DLA Viewer Logo Full screen
  • First image
  • Previous image
  • Next image
  • Last image
  • Show double pages
Use the mouse to select the image area you want to share.
Please select which information should be copied to the clipboard by clicking on the link:
  • Link to the viewer page with highlighted frame
  • Link to IIIF image fragment

H:Kracauer, Siegfried/01.06/Klebemappe 1927 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

Access restriction


Copyright

The copyright and related rights status of this record has not been evaluated or is not clear. Please refer to the organization that has made the Item available for more information.

Bibliographic data

fullscreen: H:Kracauer, Siegfried/01.06/Klebemappe 1927 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

Manuscript

Persistent identifier:
BF00043383
Title:
H:Kracauer, Siegfried/01.06/Klebemappe 1927 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]
Shelfmark:
H:Kracauer, Siegfried/01.06/Klebemappe 1927
Document type:
Manuscript
Collection:
Holdings and special collections
Year of publication:
1927
Copyright:
Deutsches Literaturarchiv Marbach

Full text

fortgesetzt erinnert werden, die Schweizer sind auf biderbe 
Weise raffiniert). Der Besuch dieser photographischen Schau 
ist nicht nur für Architekten lohnend. 
kleine technische Apparate zu sehen, die schon seit Jahren so 
hergestellt Wochen sind —- Dinge knappster Gestaltung, auf die 
letzte Formel gebracht. Während sie aber früher fremd in den 
Räumen saßen, für die sie verwandt wurden, starren, bereits 
historisch gewordenen Räurne kunstgewerblicher Art, bildet sich 
heute die Wohnung heraus, in die sie von Rechts wegen gehören. 
Das präzise Wafferhähnchen, das seiner Umwelt voraus war, 
findet jetzt Häuser, die ihm technisch ebenbürtig sind, und die 
Badewannen brauchen sich der Speisezimmer nicht mehr zu 
schämen. 
Das Wichtigste ist dies: daß die gesamte Schau einer I n - 
ventaraufnahme der von der Industrie tatsächlich an 
gefertigten Gegenstände darstellt. Nicht mehr wie vor zwei 
Jahren noch bei der Stuttgarter Ausstellung: „Form ohne 
Orament" sind Dinge eigens zu Demonstrationszwecken aus 
gebildet worden, sondern alles Gezeigte befindet sich wirklich 
im Umlauf, wird gekauft und verbraucht. Freilich war die 
Auswahl aus den vorhandenen Beständen mit Schwierigkeiten 
verknüpft. Um das passende Material zu erhalten, hat sich die 
Werkbundleitung in der Regel an die g r o ß e n V e r b L n d e 
gewandt, die sich leichter als die Einzelfirmen von dem Sinn 
der Sichtung überzeugen ließen und fast durchweg ein nicht 
genug anzuerkennendes Entgegenkommen bewiesen. Schon 
heute darf als Ergebnis des neuen Ausstellungsprinzips ge 
bucht werden: daß es die Industrie mehr zu gewinnen und 
anzueifern vermag als die frühere Methode. 
Kämpfe waren vor allem mit den vorwiegend kunstgewerb 
lich eingestellten Industriezweigen auszufechten. Die Ta 
petenfabrik anten etwa, die alljährlich eine Menge 
neuer Muster auf den Markt werfen, mit immer anderen Be 
lebungsversuchen von Familienhintergründen, führen begreif 
! licherweise Klage darüber, daß die konstruktiven Hausgerippe 
von ihren zweidimensionalen Produkten nicht mehr viel wissen 
! wollen. Nur wenige lichte und enthaltsame Rollen sind aus 
! der ganzen Mannigfaltigkeit erwählt. — Sonderbar liegt der 
> Fall bei der Gardinenindustrie. Die gleiche Technik, 
die heute der Wohnung sich bemächtigen möchte, hat, seit den 
sechziger Jahren schon, Maschinen hervorgebracht, denen die 
Zierate mühelos entquellen. Die Maschinen verlangen nach 
Nahrung, und der Werkbund sieht sich gezwungen, ihnen, vor 
erst wenigstens, das Futter zu verweigern. Er fetzt sie auf 
Hungerration — eine dialektische Entwicklung, eine Beschrän 
kung der technischen Möglichkeiten aus technischen Gründen, 
ein in sich selbst begründeter Umschlag, kraft dessen die ur- 
prüngliche Potenz der Maschinen verringert werden soll, weil 
le noch nicht in strengem Sinn maschinenhaft ist. Vielleicht, 
ägen die Werkbundleute, kommt später wieder eine neue Fülle, 
einstweilen aber ist Kargheit geboten, und die Gardinen- 
maschinerie muß sich den Bauchgurt enger schnüren. — Auch 
die eisernen O-efen sind Zu üppig dekoriert. Einzig das ! 
schon früher ausgestellte Kramersche Modell hat Bestands 
Um einige wohlgestaltete Oefen zu retten, hat man ihnen die' 
