Skip to main content

Metadata: H:Kracauer, Siegfried/01.06/Klebemappe 1927 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

dieses Dantes äas Interesse sicher. 
Xr. 
— Der Mann mit den 100 RZ. Dieser Film der Ale- 
mannia - Lichtspiele ist nach dem Roman von Pierre 
Frondaie, zum Teil mit französischen Schauspielern, gedreht. 
Ein verarmter junger Mann will sich in Afrika eine neue Existenz 
gründen, wird aber im letzten Augenblick durch eine Frau be- 
zaubert, die ihn zurückhält. Huguette Duflos ist wirklich 
schön, beinahe süß, ganz große Dame. Durch ein ebenso schönes 
Auto, als dessen Besitzer sich auszugeben der Mann Umstände 
halber gezwungen ist, gelingt es ihm, den Schein des Reichtums 
aufrecht zu erhalten, der ihm den ersten Zutritt Zu jener Lady 
ermöglicht. Sie hat einen ausgezeichnet dargestellten Lord zum 
Gemahl, der wiederholt verheerend in die Handlung eingreift. 
Die Pointe ist, daß der junge Mann in den Tod geht, weil er 
der Dame nachträglich seine Armut nicht zu gestehen wagt. Eine 
dumme und sentimentale Pointe; denn warum spricht er nicht 
offen zu der Geliebten? Wenn sie ihn so liebt, wie behauptet 
wird, hätte sie wohl auch die anfängliche Notlüge und erst recht 
die Armut ertragen; zumal sie selber hinreichend über irdische 
Güter verfügt. Der Film zeigt schöne Hintergründe: Biarritz 
und Bayonne, auch das neuerdings unvermeidliche Paris 
taucht blitzartig auf. Ferner mag sich das minder bemittelte 
Publikum an Schlössern, Parks und vornehmen südlichen Nacht 
lokalen mit Zigeunermusik erbauen. Die Regie hat viel mit 
Überblendungen gearbeitet, die bei der Autofahrt und der Musik 
geschickt angewendet sind. Kaca. 
Zurückweisung des Kinweises 
auf mein Werk. 
Von Rudolf Parwwitz. 
Diese Erwiderung bezieht sich »auf einen im Ersten 
Morgenblatt vom 9- Juli erschrenemn Aufsatz: 
„Rudolf Pannwitz. Em Hrnwers von 
Walter Petry. 
Nachwort der Redaktion. 
Wir möchten diese Erwidemng nicht veröffentlichen, ohne 
ein Wort von uns anzufügen. Rudolf Pannwitz nämlich, so 
scheint uns, entlastet in seiner Zurückweisung selber den Zu 
rückgewiesenen. Wie schreibt er doch? „Es gibt heute keinen 
Geist, der zu vornehm wäre, meinen „Kosmos Atheos" und 
meine „Lehre von den Mächten" zu kommentieren, wahrschein 
lich aber nur zwei oder drei Geister, die dafür bedeutend genug 
find." Und weiter: „Was faseln doch die Unschöpferischen vom 
Schaffenden!" — Wenn Herr Pannwitz seinen Stolz darein 
setzt, nur zwei oder drei des Kommentars fähige Geister Zu 
finden; wenn er die Menschen in Schaffende und Unschöpfe- 
rische einteilt, und den Unschöpferischen die Möglichkeit einer 
Würdigung der Schaffenden nahezu bestreiket; wenn er selber, 
an einer anderen Stelle der Erwiderung, sein Werk als un- 
überblickbar bezeichnet — dann freilich ist es uns unbegreif 
lich, wie er von der vulgären Masse der Menschen anderes 
erwarten kann, als nicht beachtet oder, nach seiner Auffassung, 
