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H:Kracauer, Siegfried/01.03/Klebemappe 1923 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

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Bibliographic data

fullscreen: H:Kracauer, Siegfried/01.03/Klebemappe 1923 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

Manuscript

Persistent identifier:
BF00043380
Title:
H:Kracauer, Siegfried/01.03/Klebemappe 1923 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]
Shelfmark:
H:Kracauer, Siegfried/01.03/Klebemappe 1923
Document type:
Manuscript
Collection:
Holdings and special collections
Year of publication:
1923
Copyright:
Deutsches Literaturarchiv Marbach

Full text

Judmkum und SiüLk. 
--- Auf Einladung des ZentraldereMs LeuLscher Staatsbür 
ger jüdischen Glaubens'sprach gestern Abend im überfüllten 
großen Saale des Volksbildungsheims Rabbiner Dr. FrLu- 
de n L h a l (Nürnberg) über das Verhältnis des Judentums Zum 
Sw.at. Nach kurzer Begrüßungsansprache des Vorsitzenden der 
Ortsgruppe, Dr. Mainzer, der namens der Versammlung 
und zumal der deutschen Juden mit Worten der Entrüstung 
gegen die französische Gewaltpolitik feierlichen Protest erhob, 
stellte der Referent gleich zu Beginn seiner Ausführungen die 
Tbes-s anst daß die Liebe des Juden zum ^LaaL den 
religiösen Grundlehren des Judentums selber entspringe. ^Der 
. Glaube an den einen, einzigen Gott, ein universeller, über- 
völkischer Glaube im besten Sinne, hat es dem Juden ermög 
licht, an dem Wähle eines jeden Staates mitzuarbeiten, der ihm 
zur Heimat geworden ist. Schon in den Zeiten des Exils ward 
diese Verpflichtung den Juden ausdrücklich auferlegt. Weiter ¬ 
hin ergibt sich aus der biblischen Lehre von der Ebenbildlichkeck 
aller Menschen die jüdische Auffassung,. daß in einem Staats 
> Wesen alle Konfessionen die gleichen Pflichten und Rechte haben, 
wie überhaupt die Lehre von der Gleichberechtigung 
aller Menschen, die Forderung eines rauf sozialen Grund 
sätzen aufgeöauten Gemeinwesens echt jüdischer Herkunft ist. 
Zum Dienste an solchem sozialen Fortschritt unter Ablehnung 
jeglicher Gewalt verpflichtet schließlich der messt attische 
Gedanke, der ebenfalls in seinen letzten Konsequenzen Treue 
dem in Sittlichkeit gegründeten Staate gegenüber fordert. Wie 
tief diese Treue im Judentum verankert ist, davon zeugt-' die 
jüdische Anschauung, daß die Staatsgesetze den Religionsgefetzen 
gleich Zu erachten seien. Erstrebt wird aber von den Juden ein 
Staat, der Brüder- und Priesterreich ist, ein Staat mithin, der 
freilich rassmmäßme Eimauna und völkische Abgrenzung nicht 
kennt, dafür jedoch Zu Wahrheit, Recht und Frieden 
zu erziehen vermag. 
Im Verlauf seiner weiteren Darlegungen wies der Redner 
die oft gehörte, lügenhafte Behauptung Zurück, daß das Juden 
tum ein Verbündeter des Bolschewismus sei, und 
polemisierte unter lebhaftem Beifall der Versammlung gegen 
eine vor wenigen Wochen gefallene Aeußerung des bayrischen 
Ministers des Innern, der eine durchaus verkehrte Auffassung 
von der -Stellung des jüdischen Bürgers im Staate bekundet 
habe. Fernerhin verwarf der Redner jede Klassen- und Rassen« 
hetze, die schon dem Volk der Bibel tief fremd gewesen war, und 
trat für die Idee des inneren Friedens ein, wobei er 
mit scharfen Worten das Treiben der Hitlerl-eute als einen Ver 
rat am Vaterlande geißelte. Zum Schlüsse bewnte er, daß die 
Juden, ihrem religiösen Gefühlsduange folgend, überall dem 
Staate die Treue gehalten Hätten, selbst wenn dieser Staat es 
darauf angelegt habe, ihnen die Treue aus dem Herzen Zu 
reihen. Vor allem die dewtschLN Juden, die süddeutschen zumal, 
seien trotz der inneren Feinde, die mit ihrem Hasse das Volk 
vergiften, von inniger, stets unveränderter Liebe zu ihrer 
deutschen Heimat erfüllt. Stürmischer, lang-anhaltender Verfall 