-.Ornamente abgeschlagen wie den Häusern vomKurfürsten- j 
Das Wohnhaus hat die Entwicklung der 
Technik und des öffentlichen Lebens aufzu- 
holen begonnen: Das ist der entscheidende Eindruck, 
den die Weißenhof-S red lung erweckt. Sie liegt noch 
im Rohen, noch ist die Innenausstattung nirgends vollendet; 
darum wäre der Bericht über Einzelheiten und die unerläßliche 
kritische Sichtung vorerst verfrüht. Gewisse Grundzüge des 
neuen Bauens, die sich, wie die Siedlung drastisch beweist, 
von allen Seiten her durchsetzen, sind indessen jetzt schon deut 
lich zu erkennen. Es geht darum, mit den Mitteln der moder 
nen Technik Menschen eine Wohnung zu schaffen, die in ratio 
nellen Großbetrieben stehen, Auto und Flugzeug benutzen, rm 
Stadion den notwendigen Sport treiben und durch ihr Massen 
Haftes Auftreten im Wesen bestimmt sind. Die neue Wohnung 
nmß zu dem veränderten Raumgefühl dieser Menschen Passen, 
sie hat sich polemisch Zu verhalten Zu der privaten AbgeM 
heit, die eine noch an vielen Orten in die Gegenwart wirkende 
vergangene Epoche mit ihren Innendekorationen erstrebte. Das 
nach dem die Dinge angeordnet sind, bleibt geheim oder prägt 
sich doch jedenfalls an der Oberfläche nicht pathetisch aus. 
Die Werkbund-Parole: Los vom Kunstgewerbe 
hat sich noch niemals so sichtbar dargestellt. Simpel und puri 
tanisch sind die beiden Kennworte, die als Motto über 
dem Eingang stehen könnten. In jenen, schönen ange 
nagelten Groteskbuchstaben Willy Baumeisters,' die, rot 
oder grau, den einzigen ornamentalen Schmuck der Wände 
bilden. Auch sie kein Ueberfluß, ein Zweckornament viel 
mehr, das Firmen nennt. Verschwunden der Krimskrams, 
der Zu den umständlichen Dessous der noch nicht Sport 
treibenden Frauen von früher gehörte. 
Das neue Hauen. 
Dur Stuttgarter Merkbuud-Ausßelluug: „Dre Mshmmg" 
Diese Häuser sind Gerippe aus Eisenstützen, Backstein 
fragmenten, Beton und anderen Substanzen -- Gerippe, die 
jede konstruktive Möglichkeit auskosten, jede ihnen durch die 
heutige Bautechnik eingeräumte Freiheit Nutznießern Welchen 
Gebrauch machen sie von der neu errungenen Freiheit? Im 
Innern verzichten sie auf durchgehende Wände; so sind die 24 
Wohnungen des Miethausblocks von MiesvanderRohe 
verschiedenen Architekten zur individuellen Aufteilung über 
lassen worden. Viele Kombinationen sind derrkbar, Parteien mit 
und ohne Kinder können sich einrichten. In den Einzelhäusern 
wird fast überall das Speisezimmer in den großen Wohnraum 
einbezogen, die Durchreiche zur Küche,idie man auch von den 
Frankfurter Siedlungen her kennt, ist Allgemeingut geworden. 
Darüber hinaus herrscht das Bestreben, die Scheidewände 
zwischen den Zimmern durch Schiebetüren nach Möglichkeit 
beweglich zu halten; wenn nicht gar sie auszuheben wie in dem 
einen Haus LeCorbusiers, in dem Schlafzimmer, AnKeide- 
und Badegelegenheit von dem Hauptraum nicht mehr deutlich 
abgetrennt sind. Das alles im Dienst von Licht und Helle, ver 
bunden mit einer rationell durchdachten Apparatur. Was die 
Fassaden betrifft, so sind sie die eingesetzten äußeren Abschlüsse 
des Gerippes, ohne tragende Funktion. Gelagerte Fenster 
können sie ihrer ganzen Länge durchbrechen, und durchbrechen 
sie darum auch. Ausdrücklich wehren sich die Fassaden dagegen, 
ein Gesicht zu haben, als geschlossenes Bild von einem festen 
Blickpunkt aus betrachtet zu werden; denn Menschen, die sich 
nnt hundert Kilometer Geschwindigkeit fortbswegen, tragen 
mit Recht kein Verlangen nach solchen Bildern. Nicht der an- 
gewurzelte Beobachter ermißt die Häuser, sondern der sie um- 
streifende und durchdringende; oder der Flieger, dem sie ihre 
flachen Dächer Mehren, auf denen sich ihm die Familien in 
mitten gärtnerischer Anlagen bieten. 
Im Ganzen also: Auflösung des Hauses als einer per 
spektivisch auszuwertenden Baumasse eine Auflösung übrigens, 
die bereits im generellen Bebauungsplan von Mies van der 
Rohe sich darstellt, der die Häuser ineinander spielen läßt, statt 
sie zur einheitlichen architektonischen Gruppe zusammenzu- 
fassen; Gelenkigkeit aller Glieder innerhalb eines sich wenig 
bemerkbar machenden RahnreM; Hygiene; kein Drum und 
Dran. Ein Gerippe, mager und behend wie der Mensch in 
Sporthemd und Hose. Das geschickte Wasserhähnchen kann zu 
frieden sein. Wenn Frauen und Männer abends aus Fabriken 
und Büros nach Hause kommen, werden sie nicht mehr in das 
vorige Jahrhundert zurückversetzt. 
