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H:Kracauer, Siegfried/01.05/Klebemappe 1926 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

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Bibliographic data

fullscreen: H:Kracauer, Siegfried/01.05/Klebemappe 1926 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

Manuscript

Persistent identifier:
BF00043382
Title:
H:Kracauer, Siegfried/01.05/Klebemappe 1926 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]
Shelfmark:
H:Kracauer, Siegfried/01.05/Klebemappe 1926
Document type:
Manuscript
Collection:
Holdings and special collections
Year of publication:
1926
Copyright:
Deutsches Literaturarchiv Marbach

Full text

LOLULirSLH 
sriedigen 
gebärdet 
ohne 
täuscht 
^Rudolf Schildkraut im Film.Z Er ist ein nach Amerika 
ausgewanderter Ghettojude, der seinen Verkaufsstand im NewAorker 
Judenviertel hat. Er hat einen guten Sohn und einen Lösen. 
Diesen, der ein Streber ist und ihn verleugnet, liebt er mit blinder 
Vaterliebe; jenem, der Zeitungen verkauft und Boxkämpfe aus- 
ficht, um die Eltern zu unterstützen, weist er das Haus. Sehr 
einfach, ein Reißer mit Rührszenen, die Amerikaner mögen das. 
Auch der gute Ausgang ist garantiert. Im letzten Augenblick ent 
deckt das Strebersöhnchen sein besseres Ich, und den Boxer, einen 
entzückenden Jungen übrigens, bittet der Vater um Verzeihung 
Er entdeckt, daß nicht das Studium allein selig macht, sondern 
auch der Boxsport. Die Amerikaner mögen das. Man hat als 
ein auf Tragik geaichter Europäer das verbriefte Recht, ihre Primi 
tivität zu schelten und ihre Filme sentimental zu heißen. Sie 
sind es, in der Tat. Aber die Tragik bei uns ist dafür nicht selten 
senil; von dem Seelenleben zu schweigen. 
* 
Schildkraut ist der Vater mit dem Patriarchenbari aus dem 
und die Göttinnen ver ¬ 
sprechen ihm nichts weiter 
mehr als sich selber. Dafür 
ist auch der Apfel nicht aus 
Gold. — Der Weihnachts 
baum ist ein besonders 
dankbares Kitschmotiv. Er 
wird Zur leeren Schablone, 
wenn man ein gesellschaft 
liches Ereignis aus ihm 
macht, zu einer Dekoration, 
die gerade gut genug zum 
Photographieren ist. Sie ist 
kitschig, weil sie nicht Ge 
fühle vermittelt, sondern 
lediglich ihren Schein. — 
Wundersam ist auch der 
Nixenhaufen, der sich aus 
Wagner und Böcklin in den 
Film: „Wenn, wir Frauen 
träumen" verirrt hat. Viele 
Männer mögen sich solchen 
Massenkonsum erträumen: 
nun haben sie ihn im Bild, 
mit Poseidon und Tritonen 
obendrein.Die mmhologiscke 
Aufmachung soll die Begier 
den adeln, deren schlecht 
sitzendes Gewand sie ist. 
Würdigt der Kitsch auf der 
einen Seite das Wirkliche 
zur Nichtigkeit herab, so 
sucht er auf der anderen dem 
Nichts die Würde der Wirk 
lichkeit zu verleihen. Ein 
Filmball wird dargestellt: 
man glaubt den Sekt in den 
Gläsern, vermutet Gespräche, 
die das Lächeln der Herren 
und Damen begründen. 
Doch der Sekt prickelt so 
wenig wie die Gespräche, es 
ist alles Fassade, wie die 
Hemdbrüste und Spitzen. 
Das Hohle gebärdet sich als 
ein Etwas und ist auch 
vielleicht etwas, wenn man 
um seine Hohlheit weiß. 
kr. 
ihn zu durchschauen. Es ist 
nicht schwer und jedenfalls 
lohnend. Hat man ihm erst 
die Larve abgerissen und 
die Stelzen unter den Bei 
ner; entfernt, so steht er da 
als das, was er eigentlich 
ist: als blanker Kitsch, der 
nach der Demaskierung ein 
durchaus rechtmäßiges Da 
sein führt, unter Umstän 
den vergnüglich ist und das 
gute Gewissen für sich in 
Anspruch nehmen darf. 
Der Edelkitsch auf unse 
ren Bildern enthüllt sich 
ohne Schwierigkeit, wenn 
man die Darstellungen ihres 
Ernstes beraubt. Unbezahl 
bar ist die Szene von der 
Wiener Modeschau: eine 
Kombination von Mannes 
guin, Betten und Linie - 
rendem Publikum. Während 
die Besucher ihren Reh 
rücken essen. Zieht sich das 
Mädchen aus; beim Dessert 
legt sie sich ins Bett. Alles 
wegen der Steppdecke und 
der Dessous. Das Orchester 
im Hintergrund begleitet 
die lüsternen Gefühle im 
Vordergrund. Kitschig ist 
die ungehemmte Vermen- 
gung der verschiedensten 
Interessen, die Schaustel 
lung eines Schlafzimmer 
Fragments inmitten der 
Tafelfreuden zu geschäft- 
lrchen Zwecken. 
Gerne vergreift sich der 
Kitsch an den großen Ge 
halten, die aber dadurch, 
daß sie ihm verfallen, im 
