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Der Usraberrd des KrLrke«festes.
Die Mai«belerrchtu«g. !
--- Schon in den Nachmittagsstunden des gestrigen Tages
waren die Mainufer besetzt, auf den Brücken harrte die Menge
geduldig. In den Schwimmanstalten und den improvisierten
Zeltdörsern: überall stauten sich Menschen, kein Fenster blieb
leer. Mit sinkendem Tag wurde ein Schiffersiechen vor der
Maininsel Veranstalter, Schwimmer sprangen vom Eisernen
Steg in den Fluß — ein Wafserjahrmarkt zum Ergötzen der
Massen. Um acht Uhr — eS war mittlerweile dunkel gewor
den — begann der Korso der bewimpelten Schiffe, die zum
Teil vom Rhein herbeigekommen waren. Lampions überall;
auch an den Häuserreihen zogen sich dünne Lichtlinien hin
und umgrenzten die schwimmende Welt. Zwischen großen
Dampfern trieben zahllose Kähne und Boote auf und ab, jedes
eigen draviert. Der Fluß wurde mehr und zum überfüllten
Platz, auf dem sich die festlich gestimmte Stadt ihr Stelldichein
gab.'Schwimmer bewegten sich zwischen den Fahrzeugen, wo
immer sie Raum fanden; eine Badehosen-Gruppe gar ver
einte sich auf einem strahlenden Floß. Der Lärm der Stimmen
und Orchester verschmolz mit den Farbenbällen und den
glühenden Vapierfiguren zu einem einzigen berauschenden
Ganzen. Zuletzt schwamm dieAlteBrücke herbei, inner
lich erleuchtet, noch einmal Gegenwart im vergehenden Bild.
Nach neun Uhr seht mit einer gewaltigen Detonation
das Feuerwerk ein. Kreisel, Räder, BlumenbukeUs„ wir
belten auf und überschütteten den Fluß. Die alte Brücken
mühle strahlte in Konturen. Die neue Brücke erhielt zum
ersten Male eine Stimme. Die Worte: „Nord und Süd
verbunden" gingen in glänzenden Lettern von ihr aus,
breite Lichtbäche flössen von ihr in den finsteren Fluß, dem
sie für eine Weile ihre Helligkeit mitteilten. Die gleißenden
Veranstaltungen, für deren Gelingen dem Frankfurter Ver
kehrsverein Dank gebührt, schlössen mit der Beleuchtung des
Doms, dessen Pfeiler sich steil und rot über dem Leben in
der Tiefe erhoben.
! gelegt. Man wünscht dem Kind, das so freundlich glänzt,
Jubiläen in Menge und hält ihm einstweilen den Daumen.
Wasserkünste.
Während des Wartens belebt sich der Fluß. An der Insel
wird Schiffer stechen geübt, Männer plumpsen ins
Wasser, es lacht von den Ufern. Dem Main huldigen
Schwimmer, die von dem Eisernen Steg sich entschlossen in
die Fluten stürzen. Gruppen in Schwimmwesten halten Cercle
im Wasser ab. Kleine Kähne kreuzen privat im immer beleb
teren Strom, streifen die Wangen der Schiffe. Vergnüglich
paddelt man in Badehosen zu zweit, viel Volk fährt dicht an
einander gedrängt vorüber. Alles ist noch verkapselt-u
währt sein Geheimnis.
Die Fahrstraße.
Nun es dunkelt, setzen sich die Schiffe in Bewegung. In
einer langen Kavalkade ziehen sie von Brücke zu Brücke.
Ein einziges Wandelbild entfaltet sich vor den Augen. Die
Schwimmbäder sind in Budenstädte umgewandelt, Zeltdörfer
bauen sich am Mainkai auf. Jede Fensterluke ist mit Gesichtern
gefüllt. Langsam bilden sich Lichtreihen, feine rote und blaue
Linien, die an den imaginären Hausfronten bis zur.Schönest
Aussicht sich entlang Ziehen und verschwinden. Das Ueber-
einander der venetianischen Glimmerstriche schließt einen
Tummelplatz ein, der sich selbst genügt.
