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H:Kracauer, Siegfried/01.08/Klebemappe 1929 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

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Bibliographic data

fullscreen: H:Kracauer, Siegfried/01.08/Klebemappe 1929 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

Manuscript

Persistent identifier:
BF00043385
Title:
H:Kracauer, Siegfried/01.08/Klebemappe 1929 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]
Shelfmark:
H:Kracauer, Siegfried/01.08/Klebemappe 1929
Document type:
Manuscript
Collection:
Holdings and special collections
Year of publication:
1929
Copyright:
Deutsches Literaturarchiv Marbach

Full text

Lichtspielen.) 
S» Krakauer. 
Immerhin bezeugen einige Bilder die echtruffische Herkunft. 
Mit unvergleichlicher Meisterschaft ist wieder der Raum be 
wältigt. Der Zuchthaushof wird durch Aufnahmen von oben zur 
? Wüste geweitet, ein von Mauern eingefaßter Weg, der wie eine 
! Schnecke dem Fluchtpunkt Zuschleicht, ist das Zeichen Lähmender 
Angst. So ist vielleicht noch nie die Landschaft des Petroleum 
reviers gesehen worden: eine negative Landschaft, deren Bäume 
Telegraphen'dvLHLs sind. Sie frißt die Menschen, sie verschlingt 
buchstäblich den Zuchthäusler und seinen Begleiter. Die Kunst, 
mit der die Figuren zum Raum in eine sinnvolle Beziehung gesetzt 
werden, mag daher rühren, daß das russische Leben der gewaltigen 
russischen Landschaft noch tief verhaftet ist. 
(Der Film Ruft zur Zeit in den Fran k f u r te r Bieberbau- 
fie nur im Hauptbahnhöf selber, mitten unter den Menschenströmen, 
die sich durch mich nicht ablenken Lassen, und vor Gleisen, die im 
Dunkel liegen, weil Zu dieser Stunde Züge hier weder abfahren 
noch kommen. Oder ich begebe mich in das Cafe am großen Haupt 
bahnhofplatz, in dem Reisende mit Handgepäck, Geschäftsleute und 
seitwärts blickende Mädchen zwischen ausschweifenden Stuckornamen- 
tsn und gemalten Idyllen schwatzen, schweigen, warten und gähnen» 
Oder ich gehe die Kaiserstraße herunter, durch Konzertgeräusche 
und Restaurantgerüche, und folge den Mädchen, die paarweise 
wandeln. Wahrscheinlich gäben sie viel darum, in einem behag 
lichen Zimmer zu fitzen, während ich es vorziehe, endlos zu 
flanieren.. - 
Manchmal freilich kann ich nicht weiter. Dann suche ich mich 
vom Rausch des FlanierenS zu entwöhnen. Ich halte mich nur in 
den vertrauten Straßen aus und mache abends bei Bekannten 
und Freunden Visite. Mein bester Trick ist aber der: mich in einer 
Hotelhalle von der Straßenwelt abzuriegeln. Der Fußboden ist mit 
schönen Teppichen belegt, in einem Klubsessel findet der Flaneur 
seinen Frieden. Oder beginnt seine Wanderung von diesem PunkL 
aus erst recht? 
— BerMene Gesichter. Unter diesem Titel läuft für einige 
Lage in den Ufa- Lichtspielen ein amerikanischer Film, der in 
das Gebiet der rührseligen Kolportage gehört. Ein ehemaliger Hoch 
stapler, edel wie die Hochstapler in den Romanen, wacht über 
dem Glück seiner Tochter, die nicht ahnt, daß er ihr Vater ist. 
Seine Vaterliebe bezahlt er mit dem Tod, der als Endeffekt,m 
Amerika jetzt Häufig dem Happh end vorgezogen wird. Ostenbar 
