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H:Kracauer, Siegfried/01.09/Klebemappe 1930 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

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fullscreen: H:Kracauer, Siegfried/01.09/Klebemappe 1930 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

Manuscript

Persistent identifier:
BF00043386
Title:
H:Kracauer, Siegfried/01.09/Klebemappe 1930 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]
Shelfmark:
H:Kracauer, Siegfried/01.09/Klebemappe 1930
Document type:
Manuscript
Collection:
Holdings and special collections
Year of publication:
1930
Copyright:
Deutsches Literaturarchiv Marbach

Full text

eins Lsutsebo ^usZabs vsranstaltst 
nen wollen. 
8. Lraeauor. 
mir osi darüber, daß sie hier frieren. 
S. Kracausr. 
von Raris 
^voräsn ist. 
oin ^.U82UZ 
kranrösi sebon 
Vorkasssrin 
sebimpkun§on 
(Rlito-Verlag, Dsip2i§.) 
aus äsm Vorwort 2ur 
^ukla§s bsiZsküZt. in 
böebst tsmporamsntvoll 
rurüekvsist, äis ibr äiossr 
RsportaZs ^vogsn ^viLsrlabrsn sinä. Und r^va? rsebt- 
ksrtiZt sie ibr Ilntornobmon Laniit, Lall sis ?uin 
Untsrsebioä vom ZsküblssoliFsn Victor NarZuoritts 
unä Lem ästbotiLisronäsn Oareo äis Rrostitution 
oinriZ unä allein in äor nioralisebsn ^bsiebt 
otuäiort babs, äurek ibrs LekiläorunZon äio 
^ukdsdunA äsr Voräslls in Rrankroieb 2u bo^virksn. 
MOM8OWUIM4AMDZ8L: 
Nar^ss Oboist, eins Rarissr Roportsrin, 
bat mit ^vsibliebor ^suMer unä mannliebsm Nut 
äis V^slt unä Umwelt äsr Rarisor Rrouäsnbäusoi' 
äurebinosson unä ibrs Rrkabrun^sn in oinsm Ruck: 
„Du mois sbs2 los killst" nioäsrZoIoAt, von äsm 
nnn aueb unter äsm Mol: „In äsn Dioksn 
Ibr ist 
200000. 
äsm äis 
äio Rs- 
Zo^NAton 
/8/ - 
> 
Der Zettungsverkäufer. 
Berlin, Ende Juli. 
Mein Zeitungsverkäufer ist nicht mehr da. Seit einigen Tagen 
schon ist der Platz auf der Potsdamer Straße leer, auf dem er zur 
Mittagsstunde immer Zu stehen pflegte. Ich kaufte mir jedesmal 
die Zeitung bei ihm, bevor ich in den Omnibus stieg, um nach 
Hause zu fahren. Nun fahre ich ohne Zeitung im Omnibus, denn 
ich kann mich beim besten Willen nicht dazu entschließen, meinem 
Zeitungsmann untreu zu werden. Wahrscheinlich hätte ich vor ein 
paar Wochen noch die Lücke gar nicht bemerkt, sondern mich einfach 
an irgendeinen anderen Verkäufer gewandt, die Potsdamer Straße 
ist ja mit ihnen förmlich gepflastert. Aber inzwischen ist jenes 
winzige Ereignis eingetreten, von dem ich berichten will. 
Auf der Potsdamer Straße herrscht, wie man weiß, tags 
über ein starker, ein geradezu weltstädtischer Verkehr. Wichtig in 
diesem Zusammenhang ist, daß sie nicht so sehr von Flaneuren be-. 
gangen wird als von Passanten, die ihr Geschäftsweg hierher führt. 
Sie tragen Mappen und haben keine Zeit, auf ihre Gesichter zu 
achten. Und schlenderten sie auch müßig dahin, so fänden sie doch 
nicht leicht die Gelegenheit, vertraut miteinander zu werden, da 
alle Tage ein neuer Menschenstrom sich über die breite Straße er 
gießt. An der Ecke, die mein Zeitungsmann mit Nachrichten be 
lieferte, ist der Mittagstrubel in der Regel sehr lebhaft. Dort 
mündet eine Straße ein, die auf dem jenseitigen Ufer zum Wann- 
seebahnhof weiterführt. Sie kommt aus dem Tiergartenviertel, 
und wer sie etwa mit dem Omnibus befährt, genießt ein Schau 
spiel, das auch in einer an Gegensätzen so reichen Stadt wie Berlin 
