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H:Kracauer, Siegfried/01.03/Klebemappe 1923 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

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Bibliographic data

fullscreen: H:Kracauer, Siegfried/01.03/Klebemappe 1923 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

Manuscript

Persistent identifier:
BF00043380
Title:
H:Kracauer, Siegfried/01.03/Klebemappe 1923 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]
Shelfmark:
H:Kracauer, Siegfried/01.03/Klebemappe 1923
Document type:
Manuscript
Collection:
Holdings and special collections
Year of publication:
1923
Copyright:
Deutsches Literaturarchiv Marbach

Full text

! NMonalversummlung, die vor 75 Jähren ihr ganzes Können 
und Wissen in den vaterländischen Dienst setzten, um die 
Reichseinheit zu schaffen. Gelang auch das Werk nicht, ver- 
geMch war das Wirken dieser Männer nicht. Der Redner zog 
die Verbindungslinie von 1848 über 1871 bis 1919 und seierte 
Frankfurt als Wegbereiter und Bahnbrecher für 
Weimar, wo die deutsche Reichseinheit in neuem GewE 
wiedErerstand. Er schloß mit dem Hinweis auf das Pflicht 
gebot der Stunde: zur nationalen Selbsterhaltung unerschütter? 
lich zusammenzustehen, damit das kostbare Gut der deutschen 
Reichseinheit der kommenden Generation bewahrt bleibe. 
Kein Opfer darf uns zu groß und zu hart sein, 
um dieses Gut zu retten: das sei das Treuegelöbms der 
Stunde! Besonderen Gruß entbot er als Sprecher des 
deutschen Volkes zuletzt den zahlreich erschienenen Brüdern 
aus Deutsch-Oesterreich und den Volksgenossen in den besetzten 
Gebieten im Westen und Osten. (Lebhafter Beifall.) 
Der Vertreter des österreichischen Nationalmts Seitz 
dankte für die herzliche Begrüßung in Frankfurt und betonte, 
! daß es gerade jetzt, wo Deutschland im Westen so sehr bedrückt 
! und von Haß allenthalben verfolgt werde, den Oesterreichern 
! ein Bedürfnis gewesen sei, nach Frankfurt zu kommen und 
auszusM welche Liebe Oesterreich für Deutschland 
empfinde. (Langanhaltendes Händeklatschen.) Die Einheit des 
deutschen Volkes stehe wohl noch in weiter Ferne, und das 
Wort in dem Friedensvertrag von der Unabhängig^ Oester 
reichs gegenüber Deutschland sei sicherlich das schlimmste Wort, 
das der Vertrag enthalte. Trotzdem lebe aber in den Oester- 
reichern der starke Wille, endlich eins zu werden mit Deutsch 
land. In solcher Sehnsucht und solchem Wollen seien sie hart 
und fest, und die Geschichte werde ihnen dereinst gewiß recht 
geben. (Starker Beifall.) 
Der Vizepräsident des Reichstags Geheimrat R i e ß e r 
drückte sodann die unerschütterliche Ueberzeugung aus, daß 
keine Macht der Erde stark genug sei, um den endlichen Zu 
sammenschluß zwischen Deutschland und Oesterreich zu ver 
hindern. Auch er lenkte den Blick auf die Tage der Pauls 
kirche zurück und stellte fest, daß seit jener Zeit von Jahr zu z 
Jahr die Einsicht in die Zusammengehörigkeit der beiden 
Völker gewachsen sei. Kurz verweilte er bei der Bismarckschen 
Awischenära und feierte zuletzt in kernigen Worten das zu 
Unrecht so vielgeschmähte „ProfessorenparlamenL", d<rs im 
Jahre 1848 weithin das Banner des deutschen Idealismus 
entfaltete und eine Fülle bedeutender Redner und Politiker 
vereinte, wie sie kein Parlament seither besaß.. Was damals 
ein Redner gesagt habe, es gelte auch heute: daß wir in ge 
duldiger Arbeit und im Glauben an die Zukunft unseres 
Volkes die Zeiten der Not überwinden müssen. (Lebhafter 
Beifall.) 
Aus der Mitte der Versammlung wurde im Anschluß an 
