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H:Kracauer, Siegfried/01.03/Klebemappe 1923 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

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Bibliographic data

fullscreen: H:Kracauer, Siegfried/01.03/Klebemappe 1923 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

Manuscript

Persistent identifier:
BF00043380
Title:
H:Kracauer, Siegfried/01.03/Klebemappe 1923 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]
Shelfmark:
H:Kracauer, Siegfried/01.03/Klebemappe 1923
Document type:
Manuscript
Collection:
Holdings and special collections
Year of publication:
1923
Copyright:
Deutsches Literaturarchiv Marbach

Full text

Wir sprechen im Nachfolgenden nur vorn neuen Menschen,! 
ob nun der Aufsatz scheinbar eine Tagung der Jugendbewegung, 
eine internationale Jugendtagung oder einen Kongreß katho 
lischer Akademiker zum Gegenstände hat. Auch der Verfasser 
des letztgenannten Aufsatzes (selbst kein Katholik) hat, das sei 
zur Verrneidung von Mißverständnissen gesagt, nicht etwa eine 
Werbung für speziell Katholisches, sondern ausschließlich den 
Menschen der inneren Mitte und des Morgen 
vor Augen, der heute den KaLHMgismus erobert, nachdem er 
ihm lange genug gefehlt hat. Formen sind nicht das Wesent 
liche; der Geist, der das Werden einer besseren Zukunft ge 
staltet, ist alles. Wer das nicht versteht, wird diese Jugend 
nie begreifen. 
Dmge der Welt wie sämtliche Beziehungen zwischenmenschlicher 
AÄ wahrhaft zu duuchformen, sie sich „emzuverleiden" und 
jo aus dem Stande der schlechten „Zivilisation" W L^n der 
richtig vechandenM religiösen „Kultur" zu tre^n. 
Guardini glaubt nun, daß die liturgische Bewegung, die 
anfänglich vorwiegend literarisch war, dank des neuerwachten 
WirklichkeitsdranAes der Jugend heute vor der Aufgabe stehe, 
diesem Dränge gleichsam ein Bett zu gmöen, das ihn zur 
rrchtrgen Erfüllung der liturgischen Formen hinlenL Sein 
Znl ist also liturgische Bildung; eine durch Erziehung Le- 
wrckte Wandlung leibgeloster Begriffler in Menschen, Leren 
Seere sich dem Kultus willfährig eintut und auch die toten 
Dmge noch, indem sie ihnen sich zuneiA aus ibrer Wge- 
trennthert von jeglichem Sinn erlöst. Die Mutter möge das 
Kind z. B. lehren, die Hände zum Gebet zu falten, damit es 
später dieser ja keineswegs Zufälligen Handlung die ihr zu 
geordnete Bedeutung beimeffe und unmerLich zart in em kom 
wetes Sem der Mitte hineimvachse, das die gegenwärtige 
Entfremdung zwischen Leib und Seele nicht mehr kennt. 
Der mannigfachen Fährnisse eines solchen Bildungsweges, 
der me Feste der Religion nicht nur von innen, sondern min- 
bejoens ebensosehr von außen her zu nehmen sucht, ist sich 
Guardini wohl bewußt. Mder übersteht er. daß die von ihm 
geforderte Erziehung sich teilweise an Gebilden emporranken 
muß, die als Hervorbringungen der Kultur notwendig der 
Zert verfallen sind, noch unterschätzt er die antinomnche 
Spannung, die zwischen Religion und Kultur besteht und jedes 
Brückenschlägen von dem emen Bereich zum anderen dauernd 
fragwürdig macht. Auch oen Vorwurf der Romantik ober 
einer vorzugsweise ästhetischen Einstellung der kirchlichen 
FmnMwM gegenüber wird man kaum wider wn erheben 
können, stknnck er doch mit Abt Mesons Herwegen durchaus 
darin Worein, daß das Sich-Einsenken in den orcko nur dann 
z^ Recht erfolge, wenn es sich aus eiF echtes Glaubensleben 
grmAet. Die Erfahrung mag lehren, ob der von ihm vor- 
gezeichuete ErzichrmgsMng, eingäämmt durch diese Siche 
rungen, in die ersehnte Wirklichkeit einmündet. In dem dem 
