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H:Kracauer, Siegfried/01.06/Klebemappe 1927 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

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Bibliographic data

fullscreen: H:Kracauer, Siegfried/01.06/Klebemappe 1927 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

Manuscript

Persistent identifier:
BF00043383
Title:
H:Kracauer, Siegfried/01.06/Klebemappe 1927 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]
Shelfmark:
H:Kracauer, Siegfried/01.06/Klebemappe 1927
Document type:
Manuscript
Collection:
Holdings and special collections
Year of publication:
1927
Copyright:
Deutsches Literaturarchiv Marbach

Full text

Ein Reinhold-Schünzel-Film. Dem Reinhold SchünZel 
ergeht es umgekehrt wie seinem Helden in dem Film der Ufa- 
Lichsspiele: „Ueb' immer Treu und Redlichkeit": er 
kommt immer mehr herunter. Vor Jahren war er ein ausgezeich 
neter Darsteller gewisser unsympathischer Berliner Typen. In 
zwischen hat ihn der Ehrgeiz befallen, man muß seine Filmgesell 
schaft haben, muß zur sympathischen Hauptfigur werden. Furcht 
bares ist bei der Emanzipation entstanden. In diesem neuen Film 
von eigenen Gnaden (Alfred Schirokauer zeichnet für den Text 
mitverantwortlich) spielt er den Karussell-Angestellten Orje Duff, 
der den Drang nach höheren Kreisen als denen eines gewöhnlichen 
Rummelplatzes bat. Dem kleinen Schstßbudenmädchen bleibt er 
natürlich treu, denn sonst wäre er unsympathisch, und das will 
Schün-zel jetzt unter keinen Umständen mehr sein. Er schiebt sich 
also — teils tumber Tor, teils einfach ein ordinärer Betrüger — 
in Berliner Großkaufmannskreise hinein, in denen es laut und hoch 
zugekt. Dank einiger Verwechslungen, die komisch sein sollen und 
nur grob und verletzend unwahrscheinlich sind, gelingt es ihm, sich 
eine Zeitlang für einen anderen auszugeben, als der er ist. (Uebri- 
gens sind die höheren Kreist wirklich nicht höher als die von 
dem Karuffel beschriebenen auf dem Rummelplatz.) Zum Schluß 
zieht er sich mit 10 000 Mark aus der Aifäre und heiratet das 
Mädchen. Es muß gesagt sein: diese Berliner Schünzelmache ist 
nahezu unerträglich; falsch beobachtet und roh in fast jedem Detail. 
Die Zuschauer sind gehalten, die schlechten Eßmanieren des Orje 
Duff, oder wie er heißt, über sich ergehen zu lassen, sie können 
nicht umhin, ihn im Smoking und Leibriemen zu sehen, und sollen 
noch lachen; wo doch kein Berliner, und sei er Karuffellgehilfe, 
sich so ausgemacht blöde betragen würde. Was sind das für 
Spässe? Welches Publikum wird hier vorausgesetzt? Wann hat die 
Albernheit ihre Grenze erreicht? Raca. 
in Bildern, sondern auf und durch die Natur geht sein Meinen. 
Die europäische Malerei der letzten Jahrhunderte hat in stets 
wachsendem Maße eine der symbolischen und allegorischen Be 
deutungen entkleidete Natur wiedergegeben. Darum entraten die 
von ihr getroffenen menschlichen Züge gewiß nicht der Bedeu 
tung. Noch in der Zeit der alten Daguerreothpien ist das 
Bewußtsein in die Natur so eingebunden, daß die Gesichter 
Gehalte vergegenwärtigen, die von dem natürlichen Leben 
nicht abzulössn sind. Da sich die Natur in genauer Ueberein 
stimmung mit dem jeweiligen Bewußtseinsstand verändert, 
kommt das hedeutungsleere Natmfundament mit der modernen 
Photographie herauf. Nicht anders wie die früheren Dar 
