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Object: H:Kracauer, Siegfried/01.05/Klebemappe 1926 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

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Verliner 
I^icktspielkäuser 
Die Lichtspielhäuser Berlins 
sind nicht Kinos mehr, sondern 
Paläste der Zerstreuung. Das 
dier adgebildcte Ufa-Theater 
Turmstraße in Moabit ist 
als praktischer Zweckbau das 
Muster eines solchen Palastes. 
Eine geräumige Kapenhalle, um 
fangreiche Parken- und Rang- 
foners, deren Größe ausreicht, 
um 1700 Menschen bequem die 
Möglichkeit des Wartens vor 
einer neuen Vorstellung zu 
geben, eine große Konzeriorgel, 
ojsei^s Orchester, vor allem aber 
von ocn Zugängen getrennte 
Abgänge für das Publikum 
sind seine wesentlichen Vorzüge. 
Der vor wenigen Wochen in 
Betrieb genommene Gloria- 
Pala st liegt am Eingang des 
Kurfürstendarnms, dort, wo die 
Lichtreklamen allabendlich auf 
die K aiser-Wilhetm-Gedächtnis- 
kirche ein General-Bombarde 
ment eröffnen, unter dessen An 
prall sie sich zusehends ver 
2, / - - 
kleinert. Wie die Abbildungen 
zeigen, ist in diesem Palast die 
Rückkehr zum Theater voll 
zogen, die — leider — von den 
großen Berliner Lichtspiel 
häusern allgemein angestrebt 
wird. Der Zuschauerraum mit 
samt dem Treppenvestibül und 
den intimen Vorgemächern: das 
alles atmet den Geist eines Resi 
denztheaters aus dem 18. Jahr 
hundert. Das den Rokoko 
Kirchen entlehnte Motiv der in 
die Wand eingebauten Herr 
schaftslogen mehrt noch die 
Exklusivität. Der Widerspruch 
zwischen dem architektonischen 
Gehalt und der Bestimmung 
des festlichen Innern liegt am 
Tag. Man erwartet Mozart zu 
hören und erblickt — von den 
seitlichen Plätzen übrigens ver 
zerrt — amerikanische Film 
grotesken, die aus der stilvollen 
Gehaltenheit Herausbrechen. Der 
Drang nach Theaterwirkung bei 
der Raumgestaltung ist in ästhe 
tischer Hinsicht ein Irrtum, wie 
glänzend immer er sei. l^r
	        
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