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H:Kracauer, Siegfried/01.09/Klebemappe 1930 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

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Bibliographic data

fullscreen: H:Kracauer, Siegfried/01.09/Klebemappe 1930 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

Manuscript

Persistent identifier:
BF00043386
Title:
H:Kracauer, Siegfried/01.09/Klebemappe 1930 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]
Shelfmark:
H:Kracauer, Siegfried/01.09/Klebemappe 1930
Document type:
Manuscript
Collection:
Holdings and special collections
Year of publication:
1930
Copyright:
Deutsches Literaturarchiv Marbach

Full text

her, ein unübersehbares Gefolge, das Lieder vom 
neuen Leben" 
Szenen oder auch nur ihre Titel sind, 
wie wir hören, 
Rat eines von der Filmprüfungsstelle zugezogenen 
I Anwendung aus ein primitives Geschehen, das noch dazu durch ¬ 
> aus bejaht wird, mutet sie künstlich an, so virtuos sich Dowschenko! 
ihrer auch bedient. Die deutschen Regisseure könnten von ihm um 
so mehr lernen, als er noch von einem anderen Stilmittel häufig 
Gebrauch macht. Zur Vertiefung gewisser Eindrücke läßt er immer 
wieder das Leben wie unter der Zeitlupe erstarren; so daß der 
kontinuierliche Filmstreifen gleichsam in eine Serie von Photo 
graphien zurückverwandelt wird. Schon der Russenfilm von der 
Pariser Kommune ist so verfahren. Die Technik ist überall dort am 
Platz, wo es gilt, in den Kern einer Zuständlichkeit zu dringen; sei 
es, um sie zu destruieren, sei es, um ihrer wirklich inne zu werden. 
Ueberslüssig zu erwähnen, daß viele Aufnahmen glänzend geraten 
sind; mag auch die Komposition des Details der im letzten Eisen- 
steinsilm nachstehen. * 
singt. 
Diese 
auf den 
Prälaten hin abgelehnt worden. Mir scheint: aus religiöser 
Prüderie. Sind denn die Gläubigen so schwankend in ihrem 
Glauben, daß man nicht einmal wagen darf, ihnen eine atheistische 
Lebensführung entgegenzuhalten, die mit dem nötigen Ernst ver 
anschaulicht ist? Eine solche Rücksicht geht entschieden zu weit. 
Die Zensur mag, Auswüchse beschneiden, sie darf uns nicht bevor 
munden wollen. 
Eine andere Frage ist, wie man die Gesinnung zu beurteilen 
hat, die der Film propagiert. Es sieht so aus, als strebe in ihm die 
antikirchliche Aufklärung nach ihrer positiven Ergänzung. Schlimm 
genug, daß sie dabei auf den plattesten Pantheismus hereinfällt, 
der in keiner Weise die Gehalte trifft, die vom kirchlichen Zere- 
monial angesprochen werden. Die gleiche Natur, gegen die Rußland 
auf ökonomischem und sozialem Gebiet Sturm läuft, gelangt hier 
wieder durch eine Hintertür ins Haus und kommt zu hohen Ehren. 
Wird der kirchliche Glaube nur darum unterdrückt, damit sich eine 
plumpe Mythologie an seine Stelle setzen darf? Wahrhaftig, der 
Begräbniszug mit den Liedern und dem Apfelzweig erinnert von 
fern an eine Wandervogelschar, die sich in ihrer singsangseligen 
Naturschwärmerei wunder wie frei wähnt und doch befangener ist 
als manches orthodoxe Gemüt. Der Prälat, der die Striche befür 
wortete, hat offenbar kein großes Vertrauen zu seiner Herde 
geML. 
Verschiedene Einzelheiten bezeugen im übrigen, daß die im 
Film betriebene Verherrlichung der Erde nicht so sehr eine An 
gelegenheit der Bauern als der intellektuellen Führer ist. Tritt 
das Volk in ihm auf? Viel eher verkörpert sich hier die typische 
Jntellektuellensehnsucht nach dem Volk. Agierte es etwa bei Pudow- 
kin noch, wie es war, so ist es in „Erde" schon merklich zurechtge- 
stutzt. Es trägt der besseren Lichtwirkung wegen blendend weiße 
Kittel und schreitet bei jedem erdenklichen Anlaß stolz erhobenen 
Hauptes einher. Um wie viel echter und revolutionärer wirkten 
die demonstrierenden Arbeiter im deutschen Film: „Mutter 
Krauses Fahrt ins Glück", den, nebenbei bemerkt, auch ein Russe 
gedreht hat, als diese Bauern, die in einem fort ihr Kollektivbe 
wußtsein zur Schau tragen. Ich werde den Verdacht nicht los, daß 
„Erde" ein Produkt literarischer Schollenromantik ist. 
Hierfür spricht nicht zuletzt die intellektuelle Mache, die, wenn 
nicht alles täuscht, von einem Bauern-Publikum nur unter Schwie 
