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H:Kracauer, Siegfried/01.09/Klebemappe 1930 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

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Bibliographic data

fullscreen: H:Kracauer, Siegfried/01.09/Klebemappe 1930 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

Monograph

Persistent identifier:
AU00423819
Title:
Anfangsgründe der Naturlehre in Verbindung mit der Chemie und Mineralogie - 2., vermehrte und verbesserte Auflage
Shelfmark:
Schiller-Bibl. II/Klue
G:Schiller-Bibliothek I / II
Author:
Klügel, Georg Simon
Originator / Former owner:
Schiller, Carl von
Place of publication:
Berlin ; Stettin
Publisher:
Nicolai
Document type:
Monograph
Collection:
Books and Periodicals
Year of publication:
1806
Material description:
Druckschrift
Einzelne Einheit / nicht Teil eines Gesamtwerks
Copyright:
Deutsches Literaturarchiv Marbach
Language:
Deutsch

Full text

In 
Abend 
Der Klavierspieler ist ein beleibter Herr in mittleren Jahren 
mit einem Kindergestcht. Er spielt in einem fort leise vor sich hin, 
so leise, daß die Besucher, die in seiner nächsten Nähe sitzen, sich 
ungestört unterhalten können; als sei die Musik ein Murmeln und 
erklänge von weit her. Obwohl ununterbrochen gespielt wird, ist 
es aber doch nicht der Klavierspieler, der spielt. Seine Hände viel 
mehr, nur sie allein, gleiten über die Tasten. Wie zwei selbständige 
Lebewesen tändeln sie unbeständig und verfolgen jeden Augenblick 
eine neue Melodie — während er selbst sich von ihnen zurück 
gezogen hat und wo ganz anders weilt. Es ist, als gehörten die 
Hände überhaupt nicht zu ihm, als seien sie fremde Diener, die für 
ihn die Arbeit des Klimperns verrichten. Und statt sie wenigstens 
zu beaufsichtigen, laßt er sie treiben, wohin sie wollen, und benutzt 
die Muße, die ihm ihr Spiel gewährt, zu einer unbegrenzten 
Urlaubsreife. 
Daß er in dieser Freizeit zuweilen eine Beziehung Zur Außen 
welt herzustellen sucht, ist nicht Zu bestreiken. Ein paar Stamms 
gäste treten ein, die ihn kennen: er begrüßt sie mit einem so naiven 
wie abgebrühten Lächeln und führt eine Liefe Verbeugung aus, die 
den Abstand nicht minder unterstreicht wie die Vertraulichkeit. Gut 
gestimmt durch die richtige Mischung des Grußes, verfehlen die 
vorzüglich Wertschätzten niemals, den Herrn am Klavier freund 
lich anzusprechen. Gern wechselt er auch einige Worte mit dem 
livrierten Zigarrenbübchen, das immer, wenn es am Flügel vorbei- 
streift, einen kurzen Aufenthalt einschaltet und die schicken Damen 
auf den Noienheften betrachtet, die verfänglichere Dinge zu sagen 
wissen als die wirklichen in der Bar. Besonders ausgeprägt ist 
das Verhältnis zwischen ihm und den Oberkellnern, die sich, so oft 
sie auf ihren Amtsgängen die Musik kreuzen, zu ihm herabneigen 
und tuscheln. Manchmal bringen sie ihm Zettel, die er begutachtet, 
oder nehmen ihrerseits schriftliche Nachrichten von ihm in Empfang. 
Dann gewinnt es den Anschein, als ob er sich im Mittelpunkt 
eines weitverzweigten Kurierdienstes befände. Und unaufhörlich 
spielen die Hände. 
Von solchen flüchtigen Begegnungen abgesehen, die ihn wahr 
scheinlich so wenig betreffen wie das Schlagerrevier, in dem seine 
Finger lustwandeln, ist er ganz und gar sich selbst überlassen und 
-L6-1' 
Aer Klavierspieler. 
Berlin, Anfang Dezember. 
einer mondänen Bar, die ich mitunter besuche, musiziert 