Ja, ein einziger Tummelplatz ist jetzt aus dem so
stillen Main geworden. Nichts steht mehr fest auf ihm,
Tausende von Vehikeln schwimmen auf und ab. Rheindampser
Lauchen auf, aus Koblenz, aus Neuß. Mehr Schiffe scheinen
vorhanden, als das Wasser zu tragen vermag. Man grüßt und
winkt, dreieckige Wimpel erfüllen die Luft, ein gewaMger
Korso. Die Planken berühren sich, es wäre ein Leichtes, von
Ufer zu Ufer unbenetzt zu entschreiten.
Buntes Leben.
Allmählich wird das Geheimnis der Lampions gelüftet.
Gelbe, grüne, rote Farbenbälle gondeln im Dunkel. Sie ent
zünden sich aneinander, kein Ende der Buntheit ist abzusshen.
Gleißende Liebesinseln nähern sich, ein Fisch schwebt dahin,,
eine winzige chinesische Dschunke strahlt silbern. Mit der-Ent-
faltung des Lichtspektakels mehrt sich das Gebrause der
Menschenstimmen. Jedes Schiff spielt seine Valencia, aus
ihrer Vermischung entsteht ein neuer Jazz. Auf einem leuchten
den Wasserfleck stauen sich Schwimmer, mit einem Neptun an
der Spitze, ihre Unterlage ist ein unsichtbares Floß. Frank
furter Firmen verkünden glühend ihren Namen. Nun
kommt herrlich auf einem Riesenkahn die Alte Brücke
selber angeschwommen, in strahlender Röte, ein Phantom. Es
jauchzt, es.klatscht, es tanzt sogar, die ganze Bevölkerung be
geht das Geburtsfest, mitten im Licht.
Feuerwerk.
Eine Detonatron eröffnet das Luftgefunkel. LichLgarhen
knallen nach oben und schütten feurige Blumenbüschel in die
Tiefe. Vor der Insel drehen sich weiße Räder, kreisen
Schnecken, die zischend versprühen. Die .Brückenmühle, ein
Bild der Vergangenheit, ersteht in Hellen Konturen, ihr Rad
kommt in Schwung. Orchideen, Palmbäume und Pfauen
federn bilden sich für Augenblicke, gleich einer Fata Morgana.
Auch die neue Brücke schreibt ihren Willen mit Feuer
schrift in die Luft. „Nord und Süd verbünde n": so
leuchtet es von ihr auf. Dann stürzen glänzende Bäche von
ihr nieder, die auf dem Wasserspiegel verlöschen. Die Schiffs
sirenen erheben Beifallsgebrüll.
Eine Pause, und der Dom gewinnt rotes Leben,
seine^trebepferlsV wachsen sichtbar aus dem dunkleren Grund
hervor. Von drüben grüßt ihn sein Gegenbild, die DtH-
königs k i r ch e, und auch zwischen den Jnselbäumen Aänzt
es bengalisch. Die Menge auf dem Fluß singt das Deutsch
landlied. ' -
Das Ganze ein schönes Volksfest, für dessen Gelingen
man dem Frankfurter Verkehrsverein mit feinem Direktor
Max Bache nhe im er dankbar sein muß. Nächst ihm der
Windstille des Abends. Wenn er ein Omen ist, so stehen der
Brücke gute Jahrhunderte bevor. Rr.
Ksrr Haas, äer Herausgeber cker Lra
Verlag Lrust KoMokIt ersobeiueuäeu „b-ite-
rarisebeu s! L" ist errurut über uns. Lr
sa^L uns ru äer „I^iterariseben Well" unter äer
IledersellrM: ,Meine Neiuuu^" seine NeinunZ.