aus dem Gefühl heraus, daß eine so prosperierende Natwn 
es sich schuldig sei, auch dem Tragischen seinen Platz einzuräumen. 
Wenn es mit dem äußeren Wohlstand so weitergeht, werden m: 
Filme mit tödlichem Ausgang noch überhand nehmen. Unter 
den Darstellern sei William Powells gedacht, der in dem Frlm: 
„Polizei" den schnöden Verbrecherkönig spielt. Clive Brook ist 
Gentlemen vorn Scheitel bis- zur Sohle. AacL. 
Gk«er, der nichts zu tu« hat. 
Wahrend des leichten Nebels, der in der letzten Woche herrschte 
— er ist das rechte Wetter geborener Flaneure «-« stieg meine 
Knabenzeit vor mir aus. Dem Knaben war Frankfurt unendlich. 
Schwamm wie so oft in der Dämmerung jedes Laternenlicht in 
einem leuchtenden Nebelhos, so wurde er wie ein Mondsüchtiger aus 
dem Haus getrieben und schweifte ziellos durch die angreifbaren 
Straßen. Ich entsinne mich noch, als sei es gestern gewesen, jener 
Streifzüge durch ein immer wechselndes Wandelpanorama von Bil 
dern. Sie wurden im Rausch unternommen und erzeugten in mir 
ein Glücksgefühl ohnegleichen. Ihr Merkmal war, daß sie mich 
stets aus dem Dunkel in die Helle führten. So ging ich von der 
Siadtbibliothek aus über die Obermainbrücke, ließ mich von den 
Sachsenhäuser Gassen verschlingen, glitt einem Flußkahn gleich 
durch die Allee am Stadel vorbei, versank im Main, der Zögernd 
ins Leere schwand, und fand mich aus der Kaiserstraße wieder, dem 
Mittelpunkt des städtischen Lebens. Oder ich sickerte aus der ein 
samen Miquelstraße allmählich und genußsüchtig in die verkehrs 
reicheren Straßen herein. Der Kombinationen gab es viele, und 
jede Straße war für mich eine Provinz, die ich als ihr angestamm 
ter Herrscher bereiste. Allerdings Zeigte ich mich nie im Glanz 
meiner Würde, sondern liebte es, unerkannt zu bleiben wie Harun 
al Raschid. Eine Zierde meines Reiches war die Goethestraße. Sie 
umfing mich wie ein wohlig gewärmter Festsaal, in dem sich lauter 
gutgekleidete Leute bewegten, und nur schwer vermochte ich mich 
von den Pelzen hinter den Spiegelscheiben zu trennen, den Buch 
läden, die Palästen glichen, den Konfitüren und Brenren. Hier 
war immer Weihnachten, der Nebel hatte hier keine Macht. 
Inzwischen habe ich viele Städte gesehen und mit Frankfurt 
vergleichen gelernt. Es besitzt nicht die Unermeßlichkeit, die eine 
Vorbedingung des Flanierens ist, ich Hoeiß es genau. Und dennoch 
bin ich in Frankfurt der Flaneur geblieben, der ich als Knabe war, 
und noch immer ist mir die Stadt die alte Knabenstadt. Wir haben 
Geheimnisse miteinander geteilt, und fest gefügt wie die Schlösser 
aus den Kinderbilderbogen ist mir ihre Erscheinung. Nicht so, als 
ob mir entginge, daß die Goethestraßs eine kleine Straße ist und 
die tzauptwache alles andere eher als ein weltstadtisches Zentrum; 
aber die früheren Eindrücke bannen stets wieder die Wirklichkeit 
und überdies habe ich selbst mich geändert. Ich finde mitunter Ge 
fallen an der Beschränkung, die gerade in Frankfurt so gar nicht 
kleinstädtisch ist. In Ausübung meines Berufs als Flaneur ziehe 
ich oft von Cafe zu Cafä. Von meiner Stimmung hängt ab, 
welches ich wähle. Hole ich einen Freund von der Oper ab — ich 