für Abend ein Klavierspieler, der sich zu dem einzigen 
Zweck am Flügel niedergelassen zu haben scheint, um endlich mit 
sich allein zu sein. Und zwar wirkt er doppelt verlassen, weil, wie 
man zu sagen pflegt, ein gewisses Fluidum die Bar erfüllt, von dem 
er ausgeschlossen ist oder sich selber ausschließt. Das Lokal ist ein 
Treffpunkt von prominenten Fremden, Leuren Kokotten, Finanz 
leuten, denen es nicht schwer fiele, sie sich zu leisten, Rechts 
anwälten, Schauspielern und gehobenen Literaten, die sich hier alle 
wie auf gegenseitige Verabredung ein Rendezvous geben. Der Geist 
läßt sich gerne vom Geld bestechen, dem wiederum die Anwesenheit 
des Geistes schmeichelt. Dadurch, daß beide den Raum miteinander 
teilen und überdies viele Gäste sich kennen, entsteht eben jenes ge 
wisse Fluidum, das dick um die Tische schwelt und eine Art un- 
Lürgerlichen Höhenrausches erzeugt. Die Unbürgerlichkeit ist freilich 
eine Täuschung, und auch von Höhe kann nicht gut die Rede sein,' 
denn die Balkendecke, die sich über der Bar hinzieht, ist auffallend 
Wedrig. Vielleicht rührt es daher, daß die meisten Damen und 
Zerren den Eindruck großer Gestalten erwecken. Jedenfalls sind sie 
wohlgebaut und manche besonders schön anzusehen, mag immerhin 
ihre Schönheit dem Reichtum zuzuschreiben sein, der ihnen erlaubt, 
sie zu Pflegen und in kostbarer Hülle herauszustellen. Nicht selten 
glänzt nur die Hülle, und wieder und wieder wallen Pelzmäntel 
durchs Fluidum, aus denen wie aus dem Kajütenauge einer 
Luxusjacht Lärvchen hervorlugen, die leer sind wie Nullen, 
Bemerkungen zu Tonfilmen. 
Li Berlin, im November. 
Wird der Tonfilm eines Tages seine eigene Form erlangen? 
Er hat sie noch nicht, und er sucht sie gewöhnlich dort, wo sie nie 
mals Zu finden ist. Das rührt vielleicht auch daher, daß er schon 
in seinen Anfängen von den Routiniers des stummen Films über 
nommen wurde, die nun einfach weiter wursteln. Die schwerste 
Hemmung aber, die sich seiner Ausbildung entgegensetzt, ist un 
streitig die Belastung durchs Wort. Während der stumme Film 
ungehindert ins Jenseits der begrifflichen Fixierungen dringen 
konnte, muß der tönende sich der Sprache bedienen. Damit wird 
er in die Krise einbezogen, in der heute, sei es auf dem Theater, 
sei es in der Literatur, alle sprachlichen Aeußerungen stehen. Sie 
als die Träger der Erkenntnisse sind durch den sozialen Kampf, 
der die gegenwärtige Gesellschaft zerreißt, in ihrer Aktionsfreiheit 
gelähmt, und eine strenge (offizielle und inoffizielle) Zensur wacht 
darüber, daß sie sich nicht Zu weit vorwagen. Die Tonfilmindustrie, 
die in erster Linie Geschäfte machen will, hat natürlich erst recht 
kein Interesse daran, die dem Wort gezogenen Grenzen Zu über 
schreiten. Aus dieser Zurückhaltung folgt notwendig die Unzuläng 
lichkeit ihrer Produkte. 
Man sucht sich Zu helfen, und man hilft sich schlecht. Der vor 
kurzem im Capital angelaufene Taub er film: „Das Land 
des Lächelns" zeigt wieder einmal, wie es nicht, aber auch gar 
nicht zu machen ist. Er überträgt einfach die LehLrsche Operette 
aus die Leinwand, mit einer Rahmenhandlung, die aus dem Leim 
geht und gewiß nicht dazu hinreicht, eine Operette in einen Film 
zu verwandeln. Ich habe nichts dawider, daß einer singt, dem 
Gesang gegeben, meine nur, daß er nicht gerade immer den Ton 
film als Publikationsorgan für sein Organ verwerten solle. Der 