Wornit baden ^ir uns äsn OroH äes Herrn
Haas LUFbLOZen? 8edr einkaed: er d!a§L uns an,
äaü ^ir der „biterarisellen Well" seit idrern
Lrsolleinen niedt ^eckaedt datten. Herr Haas
Zaudert niedt, LoB^ied äsn anZedlieden Orunä
unserer 2urüeddaltun§ rnit äetedtivisekern 8edark-
sinn LU entdüllen. Lr sedreidt, an unsere ^äresse
Ze^anät:,, Wir daden in unserer ersten Rurnrner
einen Hauptautor Idres Verlages, äer ^krand-
kurter Loeietäts-Druederei", ^ritr v. II n r u d, sedr
sedark an§e^riiken. Der Verlag dat eine Verteidi
gung Cnruds bei uns duredLusetLen versuedt.
Wir daden diese Verteidigung niedt ^sdraedt —
^veil ^vir der ^nsiedt ^varen, äak ein diedtenäer
LavallsrieoktiLier (! v. Ueä.) Nanns Fsnuk sei,
sied seldst Lu verteidigen, varaukdin dat äer
Verlag den Lo^dott über uns verdankt, und die
ktedadtion dat sied äiesern Lo^dottdekedl kü^sn
rnüssen." )
Herr Haas baut seine Keiäüsse ins Blaue Nn-
sin; ^vsnn sie sied au! ^.nalo^ien aued visHsiedt
aukdauen rnoZen. Lr sedeint niedt ?u wissen,
was er von jeäein Ilnterriedteten leiedt datte er-
kadren dünnen: äak sied die Redaktion äer
„Rrankkurtsr 2eitun§" in ^esiederter Ilnaddän-
ssi^keit von idrern Verlage dekinäet. 0d er uns
nun B^dt oder niedt, die Beuilleton-Reäakteure
äer „Rrankkurtsr 2situn§" sind keine Rekruten,
und Ro^kottdeiedls an sie sind in keinem Ralle
er^LNZsn. Wären sie es in diesem, so dätte erst
reedt niedt das LedaRen des Dramatikers Dnrud
in unserem eiFenen Feuilleton der Rritik unter-
Lv^en werden dulden; wie es taisäedlied ^e-
sededen ist. Der wadre Drunä kür unser Zedwei-
- §en der „Diterariseden Well" ^e^enüder muü
also anderswo liefen. Doed von idm später.
! ^unäedst daden wir uns noed eines weiteren
^n^riRs des erzürnten Herrn Baas ?u erwedren.
Dr dektaZt sied darüber, äak wir, ent^e^en tradi
tionellen Depllo^endeiten, die in der „Ditera-
riseden Welt" ersedienene Artikelserie: „Wie
sie starden" von Raul Wie ler auk§6FriRen
und 2um Oe^enstand einer Rolemik ^emaedt
datten (ver^l. den ^uksatr „Routine" von Rrnst
Rkeikker, Rrstes NorFendlatt vom 26. luni). Dr
deutet 2art an, äaü es sied bei diesem Artikel
wodl um einen Oe^ensedlaF §e^sn die Dnrud-
Rolemik äer „Diterariseden Welt" Mdandell
dade.
Wiederum müssen wir Herrn Haas deriedti-
Fsn. Der von idm inkriminierte ^uksatr war
keine krie^erisode Handlung von Verlag 2U Ver-
Die Mainbeleuchtung.
Vorspiel.
ist nochhell, zwischen sechs und sieben Uhr, doch schon
ist ganz Sachsenhausen an seinem Ufer versammelt, und auch
A baumeln die Beine. Der Eiserne
Steg hat betrachtllche Lasten zu tragen, seit den Nachmittags
stunden harrt rnan dort unentwegt. Die Schiffe liegen ge-
du^L^re Lampions und Papiev-Aufbauten laffen
zarroensche Effekte vermuten.
lelber dem die Festlichkeiten gelten,
AE heiter-unschuldig rn die Welt. Sanft leuchten die Sand-
pemflachen, fast violett. Alles noch unberührt, kaum trocken