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H:Kracauer, Siegfried/01.03/Klebemappe 1923 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

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Bibliographic data

fullscreen: H:Kracauer, Siegfried/01.03/Klebemappe 1923 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

Manuscript

Persistent identifier:
BF00043380
Title:
H:Kracauer, Siegfried/01.03/Klebemappe 1923 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]
Shelfmark:
H:Kracauer, Siegfried/01.03/Klebemappe 1923
Document type:
Manuscript
Collection:
Holdings and special collections
Year of publication:
1923
Copyright:
Deutsches Literaturarchiv Marbach

Full text

§ 
l o 
« sDer Meister des jüngsten Tages.Z Wer aus dem 
neuen Roman von Leo Perutz „Der Meister des jüngsten Tages" 
(Albert Langen, München) das Gruseln nicht lernt, der lernt es 
gewiß nimmermehr. Selbstmords, sämtlich unter den gleichen rätsel 
haften Umständen verübt, sind schon an sich unheimlich genug; wie 
viel unheimlicher noch, wenn man von Anfang an ihren mysteriösen 
Zusammenhang ahnt, ohne ihn doch vor Ablauf der Ereignisse un 
zweideutig ergründen zu können. Zweifel, Grauen, Spannung so lange 
wachzuhalten, ist eine nicht geringe Virtuosität aufgeboten. Es ge 
lingt etwa, den als Erzähler eingeführten Hauptäkteur Freiherrn 
von Aosch bis zuletzt in den unbestimmten Verdacht einzuhüllen, 
daß er an dem plötzlichen Tode des Schauspielers Eugen Bischofs 
die Schuld trage, mit dessen immer noch geliebter Frau Dina er 
früher Umgang gepflogen hatte. Es gelingt weiterhin, durch Ve 
rschwörung abgerissener Klänge, Ausstreuung fahler Lichter auf 
Park, Straßen und Räume eine Stimmung zu erzeugen, die in! 
alle Poren dringt und die Folge jener seltsamen Begebenheiten ge 
spenstisch umlauert. Es gelingt schließlich, die Träger der Hand 
lung: Halbkünstler und Balkanexistenzen in eine dichte Atmo 
sphäre der Verwesung zu stellen, unter Vermeidung unan 
gebrachter psychologischer Vertiefung ihre Wurmsüchigkeit ge 
rade soweit anzudeuten, daß sie stets nur Hintergrund des die 
eigentliche Mitte susfüllenden spannungshaften Geschehens bleibt. 
Zu dem alten Bischofs mit seiner erloschenen Gestaltungskraft und 
dem Freiherrn selber, der bereits zu sehr Spätling ist, um noch 
brutal zupacken Zu können, -gesellen sich die Schattenriß-Figuren 
des ehrenwerten Spanislen Albachary, in dessen Person sich die 
Talente eines Wucherers und Kunsthändlers wundersam vereini 
gen, seines Hausgenossen, des ausrangierten Majors Kulicek, wie ' 
der in allen Künsten dilettirenden Leopoldine Leichmann, die es 
schlechterdings nicht ertragen kann, sich als Pharwakologin unbe- 
rühmt und prosaisch durch die Welt schlagen zu müssen — ge 
brochen sie alle, lediglich in den Zwischenschichten zuhause und 
gut akklimatisiert an die Wiener Luft, deren UntergangshauH sie 
Zubiläumskagung des Atöbel-Verbandes. 
Die 21. Hauptversammlung des Deutschen Fröbel-Ver- 
bandes, der in diesem Jahre auf sein fünfzigjähriges 
Bestehen zurückblicken kann, wurde nach vorausgegangenem 
Begrüßungsabend heute mit einer Festsitzung im Römer er 
öffnet. Regierungsrat Dr. Lieser und StadLrat Meck- 
bach bewiWommneten die Tagung, zu der auch Verband s - 
freunde aus dem Ausland, zumal aus den nordischen Län 
dern, erschienen sind, namens der staatlichen und städtischen 
Behörden. Im Anschluß an ihre Ansprachen ergriff 
Pros. EduarL Spranger 
Zu seinem Festvortrag über neue Strömungen in der 
Frauen- und Jugendbewegung das Wort. 
! bFmcyt. Aus diesem Helldunkel tritt einzig der Ingenieur SolqmL 