merhin aufbewahrt bleiben. 
Paris ist auf den Hund 
gekommen, indem er in der 
Revue wieder aufersteht, 
eele zu haben, und 
Schicksale vor, die 
keine und. Er ist ein Surro 
gat, dem die Unbekümmert 
neil des offenbaren Kitsches 
bei weitem vorgezogen zu 
werden verdient. 
Da er sich durch Dekrete 
nicht abschassen läßt, wird 
nrarr sich bemühen müßen. 
Dieser Edelkitsch 
sich seelenhaN, 
Der Schildkraut-Film: „Seine Söhne" läuft Zur Zeit in 
mehreren Frankfurter Lichtspielbühnen (Hohenzollern-, 
Scala- und Hansatheater). __ raca. 
— Lindenfels (im Odenwald). Der vielbesuchte Ort liegt in 
mitten des Odenwalds, Zu dessen schönsten Sommerfrischen er gehört. 
Von der Schnellzugsstation Bensheim aus — einem der Haupt 
punkte der Bergstraße, mit guten Unterkünften und angenehmen 
Spaziergänger; — fährt das Postauto in einer knappen Stunde nach ' 
Lindenfels hinan. Schon von weitem erblickt man die Burg mit 
dem Städtchen: ein altertümlicher in sich geschlossener Architektur 
komplex, der sich organisch in die Landschaft fügt, die er krönt. Für 
die Autofahrer wie die Touristen ist hier gleicherweise gesorgt. Jene , 
haben auskömmliche Chausseen zur Verfügung, die nach allen Sei 
ten sich verzweigen. Diese brauchen unter der Unzahl der kleineren 
und größeren Ausflüge nur zu wählen; auch als Standquartier für 
zwei- oder dreitägige Exkursionen kommt Lindenfels in Betracht. 
Wer der Ruhe pflegen will, mag sich an der Aussicht ergötzen, die 
ein weites Hügelrund umfaßt. An einfachen und besseren Gast 
höfen ist kein Mangel. Auch zum Tanzen findet sich Gelegenheit. 
gen sind von den Vätern vererbt, die es wieder von ihren Vätern 
haben. Das Wörterbuch dieser Gebärdensprache ist umstrngreicher ' 
als das Grimmsche. Er hat große Szenen im Film. In einem 
Trödelladen will er seinen Pelzmantel verkaufen, ein Inventar 
stück aus biblischen Zeiten; damit der geliebte Sprößling Zu Geld 
kommt. Für 10 Dollars nur? Sein Blick wird starr, er zieht den 
Mantel an. Vom Trödler zurückgehalten, legt er den Mantel 
wieder ab. 15 Dollar? Er zieht den Mantel an. Dreimal an 
«nd kmuer KaHos^ -lÄeK M er doch be ¬ 
trogen. Dann geht er durch das Schneegestöber heim. Das heißt, 
er geht nicht, er schleicht mit ängstlich auseinandergespreizten 
Beinen, und schlägt zu Boden, uralt; ein Martyrium. Dann 
kommt der kranke Patriarch unerwartet zur Hochzeit seines Sohnes, 
erscheint wie Bankos Geist — ein Shakespeare ist der Filmdichter 
nicht — vor der Tafelrunde, New Uork, 5th Avenue, und der 
Sohn, dieser Schlingel, behauptet ihm ins Angesicht hinein, keinen 
Vater nicht zu haben. Er ist sehr still, geradezu höflich, lächelt 
mit dem Mund und verläßt den Raum. Weiß der Himmel, der 
Raum erstarrt, wie er, ganz Rücken nur, hinausstapft. 
Die Regie hat gut gearbeitet. Die Straßenszenen mit den 
vielen Kindern und den Hochbahnen dahinter machen sich echt. 
An einer endlosenMauer klebt ein Balkönchen, einsam und ver 
schollen. ein lyrisches Gedicht. Der Schnee ist aus Schnee. Das 
Boxer-Meeting spielt in einer vollbesetzten, ungeheuren Halle, die 
Bildausschnitte summieren sich im Flug aus Großaufnahmen, 
Publikum und Gesamtaspekten. Eine Konferenz von Sportgrößen 
hat die würdige Miene, die ihr zusteht, gewichtiger als ein Minister 
rat. Das Milieu rund herum ist von dem Geist des Judentums 
erfüllt, ja, sogar für die Versöhnung der Konfessionen haben die 
Veranstalter gesorgt. 
Die Gebildeten entrüsten 
sick imnun noch viel zu seln 
über dorr Kitsch, ^ie sollten 
es nur mit Vorbehalt tun. 
Jeder Mensch hat den Hana 
zum Kirsch, ob er ihn ein- 
gestebt oder nicht: jeder 
Mensch das Recht aus ihn. 
Man kann nicht stets mir 
den; vollen Einsatz seiner 
brüste leben und zudem: 
der Kitsch drückt, wie bar 
barisch immer, die primi 
tiven sinnlichen und geim 
perl Wünsche des Menschen 
unverstellt aus. Wer wäre 
nicht als Bub über den 
Edelmut Winnetous be 
glückt gewesen, wer hätte 
sich nicht willig-unwillig 
von der Süßigkeit eines 
Speretteuschsagers sangen 
lassen, die wie die 2utsch- 
nange der Jahrmärkte 
schmeckte? 
Bedenklich wird der Kitsch 
nur, wenn er sich künstle 
risch gibt. Er erweckt dann 
bei der unkritischen Menge 
den Anschein, als könne er 
die höheren Bedürfnisse be-
	        

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