falsch verstanden zu werden. Aber er berufe sich nicht auf Kant, 
der niemals die Einteilung in Schaffende und Unschöpferische 
vorgenommen hat und dessen ganze Lehre dem Unfug des 
Geniekults streng widerstreitet. Diese bürgerlich-heroische Hal 
tung, die ihr Unverstandensein als tragisch empfindet und das 
Pathos der Einsamkeit nicht genug unterstreichen kann, ist erst 
später an die deutsche Öffentlichkeit getreten, sie knüpft sich 
allerdings unter anderem an den Namen Nietzsches und hat 
manches von dem über uns hereingebrochenen Unheil verschul 
det. Sie hat ihre Wurzeln in der Vorkriegszeit, sie ist 
durchaus historisch bedingt. Wir haben mittlerweile zu viel 
erfahren, um in einer solchen Gebärde — welche psychologisch 
verständlichen Gründe immer sie habe — nicht auch den Hoch 
mut zu spüren, wir sind es leid, immer wieder die Einsam 
keit der „Schaffenden" ausgetischt zu erhalten, wo doch die 
„Unschöpferischen", oder was Pannwitz so nennt, noch viel 
einsamer und verlassener sind. — Hiermit ist nichts über das 
Werk von Rudolf Pannwitz gesagt. Zu einer weiteren Aus- 
eirranLechchuns mit Wr wüd M Ae WksercheÜ Anden. 
Das ÄSr NLSlkG. Von 6. L. 
Oeutse/r rion Diarrsss Nert- 
n er. Nnssrio7r-Verra.a. Zä9 Ketten. 
SeL. ^.56. 
„Xann kort^ssstLt v^sräsn" — äissos Notto UsKe 
sieb äon Dstsktivbücbsrn Obastortons voranstsHsN 
äsrsn sini^s dsrsitL in äsutscbsr Lpraodtz erscbisNSN 
sinä. In äsm Nsusn ist Misäsr Ratsr Lro^u äsr 
Uslä äsr (ZsscbicbtsN, äsr klsins KIu^s l?atsr, Her 
sieb Mraä6 c^ruin als Nsistsrästsktiv bsväbrt, ^sil 
ibm, äsm värklicb xcläubi^SN Nsascbsn, äsr Uan^ 
Mini ^bsrÄandsn mangelt. 8o ^SNiMtsus erklärt 
Obsstsrton äis 8cblaubsit äss NäNNcbsus. 8siNs Rei 
ters Doktrin aber lautet: äaü äsr ^dsr^lauds äsr 
Nsnxs Vlsnäv^srks erLSu^t, äis äsn Ilsbsltätsr vsr- 
bsrESN. 81s Mi LsrstörsN, ist äis ^uk^abs äss Ratsrs. 
Obsstsrton Limmsrt ibm Rroblsms Lurscbt. äis 
mancbmal LU ^sit bsrMboIt sinä. stellt ibv iu nn- 
bsimlicbs uuä romantiscbs Kitnationsn. 8is Lsr- 
vlatLSN ^is eins 8siksnblass, ivsnn äsr Ratsr sis kri 
tisch bstracbtst, uuä äsr Nüchterne Xsrn springt 
heraus. Italisniscbs Drisantonstrsicbs entlarven sich 
ibm als äie Nacbs eines englischen Vankisrs, äsr 
seine Unterschlagungen vertuschen , öcbts, phan 
tastischer 8ouk v^irä von ihin als äie freie Lrlinäung 
prosaischer Dössvncbto äurcbscbaut. Daü Mim Olü- 
Lialverteiäiger äss berechtigten Rationalismus ein 
Ratsr destellt v^eräen wuü, ist äie Roints aller Os- 
scbicbtsn. Dtlicbs sinä gsoualt unä erLielen ^nübsam 
einen banalen Dkkskt: äie 8aniinlung kann eben 
nicht beliebig kortgesetLt v^eräen. Der örunägeäanke 
srkäbrt eine schlagenäe ^.nvenäung eigentlich nur 
in äsr einen Xr^äblung, in äsr äas unbeäingts 
Vertrauen ant äie kriminalistische Nstboäs äsr 
Rsvcbomstris als Aberglauben gebranäniarkt 
vürä; hier grenzt äsr Rationalismus sich selber ein. 