! scharf hervor: Deutschbalte, der einst im russisch-japanischen Krieg 
^dei^Diunho eine Schützenkette von fünfhundert Japanern durch 
HochspannunDsströme vernichtete und nun die Erinnerung an die 
starre Reihe der Getöteten dauernd mit sich trägt. Durch jenes 
ihm eingegrabene Schreckensbild der UnmiLLelbarkeiL des Lebens 
und Mrtlebens enthoben, hat er den nötigen Abstand von Dingen 
und Menschen gewonnen, um ihre Verkettungen furchtlos zu er 
sahen. Er entwirrt, ein inwendig Erfrorener, mit dem Spürsinn 
' des DetE W verborgenen. Fäden und dringt am Ende das 
UnbvZMstM M tzSK MNers M M dem NP-! 
Heber der Selbstmorde, dem „Döetster des jüngsten Tages" vor, 
' dem freilich er selber auch zum Opfer fällt.' Wer ist dieser 
Meister und welcher Sinn liegt den Geschehnissen zugrunde, die 
unter seinem Einflüsse sich vollziehen? Ohne die Lösung preis- 
zugeben, sei doch gesagt, daß sie, offenbar ihres zu Lohen An 
satzes wegen, nicht ganz gestaltet worden ist. Metaphysische Gehalte 
in dem Stoff des Kvrminalromans auszudrücken, muß man 
'schon Dostojewski sein; Perutz jedenfalls versagt genau dort, 
wo er die Grenzen einer auf Spannung aufgebauten Erzäh 
lung zu überschreiten strebt. Dabei entbehrt die Idee, aus der 
er die geheimnisvollen Vorkommnisse ableitei, keineswegs der 
Tiefe. Es ist einleuchtend, daß mittlere oder erlahmte Künstler 
naturen um sie aber handelt es sich zumeist bei den Selbst 
Mördern -- ihre Phantasie an Gesichten gleichviel welcher Her 
kunft zu nähren wünschen, und es ist gut erdacht, daß jeder 
Mensch vor Entsetzen sich Löten muß, dem die vorwegnehmende 
Schau des jüngsten Gerichts, und zwar seines besonderen 
jüngsten Gerichts, zuteil wird. Wäre nicht, infolge des Man 
gels an hier zudem unnötig beanspruchtem dichterischem Ver 
mögen, der Weg allzu abgeblatzt, auf dem der Renaissancemaler 
Giovanstmone Chigi, der Meister des jüngsten Tages, den nach 
solcher Vision Begierigen den Zugang zu ihr vermittelt, so 
bliebe ein Buch, das rein als Spannungsroman nicht leicht 
übertroffen werden kann. 
— Das Frankfurter soziale Frauensewinar. Trotzdem sich die 
! Stadtverordneten-Versanm^ung in ihrer letzten Sitzung einstim 
- mig für die Erhaltung des Frauenseminars ausgesprochen hat, be 
haupten sich hartnäckig Gerüchte, die jenem Beschluß zuwiderlaufen. 
Ihren Niederschlag mag die auch von uns vor kurzem gebrachte 
Notiz (vergl. Stadt-Blatt vom 2. Oktober) bilden, derzufolge das 
Frauensennnar am 1. April 1924 geschlossen werden soll. Ent ¬ 
gegen diesen mißverständlichen Gerüchten darf zuver 
sichtlich damit gerechnet werden, daß die Verhandlungen mit dem 
Oberpräsidenten zu einem günstigen Abschluß gelangen und das 
nicht nur für Frankfutt unentbehrliche Frauenseminar weiterge 
führt wird. 
-- Dis Neue LichLöLhus in der Vilbelerstraße führt ein 
sechsaktrges Drama: „Teufslsschmphonie" vor, das seinen 
Namen nicht Zu Unrecht trägt. Das teuflichs Prinzip wird von 
einem indischen Fakir verkörpert, der auf ebenso niederträchtige 
wie phantasievolle Weise den Ehemännern einer in seinem hypno 
tischen Banne befindlichen Gräfin nach dem Leben trachtet. Der 
berühmte Sportsmann Fred Kelly, dem sein chinesischer Diener 
getreulich zur Seite steht, zeigt sich zum Glück den einmal schon 
gelungenen Anschlägen des Mordmenschen gewachsen. Dank 
seiner VLelgewandrheit entrinnt er sämtlichen Gefahren, die in 
dem Schveckenshaus des Jnmrs ihm drohen: Falltreppen, giftigen 
Dämpfen, Ausräucherung in einem beweglichen Käfig; zum! 
Schlüsse tötet er den Lsussichen Feind und rettet, wie sich von 