die Rede ein Hoch auf die einige groß deutsche Re 
publik ausgebrächt, in das die Anwesenden begeistert ein- 
stiwmten. Mit den Haydn-Variationen des Deutschland 
Liedes schloß die ernste und würdige Feier. 
Als die Musik verklungen war, Legaben sich die Anwesenden 
über die «^ehrwürdige Treppe hinab in die Römsrhallen, wo 
der Reichskunstwart Dr. Rsdslsb einige einleitende Worte 
zur Eröffnung der historischen Ausstellung sprach. 
Man lerne in der schönen Schau, so führte er aus, die An- 
fange des deutschen Parlamentarismus aus unmittelbarer 
Nähe kennen. Köpfe, Autogramme usw., das ganze bewegte 
Leben der Zeit trete dem Beschauer greifbar entgegen. Vor 
allem aber erfreuen, und das sei das Erhebendste, die vielen 
schönen Frankfurter Erinnerungen, die hinlänglich beweisen, 
wie innig von jeher die gute deutsche Stadt Frankfurt mit der 
deutschen Geschichte verquickt gewesen sei. An die Rede des 
Reichkunstwarts schloß sich der Rundgang durch die Aus 
stellung. 
Sie Zeier m der PMMrche. 
Me Stichs werden lebendig, wenn man das Innere der 
Paulskirche betritt. Ihr schöngebildetes Rund hat die gleiche 
Ausschmückung erhalten wie Zur Zeit der Nationalversamm 
lung und so sich würdig für die Weihestunds bereitet, die der 
Erinnerung an jene Tage, gelten soll. Wohltuend berührt es 
vor allem, daß der große Gaslüster entfernt worden ist; 
das prächtige Kuppeloval gelangt nun ganz zu seiner 
Wirkung, und voller erklingt der Raum. Ueberall,' wohin man 
blickt, beherrschen die Farben der Republik das Feld, die vielen 
Gsdächtniszei^ rufen den frühen Traum von ihr wieder 
wach, den verfrühten Traum, der sich gar seltsam mit der 
gegenwärtigen Wirklichkeit vermengt. Die Estrade der Kanzel 
ist rot ausgeschlagen. Darüber befinden sich auf rotem Grund 
drei schwarz-rot-goldene Fahnen, in der Mitte 
der Reichsadler ohne Krone, Schwarz-rot-goldene Be 
hänge folgen in der Höhe des Hauptgesimses dem 
Kuppelrund, vielfach unterbrochen durch kleinere Fahnen, 
die natürlich ebenfalls in den jetzt zum vaterländischen Symbol 
gewordenen Farben gehalten Pnd. So durchwogt der gute 
Farbendreiklang das ganze Innere und schafft die rechts 
Stimnmng für die Feier. Von der Empore oberhalb der 
Kanzel „herab grüßt Mutter Germania ihre bedrängten Kinder. 
Rechts und links von ihr stehen in großen Lettern jene rührend 
schlichten Wers-e geschrieben, die den Abgeordneten im Nationale 
Parlament als tägliche Mahnung dienen mochten. Stumm 
bitten sie: „O walle hin, du Opferbrand, hin über Land und 
Meer, und schling' ein einzig LiebesLand um alle Völker her!" 
und: „Des Vaterlandes Größe, des Vaterlandes GliÄ, s 
schafft sie, o bringt sie dem Volke zurück!" 
Längst vor zwei Uhr füllte sich bereits die Kirche. Auf 
der Empore drängte sich, dichtgeschart, die Menge, viele mußten 
sich mit Stehplätzen begnügen. Um Viertel nach zwei Uhr be 
traten die Teilnehmer des Zuges die Kirche, voran der Banner 
träger mit der schwarze Fahne, dann der ReichL-- 
prästdent, die Minister, die Spitzen der Behörden und alle 
die übrigen Gaste, unter denen sich auch, wie noch nachgetragen 
zu werden verdient, Oberbürgermeister Dr. Luppe (Nürnberg), 
und Vertreter Münchens, der Pfalz und Frankens befanden. 
Schnell waren die Bänke bis auf den letzten Platz besetzt, auch 
' ein Film-Operateur fehlte nicht, der die rasch wechselnden 
SZenenbilder aufnahrm Während Vertreter der studentischen 
Verbindungen sich um die KanMl gruppierten, leitete Orgel 
spiel die Feier ein. Daran schloß sich Gesang des Frankfurter 