nächst erschsiEdsn Buche Guardinis: „Liturgische Bildung" 
sollen die Per gestreiften Probleme auMhrliche Behandlung 
echchE. 
O 
Mit kachMWew MMiWeitZsinn, der nicht selten in der 
Schwebe läßt und bei zunächst unauswachboren vorletzten 
Gegensätzen gern die ertrMiche Mittellinie sucht, wurden im 
allgemeinen auch die über das Jnnerkatholische hinmrs- 
greifenden großen Frugen der Gegenwart angepackt. Da 
sllen Losungen und Formul^rungen nachzuspüren in dem 
eMgeu Rahmm des Berichts sich verbietet, werde an einigen 
wenigen Beispielen umrißhast veranschaulicht, wie etwa jene 
Grundhaltung sich in den Oberflächenschichten auswirkte. 
Diözesanbischof Dr. Wilhelm v. Keppler brächte ledig 
lich die katholische Auffassung von der heutigen Universi 
tät zur Geltung, wenn er die abseitige Stellung, in die sie 
gedrängt wmdsn ist, aus der völligen Emancipation der Ms- 
ftnschnften von jedem religiösen Bezugspunkt erklärte. In der 
Tat trägt ja die Hauptschuld an der Verbannung der modernen 
Universität (oder doch zum mindesten der geisteswissenschaft 
lichen Fakultäten) in eine fern der geistigen Mitte gelegene 
Provinz der tragische Selbstverzicht der Forschung auf das 
Eingsbundenftin in die Spannung des wiEchen Lebens; und 
dieser Isolierung wiederum ist mittelbar ein ahnungsloser Wisi 
srnschastsdünkel entwachsen, der die Kluft zwischen Volk und 
Intellektuellen nur noch vertieft hat. Den verderblichen „Hoch- 
fchulhochmut" geißelnd, warnte der Bischof die katholischen 
Akademiker vor Eigenbrsdelei und Wechter Absonderung 
und ermähnte sie dazu, mit dem katholischen Volk, das als 
Volk hoch über dem „Bildungspöbel" stehe/gemeinsame Sache 
zu m achen. 
Von derselben auf Au^leich bedachen Gesinnung unter 
baut waren auch seine weMugen Worte über das Problem der 
Glaubenstrennung und Glaubenseinheit in Deutsch- 
land, daI überdies der Meißener Bischof Dr. Josef Schreiber 
in einem besonderen Kursus erörterte. Vorbehaltlos gestand 
Bischvf Keppler Zu, daß die Kirche die konfessionelle Spaltung 
mitZrwerantwmten habe und in den Kreisen der Andersgläu 
bigen sich mitunter ein religiöser Eifer finde, der fo manche! 
Katholiken beschämen könne. Mag auch eine Vereinigung der! 
Konfessionen vorerst auf unüberwindliche Schwierigkeiten 
stoßen, so mußte doch der versöhnliche Geist seiner Rede gerade 
den Andersgläubigen wohltuend berühren. 
In einer Zeit, in der Spengler surm den Nnter- 
tzang des Abendlandes verfügt, war es besonders lehr 
reich, Pros. Hermann Platz über die Zukunft eben dieses 
Abendlandes sprechen zu hören. Ein wenig gar zu konstruktiv be 
stimmte er dessen Aufgabe dahin, daß es sich sowohl gegen das 
seelenlose Amerika wie gegen das formlose Asten als „Land der 
Mitte" M behaupten habe. Ihm, dem Rheinländer und Ka 
tholiken, dünkt das möglich nur dann, wenn Germanen und 
Romanen sich endlich Zusamwenflnden und inmitten einer ent- 
wiMchten oder noch nicht Wirklichkeit gewordenen Welt sich 
gemeinsam Zu jenem gestalthaften Geist bekennen, der in der 
W. M 1S. Asgust. 
Wurde der Raum, den diese den Kongreß beherrschenden 
Grundgedanken absteckten, auch nirgends überschritten, ss ent 
falteten sich in seinem Bereich doch vielerlei Stellungnahmen 
und Auffassungen und man erfuhr wieder einmal, daß die rich 
tig gelegte Grenze unbegrenzte Möglichkeiten der Haltungen 
und Aeußerungen umschließt. Ueberhaupt mochte die Tagung 
die Gültigkeit des Goetheschen Gleichnisses von den gemalten 
Fensterscheiben bestätigen und gerade den Nichtkatholiken leh 
