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H:Kracauer, Siegfried/01.06/Klebemappe 1927 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

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Bibliographic data

fullscreen: H:Kracauer, Siegfried/01.06/Klebemappe 1927 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

Manuscript

Persistent identifier:
BF00043383
Title:
H:Kracauer, Siegfried/01.06/Klebemappe 1927 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]
Shelfmark:
H:Kracauer, Siegfried/01.06/Klebemappe 1927
Document type:
Manuscript
Collection:
Holdings and special collections
Year of publication:
1927
Copyright:
Deutsches Literaturarchiv Marbach

Full text

Mata-Hari. 
- -2-Dieser Großfilm in den „Bi eS e rbau-Lichtspielen" 
! behandelt das Schicksal einer indischen Tänzerin, die einen 
österreichischen Erzherzog und einen russischen Großfürsten zu 
ihren Geliebten Zählte. Durch eine JnLrige wird sie aus Wien 
nach Rußland zurückgelockt; der Großfürst sehnt sich nach ihr. Sie 
hat einen Palast in Petersburg, der zum Schauplatz von Orgien 
hochgestellter Personen wird. Das Treiben elelt sie, und sie ent 
flieht — flieht in die Arme eines unbescholtenen Bauernburschen, 
- bei dem sie das Glück der Liebe zu erleben meint. Der Großfürst 
rast wie alle Großfürsten vor Eifersucht, und läßt den Burschen 
gefangen setzen, um die Tänzerin kirre zu machen. Man verspricht 
ihr die Freiheit des Geliebten, wenn sie dem Erzherzog die 
Festungspläne von Przemysl entlockt. Sie holt die falschen Pläne 
- heim und läßt in Oesterreich eine russische Aufmarschskizze zurück, 
die ihr in Petersburg in die Hände gefallen war. Ein russischer 
Spitzel hat sie belauscht. Man stellt sie vor ein Kriegsgericht, und 
foltert den Burschen, um ihr ein Geständnis zu entreißen, das 
zum Todesurteil führt. Ein Akt der Eifersucht, denn st-e hätte sich 
verteidigen können. Mit der Erschießung schließt der Film. Er 
ist unter der Regie von Friedrich Feher begabt ausgemacht. Manche 
Gesamtszenen sind von den Russen gelernt, spannend exponierte Auf 
tritte finden sich genug. Am besten geraten sind die Festungsbe 
suche, das Verhör bei dem Auditor und das Kriegsgericht. Am 
Anfang sdM die Handlung etwas, überhaupt sind die Pro 
portionen nicht immer richtig getroffen. Nimmt man die Fabel 
als gegeben hin, die zwar erregend ist, aber nicht eben durchaus 
filmgemäß oder von hohem künstlerischen Niveau, so sind immer 
noch die Grausamkeiten zu sehr betont. Es wäre überflüssig ge- 
weM die der Heldin Zugefügten Qualen so drastisch und ein 
gehend zu verzeichnen, und den Prozeß der Erschießung bis ins 
Letzte auszukosten. Magda Sonja tritt gegen den Schluß 
yin immer stärker hervor; sie wird fraulich, ist leiderfahren und 
gewinnt Größe. Nicht sie ist die eigentliche Hauptperson, sondern 
^ritz Kortner, der den Vertrauten des Großfürsten spielt. 
Um seinetwillen ist der Besuch des Films dringend zu empfehlen. 
Wie die Maske ptzt, wie dieser Chef des Geheimdienstes sich durch 
Blrcke verständigt, wie menschliche Verstocktheit, Härte, Ergebenheit 
hr-er zuwmmenLreffen, wie ein durch die Despotie verpfuschtes 
Wesen sich hier in allen seinen Schichten verkörpert, das ist schon 
große Kunst kaea. 
Die Mutter. 
Dieser russische Film, den die Ufa-Lichtspiele zeigen, 
ist nach einem Roman von Maxim Gorki gedreht. Sein 
Regisseur heißt Pud 0 wkin. Die Handlung spielt im Zaristischen 
Rußland Eine Proletarier-Familie: der Vater ein Säufer, der 
Sohn ein junger Mensch, also Revolutionär. Ueber der Familie, 
die nur eine von Tausenden ist, thront das Werk und der Staat, 
Bei einem Streik wird der Vater erschossen, der es mit den Auf 