dankte dem Redner für seine nur hie und da durch Zwischenrufe 
unterbrochenen Ausführungen. 
J^er kurzen Aussprache drückte Herr Roehle, der 
„Arbeitsg-emenischaft für deutsche Handwerkskultur" entspräche 
Dies- verfolgt neben anderen Zielen die Vertretung deutscher 
Handwerkskultur auf Messen, Ausstellungen und KulturwoHen, 
Hebung der Absatzmöglichkeit für höchstwertige Handwerks 
erzeugnisse, Vertretung der kulturellen Interessen des Hand 
werks gegenüber Behörden usw. Ob-und inwieweit Ä-ehm 
liches für die ArchitektenschE erreicht werden kann, mag hier 
unerörtert bleiben; immerhin ist die gegenwärtige Notlage so 
drückend, daß ein solidarisches Auftreten in allen, aber auch in 
allen Standesfragen sich als unumgänglich notwendig erweist.' 
Hierzu gehörte nicht zuletzt auch eine Fülle von Aufklärungs 
arbeit. So gälte es etwa, um nur ein Beispiel von vielen Her 
auszugreifen, wieder und wieder den festeingewurzelten Irr 
tum einer Mehrzahl von Bauherren zu zerstreuen, daß man 
billiger fahre, wenn^nan sich unter Umgehung des Architekten 
- direkt an den Bauunternehmer wende — als ob er nich^mde! 
i die Ausgabe des Architekten sei, als Treuhänder des Bauherrn' 
- dessen Interessen dem Unternehmer gegenüber Zu verfechten 
und ihn derart vor unnützen Ausgaben zu bewahren, mit bmen 
verglichen, das Architektenhonorar zumeist lächerlich gering ist. 
Freilich hat man sich von vornherein darüber klar zu sein, 
daß diese Selbsthilfe nichts fruchtet, solange fremde Hilfe sich 
ihr verweigert. Dem Staat und den Kommunen Mwrü 
erwachsen gegenüber der deutschen Archiiektenschast große Ver 
pflichtungen, ihnen vor Mm liegt es ob, dafür zu sorgen- daß 
ein Stamm bewährter Kräfte sich hinüber retten kann, und 
daß die drohende Gefahr völligen Traditionsbruches ad- 
gewendet wird. Die kürzlich durch den Reichspräsident 
t e n erfolgte Ueberweisung von drei Millionen MaÄ aus der 
Sammlung der „New Docker StaMzeitung" an den B. D. A. 
bezeugt symbolisch die Hilfsbereitschaft des Reichs, wenn sie 
auch nur ein Dropsen auf den heißen Stein ist. Wesentlicher 
als solche geldliche Unterstützung wäne die produktive Hilfe 
leistung durch Vergebung von Aufträgen an tüchtige, not 
leidende Architekten. Früher war der Wohnungsbau beinahe 
ausschließlich die Domäne der Privatarchitekten, die auf 
diesem Gebiete Vorbildhastes geleistet haben, heute ist er bei 
nahe ebenso ausschließlich zum Tummelfeld der Behörden ge 
worden. Post, Eisenbahn, wie auch die Kommunen lassen 
ihre SiMungsanlagest durch ihre eignen Bauämter errichten, 
- in denen ja gleichfalls — dies fei zur Entschuldigung gesagt 
I — unbeschäftigte beamtete Architekten sitzen, mch ziehen nur 
ganz ausnahmsweise einmal einen Privatarchitekten hinzu. 
' Diese Zurückdrangung der freischaffenden Baukünstler durch 
die Bambeamten erzeugt aber höchst ungesunde Verhältnisse, 
die auch durch an sich sehr fragwürdige praktische Vorteile nicht 
ausgewogen zu werden vermögen. Gewiß sind beträchtliche 
künstlerische Leistungen durch beamtete Architekten hie und da 
vollbracht worden. Doch liegt es in der Natur der Dinge be- 
! gründet, daß sich in der Regel künstlerische Erfolgs nur dann 
erzielen lassen, wenn der Architekt ungehindert durch büro- 
kratis^n Zwang schalten und weckten kann. Daß Deutsche 
land in den letzten zwei oder drei Jahrzehnten eine neue 
Blüte der Baukunst erleben durfte, ist sicherlich nicht feinen 
DauLeamten zu danken gewesen, vickmehr hat sich gerade um-. 
! gekehrt in nahezu allen Fällen der alte Erfahrungssatz be 
stätigt, daß das Beamtenwesen der Tod des künMEchen 
Schaffens ist. Aus diesen Gründen ist es schon im Interesse 
der Sache selber geboten, die prinzipielle Forderung auf 
Beteiligung der Privatarchitekten an sänÄichen 
Bauauft rägen dM Staates und der Kommunen 
M erhoben. Ihr reiht sich die andere, nicht minder berechtigte 