selten genug ist. Er wird zum Zeugen des plötzlichen Zusammen- 
pralls zweier Welten. Glitt er eben noch durch die stille Abge 
schiedenheit des Alten Westens, so ergreift ihn im nächsten Augen 
blick ohne jeden Uebergang ein unerbittliches Tosen. Vergangen 
heit und Gegenwart schneiden sich rechtwinklig, statt sanft inein- 
andergewachsen Zu sein... 
Angesichts der Beschaffenheit dieser Gegdnd wird man es 
entschuldbar finden, daß ich den Mann, der mir meine Mittags 
lektüre bescherte, früher niemals beachtet hatte. Ich drückte ihm 
regelmäßig das bereitgehaltene Geldstück in die Hand, der ich die 
ebenfalls schon zur Uebergabe hergerichtete Zeitung entnahm. Eine 
gleichgültige Szene, die sich stumm vollzog. Kaum wurde ich mir 
dabei bewußt, daß die Hand lebte und zu einem Menschen gehörte. 
An einem Montag Mittag — ich hatte es besonders eilig, da 
der Himmel nach Regen aussah -- geschah das Unerwartete.;, der 
Zeitungsverkäufer sprach mich an. 
„Sie waren vorgestern abend im Lunapark.^ 
Ueberrascht gestand ich die Tatsache ein. Wir waren eine kleine 
Gesellschaft gewesen, ein auf der Durchreise in Berlin befindlicher' 
Freund hatte den Lunapark besichtigen wollen. 
„Ich habe Sie dort gesehen/ fuhr der Mann fort, „Sie müssen 
nämlich wissen, daß ich abends immer im Lunapark Zeitungen ver 
kaufe." 
Es hatte zu tröpfeln begonnen, und ich suchte Mich mit meiner 
Zeitung auf gute Art zu entfernen. Schon war ich etliche Schritte 
weit vorgerückt, als mich der Mann wieder zu sich rief. Ein wenig 
unwillig kehrte ich um. 
„Wenn Sie wieder einmal in den Lunapark gehen/ erklärte 
er, „sagen Sie es mir nur einen Tag vorher. Ich kann Ihnen 
eine Freikarte geben." 
Zum ersten Mal sah ich dem Mann richtig ins Gesicht. Er war 
ein älterer Mann mit freundlichen Augen und einem Bart, der M' 
beiden Seiten des Mundes gutmütig herabhing. Er hatte eine 
Kapuze um, deren feuchter Glanz mir verriet, daß der erwartete 
Regen mittlerweile wirklich eingetroffen war. 
„Auch für den Sonntag habe ich Freikarten/ versicherte er, 
zum Ueberfluß, als fei er noch nicht aufmerksam genug gegen Mich 
gewesen, „Sie müssen es mir nur rechtzeitig sagen/ 
Ich dankte ihm und verabschiedete mich. Ich war verwundert, 
beschämt. In dieser ungeheuren Stadt, in der die meisten Menschen 
nebeneinander herleben, ohne sich je zu gewahren, hatte mitten auf 
der Potsdamer Straße, dort, wo das Gewühl besonders dicht ist 
und mehr noch als anderswo jeder seine eigenen Zwecke verfolgt, 
ein Mann unmittelbaren Anteil an mir genommen, der mir nie 
vorher aufgefallen war, und dem ich selbst nichts weiter sein konnte 
als einer von vielen Paffanten, die sich im Vorübergehen die 
Zeitung erstehen. Er hatte mich nicht nur als täglichen Käufer 
vorgemerkt, sondern sich die Umrisse meiner Figur eingeprägt und 
sie so säuberlich aus der Umwelt herausgehoben, mit der sie ihm 
sonst verschmolzen waren, daß er sie im Gedränge des Lunaparks 
wieder zu erkennen vermochte. Und schließlich hatte er ein übriges 
getan und mir, dem Unbekannten, eine Gefälligkeit zugesagt, von 
der er mit gutem Recht voraussetzen durfte, daß sie mir etwas 
bedeutete. Denn in Berlin die langen Abende zu füllen, kostet nach 
allgemeinen Begriffen einen Haufen Geld, und kommt man gar 
am Sonntag umsonst in den Lunapark, so ist man gewiß ein vom 