hole grundsätzlich lieber ab, als daß ich an einem Vergnügen tell- 
nähme, von dem man aögeholt werden kann —, so suche ich dm 
winzigen Cafäraum gegenüber dem Opernhaus auf, in dem sich 
Morsten, Musiker, Sofas und Kartenspieler vermengen. Die eine 
Tochter des ehemaligen Besitzers hat dieses geistige Außenfort ver 
lassen und ist zur Bühne gegangen. Zu anderen Zeiten siedle ich 
mich in dem bekannten Cafe nahe dem Schauspielhaus an. Hier 
ergötze ich mich am Anblick der Schauspieler und namhafter, ja be 
rühmter Persönlichkeiten. Manche von ihnen find Schriftsteller. Der 
Geschäftsführer kennt sie alle und unterhalt sich mit ihnen über ihre 
Werke. Nicht immer duldet es mich im Schein solcher Geborgen 
heit. Doch ich treibe dann nicht mehr aus dem Dunkel ins Licht, 
das dem Knaben die Gewahr der Seligkeit war, sondern entschlüpfe 
dem Glanz, der zweifelhaft ist, und wende mich trüberen Orten 
zu, Durchgangsstätten, an denen niemand gern weilt. Je über- 
füllter sie find, desto mehr tragen ste den Stempel der Verlassenheit; 
denn mau ist an ihnen nicht mit den Menschen zusammen, sondern 
zwischen ihnen, in jenen Lücken, in denen sich wie in Müll 
gruben verweste Gedanken und Absälle'von Träumen häufen. Ein 
solcher Ort ist der Hauptbahnhöf. Abends in seiner Quer 
halle auf und ab zu schlendern, ist ein unabweisbares Bedürfnis für 
mich, wenn ich aus der allzugewohnten Stadt fliehen will. Reiste 
ich ab, so wäre meine Flanierlüst auch nicht befriedigt. Gestillt wird 
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MalLs? von NoLo unä DniversiLLtsIsktor Losäs- 
ktLtt, äLK in äer LLuxtSLvps ätzm Droditzm äns VortES 
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soksrn. nur äsm xuten Spreoben auob äie rioptiZen IndLlts ru- 
^aopsen. — In rein^ Lecknisoker Linsmpt ru beanZtsnäen, äsS 
im vebsreiksr üktyrs ru FleLober 2eit spraoben, 
«LÄit«. okü, äi« lutsnsität äer 
omsrkLttunK ru st^iKsru. - 
-- Peter, der Matrox. Schüuzel stcht in diesem Film der 
A l e m a n n i a - Lichtspiele mit dem einen Fuß auf der Nordsee, 
mit dem andern auf den Alpen. Ein von ihm gewonnener Preis 
ermöglicht ihm. dem Matrosen, den Aufenthalt in einem Luxus 
hotel zu SL. Moritz. Hier trifft er die Frau, die ihn ruiniert 
hat — Renate Müller, mit ihrem handfesten Kindergesichtver- 
zecht ihr schließlich, und kehrt wieder zurück Zu seinen Schiffen. Die 
Nührseligkeit der Fabel ist schwer Z - überüieten; ihre Unwahr- 
scheinlichkeit erhöht sich dadurch, daß der Matrose auch im Luxus- 
l'üel üümu a ro7 mnbM- . N-mm Fi m eine nur 
gerade angedeutete Pointe nicht weiter ausgeöaut wird, die mn 
gutes Lustspielthema abgegeben hätte Die scheinbare Betrügerin 
hat nämlich einen Schriftsteller geheiratet, der von der roman 
haften Handlung, die durch das Wiedersehen seiner Frau mtt 
dem früher geliebten Matrosen heraufbeschworen wird, nicht das 
Geringste erfährt. Warum SchünZcl immer von neuem danach 
trachtet, seine starke Begabung durch falsche Aufgaben Zu ent 
stellen? Er hat einst im Smoking besser gewirkt als heute in der 
Matrosenbluse. ch
	        

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