Forderung cm, daß den festbesoldeten Baubeamten die 
Uebernahme von PrivatauftrSgen streng zu untersagen sei. 
Die Nutzanwendung auf unsere Frankfurter Verhält 
nisse ist leicht zu ziehen Auch hier herrschen die gleichen Miß 
stände wie überall, auch hier zieht die Stadt es gewöhnlich vor, 
ibre Bauten in eigene Regie zu übernehmen, ja, bereitet den 
Privatarchitekten wohl auch kort noch Schwierigkeiten, wo sie 
Verpflichtungen ihnen gegenüber einge^mgen ist. Diese Hal 
tung rmrß von Grund auf geändert werden. Statt Latz die 
Stadt ihre baulichen Aufgaben, soweit solche überhaupt noch vor 
liegen, durch ihre beamteten Architekten bearbeiten läßt, sollt 
sie im Gegenteil aus eigener Initiative heraus der freien Ar-' 
chitektenschaft so diel als möglich helfend zur Seite stehen. Auch 
ein Wettbewerb etwa — wo bleibt z. B. das seinerzeit Zuge 
sagte Preisausschreiben für die Bebauung eines Teiles des 
Festhallengeländes? —- käme als Augenblickshilfe sehr wohl in 
Betracht, obwohl die Devanstaltung von Wettbewerben natür 
lich keineswegs eine grundsätzliche Lösung der hier angeschnit 
tenen Fragen darstellt. Erschwert wird die Lage der Frankfur 
ter Architekten übrigens noch durch das merkwürdige Vorurteil 
d mancher Frankfurter Bauherrn, daß ein Fremder nicht nur, 
um mit dem alten Stoltze zu reden, „immer von außerhalb" sei, 
sondern auch Besseres zu leisten vermöge als die einheimischen 
Kräfte, was weder die Ansicht des alten SLoltze war, noch in 
Wirklichkeit Zutrifft. ' Lr. 
Vom Stadtbild. 
s« Mt der Riesenarmee der Litfaßsäulen, deren Vor- 
LmpM vor einiger Zeit, kein Mensch weiß eigentlich wann und 
wie, über Nacht selbst in die friedluhsten Straßen eingedrungen 
sind, geht seit kurzem eine sonderbare Veränderung vor. Diese 
Wandlung rührt einfach daher, daß etliche mitfühlende Seelen 
schlechterdings nicht einzufehen vermochten, warum gerade die Lit 
faßsäulen gut bekleidet sein sollen, wo doch so viele Menschen in 
höchst reduzierter Kleidung herumlaufen müssen. Aus solcher Er 
wägung heraus, die noch durch das nicht minder gewichtige Argu 
ment der zu stattlicher Hohe sngeschwollenen Papierpreise unter 
stützt wurde, rissen besagte Zartfühlende Menschen den armen Säu 
len ihre Papierhülle vom zylindrischen Leib und ließen sie dann 
frierend in der Landschaft stehen. Der Mensch will leben, nicht 
rvahr, und das Papier, ob bedruckt oder unbedruckt, ist kostbar, die 
hier obwaltenden Zusammenhänge sind'nicht weiter schwer zu fin 
den. Nachdem die Säulen sich von dem ersten Schrecken erholt 
hatten, machten sie schnell gute Miene zum bösen Spiele. Im 
Grunde war es ihnen immer peinlich gewesen, so Willkürhaft von 
jedermann beklebt zu werden, da vegab man sich schon besser in 
den Dienst der einen oder der anderen Firma und ging mit ihr 
^in MuerverhältniS ein. Man konnte sich dann sozusagen häus 
lich sinrichten und an Stelle des lockeren, unsoliden Papiergewan 
des ein gediegenes, vertrauenerweckendes Kostüm aulegem Die 
städtischen Behörden mit ihrem gewohnten Taktgefühl errieten 
bald die geheimen Wünsche ihre? Pflegebefohlenen auf Platzen 
und Straßen und Meten Zwischen ihnen und unternehmungZ- 
lustigen Firmen eine Reihe von Beziehungen, die sich von regu 
lären Ehen nur dadurch unterscheiden, daß sie nicht gerade für die 
Ewigkeit gelten. So sind denn heute schon mehr und mehr Säu 
len mit einem Anstrich versehen worden, dessen fröhliche Farben 
laut von glücklichen Verbindungen zeugen, die man hier ab 
geschlossen hat. Da überdies diese farbige Bekleidung, laut städti 
scher Vorschrift, von Künstlerhand besorgt wird, ist sie meist 
vsn^so angenehmer Wirkung, daß nur noch zu wünschen bleibt, es 
möchten recht viele Säulen dem Beispiel ihrer bereits unter die 
Haube gebrachten Schwestern folgen. X. V,
	        

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