selbst versteh die Gräfin, die, von Erna Morena gespielt, in 
den s^wierigsten Situationen eine untadelige Haltung bewahrt. 
Ist die Handlung auch just nicht wahrscheinlich, so erfüllt sie doch - 
zum mindesten den einen Zweck, verbrauchte Nerven durch die! 
schnelle Folge erfinderisch ausgeheckter Greuel aufzureizen. 
F a t t h in dem Lustspiel „Alles aus Liebe" ist wesentlich harm 
loser als jener schlimm gesinnte Fakir Zwar, er prügelt wieder, 
wenn er geprügelt wird, aber seine Dicke entwaffnet, seine Liebens 
würdigkeit versöhnt. Als Köchin verkleidet, entfaltet er weibliche 
Reize, die sogar das Herz eines älteren Farmers betören. Die 
Handlung, in deren Verlauf Männer und Frauen verschiedensten 
Kalibers in den Ziehbrunnen stürzen, durch die Fenster fliegen 
und sich auf mannigfache Arten überraschend von der Stelle be 
wegen, endet natürlich mit einem vollen Triumph von FaLths 
Korpulenz. 
Ausgehend von einer Würdigung Fröbels, den er als Urheber 
der inneren Frauenemanzipation, als Befreier der Frau 
aus geistiger Gebundenheit pries, skizzierte er die Entwicklung der 
von Fröbel eingeleiteten Bewegung in der Folgezeit. Nach 1848 
hat diese Bewegung, dem Redner zufolge, durchaus realistische 
Bahnen eingeschlagen, fle fordert und erwirkt in enger Verbin 
dung mit den demokratischen und sozialdemokvatischen Be 
strebungen vorzugsweise die wirtschaftliche und politische Gleich 
stellung der Frauen. Sind damit die äußeren Ziele der Frauen 
bewegung erreicht, ihr eigentlicher Sinn bleibt nach Eroberung der 
Außenforts noch zu erfüllen. Worin aber besteht dieser Sinn? 
In der Entfaltung aller derjenigen Kräfte und Fähigkeiten, die 
der Frau besonders eigentümlich sind und darum eine unersetzliche, 
Bedeutung für den Aufbau unseres Kulturlebens haben.' Seit 1914 
hat sich die Erkenntnis hiervon mehr und mehr verbreitet. Leider , 
fehlt es ihr vorerst an der rechten Durchschlagskraft, da es eine! 
spezifisch weibliche Jugendbewegung noch nicht gibt. 
Die heutige deutsche, Jugendbewegung kennzeichnete Professor 
Spranger dahin, daß sie, zum Unterschied von der bisherigen 
Frauenbewegung, nicht in den Strömungen des Jahres 1848 
wurzele. Sie sage sich vielmehr los vom Individualismus, In 
tellektualismus und Oekonomismus der voraufgegangenen Ge 
neration und gründe statt dessen in der Sehnsucht nach neuem, reli 
giös unterbautem Gemeinschaftsleben. Daher ihr sekten- 
hafber Charakter, ihre vorläufige Ferne von der Wirklichkeit, ihre 
eschatologische Richtung: alles Züge, die in der feinsinnigen 
Schilderung Pros. Sprangers klar hervortraten, und bereits 
manchen Hinweis auf die kommende Reife in sich enthalten. 
Aufgabe unserer weiblichen Jugend wird es sein, rm Nahmen 
der allgemeinen Jugendbewegung ihre Sonderart auszubilden. 
Gemäß der Anlage des weiblichen Geschlechts hat sie von vorn 
herein die Richtung auf das Ganze des Lebens zu nehmen, ihre 
Bestimmung ist es, den lebendigen, totalen Menschen 
in die von uns ersehnte Kultur hineinzutragen. Macht sich die 
zukünftige Frauenbewegung solche Ziele dienstbar, so dürfen wir 
hoffen, daß diese Kultur die endliche Vermählung des männlichen 
und des weiblichen Prinzips bringe. Eine wichtige Etappe auf 
dem Wegs zu ihr hin wird nach der Ueberzeugung des Redners 
die im Interesse geeigneten Nachwuchses zu schaffende Frauen- 
hochschule sein, die als UeLerbau über den verschiedenen 
Formen der Frauenschule und der ihnen an gegliederten sozialen 
und pädagogischen Anstalten sich erheben mag.
	        

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