Glück außerordentlich begünstigter Mann. Der Zeitungsverkäufer 
hatte diese Umstände bedacht und, ohne irgendeinen Gegendienst 
erhoffen zu dürfen, für mein Vergnügen Vorsorgen wollen. 
Seit er nicht mehr an seinem gewohnten Platz steht, erscheint 
mir die Potsdamer Straße leer, auch wenn sie von noch so vielen 
Menschen bevölkert wird. Er fehlt mir, der freundliche Mann mit 
. dem Schnauzbart. Vielleicht hat er sich Lei dem schlechten Wetter 
eins Erkältung zugezogen und taucht doch bald wieder anst Ich 
habe mich nach jenem Gespräch bemüht, die Menschen anzuschauen, 
mit denen ich unterwegs in Berührung komme. Aber es ist schwer, 
sehr schwer, und fast nie blickt einer von ihnen zurück. Sie klagen 
Vs ^irä sebon so sein; äonn ist) sis aueb aus mob- 
rsrsn vornokmon 8alons vsrstoüon ^oräon, so Lat 
ibr äoeb Rsrr Obiapps, äor sittonstronFS Roli^ei- 
prasiäsnt von Raris, einen ^norkonnunAsbrisk §o- 
sebrisbsn, unä oin (Zeistlieder im nörLliebsn Rrank- 
roieb eins Nesss kür nie lesen lassen. 
leb derveikls, ob sied äis Vsriasssrin bei uns 
goraäs äie Ussss vsräient bätto. Ibrs RsportaZen 
sinä kür äoutsebo Lexrikke ru loiebt ZssebürLt, als 
Lall sie je äsn §utsn Avsek srrsiebsn könnten. 
Wir kabron in RraebtäLinpIsrn. Labor, ^vo man in 
Rrankrsieb ^vis ein IVirbelvänL üdsr äie ^VoZon 
^leitet, ^der aueb in Rrankroieb bat äis gute Rto- 
rarisebs RoportaZs im allgemeinen wsbr DiskZanF, 
unä mii- ist ein Vueb über äie Iranrösisebsn Ror- 
äells bekannt -- über äas „Voräell^vesen", vüräs 
man visll siebt in DsutseblanL sagen —, äas orbob- 
lieb seligerer ^viegt als Liess Rotte Lollektion, ebne 
äarum langweilig ru sein. 
Oooebiekt ist Dran Obois^, äas muL man ibr 
lassen. Nit jenem kranLösisebsn Rsprit aus rweiter 
Ranä ausgerüstet, äsr Las unsebeinbarsts Detail 
niebt etwa ru Leuten, sonäern Lübseb Lu krisieren 
versiebt, begibt sis sieb auk ibre pikante Lxxe 
äition. Äs lallt sieb als 8tubenmääebsn in einem 
ökkentlieben Laus anwsrben unä bsobaebtst äort aus 
näebstsr blabs Las Treiben Ler Mäebsn. 8is äringt 
ins „Milieu^ ein, in Lie Hauptquartiers äsr Au- 
baltsr, mit Leuen sis unsrsebrockon Rokanntsebakt 
seblieLt. 8ie ergebt sieb in äsn Rromsnoirs äer 
Uusie-Ralls, besuebt galante Rrivatrirksl, bomo- 
sexusllo unä lesbisebs Dekalo unä Renäsavous- 
Raussr unä äurebstrsikt so Lie ganre Region, Lie 
sieb Lwisebsn äsm Obabanais unä äsn Zeinsbrüeken 
äsbnt. 
Lin burtiges Rotpourri, äas manebe ausgersieb- 
nete Vsmerkungen, Lebiläerungsn unä Vonmots out- 
bLlt. 80 ist äis mukkigs ^.tmospbäre äor Drovinr- 
boräsllo siebsr srkaüt, äis versebisäsnsn Dirnen- 
tzqren treten äsutlieb bervor, unä es keblt aueb 
niebt an prin^ipiolleren Dinsiebtsn in äsn Kleinbürger 
lieben Alltag Ler Rrvstitulortsn, wis übsrbaupt in 
äis ^rt äss Regiments, äas Liese untergessllsebakt- 
lieben 8ebiebtsu rusammenbült. Dsnnoeb ist äas 
Vueb allru okt in seblsebtem 8inns obsrkläeblieb. 
8eblügt ss aueb ksins sentimentalen Dons an, so 
krönt es Loeb äsm Daster äor Zslbstbespiegelung. 
I^iobt selten verweebselt es Las klüebtige Erlebnis 
mit äer wirkliebsn Rrkabruvg oäer reitigt ein psin- 
liebes Oemiseb aus 8snsations1ust unä ^ukklärungs- 
ärang. Nan merkt niebt äis ^.bsiebt unä ist ver 
stimmt. ^ber so gebt es bäukig bei Lsrartigsv Rs- 
xortagsn: sis vsrlisren sieb im Dsben, äas sis ban-
	        

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