Motetten chors unter Leitung seines Dirigenten 
Professor Gamble. Weihevoller Auftakt waren 
' die nun folgenden Worte von Oberbürgermeister Voigtr 
„Heilig Band," sprach ev die Festversammlung an, „schlingt 
sich herüber von dem Tage, wo treue Werkleute des deutschen 
Volkes hier zusammenkamen, den Traum von Einheit und 
von Freiheit zu Wirklichkeit zu bilden. Ihr Work blieb un 
vollendet damals. Sein Fundament jedoch hat sich bewährt 
Zum Bau, in dem wir heute wohnen. Nach 75 Jahren sind 
wir Söhne hier, lebendig Zeugnis abzulegm für das Werk 
; der Väter. In ihrem Geiste wollen wir auch die bessere 
Ackunst bauend 
Hierauf ergriff das Wort . 
Reichspräsident Ebert: 
Meine Damen und Herren! 
Ihnen, Herr Oberbürgermeister, und der StadtFrank- 
f u^L, die reichen Geschichte vor 75 Jahren jene 
EmpfindMML SMie von der Bergstraße. 
Der Morgen Brütete, matte Ahnung der Berge verschwamm im 
Frühdunstt und SchtzenenstrsMe liefen endlos weiter durch die 
ELme nach Süden, nach Süden. Darm flog Staub um rms 
msf als wir von Bickenbach den Höhen uns näherten, erd- 
grchrer Staub sich den Himmel, und wir — wir waren, 
sMer lme Staub — voller Stadt waren wir noch und quirl 
ten weg über den Lag. Jugenheiw mit seinen wei 
ßen Springen-Häusern schlief, wir schritten hindurch, lau 
wesite sich die Luft; anf Feldwegen strichen wir an den 
WWerhüMln vorbei, und da lag Seeheim schon, lässig am 
Mergründ auKgeKreistch Häuser, Bäume, Gärten hingehaucht m 
blauem Bezirk Gkmino, mem junger Begleiter, lächelte und un 
sere Spannung wich, verbitterte im traumhellen Tag. So war 
SS am Dodensse gewesen, nein, in Italien. Aber die fremden Bil- 
Ler mißten sich nur, um gleich zu verschieben, denn hier war ja 
Süden, leiöLissüger Süden, immer tiefer wuchsen wir hinein, 
Figuren eines GEÄdes waren wir, m dem wir wunderbar stol 
zierten. KWe Zimmer, durch JOlsusien MgBlendet, öffneten sich 
uns, und später saßM wir sn großem Lisch im Hotelgarten, 
einzig betroGm darüber, dG her Kellner mehr italienisch sprach, 
daß "da noch LuKnHe M kaum verlassenen, längst versunkenen 
GegendM beftsÄLN. Automobile fuhren ein, Schleier lüfteten sich, 
leichte SsnmrergeMt-en verfingen sich im grünen Schattenkreis- 
Mir gingen von dritten, und Häuser, Bäume. Gärten blickten 
rE noch, wie wir so ohne Ziel dem Ungewissen zuschlenBerten. 
Er 
In dZM KsiMN JMMNtzeimer GM verMuMen wir die frühe 
KiLmgMrm.de. Tm Klavier stmch im Raum, Manino konnte 
Nicht widerstehen, er schlug die geliebten Melodien an, 
And von LrGengMrr dünn kontVKpunktiert, quoll aus schwarzen 
Tasten Heiterkeit schnxrMM in die SAsgestorbene Welt. 
Durch die leer auslaufenbe Pch^M-enstraße schlichen wir, rochen an 
MederLüschen. spähten in Hofwinkel hinein und trotteten Zwi 
schen Hecken dem Nchchbarorte zu, wo wir einem befreundeten 
»Schriftsteller begegneten, den wir lange nicht mehr gesehen hatten, 
.qmd der NUN RirsMd heißen mag, weil er ganz einem AöruMN- 
xLuber glich, so ZMräunt wor er, dieser zivilisierte Räuber mit der 
'«naLkömMlicheR Pfeife im UkrndwirM, Muarzm Zocken- 
hMr, der hHMdsuLLlöß^n und den stets spöttischen Äugen- 
MnMo Hleffte uns diech den Ort, dessen Namen — wir HAen 
Als der rauschende Beifall nach den Worten des Reichs-- 
prästdentE sich gelegt hatte, folgte zum Schluß die ge 
dankentiefe 
Festrede von Alfred Weber: 
s Hmhmrschnliche Versanmckung! Herr Reichspräsident! 
Wozu versammeln wir uns heute, an dem Tage, da das deutsche 
Varmment vor 75 Jahren an diesem Ort eröffnet ward? Gewiß
	        

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