigen Minarets der grüi en Moschee zu I s n i k (dem
alten Nicäa) lehrt. — Besondere Aufmerksamkeit hat Dri Kling-
hardt den Bädern gewidmet. Zwei Systeme dieser Profan
bauten tauchen nebeneinander auf: der an die römischen Ther
men arrllmgende Zentralbau, der in Brussa z. B. selbständige
Ausgestaltung erfährt, und das System der türkischen Schwitz-
kammer (Haman), das in mannigfachen Kombinationen, vom
großen Prachtbau Lei Jsnik an bis zum kleinen Vad an der
Straße nach Brussa, verwirklicht wird. — Berücksichtigt sind auch
einige der gewaltigen Bauten aus dem Anfang des 16. Jahr
hunderts, die ihrer Ausdehnung nach an Anlagen des Barock
erinnern. Man steht z. B. die Mustafa Pascha Moschee zu
Gelse, einen ungeheuren Komplex, der außer der Moschee
selber noch Logterhäuser, Armenküchen, Universität, Bibliothek
und Kloster umfaßt und bereits Einflüsse aus dem kurz vorher
eroberten Aeghpten spüren läßt.
Diese märchenhafte steinerne Welt ersteht aus einer Ueber-
fülle architektonischer Aufnahmen. Photographien vermitteln den
Bildeindruck und zeichnerische Darstellungen, die das Fayencedetail
ebenso festhalten wie den Grundriß und die Fassaden, ermög
lichen die genaue Rekonstruktion. Die schönen Blätter, von
denen vorech nur ein Teil fertig ausgearbeitet vorliegt, erwecken
den Wunsch, es möge das Ganze bald zu einer Monographie
über die ersten Jahrhunderte türkischer Baukunst vereinigt werden.
Lr.