stellungsarten ist auch diese einer bestimmten Entwicklungs 
stufe des praktisch-materiellen Lebens zugeordnet. Der 
kapitalistische Produktionsprozeß hat sie aus sich herausgesetzt. 
Dieselbe bloße Natur, die auf der Photographie erscheint, lebt 
sich in der Realität der von ihm erzeugten Gesellschaft aus. 
Es läßt sich durchaus eine der stummen Natur verfallene Ge 
sellschaft denken, mit der nichts gemeint ist; wie abstrakt immer 
sie schweige. In den illustrierten Zeitungen tauchen ihre Um 
risse auf. Hätte sie Bestand, so wäre die Folge der Eman 
zipation des Bewußtseins seine Tilgung; die von ihm undurch- 
drungene Natur setzte sich an den Tisch, den es verlassen hat. 
Hat sie aber nicht Bestand, so ist dem festgesetzten Bewußtsein 
eine unvergleichliche Chance gegeben. Mit den Naturbeständen 
unvermischt wie nie zuvor, kann es an ihnen seine Gewalt be 
wahren. Die Wendung Zur Photographie ist das Vaban - 
que-Spiel der Geschichte. 
VIII. ! 
Ist die Großmutter verschwunden, so ist doch die Krino-! 
line geblieben. Die Totalität der Photographien ist als das 
GeneralinvenLar der nicht weiter reduzierbaren Natur 
aufzufassen als der Sammelkatalog sämtlicher im Raum sich 
darbietenden Erscheinungen, insofern sie nicht von dem Mono 
gramm des Gegenstandes aus konstruiert sind, sondern aus 
einer natürlichen Perspektive sich geben, die das Monogramm 
nicht trifft. Dem räumlichen Inventar entspricht das zeitliche 
des Historismus. Statt die „Geschichte" zu bewahren, die das 
Bewußtsein aus der Zeitlichen Folge der Ereignisse abliest, 
bucht er die Zeitliche Folge der Ereignisse, deren Verknüpfung 
das Transparent der Geschichte nicht enthält. Die. kahle 
Selbstanzeige der Raum- und Zeitbestände gehört einer Ge 
sellschaftsordnung zu, die sich nach ökonomischen Naturgesetzen 
regelt. 
Das nüturbesangene Bewußtsein vermag seinen Unter 
grund nicht zu erblicken. Es ist die Aufgabe der Photographie, 
das noch ungesichtete NatWrfundamenl aufM- 
solÜWWcb. Dsr VLtsr äss mnMD llsan ist stner 
LlLsss van LmvorlcömiMnLsn. äis wLn ksnnt: sm 
8srr. äsr mit dsüsimLletsn sinkt uLrsiebs DsutD in 
Zehneb bLlt. Zins „VLäsr- unä RasinOseltunA" bs< 
treibt unä ein kransösisebss ..Lnrlsbaä" ^rünäen 
moedts Asb^näslbakt, von össunäbsit strotZsnä, 
im Vs8it2 äss XrsuM äsr DdrsnIs^Ion unä sinsn 
kräktiAen DuDM. HIes ^stin^t ibm. nur ssins iunM 
k'rnu veraebtet ibn naeb Vsräisnst. 8is bnt bereits 
sZnrEebs ^bentsusr bintor sieb, äis äas rivalisierte 
Durons, äs^u^isrtsn trauen bietet, unä liebt ibrsn 
8tieksobn äss . Dsr snurt. ^is er äureb äisse Diebs 
unä äsn Mweinen V^ter, äsm sr böriA ist, mebr unä 
webr äsn Halt verliert. Dr ^sbrt sieb xeMn äis 
Dmseb'inenin^ unä bann sieb niabt ^sbrsn. ^.us 
äsm llrieb, sieb in letzter Ninuts ru rstten. sturst 
sr, äis Drau bei einem 8r>L^isr^an^ in äsn H7^runä. 
viemnnä erkäbrt es. Dann lebt sr vreitsr. ion äsr 
IIsbsrrsuKunK erWIt, änL es äsr Zeit unä ibm an 
einem starken Dlaubsn srmnn^e. Dnmnnää ist unter 
Lnäersm ein Obronibsur äss . Dsmns". Dr beobsobtet 
?ut, sr ksnnt msnseb'lebe unä ^sss^sebaktlstbe DbZno 
mens, er sebreibt unterbalt nä, brillant stilisiert unä 
mit Interssbtionsn. Nsbr lögt sieb ru seinem D-olio 
nient saMN. Ds ksblt äsr Mieb in äas innere, äis 
Dabs äss DrseblieLsns. IVer naeb „einem'" Dlsubeu 
sied sednt, lsbt an äsr ^ullenseits äsr Dinw. — 