sehern hält. Militär dringt in die Wohnung, in der seine Leiche 
aufgebührt ist, und erpreßt der Mutter das Geständnis, daß der 
Sohn unter einer Fußbodenplanke Waffen verbirgt. Er wird vor 
Gericht geschleppt, das Urteil lautet auf Zuchthaus. Unter der 
Bevölkerung Lricht Empörung aus, die dumpfe Empörung der 
leidenden, noch unorganisierten Masse. In langem Zug, -wegt sie 
sich zum Gefängnis bin, in dem bereits die Revolte bega nnen hat. 
Aber der von den Vorgängen rechtzeitig unterrichtete Kormmmdant 
schickt den Massen seine Soldaten entgegen, die auf die einfachste 
Weise der Welt dgs Volk zerstreuen. Sie schichen, es kostet nur 
Munition. Der Sohn, der aus dem Gefängnis geflohen war, Mt 
in den Armen der Mutter. Sie selber ergreift die Fahne und bleibt 
mitten unter den Leichen auf dem Platz zurück. Ein famos gezielter 
Schuß trifft auch sie. 
Aus klaren, eindeutigen Gefühlen ist dieser Film geschaffen. 
Er hält es ohne Beschönigung mit den Unterdrückten, und sein 
Haß gilt den Gewalthabern und ihrer Ordnung, die ungerecht ist., 
Das mag einseitig sein und tendenziös; aber eine Tendenz, 
die sich gegen einen empörenden Zustand der Dinge richtet, ist keine 
Tendenz, über die sich Kunstrichter erhaben dünken müßten, deren 
Forderung auf Unparteilichkeit und Objektivität dem Mangel an 
Entschiedenheit und Einsicht entspringt. Ja, es läßt sich mit gutem 
Rechte behaupten, daß nur aus jener Tendenz, die auf die Her 
stellung einer gültigen menschlichen Ordnung äbzielt, überhaupt 
ein Kunstwerk entstehen könne. Es ist nicht ein formales Gebilde, 
das mit beliebigen Inhalten gefüllt werden mag, sondern es ist 
ein Kunstwerk nur dann, wenn es bestimmten Gehalten ein Dasein 
gibt. - . 
Aus der richtigen Tendenz (es gibt auch ohnmächtige, falsche) 
schöpft auch dieser Film seine ästhetischen. Wirkungen. Seine Her 
steller haben gewußt, was sie wollten, haben es bis in die feine 
menschliche Regung hinein gewußt. Darum konnten sie sehen, 
konnten das Wesentliche vorn Unwesentlichen scheiden und die Auf 
nahmeapparate lenken. Kraft ihrer „Tendenz" haben sie den Sinn ! 
vieler toter Gegenstände erkannt, Details hervorgehoben, Asso- 
ziationen vollzogen. Die Kunst kommt ihnen aus ihrer Erkentnis, 
aus Liebe und Haß, die das Menschliche wirklich betreffen. 
Freilich: sie hätten trotz ihrem Wissen nichts geleistet, wenn sie 
nicht zugleich auch über die Kunstmittel geböten. Sie können etwas 
und wenden ihr Können richtig an. Um nur ein paar Beispiele 
zu nennen: Die immer wieder gezeigten Fabrikherren, die von dem 
Fenster auf die Massen herabblicken, werden zum Zeichen der 
schlechten Gewalt. Eine gewaltige Symbolkraft erlangt die Archi 
tektur des Gerichtsgebäudes. Ueber die Freitreppe und die Säulen- 
trommeln wird der Blick zum klassischen Giebel gezogen; man 
weiß, daß es in diesen Mauern weder Recht noch Erbarmen gibt. 
Das Gefängnis ist vollkommen durch die Silhouette eines Wacht 
postens charakterisiert, die aufs Haar der des seitlich gelegenen 
Schornsteins gleicht. Unerhört ist die Kunst der Raum beherr 
sch ung, die schon im Potenkimfilm bezauberte. Auf der weiten 
Fläche rücken die Soldaten an, verlieren sich Arbeitertrupps. Die 
Anordnung im Raum drückt, je nachdem, brutale Macht und Hilf 
losigkeit aus. Auch die dämonische Gewalt der nicht vermensch 
lichten Technik ist dargestellt. Die Aufnahme einer Kettenbrücke 
ersetzt eine gelehrte Abhandlung über die innerrussischrn Zustände 
vor der Revolution. 
Die schauspielerischen Leistungen stehen so durchaus im Dienste 
der gemeinten Sache, daß man eine einzelne nicht herauscheben 
mochte. Richter, Offiziere und Bürger sind gezeichnet in jedem 