ren, daß sich die gelebte Wirklichkeit der Kirche (wie natürlich 
jeder anderen wohlgegründeten Gemeinschaft auch) nicht einfach 
auf Formeln abziehen läßt und seien sie von deren Gliedern 
selber geprägt. Was dem Blick von außen etwa an Dogmen, 
Prinzipien und Leitsätzen sichtbar wird, stellt im Innern sich 
nicht in der gleichen Abgchobenheit dar, es ist in die Span 
nung einverwobenes Fundament und Ziel, zwischen demn 
das eigentliche Leben, das Leben der Mitte, sich frei von dem 
Druck -er Grenze und so reich gegliedert, wie Dben nur immer 
sein kann, hinerstveckt. Das in drin Kursus Wer das Wesen 
des Katholizismus geäußerte Wort des Tübinger Dogmen- 
lMorikers A d a m, daß der katholischen FrönMigkeitsfo 
so viele seien wie Blätter an einem Baum, ist lediglich eine 
Bestätigung dieser Einsicht. Und noch eines gibt dem von 
außen Eindringenden sich kund: ketzerisch genug spürt er, daß 
die besondere Erfüllung des wirklichen Lebens, welche die 
Kirche gewährleistet, über sich hinaus auf ein Unsagbares weist, 
dem man sich Zwar nur in der Besonderung annähern kann und 
darf, aber wohl nicht ausschließlich in dieser einen Besonderung 
allein; spürt, mit anderen Worten, die Weite des Kreises, 
der die „Mannigfaltigkeit der FrömwigkeiNformerr" embegreist 
und ahnt, ohne mehr als bloß zu ahnen, daß Mischen ihnen 
allen eine geheime Verwandtschaft besteht. 
Einer Erörterung der verschiedenen typischen Richtungen, 
die während der Tagung Vertretung fanden, muß schon aus 
dem Grunde unterbleiben, weil sie allzu tief in rein inner 
katholische Fragen hineinführen würde. Gedacht sei nur der 
starck hervortretenden liturgischen Bewegung, die sich, 
zumal in den Kreisen der katholischen Akademiker wie über 
haupt der katholischen Jugend, einer wachsenden Anhänger 
schaft erfreut. Nach den Worten ihres Vorkämpfers Romano 
Guardini ist sie an das Heute gebunden, sie ist Ausdruck 
der Sehnsucht eines Geschlechtes, das, dem Einflüsse der Um 
welt nachgebend, die volle Wirklichkeit katholischen Daseins im 
Stich gelassen hat und nun den alten Besitz neu zu erwerben 
trachtet. Genau jene für das kirchliche Leben so sehr 
zeichnende „Mitte" gilt es wiederzugewwnen, me eine 
Tymnnis der Seele über den Leib so wenig duldet wie eine 
Vergewaltigung der seelischen Ansprüche durch die nur-leib- 
Lichen. llnd zwar will die ursprünglich von Mürm-Laach aus- 
gHMMMne Bewegung hauptsächlich der aktuelleren ersten Ge 
fahr begegnen, d. h. sie will das bis tief ins katholische Lager 
eingedrungene abstrakt-begriffliche De.^n überleiten in ein 
Denken, das die Wahrheit des Satzes: „uniina loiunn eor- 
porlL" mit allen ihm anhangenden Konsequenzen neu erfaßt 
— eine Bemühung übrigens, die von manchen Vertretern des 
Protestantismus (erinnert sei etwa an Pfarrer Wilhelm 
Stählin) und auch des JudentruW durchaus geteilt wird. Die 
Bildkraft der Seele bewährt sich aber laut Guardini Zuhöchst in 
der Liturgie, in der das Geheimnis Gestalt gefunden) IM und 
die zur sichtbaren Gemeinschaft geeinten Körperchristen 
im Einklang mit den Dingen das Mysterium wirllich 
leben. Sollen die abgerissenen Fäden Avisen Seele rmd 
i Leib angeknüpft werden, so muß darum im Sinne der liturgi 
schen Bewegung vor allem anderen die Liturgie wieder den 
ganzen Menschen ergreifen, der ganze Mensch sich wieder so 
bereiten, daß er voll eingeht in die kirchliche Handlung. Erst 
die Zurückerlangung solcher „Shmbolfühigkeit" macht ihn 
gemäß der hier wiedergegebenen Auffassung dazu tauglich, die 
M Tagung der lEoWeuMMWer.
	        

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