Dis DebsrsstLunK ^nna Dolms liest sieb an^enedm. 
weisen. Zum ersten Mal in der Geschichte treibt sie die ganze 
naturale Hülle heraus, zum ersten Mal vergegenwärtigt sich 
durch sie die ToLenwelt in ihrer Unabhängigkeit vom Men 
schen. Sie zecht die Städte in Flugbildern, holt die Krabben 
und Figuren von den gotischen Kathedralen herunter; alle 
räumlichen Konfigurationen werden in ungewohnten Ueber- 
schneidungen, die sie aus der menschlichen Nähe entfernen, 
dem Hauptarchiv einverleibt. Wenn das Kostüm der Groß 
mutter die Beziehung zum Heute verloren hat, wird es nicht 
mehr komisch sein, sondern merkwürdig wie ein submariner 
Polyp. Eines Tages entweicht der Diva die Dämonie, und 
ihre Ponnh-Frisur bleibt neben den Chignons Zurück. So 
zerbröckeln di-e Bestände, da sie nicht zusammengehalten 
werden. Das Photographische Archiv versammelt im Abbild 
die letzten Elemente der dem Gemeinten entfremdeten Natur. 
Durch ihre Einmagazinierung wird die Auseinandersetzung 
des Bewußtseins mit der Natur gefördert. Wie es stch der 
blank herausgetriebemn Mechanik der industrialisierten Ge 
sellschaft gegenüber befindet, so auch, dank der photograpischen 
Technik, dem Widerschein der von ihm abgeglittenen Realität. 
Die entscheidende Auseinandersetzung auf jedem Gebiet herauf 
beschworen Zu haben: dies genau ist das Vabanque-Spiel des 
Geschichtsprozesses. Die Bilder des in seine Elemente auf 
gelösten Naturbestands sind dem Bewußtsein zur freien Ver 
fügung überantwortet. Ihre ursprüngliche Anordnung ist da 
hin, sie haften nicht mehr in dem räumlichen Zusammenhang, 
der sie mit einem Original verband, aus dem das Gedächtnis 
bild ausgesondert worden ist. Zielen aber die naturalen 
Ueberreste nicht auf das Gsdächtnisbild hin, so ist ihre im 
Bild vermittelte Anordnung notwendig ein Provisorium. 
Dem Bewußtsein läge also ob, die Vorlaufigkeit aller 
gegebenen Konfigurationen nachzuweisen, wenn nicht gar die 
Ahnung der richtigen Ordnung des Naturbestands Zu er 
wecken. In den Werken Franz Kafkas entledigt stch das frei 
gesetzte Bewußtsein dieser Verpflichtung; es zerschlägt die 
natürliche Realität und verstellt die Bruchstücke gegeneinander. 
Die Unordnung des in der Photographie gespiegelten Abfalls 
kann nicht deutlicher klargsstellt werden als durch die Auf 
hebung jeder gewohnten Beziehung zwischen den Natur 
elementen. Sie umzutreiben ist eine der Möglichkeiten des 
Films. Er verwirklicht sie überall dort, wo er Teile und Aus 
schnitte zu fremden Gebilden assoziiert. Ist das Durcheinander 
der illustrierten Zeitungen Konfusion, so gemahnt-dieses Spiel 
mit der zerstückelten Natur an den D^aum, in dem die 
Fragmente des TaglebenZ sich verwirren. Das Spiel zeigt 
an, daß die gültige Organisation unbekannt ist, nach der die 
in das Generalmventar auf^ Reste der Großmutter 
und der Filmdiva einst anzutEA haben. 
Die Reichte 
eines Mnyen Uannes. l'an 
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MissöLttien, DMsLnrcn-eriM. Lill Berten. 
VIeMr von äsn krancaiss 
Kpinau ist N'S Amt6o^uw?ut wtareZZÄut. ^rün 
ein funMr Nann, 'äse stob ss-dsr l^ruodt unä 
Onwr äsr küINt. l^r dsisdtst, unä in 
äsr Nsieüts sotdüUkN sird ?Lwulisnl^nst^ 
unä I^sdsv^äuks. äis in äsr Ist äsm loteten ändr- 
Wbnt MMbörsn, ^snL Lueb ibm MVÜll niedt Lus°
	        

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