rigkeiten ausgenommen werden kann. Sie arbeitet, um es abge 
kürzt auszudrücken, nicht linear, sondern mehrdimensional. Das 
heißt: statt eine Handlung von Anfang bis zu Ende durchzuführen, 
reiht die Montage mehrere kleinste Bild- und Handlungseinheiten 
mosaikartig aneinander, ohne Vetbindungsbrücken zwischen ihnen 
zu schaffen. Eine surrealistische Methode, deren eigentlicher Sinn es 
ist, die feste Kruste der Oberfläche rebellisch zu sprengen. In ihrer j 
Der Vollständigkeit halber gedenke ich noch zweier Filme, die 
gerade angelaufen sind. Dr. Friedrich Dalsheim, ein Neuling 
unter den Filmregisseuren, hat mit Gulla Pfeffer eine Afrika 
expedition unternommen und von dort einen (im Marmcrhaus 
uraufgeführten) Film: „Menschen im Busch" heimgebracht, 
der später nach dem System der Tobis mit großem Geschick synchroni 
siert worden ist. Dalsheim tritt den Gegenständen mit sympathischer 
Zurückhaltung gegenüber und besitzt die Fähigkeit, sie geschmackvoll 
zu arrangieren. Sein Thema ist der Tag eines Negerdorfes, das 
von der Zivilisation schon reichlich angefressen rst Eine Art 
schwarzer Pastorale, eine Idylle, die noch friedlicher wirkte, wenn 
nicht am Anfang der Herzog Adolf Friedrich von Mecklenburg so 
viel dazwischenredete. Freilich, es wäre jetzt endlich an der Zeit, 
mit diesen exotischen Reisefilmen Schluß zu machen. Expeditionen 
nach dem heimischen Afrika sind wichtiger und fördern mindestens 
so viel Exotik zutage. 
Der im Ufa-Palast am Zoo gezeigte Film: „Nur am 
Rhein . . will vermutlich weniger die Rheinbefreiung feiern, 
als aus ihr seinen Nutzen ziehen. Er treibt auf eigene Faust Völ 
kerversöhnung, kennt keine heimische Industrie, sondern nur 
rheinische Herzen, und spielt alles in allem in jener berühmten 
Ufalandschast, in der auch der Stephansturm und das Heidelberg! 
Schloß liegen. Regie geführt hat Max Mack, der die Leinwand 
fläche mit einer Drehbühne zu verwechseln scheint. 
! S. Kracauer. 
Die KikmprMelle gegen einen Wussenfilm 
Berlin, im Juli. 
In der vorigen Woche wurde der Russenfilm: „Erde" des 
ukrainischen Regisseurs A. Dowschenko vor „einem beschränk 
ten Personenkreis und zwar vor ausweislichen Mitglieder der 
! Filmindustrie, der Filmfachpresse und der Tagespresse" gezeigt, 
wie es in der Einladung hieß. So hatte die Filmprüfstelle verfügt, 
der manche Abschnitte des Films als bedenklich erschienen. Da 
die Prometheus-Gesellschaft fürchtete, daß durch die von der 
Zensur geforderten Striche seine Verständlichkeit einbüße, verzichtete 
sie darauf, ihn verstümmelt der Öffentlichkeit darzubieten, und 
unterbreitete ihn lieber in der ungekürzten Fassung dem geschlos 
senen Kreis der Sachverständigen. 
Worum geht der Kamps? Der Film vereint zwei Tendenzen: 
eine politische und eine religiöse. Jene greift in die aktuelle Auf 
bauarbeit ein und eifert im Interesse der Kollektivierung gegen die 
Kulaken. Ich finde, daß sie es mit unpassenden Mitkeln tut. Um 
das Publikum wider die Großbauern einzunehmen, läßt Dow- 
schenko den jugendlichen Anführer der Dorfgemeinde durch den 
Kulakensohn ermorden. Meiner Meinung nach gäbe es andere, 
sachlich überzeugendere Stimulantien fürs Kollektiv als gerade die 
Untat irgendeines reaktionären Maschinenstürmers. 
Aber das ist Geschmackssache, und überdies hat die Film-! 
, prüfstelle nur am r e l i g i ö s e n Tenor des Films Anstoß 
! genommen. Sein Titel: „Erde" ist mehr als ein Titel, er ist 
! ein Bekenntnis. Am Anfang stirbt ein uralter Bauer, der Zum 
i Zeichen seines Einverständnisses mit dem irdischen Schicksal vor 
dem Tod einen Apfel ißt, ohne sich weiter um die religiösen 
Tröstungen zu kümmern. Das antikirchliche Motiv wird bei der 
Beerdigung des ermordeten Jünglings ausgesponnen und fort 
geführt. Dessen Vater verweigert dem Popen die Teilnahme m 
Begräbnis und bittet statt dessen die Dorfgemeinde, seinem Sohn 
die letzte Ehre Zu geben. Und während der abgewiesene Pope 
allein in der Kirche zurückbleibt und vorm Altar inbrünstig um 
Erleuchtung fleht, zieht hinter der Leiche, die aus Symbolgründen 
vom Zweig des Apfelbaumes gestreift wird, das ganze Kollektiv
	        

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