Schaden, den eine solche elementare Verfehlung anrichtet, wird 
auch durch die gute klangliche Wiedergabe nicht aufgehoben. 
Richtiger geht schon E. A. Du Pont in seinem jüngsten, im 
Gloria-Palast vorgeführten Film: „Menschen im Käfig" 
zu Werk. Zwar auch er greift nach einem falschen Stoff, denn das! 
englische Schauspiel, das dem Dianuskript Zugrunde liegt, war 
bestenfalls in der Strindbergzeit modern, und mit neuen Mitteln 
abgelebten Themen öeizukommen, heißt diese nicht aktualisieren, 
sondern jene verschleißen. Um die Fabel nur gerade anzudeuten, 
K- handelt fie von mehreren Männern und einer Frau, die zu ¬ 
sammen in einem weltentlegenen Leuchtturm Hausen. Die Einsam 
keit schürt das sinnliche Begehren und beschwört schlimme Schick 
sale herauf, deren Entwicklung allzusehr unter der Zeitlupe l 
auskonstruiert wird. Dennoch: ich kenne keinen deutschen Tonfilm, 
der so sehr Tonfilm und nichts anderes wäre wie dieser. Er ist 
es vor allem darum, weil er die akustischen und die 
optischen Partien gleichmäßig zu akzentuieren 
sucht. Der Dialog beherrscht in ihm nicht die Bilderfolge, ist ihr 
vielmehr nebengeordnet. So allein hat es auch seine Ria-tigkeit, 
da nur der Tonfilm diese Ineinander der Eindrücke zu leisten 
vermag. Dupont erreicht ihre filmische Fusion auf zwei Weisen. 
Einmal dadurch, daß er die Kamera möglichst frei wandern läßt. 
Sie schleicht den Liebenden über die Wendeltreppe nach, zeigt das 
Gesicht eines Sterbenden hinter verregneten Fensterscheiben; 
kurzum: sie be-gibt sich endlich wieder auf einige der Wege, dre sie 
in den Tagen des stummen Films eingeschlagen hat. Zum andern 
schaltet Dupont zwischen Wort und Bild das bisher zu Unreä> 
vernachlässigte Geräusch ein. Nicht ünmer mit Gluck. Dre 
Wellen branden oft vordringlich, und manche Objekte be 
nehmen sich so lärmend, als sei der Lautsprecher hinter chnen 
her Wer diese mehr technischen Mängel besagen nichts wider 
die' fruchtbare Anwendung des Stilmittels der urmrtikul^ 
Ereignisse. Wie sicher wird das Lachen alsBindeglied 
Zwischen Überblendungen benutzt, und wie schön ist dre klerne 
Szene am Schluß, in der Musik ein Gespräch üb ertönt, des en 
Inhalt sich durchs Gebärdenspiel deutlich eröffnet Dre dichten 
und mitreißenden Wirkungen, die der Film erzrelt, sind nicht 
Zuletzt den Schauspielern zu verdanken. Heinrich George als 
Leuchtturmsgehilfe macht aus der Not seiner Beleibtheit eme 
wunderbare Tugend. Er sitzt, geht schwerfällig umher spncht das 
Notwendige ohne Aufwand, und schon ist die ganze Gestalt rundum 
fertig, ein dunkles Gemisch aus Körperinstinkten, Gutmütigkeit und 
Brutalität, das Konturen hat, eine Geschichte und festen Bestand. 
Kortner gibt, von einem unnötigen Gebrüll abgesehen, feinem 
Captain die Verhaltenheit einer dumpfen Natur, die sich nur schwer 
ausdrücken kann, und Veidt spielt, wie schon oft, die Rolle des 
Verführers, die ihm gemäß ist. Von Lala Birell laßt sich kaum 
mehr sagen, als daß sie über eine wandlungsfähige Mimik verfügt. 
Bezeichnend genug, daß der Film, der ernste Situationen ernst, 
ja mitunter ergreifend darstellt und seit langem wieder einmal 
gute Schauspieler zu würdigen Aufgaben heranzwht, vom Publi 
kum kühl entgegengenommen wurde. Vom gleichen Publikum, das 
der albernsten Tonfilmoperette nicht Beifall genug spenden kann.
	        

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