Dis aus anderen HVerksn Obsstertons her bekannte 
Osssüscbaktskritik bleibt nicht aus, nur kämvkt sis 
Lurn 1 eil in äsr Rüstung verstaubter läeals gegen 
äis bsrrscbsnäsn Nächte. Ihrer stets geistrsichen 
Lonstruktion v^egsn ist ira übrigen auch äsn Rallen 
Reiterei und LuxuStzachü Zwei große Filme in der N eu en 
Gichtbühne. Der eine, mit Hoot Gibfon in der Haupt 
rolle, spielt in Texas und handelt von Pferden, einem Mädchen 
und einem Nebenbuhler. Giöson ist, was man einen Abgott nennt: 
herrlich zu Roß, edel gesinnt, Gentleman im Trapperhut und etwas 
blöd. Das Schema dieser Wildwestfilme ist bekannt und verfehlt 
nie seine Wirkung der Held hat Gefahren zu bestehen, besiegt 
stets den Gegner und kriegt dann das Mädchen mit den Millionen^ 
denn ohne Geld hätte die Aufregung keinen Zweck. Sehr schöne 
Pserdeszenen kommen vor und ein gut aufgenommenes Rennen. 
Reiten können die Cowboys. — Der andere Film, ebenfalls 
amerikanisch, zeigt die Zähmung eines Widerspenstigen. Wer zähmt? 
Norma Talmadge. Ein Trunkenbold ist ihr zum Mann be 
stimmt, Inhaber einer Luxusyacht, aber immer besoffen. Sie macht 
eine Radikalkur mit ihm: schmeißt alle Gäste heraus und den 
Alkohol über Bord. Zuletzt gelingt ihr das Wunder, und aus der 
häßlichen Puppe schlüpft ein sympathischer junger Mann, den sie 
liebt. Hoffentlich trinkt er nicht wieder. Die Talmadge sieht 
reizend aus, trotz der Mantel von vor drei oder vier Jabren, die 
noch länger Zur Erde gingen, Daca. 
— Die KZmgm der Nacht. Eine Frau und eine Stadt spielen 
in diesem von dem Nationaltheate r (Skala- und Hohen- 
Zollern-Lichtbühne) gezeigten Film die Hauptrollen. Die Handlung 
ist in die erste Zeit der Goldgräberei verlegt, als noch ein gesetz 
loses Leben im amerikanischen Westen herrschte und Leute wegen 
eines Nichts niedergeknallt wurden. Pola Negri, die Tochter 
eines verarmten Grande, liebt heiß und schwarz den Verwalter 
einer Goldmine. Ehe das Paar sich zusammenfindet, wird Mord 
und Todschlag begangen, vor allem inSan Franzisko, das 
damals noch Wolkenkratzerlos war, aber dafür eine herrliche Bar 
mit Mädchen enthielt. Die Stadtszenen, die das rauhe^Leben von 
früher vergegenwärtigen, stnd ausgezeichnet gelungen. Man steht 
die Bürger, die durch ihre Zylinderhüte freilich auch kein Ver 
trauen erwecken. Sie haben zur Selbsthilfe eine Schutzpolizei orga 
nisiert, die schnell bei der Hand ist, wenn sich ein Verbrechen er 
eignet hat. Auf immer gesattelten Pferden jagen sie dem Uebel 
täter nach und hängen ihn ohne umständliche Gerichtsprozedur. Die 
Darstellung jener Epoche ist wirklich geglückt, und das Spiel der 
Pola Negri hilft über die schwächeren Partien hinweg. — Bei-, 
gegeben ist ein mondänerer amerikanischer Film: „Die Privat- 
sekretarin", in dem eine Verschönerungskur auffällige Wir 
kungen erzielt. R a c a.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.