Ein Hinweis nur auf die Plan- und Modellaus 
stellung, die von Amerika und fast allen europäischen 
Ländern mit gut ausgewählten Beispielen moderner Architek 
tur beschickt worden ist. Sie ist als Materialsammlung so 
wertvoll, daß man sie erhalten wissen möchte. Musterhaft die 
Veranschaulichung durch Photographische Vergrößerungen 
riesigen Formats; Photographien von solchen Dimensionen 
sind dem Raum gemäß, den die gegenwärtigen Menschen und 
ihre Bauten erfüllen. Zu erkennen ist hier: die starke Ab- 
In der großen Hallenausstellung der Stuttgarter Werk-! hängigkeit des heutigen Bauens von amerikanischen Weg 
bundschau sind einige Wasserhähnchen, Ladeeinrichtungen und bereitem — es wäre richtig gewesen, auch dem nicht minder 
vorbildlichen englischen Landhausbau eine Stelle zu gönnen; 
die Einheitlichkeit des Prozesses der Dhnamisierung aller 
stabilen Elemente, die gleichbedeutend ist mit der Abschaffung 
der europäischen Perspektive alten Stils; die Abwendung von 
der kunstgewerblichen Ausfiaffierung zur technisch einwand 
freien Hausorganisation, die nur den notwendigen Bedarf 
locker und unaufdringlich erstellen will; die Beharrlichkeit 
nationaler Eigenarten, die wie ursprüngliche Farbtöne immer 
wieder durchschlagen (Gropius etwa wirkt ein wenig doktrinär 
neben der Eleganz Le Corbusters, die Italiener können die 
Säulen nicht vergessen, an die sie freilich durch Mussolini 
sind Forderungen und Zwangsläufigkeiten, die nicht inner- b e h r li c h en Sc h e id ew ä n d e : 
ästhetischen Motiven entspringen, sondern sich aus den Da- Frankfurter Werkbundhaus, sondern ein offenes Neben- 
seinsbedingungen der industriell wirtschaftenden Nationen einander der Waren. Manche Firmen, die sich dagegen an 
ergeben, und sich nur deshalb auf dem Gebiet des privaten fänglich sträubten, sollen inzwischen die Vorteile einer solchen 
Wohnens bisher nicht verwirklicht hatten, weil sie das Leben Grenzverwischung eingesehen haben. Wie in der Siedlung 
des Einzelnen später als das öffentliche erreichten. auch die Unterdrückung perspektivischer Aspekte. Das System, 
Ihnen kommt die Mehrzahl der Siedlungshäuser entgegen. nach dem die Dinge angeordnet sind, bleibt geheim oder prägt 
Die Hallen-Ausstellung vereinigt eine Auswahl von 
Haus gerät, für die neue Grundsätze maßgebend ge 
wesen sind. Bezeichnend schon allein die Art, in der Lilly 
Reich, die verantwortliche Leiterin dieser großen Schau, 
die Räume gestaltet und aufgeteilt hat. Helle Hintergründe, 
die Wände treten zurück. Die alte Haupthalle, die mit ihren 
ausführlich verschnörkelten Eisenträgern an einen verschollenen 
Bahnhof gemahnt, erstrahlt in einem weißen Glanz, von dem 
der rührende Prunk der Balustraden und der Dachkonstruktion 
sich dünn und dunkel abhebt; durch die Verwandlung wird 
das Gebilde aus der Gegenwart gerückt und beinahe schön. 
Entscheidend ferner, daß die Auflösung so weit wie möglich 
getrieben ist. Wie in der Siedlung draußen fallen die errt- 
: keine Kojen mehr wie noch im 
offenes Neben- 
sich dagegen an-
	        

Hinweis zum Volltext

Die OCR-Ergebnisse sind experimentell.

Cite and reuse

Cite and reuse

Here you will find download options and citation links to the record and current image.

Manuscript

METS MARC XML Dublin Core RIS Mirador ALTO TEI Full text DFG-Viewer OPAC
TOC

Image

PDF ALTO TEI Full text Mirador
Download

Image fragment

Link to the viewer page with highlighted frame Link to IIIF image fragment

Citation links

Citation links

Manuscript

To quote this record the following variants are available:
Here you can copy a Goobi viewer own URL:

Image

To quote this image the following variants are available:
Here you can copy a Goobi viewer own URL:

Citation recommendation

Please check the citation before using it.

Image manipulation tools

Tools not available

Share image region

Use the mouse to select the image area you want to share.
Please select which information should be copied to the clipboard by clicking on the link:
  • Link to the viewer page with highlighted frame
  • Link to IIIF image fragment

Contact

Have you found an error? Do you have any suggestions for making our service even better or any other questions about this page? Please write to us and we'll make sure we get back to you.

What is the fourth digit in the number series 987654321?:

I hereby confirm the use of my personal data within the context of the enquiry made.