Sinne. Welche Volkstypen treten nicht auf! Man glaubt ihnen ihr ! 
Gesicht, sie haben ein Gesicht. Die Mutter spielt, daß man das, 
Spielen vergißt; unvergeßlich vor allem, wie sie Versteint an der 
Bahre ihres Mannes sitzt. Vielleicht, ja gewiß wäre jede Einzel 
leistung von westlichen Darstellern zu erreichen. Aber unnachahm- . 
lich ist das Massenaufgebot, die Versammlung solcher Massen. 
Der Fflm hat Schwächen, die ihn in künstlerischer Hinsicht dem 
Aur Vervollständigung des VerLsioknisZes noed 
einige Hinweise. Ren Baseismus nutrt Baw- 
renee R vesderr^ in einem Roman: 
den reu er in Blor en 2" (Oedertra^unF 
aus äem ^.merilranisoben von RermMia Lur Nüb« 
len. ^.Zi8-Ver!aF, Mien unä Berlin) su äeielctivi- 
seßen 2weo!rsn auL. Lein Rsr^ ^edört äen 80- 
Lialisten, äoed sein Oeieedti^keitZempkinäen ist 
unFleieU stärker eniwiokelt als sein Lekriktstelle- 
risoßes Talent, äas die ?enäenL plump, äardietet. 
— Bin Roman: „Der lalLede Briet" von 
aller 8 Nastermann l Band 103 der 
Lsrie „Xrimin dromano ell.'r Kationen" Noewig 
u. MRner, vresden. leder Bä- ^ed. 2), in äem 
naed äem üddenen Ledema ein sedlauer Verbre 
eder überlistet wird, 86" ris spannende Llsenbadn- 
ledtüro Eptodlsn. Hu? einem ausZe^eiek- 
neten Oeäanden beruhe Clinton II. 8ta^^8 
^OvellensammlunZ: „Berver^oIdeteRand- 
8 e d u d" iBano 104 äei oben Tenannren Lerie). 
Idr Held ist ein sencn au- trüberen Oesebiodten 
äes Autors rüdmlied bedaunter blinder Betebtiv» 
^u^eFeben, daß äie Mnäkeit alle übrigen 8inne 
dieses Bbänomens verfeinert; in der Naupisaeds 
sntrisdt sie ab r äood seinem Intellekt eine der 
wesentdedsn natürlieden Ltüt^en. Der Intellekt 
ist dier au? sied selber anZewiesen, er ist ein 
nadeln entsubstantialisierseZ Vermögen, das be 
sonders daru ^eeiFnet ist, eine substanzlose Oe- 
sellsedakt in einem endlosen Bro^eß Tu äureüärin» 
Zen. Die emLslnen BrTädlunAen sind dübsed Korn- 
dinierl 
kür dio 6! 816Ü ausZab. vw 86kait6n jaZen 8iok 
aueü in dem Roman- „V i 6 r a k k i n i 6 r t e s i s 
Brau Berlin 8" von 0 a r a i - r v a irr 
dem BiFursm ä'e niedt sind. was sie sekemen, auk 
^rodo Xrt in oroblematisobe LonstsIIationen ge- 
EunZsn werden. 
Nsdr an die VoIksmstmlLte wenden Zied ^wei 
andere Romane der Reibe. Der eins: „Das 
oIk 5 ru 6 e st von Iu! i u 8 R e § i 8 §edt von 
der Bbeorie aus, äaL in 6er Asit des Taylor- 
8Mems aued die ^rokstädtiseben Verdreeber 
sied eine strakke OrganuLütion ^eben müssen. 
B? räueßsrt (in äei Naniei des sn^Iisoben Betob- 
twseßriflstellsrs Bä§ar ^allaee) eine solede mo- 
äsrns RLuderd^ aus. -- Der Roman: 
.Die Backe des R o n A Odnn^ Ru" des 
BnMnäerF 0 ttwe! I Linns realiLiert die Ne^ 
tkoäsn Lari Na^s au? odinesisebem und tidetani- 
seßem Boden Bs wimmelt ununterdroeben von 
VeriolFunaen, Adelt aten unä Lodurdenstreieken in 
Ltääten, Ranägedakren und Llostern. Bnde 
steßt das lünMb 6sriedt, das die Osmeinen de- 
stralt unä die Outen miteinander verlobt. 
„Potnnkin" gegenüber zurücktreten lassen. Die häufige Einflechtung 
von Landschaften, die Stimmung provozieren sollen, ist ein ästhetisch 
verbrauchtes Mittel. Auch ist die Gesamtkompssttion nicht ganz 
gelungen; manche Szenen sind zu breit geraten, andere ein wenig 
Wmachtrg. Indessen, man kann darüber hinwegsehen, um des 
Menschlichen willen, das sich Überall unverfälscht gibt. 
Es ist ein Fehler des SpielprogrMmns, daß man dem Ruflen- 
ftlm ernen schlechten und rohen Film vorangestellt hat, der das 
segensreiche Wirken unserer Landgendarmerie verherrlicht Wir 
haben bessere Kulturfilme. Dieser, der voller Unkultur ist, fordert 
zu Vergleichen mit dem Hauptfiftn heraus, die unangenehm sind. 
Raea.
	        

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